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Die
vorliegende Erfindung betrifft einen auf Coxsackie-B-Viren beruhenden
Impfstoff zur Vorbeugung von akuter lymphoblastischer Leukämie
(ALL). Diese Erkrankung tritt insbesondere bei Kindern in der Altersgruppe
vom zweiten bis zum fünften Lebensjahr auf.
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Die
Coxsackie-Viren gehören zu der Gattung der Enteroviren,
zu denen auch die Polioviren und die Echoviren gehören.
Coxsackie-Viren können unterteilt werden in zwei Untergruppen:
Coxsackie-Viren von Typ A mit 23 Serotypen sowie Coxsackie-Viren vom
Typ B mit 6 Serotypen.
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Coxsackie-Viren
wurde Ende der 1940er Jahre erstmals aus dem Stuhl von Kindern aus
der US-amerikanischen Stadt Coxsackie isoliert, welche Lähmungserscheinungen
zeigen. Anhand unterschiedlicher Wirkungen auf neugeborene Mäuse wurden
die isolierten Viren in die zwei oben genannten Gruppen A und B
eingeteilt. Während Coxsackie-Viren der Gruppe A generell
entzündliche Reaktionen hervorrufen, infizieren Coxsackie-Viren
vom Typ B eine Vielzahl von Geweben und Organen bei Mensch und Tier
und können dabei zu einer raschen Destruktion des Gewebes
führen. Sie führen bei einer Infektion von neugeborenen
Mäusen in Tierversuche nach einigen Tagen zu einer Lähmung
und dem Tod.
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Die Übertragung
von Viren der Gattung Enterovirus erfolgt überwiegend fäko-oral
oder z. B. in Form von Tröpfcheninfektionen. Es ist bekannt,
dass Coxsackie-Viren beim Menschen meist harmlos verlaufende Infektionskrankheiten,
wie gewöhnliche Erkältung, aber auch andere Erkrankungen
wie die Hand-Fuß-Mund-Krankheit verursachen. Coxsackie-B-Viren
können allerdings auch eine Meningitis, Pankreatitis oder
Myokarditis, seltener auch Lähmungen, auslösen.
Coxsackie-Viren vom Typ B sind weltweit verbreitet und bekannte
Verursacher einer Reihe von Krankheiten beim Menschen. Coxsackie-B-Viren
werden in der Literatur auch in Zusammenhang mit viral-induzierten
Herzmuskelentzündungen (Myokarditis) und viral-induziertem
Diabetes mellitus Typ I (IDDM) diskutiert. So stehen etwa Coxsackie-B4-Viren
im Verdacht, Ursache einer viralen Myokarditis zu sein, welche mitunter
auch tödlich verlaufen kann.
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Das
RNA Genom sowie die Struktur des Kapselproteins von verschiedenen
Coxsackie-Viren-Serotypen wurden bereits identifiziert und beschrieben.
Es existieren auch bereits experimentelle Impfstoffe zu Coxsackie-B-Viren,
z. B. auch auf Basis von cDNA-Immunisierungen, jedoch ist derzeit
noch kein zugelassener Impfstoff auf dem Markt erhältlich.
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Die
akute lymphoblastische Leukämie (ALL) ist eine seltene
Erkrankung, sie stellt jedoch eine lebensbedrohliche Krebserkrankung
im Kindesalter dar. Anhand von spezifischen Markern lassen sich vier
Typen der ALL unterscheiden. Die ALL tritt insbesondere in den Industrieländern
und zu 80 bis 90% der Fäl1e bei Kindern in der Altersgruppe
vom zweiten bis zum fünften Lebensjahr auf (Rossig
et al. Radiation protection Dosimetry 2008; 132: 114–118). Diese
Verteilung wird auch als „childhood peak” bezeichnet.
In den Entwicklungsländern tritt die ALL insgesamt wesentlich
seltener auf, der beschriebene „childhood peak” ist
hier nicht ausgebildet.
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An
der akuten lymphoblastischen Leukämie des Kindesalters
(ALL) erkranken in Deutschland jährlich ca. 800 Kindern
bei mehr als 500.000 Geburten (Kaatsch et al., Radiation
Protection Dosimetry 2008; 132: 107–113), wobei
die meisten zwischen dem zweiten und fünften Lebensjahr
erkranken. Durch eine zytostatische- und strahlentherapeutische
Behandlung können durchschnittlich 75% der an ALL-erkrankten
Kindern geheilt werden. Diese strapaziösen und langwierigen
herkömmlichen Krebstherapien haben neben den relativ hohen
Versagensquoten erhebliche Nebenwirkungen, zum Beispiel in Form
von Störungen der Schilddrüsenfunktion und Schwächung
neurokognitiver Fähigkeiten. Zudem erleidet ein Teil der
ursprünglich geheilten Patienten später den Befall
durch einen Zweittumor.
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Aus
den oben dargelegten Gründen ergibt sich ein dringender
Bedarf an neuen Methoden und Medikamenten zur Verhütung
dieser Krankheit. Da die Ursachen, die zu einer ALL-Krankheit führen
(Ätiologie der ALL) trotz intensiver Forschung bislang noch
unbekannt sind, existieren bislang keine Impfstoffe oder Arzneimittel,
welche die Erkrankung ursächlich bekämpfen.
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Eine
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, einen sicheren und gut
verträglichen Impfstoff zur Vorbeugung von ALL bei Kindern
bereitzustellen. Es wurde nun gefunden, dass Coxsackie-B-Viren ein verursachendes
Agens für akute lymphoblastische Leukämie (ALL)
bei Kindern darstellen und dass durch eine gezielte Immunisierung
(Impfung) gegen Coxsackie-B-Viren eine Erkrankung an akuter lymphoblastischer
Leukämie (ALL) verhindert werden kann.
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Gegenstand
der Erfindung ist zudem die Anwendung eines Impfstoffes beruhend
auf Coxsackie-B-Viren zur Vorbeugung von akuter lymphoblastischer
Leukämie (ALL).
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Es
wurde gefunden, dass die Charakteristika der akuten lymbhoblastischen
Leukämie (ALL) mit den Merkmalen übereinstimmen,
welche für Infektionen und Erkrankungen durch Coxsackie-B-Viren
beschrieben sind. Zudem wurde ein zweistufiger Infektionsverlauf
durch Coxsackie-B-Viren in Zusammenhang mit ALL-Erkrankungen deutlich.
Eine zweimalige Infektion, erstens im Mutterleib, bevorzugt in der embryonalen
Phase von der 3. bis 8. Schwangerschaftswoche und eine zweite Infektion
nach dem ersten Lebensjahr mit dem identischen Serotyp, ist wie
im Folgenden dargelegt wird, häufig für die Entstehung
von ALL verantwortlich.
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Kommen
Kinder, die bereits in der embryonalen Phase in Kontakt mit Coxsackie-B-Viren
gekommen sind, beispielsweise im ersten Lebensjahr erneut mit Coxsackie-Viren
in Kontakt, erfolgt keine Coxsackie-induzierte Erkrankung, wie ALL.
Es besteht ein ausreichender, passiver Immunisierungsschutz durch
die von der Mutter übertragenen Antikörper. Kommt
jedoch ein Kind, welches im Embryonalstadium Kontakt mit einem Coxsackie-B-Virus
hatte, nach dem ersten Lebensjahr mit dem identischen Coxsackie-B-Virus
in Kontakt, mit dem seine Mutter Kontakt hatte, hat es eine deutlich
erhöhte Chance an ALL zu erkranken.
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Etwa
5 bis 10% der Schwangeren in den Industrieländern erfahren
eine klinisch unauffällige Infektion mit Coxsackie-B-Viren.
Da der Coxsackie-B-Virus die Placentaschranke passieren kann, kann
es auch zu einer Infektion des Embryos kommen. Diese führt
auf Grund der Lymphocytotropie des Coxsackie-B-Virus zu einem vermehrten
Auftreten von Chromosomenanomalien in den Vorstufen der reifen Lymphocyten
beim Embryo.
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Der
Teil derjenigen Kinder, die im ersten Lebensjahr mit Coxsackie-B-Virus
in Kontakt kommen, erkranken beobachtungsgemäß nicht.
Die bei der Geburt passiv übertragenen Antikörper
der Mutter stellen einen Schutz gegen Erkrankungen durch Coxsackie-B-Virus
dar. Die im ersten Lebensjahr infizierten Kinder bilden zusätzliche
neue Antikörper, die einen lang andauernden Schutz darstellen.
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Der
Teil der Kinder, die nach dem ersten Lebensjahr mit dem Coxsackie-B-Virus
vom gleichen Serotyp in Kontakt kommt, mit dem ihre Mutter Kontakt
hatte, erkrankt verstärkt an ALL. Wie molekulargenetische
Untersuchungen verdeutlichen, zeigen etwa 1% der Kinder, die eine
in utero erlittene Chromosomenanomalie der Lymphozyten aufweisen,
einen Übergang zu einer malignen Entartung der Lymphozyten
(ALL-Erkrankung), dass heißt 1% von etwa 5%, was etwa 0,05%
gleichkommt (Mori et al Proc. Natl. Acad. Sci. USA 2002;
99: 8242–8247).
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Es
kann gezeigt werden, dass die Charakteristika der ALL in ursächlichem
Zusammenhang mit den Charakteristika einer oben beschriebenen zweistufigen
Infektion mit Coxsackie-B-Viren gebracht werden können.
Insbesondere die folgenden Charakteristika der ALL können
mit einer Coxsackie-B-Viren-Infektion korreliert werden, wobei ein
ursächlicher Beitrag von Coxsackie-B-Viren belegt werden kann:
- • Allgemeine Seltenheit der ALL:
Wie
oben beschrieben ist die ALL eine seltene Erkrankung, was sich durch
den oben beschriebenen speziellen zweistufigen Verlauf der ALL verursacht
durch Coxsackie-B-Viren ergibt. Ein geringer Prozentsatz von 5–10%
der Schwangeren in den Industrieländern erfährt
eine meist klinisch unauffällige Infektion mit Coxsackie-B-Viren.
Die Kinder, die im Embryonal-Stadium eine Infektion mit Coxsackie-B-Viren
und damit eine Chromosomenanomalie der Lymphozyten erlitten haben, und
erst nach dem ersten Lebensjahr mit Coxsackie-B-Virus vom identischen
Serotyp in Kontakt kommen, können an ALL erkranken.
- • Besondere Seltenheit der ALL in Entwicklungsländern
mit fehlendem „childhood-peak
Die ALL tritt in Entwicklungsländern
wesentlich seltener auf als in den Industrieländern, wobei
in den Industrieländern der so genannte „childhood-peak” fehlt.
In den Entwicklungsländern kommt es durch mangelnde Hygiene,
insbesondere dem Fehlen von Wassertoilette und von Einmal-Windeln,
bei dem überwiegenden Anteil der Kinder zu einer Infektion
mit Coxsackie-B-Viren im ersten Lebensjahr. Aufgrund des oben beschriebenen
Passiv-Schutz durch mütterliche Antikörper und
der erneuten Immunisierung kommt es nicht zu ALL Erkrankungen.
- • Entstehung des „childhood peak nach dem
ersten Weltkrieg in den Industrieländern:
Der oben
beschriebene „childhood-peak” trat in England
und bei der weißen Bevölkerung in den USA nach
dem ersten Weltkrieg in Erscheinung. Bei der afroamerikanischen
Bevölkerungsgruppe in den USA und in Japan konnte der „childhood-peak” erst
nach dem zweiten Weltkrieg beobachtet werden.
Dieses zeitliche
Auftreten steht im Einklang mit der Verbreitung der Wassertoilette
und der zunehmenden Hygiene in den genannten Ländern/Bevölkerungsgruppen,
was einen Kontakt mit Coxsackie-B-Viren im ersten Lebensjahr weitgehend verhinderte.
Die
Untersuchung von Smith et al. (Cancer causes and Control
1998; 9: 285–298) zeigen die zeitliche Veränderungen
in den Hepatitis-A-Virus (HAV) Infektionsraten, wobei das HAV-Infektionsmuster
als Indikator für den fäkal-oralen Übertragungsweg
dient, im Verhältnis zu den Veränderungen in der
Mortalität und Inzidenz der kindlichen Leukämie
in verschiedenen Ländern. Die Untersuchung kommt zu dem
Schluss, dass verbesserte Bedingungen der öffentlichen
Hygiene mit höheren Raten kindlicher Leukämie
zusammengehen. Da Coxsackie-B-Viren vornehmlich durch fäkal-orale
Wege übertragen werden, unterstützt diese Arbeit
den in der vorliegenden Anmeldung beschriebenen zweistufigen Infektionsverlauf
mit Coxsackie-B-Viren und den ursächlichen Zusammenhang
von ALL und Coxsackie-B-Viren Infektionen.
In einer japanischen
Studie (M. Watanabe et al.; Seroepidemic Survey of Coxsackie
B Viruses in Gifu Perfecture, Japan, 1960–1980, Kansenshogaku
Zasshi 1982; 56; 977–981) wird beispielsweise
vorgestellt, dass im Zeitraum 1960–1962 noch 50% der Kinder
unter einem Jahr Kontakt mit Coxsackie-B-Viren hatten. Dagegen hatte
im Zeitraum 1977–1980 keines der Kinder unter einem Jahr
Kontakt zu Coxsackie-B-Viren.
- • ALL als monoklonale Erkrankung der Lymphocyten:
Die
ALL betrifft fast ausschließlich die Vorstufen der Lymphocyten,
weshalb ein verursachendes Agens eine hohe Affinität zu
Lymphocyten aufweisen muss. Der Coxsackie-B-Virus weist eine deutliche
Lymphocytotropie auf.
- • Verringerung des ALL Risikos durch frühen
Kindergartenbesuch:
Übersichtsarbeiten kommen zu dem
Schluss, dass ein Zusammenhang zwischen dem Kindergartenbesuch und
der Erkrankung an ALL besteht und insbesondere ein früher
Kindergartenbesuch vor einer Erkrankung mit ALL schützt.
Weiterhin wird gezeigt, dass insbesondere ein früher Besuch
in einer Gemeinschaftseinrichtung zwischen dem 6. und 12. Lebensmonat
das Risiko der ALL-Erkrankung stärker vermindert als der
späte Kindergartenbesuch (Buffler et al., Cancer
Epidemiol Biomarkers Prev 2005; 14: 1928–1934).
Der Besuch in einer Gemeinschaftseinrichtung im ersten Jahr erhöht
die Wahrscheinlichkeit eines Kontaktes und einer klinisch unbemerkten
Infektion mit Coxsackie-B-Viren. Dies stellt nach dem oben beschriebenen
zweistufigen Infektionsweg einen Schutz vor ALL-Erkrankung dar.
- • Saisonaler Einfluss auf ALL:
Die Autoren der Übersichtsarbeit
(McNally et al. Brit. J. Haematol. 2004; 127: 243–263)
stellen ein Zusammenhang zwischen dem Geburtsmonat und dem Auftreten
von ALL-Erkrankungen dar. Von vier Studien über die Saisonalität
des Geburtsmonats zeigen drei einen Gipfel im Februar bis April
an. Lediglich eine gibt einen Gipfel im späten Sommer an.
Da
in England und Dänemark die Coxsackie-B-Viren einen deutlichen
Erkrankungsgipfel im dritten Quartal des Kalenderjahrs zeigen, entsprächen die
ersten vier bis acht Embryonalwochen einer bezüglich des
erhöhten ALL-Risikos sensiblen Phase.
Des Weiteren
stehen die Ergebnisse von Studien, welche die Saisonalität
der ALL-Diagnosestellung beschreiben, in guter Übereinstimmung
mit dem zeitlichen Gipfel von Coxsackie-B-Virus-Infektionen im dritten
Quartal des Jahres.
- • Space-Time-Clustering von ALL Erkrankungen:
Einige
Untersuchungen betreffen die Frage nach einer signifikanten Häufung
von ALL-Erkrankungen im Hinblick auf Raum und Zeit. In vielen Fällen
weisen die Untersuchungen auf ein signifikantes so genanntes Space-Time-Clustering
von ALL-Erkrankungen hin. Die Übersichtsarbeit von McNally
et al. (Int. J. cancer 2009; 124: 449–455) kommt
zu dem Schluss, dass die Ergebnisse des Space-Time-Clustering und
des Spatial-Clusterings der ALL-Erkrankungen konsistent für
eine Reihe von ALL-Infektionen insbesondere für den „childhood-peak” sind.
Spacetime-clustering ist auch für Krankheitsfälle
durch Coxsackie-B-Viren beschrieben.
- • Einfluss von vorausgegangenen Spontanaborten auf
Erkrankung an ALL:
Verschiedene Arbeiten (van Steensel-Moll
et al Int J Epidemol 1985; 14: 555–559 und Kaye
et al. Cancer 1991; 68: 1351–1355 und Yeazel
et al. Cancer 1995; 75: 1718–1727) untersuchen
die Frage, ob ein Spontanabort einen Einfluss darauf hat, ob das
danach geborene Kind an ALL erkrankt. Die Arbeiten kommen zu dem
Schluss, dass ein Spontanabort das Risiko erhöht, dass das
nächstgeborenen Kind an ALL erkrankt. Der Zusammenhang
von Spontanaborten und kürzlich durchgemachten Infektionen
mit Coxsackie-B-Viren wird in einer schwedischen Studie gezeigt,
Hinweise auf eine Infektion mit anderen Viren finden sich nicht
(Diderholm et al. J Infect 1992; 24: 141–145 und Axelsson
et al. J Med Virology 1993; 39: 282–285).
- • Einfluss von sozio-ökonomischen Lebensstandard
und Erkrankung mit ALL:
In der Übersichtsarbeit von Mc
Nally et al. (Brit. J. Haematology 2004; 127: 243–263) wird
eine positive Assoziation zwischen akuter Leukämie und höherem
sozio-oekonomischen Lebensstandard festgestellt.
Der oben beschriebene
zweistufige Infektionsprozess und die Tatsache, dass die Wahrscheinlichkeit
des Kontaktes mit Coxsackie-B-Viren im ersten Lebensjahr bei Kindern
mit hohem sozio-oekonomischen Lebensstandard gering ist, erklären eine
gering höhere Rate an ALL-Erkrankungen bei Kindern mit
hohem sozio-oekonomischen Lebensstandard.
- • Klinische Unauffälligkeit des verursachenden Agens
bei ALL-Erkrankungen:
Da bisher kein Zusammenhang der ALL mit
einer viralen Erkrankung erkannt wurde, muss das die ALL verursachende
Virus sowohl bei der Mutter als auch beim Kind nach dem ersten Lebensjahr (welches
dann später an ALL erkrankt) klinisch entweder überhaupt
keine Symptome verursachen oder sich unter einem unspezifischen
Krankheitsbild, wie etwa einer gewöhnlichen Erkältung („common
cold”) oder einen akuten Gastroenteritis, abspielen. Die
Mehrzahl der Coxsackie-B-Infektionen verlaufen entweder klinisch
stumm oder unter dem Krankheitsbild einer gewöhnlichen
Erkältung („common cold”) oder einen
akuten Gastroenteritis.
In einer wissenschaftlichen Studie
von M. Greaves und PA Buffler (Brit J Cancer 2009; 100:
86), welche das „two-hit”-Modell entwickelten,
wird betont, dass im Gegensatz zu den Ergebnissen zu Cardwell
et al. (Brit J Cancer 2008; 99: 1529–1533); welche
keinen Hinweis auf die „delayed-infection”-Hypothese
von Greaves ergaben, der Schutz durch Infektionen im ersten Lebensjahr
durchaus durch klinisch stumme, d. h. asymptomatische Infektionen
verursacht werden kann. Der in der vorliegenden Anmeldung beschriebene
Schutz vor ALL durch eine Infektion mit Coxsackie-B-Viren im ersten
Lebensjahr trifft mit der Vermutung von Greaves et al. in
sehr guter Weise zusammen, da eine Infektion mit Coxsackie-B-Viren
in dem größten Teil der Fälle asymptotisch
verläuft (Danes L. et al. J Hyg Epidemiol Microbiol
Immun 1983; 27: 163–172).
- • Häufung von Missbildungen bei Kindern mit
ALL:
In den Arbeiten von Miller (New Engl J Med 1963; 268:
393–401) wird auf eine geringe, aber signifikante
Häufung von Missbildungen bei Kindern mit ALL hingewiesen.
Es
ist bekannt, dass Coxsackie-B-Viren, welche wie beschrieben die
Placentaschranke überwinden und den Embryo infizieren können,
beim Menschen in seltenen Fällen Missbildungen verursachen
können.
- • Einfluss von anderen Viruserkrankungen im ersten
Lebensjahr:
Es wurde gezeigt, dass Roseola-Infektionen, welche
auch als Drei-Tage-Fieber (Roseola infantum) bekannt sind, und häufig
im Säuglings- oder frühen Kleinkindalter auftreten,
sowie Ohr-Infektionen, wie etwa Otitis media, im ersten Lebensjahr, das
Risiko senken, an ALL zu erkranken.
Es ist bekannt, dass unter
anderem auch Coxsackie-B-Viren eine Mittelohr-Entzündung
(otitis media) auslösen können. Weiterhin wird
beschrieben, dass Roseoloa-Infektionen (Roseoloa infantum, (normalerweise
ausgelöst durch den Humanen Herpes Virus) Folge einer Coxsackie-Infektion
sind. Gemäß dem oben beschriebenen zweistufigen
Infektionsverlauf mit Coxsackie-B-Viren, stellt der Kontakt mit
Coxsackie-B-Viren im ersten Lebensjahr einen Schutz gegen die ALL
Erkrankung dar.
- • ALL-Epidemie Anfang der siebziger Jahre:
Ende
der sechziger Jahre bis Anfang der siebziger Jahre kommt es in den
Industrieländern zu einem Anstieg der Fälle von
ALL, der etwa Mitte der siebziger Jahre wieder verschwindet. Zwischen 1963
und 1969 kommt es zu einer ausgeprägten Coxsackie-B-Epidemie.
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Gegenstand
der vorliegenden Erfindung ist ein Impfstoff beruhend auf Coxsackie-B-Viren
als Arzneimittel zur Vorbeugung von akuter lymphoblastischer Leukämie
(ALL), insbesondere von akuter lymphoblastischer Leukämie
(ALL) bei Kindern.
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Insbesondere
findet der Impfstoff Anwendung bei der Vorbeugung von akuter lymphoblastischer
Leukämie von Kindern, welche in der Altersgruppe vom zweiten
bis zum fünften Lebensjahr auftritt.
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Unter
Impfstoffen beruhend auf Coxsackie-B-Viren sind im Sinne der vorliegenden
Anmeldung solche Zusammensetzungen zu verstehen, welche ein biologisch
oder gentechnisch hergestelltes Coxsackie-B-Viren-spezifisches Antigen
enthalten. Hierbei kommen abgetötete Coxsackie-B-Viren, Protein-
und/oder Nukleinsäure-Fragmente (wie cDNA oder RNA) von
Coxsackie-B-Viren und Coxsackie-B-Viren-spezifische Virengenome,
denen eine Nukleotid-Sequenz codierend für Zytokine, wie
Interferon-Gamma, eingefügt wurden, in Frage. Im Sinne der
vorliegenden Erfindung können so genannte Tot- oder Lebend-Impfstoffe
zum Einsatz kommen.
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In
einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist der
Impfstoff eine Zusammensetzung beruhend auf Coxsackie-B-Viren und
wird zur Vorbeugung von akuter lymphoblastischer Leukämie (ALL)
bei Kindern als Tot-Impfstoff (z. B. inaktivierte Coxsackie-B-Viren)
angewendet.
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Insbesondere
sind Impfstoffe beruhend auf Coxsackie-B-Viren zur Auslösung
einer spezifischen Immunantwort geeignet, ohne dabei eine Erkrankung durch
Coxsackie-B-Viren hervorzurufen.
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Unter
der Attenuierung oder Virulenzverminderung versteht man die gezielte
Verminderung der Virulenz, dass heißt der Krankheitsauslösenden
Eigenschaften des Erregers, wobei seine Vermehrungsfähigkeit
(lebend-attenuiert) und seine antigenen Eigenschaften weitgehend
erhalten bleiben. Man unterscheidet im Allgemeinen kälte-adaptierte
Stämme, die sich nur bei Temperaturen um 25°C
vermehren können, und temperatur-sensitive Stämme,
die sich nur in einem Temperaturbereich von etwa 38–39°C
vermehren können.
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Tot-Impfstoffe
enthalten in der Regel inaktivierte oder abgetötete Erreger,
die nicht vermehrungsfähig sind. Es können z.
B. die folgenden Tot-Impfstoff-Typen zum Einsatz kommen:
- • Inaktivierte Ganzpartikelimpfstoffe
(Vollvirusimpfstoff):
Die Inaktivierung (Abtötung)
der Viren erfolgt mittels chemischen Stoffen oder Stoffkombinationen, z.
B. Formaldehyd, beta-Propiolacton, Psoralen, wobei die Virushülle
erhalten bleibt.
- • (Inaktivierte) Teilpartikelimpfstoffe:
Es erfolgt
eine Spaltung der Virushülle mit Detergentien oder organischen
Lösungsmitteln und ggf. eine Inaktivierung mit chemischen
Stoffen.
- • Untereinheit-Impfstoffe:
Die Oberfläche
der Viren wird vollständig aufgelöst und spezifische
Protein-Komponenten isoliert. Untereinheit-Impfstoffe sind nur wenig
immunogen, besitzen dafür aber geringe Nebenwirkungen.
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Neben
der Möglichkeit, vollständige abgetötete
(inaktivierte) oder abgeschwächte (attenuierte) Erreger
als Antigene in einem Impfstoff einzusetzen, besteht auch die Möglichkeit,
die gewünschte Immunantwort mit Nukleinsäure-
oder Protein-Fragmenten der Erreger auszulösen. So sind
in den letzten Jahren Verfahren zur Herstellung von cDNA-Impfstoffen auf
der Basis von viraler oder bakterieller cDNA in der Literatur beschreiben
worden. Vorteil der so genannten cDNA-Impfung ist die weitgehende
Vermeidung von Nebenwirkungen der üblichen Impfmethoden.
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In
der Literatur unterscheidet man im Allgemeinen eine aktive Immunisierung
(aktive Impfung, aktiver Impfstoff) und eine passive Immunisierung (passive
Impfung, passiver Impfstoff). Bei der aktiven Impfung wird künstlich
eine abgeschwächte Form der Erkrankung oder eine Immunantwort
durch Gabe von vermehrungsfähigen oder nicht vermehrungsfähigen Erregern
erzielt. Bei der Passiv-Impfung werden Immunoglobulin-Präparate
oder das Serum von aktiv immunisierten Menschen oder Tieren verabreicht (parenteral,
intravenös), wobei spezifische Antikörper zur
Behandlung oder Vorbeugung von Infektionskrankheiten übertragen
werden.
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Gegenstand
der vorliegenden Erfindung ist ein Impfstoff beruhend auf Coxsackie-B-Viren
als Impfstoff bzw. Arzneimittel zur Vorbeugung von akuter lymphoblastischer
Leukämie (ALL), insbesondere von akuter lymphoblastischer
Leukämie (ALL) bei Kindern, wobei ein aktiver und/oder
passiver Impfstoff eingesetzt werden kann.
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Die
vorliegende Erfindung betrifft insbesondere einen Impfstoff beruhend
auf Coxsackie-B-Viren und ein Arzneimittel zur Vorbeugung von akuter
lymphoblastischer Leukämie (ALL), insbesondere von akuter
lymphoblastischer Leukämie (ALL) bei Kindern, wobei ein
aktiver Impfstoff Anwendung findet. Insbesondere enthält
der Impfstoff ein oder mehrere Antigene ausgewählt aus
abgetötete Coxsackie-B-Viren, Protein- und/oder Nukleinsäure-Fragmente
(insbesondere cDNA-Fragmente) von Coxsackie-B-Viren und Coxsackie-B-Viren-spezifischen
Virengenomen, denen eine Nukleotid-Sequenz codierend für
Zytokine, wie Interferon-Gamma, eingefügt wurden.
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Der
Zusammenhang zwischen dem Auftreten von ALL und dem oben beschriebenen
zweistufigen Infektionsprozess mit Coxsackie-B-Viren (erst pränatal,
dann nach dem ersten Lebensjahr) kann insbesondere unter Heranziehen
von „Guthrie-Karten” belegt werden. Der Guthrie-Test
gehört zu den weltweit angewandten Screening-Untersuchungen bei
Neugeborenen, bei dem in der Regel um den 3. Lebenstag des Kindes
eine Fersenblutentnahme erfolgt. Mit diesem Blut wird dann eine
Filterpapierkarte in vorgegebenen Feldern durchtränkt.
Diese Trockenblutprobe wird dann hinsichtlich verschiedener Stoffwechselstörungen
untersucht (wie etwa der Phenylketourie). Häufig werden
diese Filterpapierkarten in den Kliniken über viele Jahre
hinweg aufbewahrt und können auch Jahre nach der Geburt
noch für Blutuntersuchungen herangezogen werden. Es können
auch Viren bzw. Viren-spezifische Antikörper in diesen
getrockneten Blutproben von Neugeborenen nachgewiesen werden, wie
beispielsweise der Cytomegalovirus. In Guthrie-Karten von ALL-Patienten
finden sich dann gehäuft Hinweise auf eine während
der Schwangerschaft durchgemachte Coxsackie-B-Viren Infektion der
Mutter.
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Das
Auftreten von ALL bei Kindern steht in eindeutigem Zusammenhang
mit dem Vorhandensein von Coxsacki-B-Viren bzw- Coxsackie-B-Viren
spezifischen Antikörpern.
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Zudem
kann hinsichtlich der verschiedenen Serotypen von Coxsackie-B-Viren
unterschieden werden.
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In
einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung handelt
es sich bei dem Impfstoff beruhend auf Coxsackie-B-Viren (zur Vorbeugung
von akuter lymphoblastischer Leukämie) um einen Impfstoff
enthaltend mindestens ein Coxsackie-B-Viren-spezifisches Antigen
ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus abgetöteten
(inaktivierten) Coxsackie-B-Viren, Protein-Fragmente von Coxsackie-B-Viren
und Nukleinsäure-Fragmente (insbesondere cDNA-Fragmente)
von Coxsackie-B-Viren.
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Insbesondere
kann der auf Coxsackie-B-Viren beruhende Impfstoff Coxsackie-B-Virus-spezifische
Antigene, insbesondere abgetötete Coxsackie-B-Viren, von
mindestens einem Serotyp ausgewählt aus der Gruppe Coxsackie-B1-Viren,
Coxsackie-B2-Viren, Coxsackie-B3-Viren, Coxsackie-B4-Viren, Coxsackie-B5-Viren
und Coxsackie-B6-Viren enthalten.
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Weiterhin
bevorzugt ist eine Ausführungsform, bei welcher der auf
Coxsackie-B-Viren beruhende Impfstoff spezifische Antigene, insbesondere abgetötete
Coxsackie-B-Viren, von mindestens einem Serotyp ausgewählt
aus der Gruppe Coxsackie-B2-Viren, Coxsackie-B3-Viren, Coxsackie-B4-Viren
und Coxsackie-B5-Viren enthält.
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Vorteilhaft
kann es sein, wenn der Impfstoff eine Imunisierung gegen alle sechs
bekannten Serotypen des Coxsackie-B-Virus bewirkt. Bevorzugt im Sinne
der Erfindung ist daher auch ein Impfstoff enthaltend eine Kombination
von zwei, drei, vier oder auch mehreren Antigenen, die jeweils für
einen der Coxsackie-B-Virus- Serotypen B1, B2, B3, B4, B5 und B6
spezifisch ist. In diesem Sinne ist eine bevorzugte Ausführung
der Erfindung gerichtet auf einen auf Coxsackie-B-Viren beruhenden
Impfstoff, welcher Coxsackie-B-Viren-spezifische Antigene, insbesondere
abgetötete Coxsackie-B-Viren, von den Serotypen Coxsackie-B1-Viren,
Coxsackie-B2-Viren, Coxsackie-B3-Viren, Coxsackie-B4-Viren, Coxsackie-B5-Viren
und Coxsackie-B6-Viren enthält.
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Bevorzugt
enthält der oben beschriebene Impfstoff beruhend auf Coxsackie-B-Viren
Protein- und/oder Nukleotid-Fragmente von Coxsackie-B-Viren mindestens
eines Serotyps ausgewählt aus der Gruppe Coxsackie-B2-Viren,
Coxsackie-B3-Viren, Coxsackie-B4-Viren und Coxsackie-B5-Viren.
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Der
in der vorliegenden Anmeldung beschriebene Impfstoff zur Vorbeugung
von akuter lymphoblastischer Leukämie bei Kinder wird bei
den Kindern bevorzugt vor Vollendung des ersten Lebensjahres, insbesondere
vor Vollendung des sechsten Lebensmonats, verabreicht. Daher ist
der beschriebene Impfstoff zur Vorbeugung von akuter lymphoblastischer
Leukämie zur Verabreichung bei Kindern vor Vollendung des
ersten Lebensjahres, insbesondere vor Vollendung des sechsten Lebensmonats, geeignet.
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Die
Impfung erfolgt bevorzugt intramuskulär oder subkutan im
3., 4. und 5. Lebensmonat des Kindes, sowie in einer Auffrischungsimpfung
im 11. und 18. Lebensjahr des Kindes.
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Der
in der vorliegenden Beschreibung offenbarte auf Coxsackie-B-Viren
beruhende Impfstoff kann in einer für Impfstoffe, insbesondere
für aktive Impfstoffe bekannten Applikationsform verabreicht werden.
Im Prinzip kann der erfindungsgemäße Impfstoff
parenteral, wobei insbesondere intramuskuläre und subkutane
Gaben in Frage kommen, verabreicht werden. Eine intramuskuläre
Applikation des Impfstoffes ist bevorzugt.
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In
einer weiterhin bevorzugten Ausführungsform ist der beschriebe
auf Coxsackie-B-Viren beruhende Impfstoff zur Vorbeugung von akuter
lymphoblastischer Leukämie zur intramuskulären
Verabreichung bei Kinder vor Vollendung des sechsten Lebensmonats
geeignet.
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Die
vorliegende Erfindung bezieht sich weiterhin auf die Verwendung
eines Impfstoffes beruhend auf Coxsackie-B-Viren zur Herstellung
einer Zusammensetzung zur Vorbeugung von akuter lymphoblastischer
Leukämie bei Kindern.
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Die
Methoden zur Herstellung eines auf Coxsackie-B-Viren beruhenden
Impfstoffes sind dem Fachmann im Prinzip bekannt. Zur Herstellung
von inaktivierten Coxsackie-B-Viren können beispielsweise
Säugetier-Zellkulturen (beispielweise Affennierenzellen
(z. B. Vero-Zellen), humane diploide Lungenzelllinien (WI-238, MRC5)
gezüchtet und mit Coxsackie-Viren eines einzelnen (oder
mehreren) Serotypen beimpft werden. Hierbei ist es erforderlich,
auf eine strenge Standardisierung der Produktionsbedingungen (Zusammensetzung
der Kulturmedien, Zelldichte, Alter der Kulturen bei Inokulation,
Menge des pro Zelle überimpften Virus, Inkubationstemperatur und
-dauer, Zahl der Vermehrungszyklen je Produktionsdurchgang etc.)
zu achten. Insbesondere nach 48 bis 72 Stunden erfolgt die Virusernte
durch Abnahme der Überstandsflüssigkeit unter
sterilen Bedingungen. Diese können dann z. B. durch eine
geringe Filterporengröße (z. B. von 0,22 Mikrometer)
filtriert werden, um größere Zellrückstände
zu entfernen. Gegebenenfalls kann das Flüssigkeitsvolumen
der notwendigen Viruskonzentration angepasst, die Virussuspension
bis zum Gebrauch eingefroren und/oder bei niedrigen Temperaturen
(z. B. von etwa 4°C) gelagert werden.
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Gegebenenfalls
können die so erhaltenen Viren etwa durch Hitze oder Chemikalien
abgetötet werden, oder mit Hilfe gängiger Verfahren
zur Virus-Attenuierung abgeschwächt werden. Die Inaktivierung
der Coxsackie-B-Viren kann beispielsweise durch Behandlung mit Chemikalien
wie Formaldehyd, durch energiereiche Strahlung oder Hitzebehandlung
erfolgen.
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Eine
andere Herstellungsmethode des Impfstoffes beruht auf der Einfügung
der Kodierunssequenzen von Zytokinen (wie Interferon-Gamma) in das
Virus-Genom des Coxsackie-B-Virus. Eine Impfung mit einem solcherart
veränderten Coxsackie-B3-Stamm hat sich bei der tierexperimentellen Verhütung
von Coxsackie-B3-induzierten Myokarditiden sehr wirkungsvoll erwiesen.
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Zur
endgültigen Formulierung können Aliquots der Virussuspension
mit einem geeigneten Stabilisator, insbesondere mit Sorbitol, vermischt werden,
um die empfohlene Dosierung zu erzielen, wobei virale Bestandteile
in einer Konzentration vorhanden sein sollten, die eine ausreichende
Immunantwort im menschlichen Körper hervorrufen. Die Dosierung
des Impfstoffes richtet sich nach der Applikationsform und ist dem
Fachmann im Prinzip geläufig.
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Zusätzlich
zu dem Coxsackie-B-Viren spezifischen Antigen, welches die gewünschte
Immunantwort im menschlichen Körper auslöst, können
die in der vorliegenden Anmeldung beschriebenen Impfstoffe pharmazeutisch
verträgliche Träger und Hilfs- und Zusatzstoffe
enthalten. Eingesetzt werden können etwa Phenoxyethanol,
Magnesiumchlorid, Aluminiumsalze, Kohlenhydrate wie Saccharose,
Konservierungsmittel wie Antibiotika, Thiomersal, Phenol, Formaldehyd.
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Der
anwendungsfertig formulierte Impfstoff kann beispielsweise in Ampullen
abgefüllt und bis zum Gebrauch gelagert werden.
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Die
vorliegende Anmeldung betrifft weiterhin ein Verfahren zur Herstellung
eines Impfstoffes beruhend auf Coxsackie-B-Viren zur Vorbeugung
von akuter lymphoblastischer Leukämie (ALL) bei Kindern,
wobei Coxsackie-B-Viren ausgewählt aus mindestens einem
Serotyp mit einem pharmazeutisch verträglichen Träger
vermischt werden.
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Durch
die nachfolgenden Beispiele wird die vorliegende Erfindung näher
beschrieben.
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Beispiel 1 Herstellung eines auf inaktivierten
Coxsackie-B-Viren beruhenden Impfstoffes
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Der
Herstellungsprozess eines inaktivierten Coxsackie-B-Impfstoffes
umfasst die folgenden Schritte:
- – Herstellung
von Säugetier-Zell-Kulturen;
- – Virus-Saat/Virus-Inokulation;
- – Virus-Wachstum (inkubiert bei 37°C);
- – Virus-Ernte;
- – Klärung; Konzentrierung; Aufreinigung durch Gelpermeationschromatographie;
und Ionenaustauschchromatographie;
- – Filtration;
- – Hinzufügen von Impfstoffe andere Serotypen;
- – endgültige Formulierung.
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Das
Coxsackie-B-Virus wird aus dem Stuhl eines frisch an ALL-erkrankten
Kindes gewonnen und zum Beispiel in Vero-Zellen (normale Nierenzellen
von der Grünen Meerkatze) vermehrt. Nach Mikrocarrier-Kulturen
wird das Medium entfernt, die Zellen werden gewaschen und mit der
Aussaat infiziert (multiplicity of infection, MOI).
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Nach
Beimpfung werden die Wirtszellen bei 37°C für
72 bis 96 Stunden inkubiert. Zur Ernte wird die Virus-Flüssigkeit
von den Microcarrier entfernt (z. B. durch Sedimentierung oder durch
ein Spezialfilter). Es folgt ein grober Reinigungsschritt, um die Mehrzahl
der kontaminierenden Zellen zu entfernen. Anschließend
erfolgt die Feinreinigung durch Chromatographie. Im ersten groben
Reinigungsschritt wird als erstes die Virus-Flüssigkeit
geklärt, um den groben Zell-Debris zu entfernen. Dabei
wird eine Serie unterschiedlicher Filter benutzt, wobei der letzte Filter
einen 0,2 μm Filter darstellt. Die so vorgeklärte Virussuspension
wird dann durch Ultrafiltration (cut off von 100 kD) konzentriert,
um das Volumen der Flüssigkeit zu reduzieren.
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Bei
der chromatographischen Aufreinigung können unterschiedliche
Prinzipien angewendet und kombiniert werden; zum Beispiel eine Trennung
beruhend auf dem Molekulargewicht des Materials durch Gelfiltration
sowie eine Trennung beruhend auf der Ionenbeladung durch Ionenaustausch-Chromatographie.
Der Antigengehalt der Flüssigkeit wird überwacht.
Dazu wird die Konzentration von kontaminierenden Proteinen nach
jedem Schritt überwacht, um die Übereinstimmung
des gereinigten Produktes zu überwachen. Da Zelllinien
für die Produktion dieses Impfstoffes verwendet werden,
ist die Eliminierung von Nukleinsäuren von besonderer Bedeutung.
Der DNA-Clearance-Faktor nach dem letzten Reinigungsschritt muss
108 betragen, was bedeutet, dass das Endprodukt
weniger als 10 pg DNA pro Dosis enthält.
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Im
nächsten Schritt erfolgt die Inaktivierung der gereinigten
Virussuspension, wobei im Sinne von Qualität und Sicherheit
des Impfstoffes sichergestellt sein muss, dass keine lebenden Viren
im Endprodukt vorhanden sind. Gleichzeitig muss allerdings bei dem Inaktivierungsprozess,
zum Beispiel bei einem chemischen Inaktivierungsprozess, die Antigenität
der Virus-Partikel aufrechterhalten werden. Die Inaktivierung findet
am Ende des Reinigungsprozesses statt, um ein Crosslinking von Verunreinigungen
mit dem Viruspartikeln zu vermeiden. Die chemische Inaktivierung
kann beispielsweise mit Formaldehyd erfolgen, was etwa zur Inaktivierung
von anderen Enteroviren wie etwa den Poliomyelitis-Viren gesetzt
wird.
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Vor
der chemischen Inaktivierung wird die gereinigte Virus-Suspension
durch Filtration sterilisiert. Diese Filtrationssterilisierung wird
nicht länger als 27 Stunden die zur Inaktivierung erforderliche Formaldehyd-Menge
unter aseptischen Bedingungen zur gereinigten und sterilisierten
Virus-Suspension hinzugefügt. Danach wird diese Mischung
bei 37°C für 6 Tage inkubiert. Die Suspension
wird dann ein zweites Mal gefiltert und erneut inkubiert (6 bis
9 Tage). Inaktivierungstemperatur: 37°C, Formaldehydkonzentration
in Endverdünnung 1: 4000, pH des Mediums 7.0.
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Vor
der endgültigen Formulierung des Impfstoffes wird die inaktivierte
Virus-Suspension bei 4°C gelagert. Während dieser
Zeit werden Proben entnommen, um die komplette Virusinaktivierung
zu bestimmen. Die oben beschriebenen Herstellungsschritte werden
für alle sechs Serotypen des Coxsackie-B-Virus in ähnlicher
Weise durchgeführt. Nach der Überprüfung
des Inaktivierungsschrittes werden die monovalenten Coxsackie-B-Impfstoffe
der Serotypen gepoolt.
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Beispiel 2: Tierexperimentelle Versuche
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Schwangere
Mäüse werden inteaperitoneal mit einem bestimmten
Coxsackie-B-Virus Stamm inokuliert und die Hälfte von deren
Nachkommen mit dem identischen Stamm (erste Gruppe), die übrigen 50%
werden mit einem Coxsackie-B-Virus Stamm inokuliert, der einem anderen
Serotyp zugehörig ist (zweite Gruppe). Es kann gezeigt
werden, dass in der ersten Gruppe eine lymphatische Leukämie
auftritt, in der zweiten nicht.
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Beispiel 3: Viroserologische Untersuchungen
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a) Virusserologie bei Müttern
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Mütter
von ALL-Patienten und Kontroll-Müttern werden Blutproben
entnommen und die Häufigkeiten von Coxsackie-B-Infektionen
vergleichend bestimmt. Es kann gezeigt werden, dass der Anteil der Mütter
mit Coxsackie-B-Viren Infektionen bei den Müttern von ALL-Patienten
höher ist als in der Kontrollgruppe.
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b) Virusnachweis in Guthrie-Karten
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Es
werden die Häufigkeiten von Coxsackie-B-Infektionen bei
ALL-Patienten und in einer Kontrollgruppe anhand von Guthrie Karten
bestimmt. Es kann nachgewiesen werden, dass IgM-Antikörper, die
auf eine kürzlich durchgemachte Coxsackie-B-Infektion hinweisen,
mit höherer Häufigkeit in Guthrie-Karten von ALL-Patienten
zu finden sind. Dies unterstützt die Rolle der Coxsackie-B-Viren
beim „ersten Schlag”, d. h. in der ersten Stufe
des beschriebenen zweistufigen Infektionsverlaufes.
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c) Virusserologie bei ALL-Patienten
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Es
wird die Häufigkeit von Coxsackie-B-Infektionen, insbesondere
durch den Nachweis von IgM-Antikörper, bei ALL-Patienten
und in einer Kontrollgruppe bestimmt. Es kann nachgewiesen werden,
dass IgM-Antikörper mit höherer Häufigkeit
in ALL-Patienten zu finden sind. Dies unterstützt die Rolle
der Coxsackie-B-Viren beim „zweiten Schlag”, d.
h. in der zweiten Stufe des beschriebenen zweistufigen Infektionsverlaufes
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d) Virusserologie im Stuhl von ALL-Patienten
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Es
wird die Häufigkeit von Coxsackie-B-Viren im Stuhl von
ALL-Patienten und in einer Kontrollgruppe bestimmt. Es kann nachgewiesen
werden, dass Coxsackie-B-Viren mit größerer Häufigkeit
in ALL-Patienten zu finden sind. Dies unterstützt die Rolle
der Coxsackie-B-Viren beim „zweiten Schlag”, d.
h. in der zweiten Stufe des beschriebenen zweistufigen Infektionsverlaufes
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e) Virusnachweis im Lymphocyten von ALL-Patienten
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Nachweis
von Coxsackie-B-Viren oder Teilen von diesen in den Lymphocyten
von ALL-Patienten und von Kontrollkindern: In den Lymphocyten von ALL-Patienten
kann mit einer größeren Häufigkeit der
Nachweis für Coxsackie-B-Viren erbracht werden. Dies unterstützt
die Rolle der Coxsackie-B-Viren beim „zweiten Schlag”,
d. h. in der zweiten Stufe des beschriebenen zweistufigen Infektionsverlaufes
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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