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Die
Erfindung betrifft fermentierte Milchprodukte nach dem Oberbegriff
des Anspruchs 1, sowie deren Herstellungsverfahren, die zu einer
reduzierten Nachsäuerung während der Lagerungszeit
führen.
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Fermentierte
Milchprodukte werden durch Milchsäuregärung von
Milch und anderen Zutaten hergestellt. Sie sind allgemein unter
den Begriffen wie Joghurt, Sauermilch, Buttermilch, Sauerrahm, Kefir
oder Dickmilch bekannt. Ihnen ist gemeinsam, dass die in diesen
Produkten enthaltene Laktose durch homo- und/oder hetrofermentnative
Prozesse von mesophilen oder thermophilen Milchsäurebakterien
wie Streptococcus thermophilus, Lactobacillus delbruecki subspec.
bulgaricus, andere Lactobacillus spec., Lactococcus spec., Bifidobacterium
spec. oder Leuconostoc spec. in Milchsäure und in weitere
Substanzen umgesetzt wird.
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Durch
die Säurebildung wird die fermentierte Masse angesäuert
und ihr pH sinkt vom Ausgangswert der Milch bei ca. pH 6,6 auf einen
pH-Bereich von 4,0 bis 5,0. Die pH-Senkung führt gleichzeitig
zu einer Koagulation von Milchproteinen, die den Produkten z. B.
im Falle von stichfestem Joghurt eine solide, und im Falle von Rührjoghurt
eine cremige Konsistenz verleiht. Der isoelektrische Punkt von Milchproteinen
liegt bei ca. pH 4,6, so dass zum Erreichen der maximalen Milchprotein-Koagulation
und optimaler Textur die meisten fermentierten Milchprodukte in
die Nähe dieses pH-Niveaus angesäuert werden.
Anschließend können fermentierte Milchprodukte
entweder erhitzt oder gekühlt werden um die fortschreitende
Milchsäuregärung zu stoppen bzw. zu verlangsamen.
Die Säurebildung durch lebendige Milchsäurebakterien
während der nachfolgenden Lagerung wird allgemein als bakterielle
Nachsäuerung bezeichnet.
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Die
deutsche Milcherzeugnisserverordnung schließt bei den fermentierten
Milcherzeugnissen, wie Joghurt, Sauermilch, Buttermilch, Sauerrahm,
Kefir oder Dickmilch eine Wärmebehandlung nach der Fermentation
aus. Daneben verlangt der international Standard CODEX ALIMENTARIUS
daß z. B. im verkaufsfertigem Joghurt eine Mindestmenge
von 107 koloniebildenden Einheiten pro g
der Stämme Lactobacillus delbrueckii subspec. bulgaricus
und Streptococcus thermophilus enthalten sein muss. Dadurch scheidet
die Möglichkeit einer Hitzeinaktivierung von Milchsäurebakterien
zum Stoppen der Milchsäuregärung nach der Fermentation bei
den meisten fermentierten Milcherzeugnissen aus. Durch Kühlen
wird die fermentnative Aktivität der Milchsäurebakterien
jedoch lediglich verlangsamt und die Säuerung schreitet
bis zum Erreichen der pH-Toleranzgrenze der eingesetzten Mikroorganismen
voran. Je nach Starterkultur sinkt der pH-Wert der fermentierten Milchprodukte
dabei während einer mehrwöchigen Lagerung bei üblichen
Kühlschranktemperaturen von 2°C bis 10°C
auf ein Niveau von typischerweise pH 3,8–4,2. Die meisten
Joghurts im deutschen Lebensmitteleinzelhandel erreichen ein pH-Wert-Niveau
von 4,1–4,2 vor dem Ablauf ihres Mindesthaltbarkeitsdatums.
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Aufgrund
geänderter Verbraucherpräferenzen erobern milde,
nur leicht säuerlich schmeckende Milchprodukte immer größere
Marktanteile. Insbesondere bei sogenannten „warmen” Geschmacksnoten,
wie Vanille, Schokolade, Nuß oder Café ist ein
milder Geschmack erforderlich um organoleptische Unvereinbarkeiten zu vermeiden.
Ein milder Geschmack ist dabei insbesondere bei den zu starker Säurebildung
neigenden Joghurterzeugnissen von herausragender Bedeutung. Wie
oben beschrieben, neigen fermentierte Milchprodukte mit lebenden
Milchsäurebakterien zum bakteriellen Nachsäuern
während der Lagerung und führen zu pH-Werten weit
unter dem Zielwert der Fermentation. Eine fortschreitende pH-Absenkung
kann nicht nur die geschmackliche Konsumentenakzeptanz negativ beeinflussen,
sondern auch säureempfindliche probiotische Begleitbakterien
in fermentierten Milchprodukten reduzieren, den Abfüllprozess
auf ein gewünschtes pH-Niveau erschweren und die Produkthaltbarkeit
herabsetzen.
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Zahlreiche
Verfahren wurden vorgeschlagen um die bakterielle Nachsäuerung
von fermentierten Milchprodukten und ihre negativen Effekte zu begrenzen.
Häufig wurde versucht durch Selektion spezieller Stämme
von Milchsäurebakterien die Nachsäuerung von fermentierten
Milchprodukten zu reduzieren. Wenig nachsäuernde Bakterienstämme
neigen jedoch zu langen Fermentationszeiten, geringer Texturbildung
und einen untypischen Geschmacksprofil. Im Dokument
WO2007/147890 sind wenig nachsäuernde
und texturbildende Milchsäurebakterien vorgeschlagen worden,
die jedoch zu langen Fermentationszeiten von über 10 Stunden
bei 43°C führen und deren Nachsäuerungsniveau
weiterhin 0,2 pH-Einheiten während einer siebentägigen
Lagerung betragen kann. Im Dokument
JP2005328831 wird ein spezielles
Joghurtferment zur Produktion von mildem Joghurt mit einem arteigenen
Geschmacksprofil vorgeschlagen. Da es mit Lactococcuc lactis ein
für Joghurt untypisches Milchsäurebakterium enthält,
kann das resultierende Produkt jedoch nach der deutschen Milcherzeugnisserverordnung
nicht als Joghurterzeugnis bezeichnet werden. Im Dokument
EP1596663B1 wird
in Verfahren zur Reduzierung der Säurewahrnehmung durch
den Konsumenten bei mit „warmen” Geschmacksnoten
aromatisierten fermentierten Milchprodukten vorgeschlagen. Diese
Wirkung soll durch das Zudosieren eines homogenisierten Rahms zum
fermentieren Joghurt und die daraus resultierende bimodale Struktur
des Fettkügelchennetzwerks erreicht werden. Das Verfahren
reduziert jedoch nicht die Nachsäuerung an sich und die
fortschreitende pH-Absenkung während der Lagerung verändert
den Geschmack des Produktes zusehends.
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Die
vorliegende Erfindung ermöglicht es die oben beschriebenen
Nachteile zu vermeiden, indem durch das Zudosieren eines Milchmineralstoff-Konzentrats
die bakterielle Nachsäuerung von fermentierten Milchprodukten
erheblich reduziert wird. Das vorgeschlagene Milchmineralstoff-Konzentrat
ist ein ausschließlich aus Milch gewonnenes Erzeugnis und
kann als ein natürliches Lebensmittel in der Zutatenliste
deklariert werden. Seine Zugabe kann vor der Fermentation in die
mit Milch- und Nichtmilchbestandteilen wie z. B. Rahm, Magermilchpulver,
Zucker und Stärke angereicherte Ausgangsmilch erfolgen.
Alternativ kann die Zugabe des Milchmineralstoff-Konzentrats auch
nach der Fermentation, z. B. zusammen mit einer pasteurisierten Zubereitung,
erfolgen. Bei allen verbreiteten fermentierten Milchprodukten kann
diese Anreicherung mit dem Milchmineralstoff-Konzentrat in der gleichen
Weise wie z. B. die Zugabe von Magermilchpulver oder Rahm durchgeführt
werden. Sowohl die Herstellung von stichfesten Produkten, wie z.
B. stichfesten Joghurt Dickmilch, als auch von gerührten
Produkten, wie z. B. Joghurt- und Sauermilcherzeugnissen ist mit
der entsprechenden produkttypischen Herstellungstechnologie möglich.
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Überraschenderweise
reduziert der Einsatz von mindestens 0,3% des Milchmineralstoff-Konzentrats erheblich
die Nachsäuerung von fermentrentierten Milchprodukten.
Wie aus 1 ersichtlich, tritt diese Wirkung vor allem durch
eine Stabilisierung der Säuerungskurve der Milchsäurebakterien
im günstigen pH-Bereich von 4,6 ein ohne die Fermentation
bei höheren pH-Werten deutlich zu verlangsamen. Die Texturbildung und
das Geschmacksprofil werden nicht negativ beeinflusst, weil die
Fermentationsflora weitgehend unverändert bleibt. Wie aus
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2 ersichtlich,
lassen sich beim Einsatz von mildsäuernden Fermenten mit
der vorliegenden Erfindung fermentierte Milchprodukte herstellen,
die auch nach einer neunwöchiger Lagerung bei 10°C
einen pH-Wert von über 4,50 aufweisen.
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Insbesondere
bei einer Aromatisierung von fermentierten Milchprodukten mit sogenannten „warmen” Geschmacksnoten,
wie Vanille, Schokolade, Nuß oder Cafè, kann damit
eine starke Nachsäuerung und organoleptische Unvereinbarkeit
der sauren Grundmasse mit der Aromatisierung vermieden werden. Gegenüber den
aktuell auf dem Markt vorhanden fermentierten Milchprodukten, die
bis zum Erreichen des Mindesthaltbarkeitsdatums häufig
auf ein pH-Niveau von 4,1 bis 4,2 absinken, weist die vorliegende
Erfindung erhebliche Vorteile auf. Neben erwateter höherer
Verbraucherakzeptanz und potentiell längerer Haltbarkeitszeiten,
kann der Hersteller die entsprechend dieser Erfindung hergestellten
fermentierten Milchprodukte durch ihre reduzierte Nachsäuerung
mit größer zeitlicher Flexibilität kühlen
und abfüllen.
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Beim
Einsatz einer probiotischen Begleitflora kann erwartet werden, dass
säureempfindliche probiotische Bakterien in fermentierten
Milchprodukten durch die reduzierte Säurebildung weniger
geschädigt werden und höhere Überlebensraten
während der Haltbarkeitszeit aufweisen. Für den
Konsumenten ergibt die Anreicherung mit dem vorgeschlagenen Milchmineralstoff-Konzentrat
als zusätzlichen Vorteil eine erhöhte Aufnahme
von Calcium, mit den Frauen und ältere Menschen in Deutschland
tendenziell unterversorgt sind.
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Ausführungsbeispiele
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Die
nachfolgenden Beispiele geben Rezepturen und Prozessschritte gemäß der
Erfindung für gerührte und stichfeste fermentierte
Milchprodukte an. Beispiel 1: Rezeptur für fettarmen
Joghurt Gerührt mit Erdbeerzubereitung, Zugabe der Milchmineralstoffe
vor der Fermentation.
ZUTAT | EIGENSCHAFTEN
DER ZUTAT | GEWICHTSANTEIL |
Fettarme
Milch | 1,9%
Fett, 3,6% Eiweiß | 88,295% |
Magermilchpulver | 34%
Eiweiß | 4% |
Zucker | Saccharose | 7% |
Milchmineralstoff-Konzentrat | 24%
Calcium, 11% Phosphor | 0,7% |
Mildsäuerndes
Joghurtferment | z.
B. Chr. Hansen YF-L812 | 0,005% |
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Prozessschritte:
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- a) Mischen aller Zutaten (außer Ferment)
mit fettarmer Milch.
- b) Pasteurisieren bei 92°C/8 min. und Homogenisieren
bei 120 bar.
- c) Kühlen auf 43°C, Fermentzugabe und Fermentation
im Tank bis pH 4,70
- d) Glätten und Kühlen der fermentierten Masse
auf 20°C.
- e) Einmischen von 15% einer pasteurisierten Erdbeerzubereitung
mit 50° Brix.
- f) Abfüllen in Becher und Kühlen auf Transporttemperatur
von 5°C.
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Beispiel 2: Rezeptur für Joghurt
Gerührt mit Vanillezubereitung, Zugabe der Milchmineralstoffe
nach der Fermentation.
ZUTAT | EIGENSCHAFTEN | GEWICHTSANTEIL |
Vollmilch | 3,8%
Fett, 3,6% Eiweiß | 86,995% |
Magermilchpulver | 34%
Eiweiß | 3% |
Zucker | Saccharose | 10% |
Mildsäuerndes
Joghurtferment | z.
B. Chr. Hansen YF-L812 | 0,005% |
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Prozessschritte:
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- a) Mischen aller Zutaten (außer Ferment)
mit Vollmilch.
- b) Pasteurisieren bei 92°C/8 min. und Homogenisieren
bei 120 bar.
- c) Kühlen auf 43°C, Fermentzugabe und Fermentation
im Tank bis pH 4,60.
- d) Glätten und Kühlen der fermentierten Masse
auf 20°C.
- e) Einmischen von 10% einer pasteurisierten Vanillezubereitung,
die einem 7%igen Gewichtsanteil des Milchmineralstoff-Konzentrats
enthält.
- f) Abfüllen in Becher und Kühlen auf Transporttemperatur
von 5°C.
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Beispiel
3: Rezeptur für stichfesten Naturjoghurt, Zugabe der Milchmineralstoffe
vor der Fermentation.
ZUTAT | EIGENSCHAFTEN | GEWICHTSANTEIL |
Vollmilch | 3,6%
Fett, 3,8% Eiweiß | 96,295% |
Magermilchpulver | 34%
Eiweiß | 3% |
Milchmineralstoff-Konzentrat | 24%
Calcium, 11% Phosphor | 0,7% |
Mildsäuerndes
Joghurtferment | z.
B. Chr. Hansen YF-L812 | 0,005% |
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Prozessschritte:
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- a) Mischen aller Zutaten außer Ferment
mit Vollmilch
- b) Pasteurisieren bei 92°C/8 min. und Homogenisieren
bei 120 bar
- c) Kühlen auf 43°C, Fermentzugabe und Abfüllen
in Becher
- d) Bebrüten der Becher bis pH 4,70 bei 43°C
erreicht wird.
- e) Kühlen auf Transporttemperatur von 5°C
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BESCHREIBUNG DER ABBILDUNGEN
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1:
pH-Verläufe der Fermentation von Vollmilch bei 43°C
mit einem mildsäuernden Joghurtferment (Chr. Hansen YF-L812),
jeweils ohne Zugabe des Milchmineralstoff-Konzentrats und mit Zugabe
von 0,7% des Milchmineralstoff-Konzentrats.
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2:
pH-Verläufe der Nachsäuerung bei 10°C
eines mit einem mildsäuernden Joghurtferment (Chr. Hansen
YF-L812) hergestellten Joghurts (3,5% Fett und 3,6% Eiweiß),
jeweils ohne Zugabe des Milchmineralstoff-Konzentrats und mit Zugabe
von 0,7% des Milchmineralstoff-Konzentrats.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- - WO 2007/147890 [0006]
- - JP 2005328831 [0006]
- - EP 1596663 B1 [0006]