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Die
vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bearbeitung von
Kunststoff-Formteilen, insbesondere von Interieurkomponenten für
Kraftfahrzeuge.
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Stand der Technik
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Kunststoff-Formteile
werden seit Langem im Innenraum von Kraftfahrzeugen verbaut. Viele
dieser Innenverkleidungsteile, z. B. die Instrumententafel des Fahrzeugs
oder die Lenkrad-Abdeckung, müssen dabei sogenannte Airbag-Nähte
aufweisen, das heißt vorbestimmte Schwächungen,
entlang derer das Formteil beim Auslösen des Airbags aufreißt,
um den Airbag zur Entfaltung freizugeben.
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Man
unterscheidet hierbei zwei Arten, nämlich auf der Vorderseite
des Formteils sichtbare sowie unsichtbare Airbag-Nähte.
Bei der sichtbaren Ausführung wird das Material des Formteils,
das im Allgemeinen aus Träger, Abstandsgewirke und Dekorschicht
besteht, abschnittsweise vollständig durchtrennt und so
die Materialschwächung erzielt. Sichtbare Airbag-Nähte
schränken jedoch die optischen Design-Möglichkeiten
der Oberfläche des Formteils ein und sind häufig
unerwünscht, so dass deren Bedeutung mittlerweile stark
zurückgeht. Bei der unsichtbaren Ausführung wird
das Material hingegen zumeist mit einem Laser bis auf eine Restwandstärke ganz
oder abschnittsweise geschwächt, wobei eine sehr genaue
Kontrolle des Schwächungsvorgangs bzw. der Restwandstärke
nötig ist, damit sich die Schwächung, die bis
in die oberste Dekorschicht gehen kann, nicht auf der Sichtseite
abzeichnet. Da die Schwächung von vorne unsichtbar ist,
bleibt hier die Designfreiheit vollständig erhalten.
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Bisher
wurden unsichtbare Airbag-Nähte in aufwändigen
und mehrstufigen Verfahren erzeugt, wobei die Restwandstärke
und somit die Unsichtbarkeit der Airbag-Naht insbesondere vom Laserprozess,
der Güte des Abstandsgewirkes (z. B. einer Schaumschicht)
sowie der Dekoroberfläche (Lack, Folie oder Leder) abhängig
ist. Um hier eine konsistente Restwandstärke zu erzielen,
muss diese während des Laser-Einschneidens der Schwächung
kontinuierlich gemessen werden.
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Diese
Messung wird aufgrund des mehrschichtigen Aufbaus des Formteils,
und insbesondere durch die häufig stark streuenden bzw.
absorbierenden, die Dekoroberseite bildenden Lack- oder Folienschichten
erschwert, so dass aufwändige Messverfahren bzw. spezielle
Lackschichten zum Einsatz kommen müssen. Ein Beispiel ist
in der
DE 10 2005 040
017 A1 offenbart, die ein Verfahren zur Vorschwächung
eines Kraftfahrzeug-Innenverkleidungsteils mit Hilfe von Laserstrahlung
beschreibt, bei der im Innenverkleidungsteil eine photolumineszente Substanz
eingebracht ist, die einen Teil der Strahlung absorbiert und wellenlängenverschoben
reemittiert. Durch Messung der reemittierten Strahlung kann die Restwandstärke
ermittelt und somit geregelt werden. Durch Vorsehen der zusätzlichen
photolumineszenten Schicht wird nicht nur die Freiheit bei der Wahl der
Lackschicht (die für die reemittierte Wellenlänge durchlässig
sein muss) eingeschränkt, sondern es ist aufgrund des Vorsehens
der photolumineszenten Schicht ein zusätzlicher Bearbeitungsschritt
notwendig, der die Produktivität verringert und die Herstellungskosten
in die Höhe treibt.
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Wird
bei diesen Verfahren bis in die Dekorschicht eingeschnitten, um
besonders geringe Restwandstärken und somit im Fall der
Airbagauslösung sicher reißende Schwächungslinien
zu erzielen, müssen die Einschnitte zumeist geeignet präpariert werden,
damit sie sich über die Lebensdauer des Formteils nicht
verändern, das heißt insbesondere, damit die Dekorschicht
an den eingeschnittenen Schwächungslinien nicht einsackt.
Eine derartige Präparierung ist zum Beispiel in der
DE 102 29 962 A1 beschrieben,
bei der die aufgrund der Schwächungen vorhandenen Materialspannungen
durch Wärmebehandlung ausgeglichen werden und somit ein
sich Abzeichnen der Schwächung auf der Sichtseite des Formteils
dauerhaft vermieden wird. Auch hier ist also ein zusätzlicher
Arbeitsschritt notwendig, der die Produktivität des Verfahrens
verringert und die Kosten erhöht.
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Bei
den beschriebenen Verfahren kommt noch hinzu, dass zum Einschneiden
der Schwächungen die bereits fertig beschichteten bzw.
lackierten Formteile in eine Aufnahme gelegt werden und es dabei
zu Beschädigungen der sichtseitigen Dekoroberfläche
kommen kann. Sollen schließlich Formteile mit unterschiedlichen
Beschichtungen wie Lack, Folie oder Leder hergestellt werden, ist
es notwendig, für jede Art des Formteils eine an die spezifische
Beschichtung angepasste Aufnahme bereitzustellen, was natürlich
Kosten steigernd ist.
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Darstellung der Erfindung
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Es
ist somit eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren
zur Bearbeitung von Kunststoff-Formteilen zu entwickeln, das im
Vergleich zum Stand der Technik einfacher und kostengünstiger
ist, da aufwändige Messverfahren, der Einsatz verschiedener
Aufnahmen sowie zusätzliche Präparierungsschritte
des geschwächten Formteils vermieden werden.
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Diese
Aufgabe wird mit einem Verfahren zur Bearbeitung von Kunststoff-Formteilen
gemäß Anspruch 1 gelöst. Weitere vorteilhafte
Ausgestaltungen sind in den abhängigen Ansprüchen
definiert.
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Die
Erfindung stellt somit ein Verfahren zur Bearbeitung von Kunststoff-Formteilen
bereit, wobei das Verfahren das rückseitige Einbringen
einer Schwächung in das Formteil bis zu einer Restwandstärke
umfasst und das Formteil nach Einbringen der Schwächung
vorderseitig beschichtet wird. Vorderseitig ist hierbei gleichbedeutend
mit sichtseitig, das heißt auf der Seite, die beim fertigen
Teil dem Insassen zugewandt sein wird.
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Da
die Beschichtung nachgeschaltet ist, kann erst nach dem Einbringen
der Schwächung entschieden werden, welche Art von Beschichtung
zur Ausbildung der Dekoroberfläche des Formteils verwendet
werden soll. Dies erlaubt eine Herstellung, die fertigungstechnisch
und logistisch flexibler ist und schneller auf Änderungswünsche
des Kunden reagieren kann. Weiter kann die Beschichtung nicht durch
das Einbringen der Schwächung beschädigt werden
und es werden mögliche Einfallstellen vermieden, welche
beim Einschneiden eines beschichteten Bauteils auftreten können
(z. B. Absinken eines vor dem Schwächen aufgebrachten Lacks
in die Schwächungslinie). All dies trägt dazu
bei, den Ausschuss an Formteilen zu verringern. Sollte dennoch Ausschuss
an eingeschnittenen Formteilen anfallen, so ist mit dem noch nicht
beschichteten Formteil nur ein Kunststoffmaterial betroffen, das
zu 100% dem Recycling zugeführt werden kann, was hingegen
bei bereits lackierten, folienkaschierten oder belederten Formeilen,
die im Stand der Technik im Verbund (d. h. Formteil plus Dekorschicht)
eingeschnitten werden, schwierig bis unmöglich ist.
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Bevorzugt
wird das Formteil mit Softlack beschichtet. Vorteilhaft hierbei
sind der Ausgleich von Unregelmäßigkeiten auf
der Oberfläche des noch nicht lackierten, aber geschwächten
Formteils durch den Softlack sowie die freie Wahl der Art und Farbe des
Softlacks. Insbesondere erlaubt es der Softlack jedoch, ein sicheres
Reißen im Fall der Airbagauslösung zu gewährleisten,
da sein Reißwiderstand im Vergleich zu herkömmlichen
für derartige Dekorzwecke verwendeten Lacken oder Folien
sehr gering ist. Um so ein vorbestimmtes Reißverhalten
(Öffnungskraft pro mm Schwächungslinie) zu erzielen,
ist also lediglich auf die Restwandstärke im noch nicht
lackierten Formteil zu achten.
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Falls
eine Haptik vom Kunden nicht erwünscht ist, sind ähnliche
Vorteile auch dadurch erreichbar, dass das Formteil mit Dekorlack
beschichtet wird.
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Der
Softlack kann ein Zweikomponenten-Lack sein, bevorzugt auf Polyurethan-Basis
mit einem Härteranteil zwischen 10 Vol.-% und 30 Vol.-%.
Durch diese Wahl wird ein besonders weicher Softlack erhalten, der
darüber hinaus Knarzgeräuschen, die durch Aneinanderreiben
benachbarter Komponenten im Fahrzeuginnenraum entstehen, entgegenwirkt.
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Vorzugsweise
beträgt die Trockenschichtdicke des aufgebrachten Softlacks
20–90 μm, bevorzugt 30–80 μm
und besonders bevorzugt 50–70 μm. In diesen Bereichen
erhält man eine besonders gute Oberflächenhaptik
und einen besonders weichen Effekt beim Berühren der Oberfläche.
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Es
ist weiterhin von Vorteil, dass der Softlack in mehreren Schichten
aufgetragen wird und jede Schicht nach dem Auftrag zwischengetrocknet
wird. Die Trockenschichtdicke des Softlacks beträgt dabei bevorzugt
mehr als 90 μm. Der Mehrfachauftrag erzeugt mehrere diskrete,
miteinander verbundene Softlackschichten, die die Haptik und Weichheit
weiter verbessern.
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Alternativ
ist es bevorzugt, dass das Formteil mit einem Abstandsgewirke oder
einem Vlies und mit Folie kaschiert wird. Ebenfalls ist es möglich,
dass das Formteil mit einem Abstandsgewirke oder einem Vlies beschichtet
und beledert wird, oder das Formteil mit einer Textilschicht kaschiert
wird.
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In
einer bevorzugten Ausführungsform wird vor der Beschichtung
mit dem Softlack ein Haftprimer vorderseitig auf das Formteil aufgebracht.
Dadurch wird eine besonders gute Haftung des Softlacks auf dem Formteil
(Träger und eventuell Schaumschicht), insbesondere auf
kritischen Substraten wie Polypropylen, erzielt.
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Es
ist bevorzugt, dass das Einbringen der Schwächung mithilfe
von Laserstrahlung erfolgt. Auf diese Weise kann der Schnitt aufgrund
des geringen Strahldurchmessers deutlich exakter als mit mechanischen
Mitteln durchgeführt werden.
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In
einer besonders vorteilhaften Ausführungsform wird die
Restwandstärke mithilfe eines Sensors gemessen. Die Restwandstärke
kann dabei auf einfache Weise ohne Beeinträchtigung durch eine
Lackschicht, die ja erst danach aufgebracht wird, gemessen werden
und somit die Tiefe der Schwächung geregelt werden.
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Vorzugsweise
ist das Kunststoff-Formteil ein Kraftfahrzeug-Innenverkleidungsteil,
und besonders bevorzugt eine Instrumententafel. Bei diesen Komponenten
erweist sich die dem Schwächen des Formteils nachfolgende
Beschichtung als besonders vorteilhaft, da keine Innenverkleidungsteilspezifischen (das
heißt Modell-spezifischen) Beschichtungs-, Kaschier- oder
Lackieranlagen notwendig sind. Innenverkleidungsteile verschiedener
Kraftfahrzeugmodelle können spezifisch geschwächt
und dann in einer Anlage beschichtet werden.
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Wege zur Ausführung
der Erfindung
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Das
zu bearbeitende Kunststoff-Formteil besitzt einen Aufbau, der zumindest
einen Träger und häufig auch eine Schaumschicht
umfasst, wobei der Träger ein Hartkunststoff wie ABS (Acrylonitrilbutadienstyrol)
oder Polypropylen und die Schaumschicht ein Weichkunststoff wie
Polyurethan oder geschäumtes Polypropylen sein kann. Das
Kunststoff-Formteil, das beispielsweise eine serienmäßig
hergestellte Instrumententafel ist, wird in eine Aufnahme gelegt
und im Bereich des Beifahrer-Airbags rückseitig gelasert, um
eine Schwächung zu erzeugen. Da das Formteil vorderseitig
noch nicht lackiert ist, sind keine besonderen Maßnahmen
zum Schutz der Oberfläche des Formteils in der Aufnahme
notwendig.
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Für
das Einschneiden können Standard-Laserverfahren zum Einsatz
kommen, z. B. solche die CO2-, Excimer-
oder YAG-Laser verwenden. Die Wellenlänge des Lasers wird
dabei vorzugsweise so gewählt, dass sie nur teilweise vom
Kunststoffmaterial des Formteils absorbiert wird, um so eine Bestimmung
der Restwandstärke durch transmittiertes Licht zuzulassen.
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Während
des Laserschneidens wird die Tiefe des Einschnitts bzw. die Restwandstärke
kontinuierlich durch einen geeignet zur Schwächung positionierten
Sensor gemessen. Dieser Sensor kann dabei entweder durch die Restwandstärke
transmittiertes oder aus der Schwächung reflektiertes Licht
messen. Da keine die Messung behindernde Lackschicht vorhanden ist,
kann die Restwandstärke genau bestimmt werden. Es sind
keine weiteren Schichten oder Zusätze zu den Formteilmaterialien
notwendig.
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Die
eingebrachte Schwächung ist hierbei zum Beispiel eine durchgehende
Schwächungslinie einer Airbag-Reißnaht, es ist
jedoch auch denkbar, Schwächungspunkte oder nur abschnittsweise
eine Schwächungslinie einzubringen.
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Nachdem
die Schwächung in das Formteil eingebracht wurde, wird
dieses in eine Kabine einer Lackieranlage zunächst vorderseitig
mit einem Haftprimer beschichtet, der eine bessere Anhaftung des nachfolgend
aufzubringenden Softlacks bewirkt. Dann wird in einer nächsten
Lackierkabine vorderseitig (sichtseitig) ein Softlack auf das Formteil
aufgebracht, der eventuell auf der Oberfläche des Formteils vorhandene
Ungleichmäßigkeiten, zum Beispiel Kratzer aus
der Aufnahme im vorangegangenen Schwächungsschritt, ausgleicht.
Die Dicke der aufgebrachten Schicht beträgt hierbei ungefähr
30 μm, kann aber je nach Bedarf nach unten auf 20 μm
und nach oben auf 90 μm variieren. Nach dem Aufbringen der
ersten Lackschicht wird das Formteil zum Zwischentrocknen in eine
Trocknungskabine überführt. Diese Lackierungs-
und Trocknungsschritte werden mehrere Male in aufeinanderfolgenden
Kabinen wiederholt, bis eine Schichtdicke von über 90 μm,
zum Beispiel 110 μm erreicht ist. Eine derartige Schichtdicke
vermittelt dem ausgehärteten Softlack eine hervorragende
Haptik und Weichheit. Durch das dem Einbringen der Schwächung
nachgeschaltete Aufbringen des Softlacks werden die bisher im Stand
der Technik angetroffenen Probleme, nämlich sich sichtseitig
abzeichnende Schwächungslinien, Einfallstellen, unregelmäßige
Lackoberflächen sowie zusätzlicher Ausschuss aufgrund
fehlerhaft geschwächter Teile vermieden und es wird gleichzeitig
eine große Designfreiheit bei vergleichsweise geringen
Herstellungskosten ermöglicht. Die Wahl eines Softlacks
ermöglicht es dabei aufgrund seines geringen Reißwiderstands,
sich beim Einbringen der Schwächung nur auf das Material
des unlackierten Kunststoff-Formteils, das heißt Träger
und Abstandsgewirke, zu konzentrieren.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- - DE 102005040017
A1 [0005]
- - DE 10229962 A1 [0006]