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Die
Erfindung betrifft einen perfundierbaren Bioreaktor zur Herstellung
von menschlichen oder tierischen Geweben oder Gewebeäquivalenten,
wobei deren Herstellung auf einem in den Innenraum kultivierten
Konstrukt basiert, der Innenraum von einer Hülle umschlossen ist und zumindest
einen Einlass und einen Auslass für ein flüssiges Nähr-Medium besitzt, der Bioreaktor
mit einer Einheit zur Erzeugung eines Perfusionsdrucks des Nähr-Medium
verbindbar ist. Dieser Gewebeersatz dient insbesondere zur klinisch-therapeutischen
Anwendung.
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„Perfundierbare
Bioreaktoren” im
Sinne der Erfindung sind Bioreaktoren, welche es erlauben, dass
das in diese eingebrachte Konstrukt primär durch ein flüssiges Medium
durchströmbar
ist; sekundär
umströmbar
ist.
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„Konstrukte” im Sinne
der Erfindung sind artifiziell hergestellte dreidimensionale Gewebeäquivalente,
die lebende Zellen in einer dreidimensionalen Matrix enthalten,
insbesondere Kombinationen aus Gerüsten und lebenden Zellen, ggf.
auch kombiniert mit Matrixfaktoren.
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Für die Herstellung
von Geweben in vitro wurden bis heute verschiedenste Typen von perfundierbaren
Bioreaktoren entwickelt. Allerdings konzentrierte man sich bisher
hauptsächlich
auf die Herstellung von Bioreaktoren mit starren Wandungen, deren
Form nicht an das zu züchtende
Gewebe angepasst ist. Deshalb entsprechen Belastungen und Einflüsse auf
das in vitro wachsende Gewebe nicht denen eines natürlichen
Gewebes in vivo. Allerdings sind es gerade mechanische Belastungen,
welche einen nicht zu unterschätzenden
Einfluss auf das Gewebewachstum in vivo haben und in vitro ebenfalls modelliert
werden sollten. Außerdem
besteht der Nachteil, dass auch, wenn eine Perfusion des Gewebe
oder Gewebeäquivalents
beabsichtigt ist, es sich meist nicht um eine Durchströmung i.
e. S., sondern mehr um eine Umströmung handelt, und somit keine optimale
Versorgung im Inneren eines solchen Konstruktes vorliegt.
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Dieses
Problem spielt insbesondere eine Rolle für Weichgewebe und Blutgefäße. Die
Bereitstellung oder Herstellung von Ernährung und Durchblutung durch
Blutgefäße ist ein
wesentliches ungelöstes
Problem beim Tissue engineering. Schon bei geringen Gewebevolumina
ist es wichtig, ein Gefäßsystem
oder ein entsprechendes Äquivalent
zu implementieren, da für
Distanzen von mehr als etwa 100–300 μm bis zur
nächsten
Blutkapillare die Diffusion zur Ernährung nicht mehr ausreicht.
Ein solches Gewebe benötigt
also auch eine eigene Blutgefäßversorgung,
die natürlicherweise
der Form des Implantats angepasst sein muss. Es besteht daher ein Bedarf
an Bioreaktoren, in denen versorgende Blutgefäße in Kombination mit einem
beliebigen Gewebe kultiviert werden können und die zudem den physikalischen/mechanischen
Ansprüchen
eines weichgewebigen und/oder vaskulären/mikrovaskulären Engineering
gerecht werden.
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In
bisherigen Bioreaktoren sind zwar bereits pulsatorische Perfusionen
realisiert worden, die den Blutdruck simulieren sollen, insbesondere
um artifizielle Gefäßkonstrukte
an die Blutdruckkräfte
in vivo zu konditionieren. In dem Umfeld einer starren Bioreaktorwand
sind diese jedoch häufig
nicht physiologisch oder werden unphysiologisch reflektiert, was
auch zur Zerstörung
der Zellen im Reaktor führen
kann. Es ist somit die Bereitstellung einer physiologischen Gewebecompliance
(Dehnbarkeit) im dreidimensionalen Environment erforderlich, was
mit bisherigen Systemen nicht möglich
ist.
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Ein
weiteres Problem ist die Gestaltung der Form von Gewebekonstrukten,
die z. B. Defekte im subkutanen Fettgewebe oberflächennah
ausgleichen sollen. Hierbei ist es von besonderer Bedeutung, dass
das Gewebekonstrukt nach Implantation den Defekt möglichst
genau ausfüllt,
um das gewünschte ästhetische
Ergebnis zu erreichen. Für
das Engineering von Weichgeweben, insbesondere Fettgewebe für die Oberflächenkonturierung
oder zum Defektausgleich, aber auch für Knochen, der an konturwirksamen
Lokalisationen verwendet wird, ist es wünschenswert, gezielt eine spezifische
Form zu erzielen.
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In
bisherigen Ansätzen
wird die Präformierung
und Festlegung der äußeren Form
eines mittels Tissue Engineering hergestellten Gewebekonstrukts in
der Regel über
die Form eines Gerüsts
(„Scaffold”) angestrebt,
auf dem die Zellen anwachsen und sich vermehren. Die äußere Form
des Gerüsts
bildet die Leitschiene bilden, in der sich das artifizielle Gewebe mit
einer spezifischen Differenzierung ausbildet.
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Es
wäre aber
ein idealer Ansatz, gerüstfrei oder
mit rasch resorbierbaren Gerüstmaterialien
arbeiten zu können.
Gleichzeitig muss dann aber die äußere Form
vorgegeben sein und idealerweise den individuellen Defekt wiedergeben,
in den das Konstrukt später
passen soll.
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Auch
bei Verwendung von Gerüsten
birgt die Kultivierung in Perfusionsbioreaktoren, die in ihrer Form
nicht auf das Gerüst
angepasst sind, einen möglichen
Nachteil. Es wird in diesen Bioreaktoren häufig nur eine Umnströmung mit
dem Nähr-Medium erreicht
und nicht eine Perfusion, so dass die zentralen Gerüstanteile
u. U. nicht ausreichend ernährt
werden.
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Aufgabe
der Erfindung ist es, einen Bioreaktor bereit zu stellen, welcher
die Nachteile des Standes der Technik überwindet.
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Die
Aufgabe der Erfindung wird durch die Merkmale des Anspruchs 1 gelöst.
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Erfindungswesentlich
ist, dass zumindest ein Teilsegment dieser Hülle aus elastischem Material besteht.
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Wesentlich
ist, dass die Hülle
des Bioreaktors zu großen
Teilen elastisch ist und ihre Elastizität zusammen mit der des Gewebe-
oder Gefäßäquivalents
im Inneren eine mechanische ”Compliance” entsprechend
der des Zielgewebes besitzt.
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Die
elastischen Teilsegmente der Hüllegarantieren
die Ausübung
physiologischer mechanischer Belastungen (Drücke und Kräfte), z. B. durch eine pulsatorische
Perfusion von innen mit Drücken gezielt
im physiologischen oder pathologischen Bereich (Blutdruck).
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So
wird beispielsweise eine pulsatile Perfusion über das Gewebe und den hydrostatischen
Druck des Nähr-Mediums
gegen die elastische Hülle
(Wandung) fortgeleitet und es können
mechanische bzw. hydrodynamische Belastungen auf das Gewebe einwirken.
Der wesentliche Unterschied zu bisherigen Lösungen liegt darin, dass diese
Perfusionsdynamik in einem elastischen Umfeld erfolgt und durch
Einstellung der Elastizität
der Kammerwand die Compliance natürlicher Blutgefäße und Gewebe
in physiologischer und pathologischer Situation modelliert werden
können.
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Damit
verbunden kann auch eine enganliegende, formschlüssige Gestaltung der Reaktorwand an
das herzustellende Gewebe sein, was den Vorteil hat, dass die Gewebedehnung
durch die Elastizität der
Reaktorwand einstellbar ist. Ein weiterer Vorteil ist, dass durch
die formgenaue Umhüllung
eine Perfusion des Gerüsts
unterstützt
wird und eine einfache Umspülung
mit Medium vermieden wird.
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Dann
entspricht die Kontur des Innenraums des Bioreaktors im Wesentlichen
der äußeren Kontur des
herzustellenden Gewebes. Im Unterschied zu anderen Bioreaktoren
füllt das
Konstrukt den erfindungsgemäßen Bioreaktor
zu großen
Teilen aus, die Versorgung erfolgt nicht durch Umspülung des
Konstrukts mit dem Medium, sondern primär durch Perfusion eines Hohlfaser-
oder Hohlleitungssystems, eines präformierten oder wachsenden,
künstlichen
Gefäßsystems,
eines porösen
Gerüsts
oder eine Kombination aus mindestens zweier dieser Prinzipien (dargestellt
in 1A bis C).
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Die
erfindungsgemäße Lösung beinhaltet somit
auch die individuelle, formgenaue Umhüllung eines Gerüsts (scaffolds 4)
in individueller Form, so dass das Gerüst eng von der elastischen
Hülle 1,
d. h. der elastischen Kammerwandung, umgeben ist, und vom Perfusionsmedium
durchströmt
wird.
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Durch
die Perfusion, die Regulierung der Drücke und Kräfte und die Gewebecompliance
in physiologischen Grenzwerten soll sich ein mikrovaskuläres Gefäßnetz heranbilden
können,
dass die Versorgung schlussendlich übernehmen wird. Dieses wird
seinen zentralen Zufluss 2 und Abfluss 3 an den präformierten
Kanäle
oder resorbierbaren Hohlfaserröhren
erhalten, so dass diese Anschlüsse
als künstliche
versorgende Blutgefäße mikrochirurgisch
im Empfängerlager
an ortständige
Blutgefäße angeschlossen
werden können
und somit eine Durchblutung des Gewebes unmittelbar nach Implantation
gewährleistet
ist.
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Die
Präformierung,
d. h. definierte räumliche Konfiguration,
des zu implantierenden Gewebes (Gewebeimplantats), welches die räumliche
Konfiguration des mit dem erfindungsgemäßen Bioreaktor hergestellten
Gewebes besitzt, hat zudem den Vorteil, dass das hergestellte Gewebe
exakt in den zu versorgenden Defekt passt, so dass ein optimales
funktionelles und ästhetisches
Ergebnis erreicht wird.
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Die
Herstellung dieser Bioreaktoren kann in bekannter Art und Weise über CAD/CAM
Techniken aus dreidimensionalen Bilddatensätzen des zu versorgenden Defekts
oder durch Abformung von individuellen, formgenauen Defektmodellen
erfolgen, die mittels CAD/CAM Techniken hergestellt worden sind. Die
erfindungsgemäße Lösung beinhaltet
auch die individuelle, formgenaue Umhüllung (z. B. durch Beschichtung,
Tiefziehung) eines Gerüsts
(scaffolds, das ebenfalls z. B. über
Bildgebung und CAD/CAM formgenau hergestellt worden ist) in individueller Form,
so dass das Gerüst
eng von der Hülle,
d. h. der Kammerwandung, umgeben ist, und vom Perfusionsmedium durchströmt wird.
Anschlüsse
und Zuflüsse werden
an diese Umhüllung
eingearbeitet, Leitungssysteme können
in diesem Falle in das Gerüst
eingearbeitet sein.
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Die
Unteransprüche
2 bis 19 geben weitere vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung
gemäß Anspruch
1 wieder, ohne diese zu begrenzen.
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Die
Versorgung des im Bioreaktor wachsenden Gewebes erfolgt über ein
angeschlossenes selbstregulierendes, vorzugsweise pulsatil wirkendes Perfusionssystem,
mittels welchem ein angepasstes Ernährungsmedium (”Perfusionsmedium”) transportiert
wird. Die Pfeile an Zufgluss 2 und Abfluss 3 in 1A bi
C geben die Richtung der Mediumperfusion wieder.
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Das
Perfusionsmedium wird in das in der Kammer integrierte resorbierbare
Hohlleitungssystem oder poröse
Gerüst
gepumpt und so unter Berücksichtigung
der Form des zu züchtenden
Gewebekonstruktes verteilt. Nachdem das Perfusionsmedium das Gerüst bzw.
Hohlleitungssystem durchströmt
und das in der Kammer befindliche Gewebe damit mit Sauerstoff und
Nährstoffen
versorgt hat, fließt
es durch den Ausfluss aus dem Inneren (Hohlraum) des Bioreaktors
heraus.
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Das
in den Bioreaktor integrierte resorbierbare oder permanente Hohlleitungssystem
bzw. die Verteilung über
das poröse
Gerüst übernimmt
zunächst
die Versorgung des Gewebes, ggf. bis sich dieses aufgrund der Herausbildung
eines eigenen Gefäßsystems
versorgen kann oder bis es implantiert wird. Das Wachstum eines
Gefäßsystems
wird ggf. durch die hydrodynamische Belastung, welche aufgrund der
pulsatilen Perfusion auf die nahe Umgebung des Hohlleitungssystems
einwirkt, gefördert.
Je nach Flexibilität
der gewählten
Materialzusammensetzung des Hohlleitungssystems kann die Weiterleitung
der mechanischen Impulse und deren Intensität variiert werden. Die Herstellung
eines künstlichen Gefäßsystems
kann mittels einer vordefinierten zweidimensionalen Matrix oder
eines dreidimensionalen Geflechtes erfolgen.
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Alternativ
zu einem künstlich,
also mit Gerüstmaterialien
hergestellten Hohlleitungssystem oder einfach eines porösen, perfundierbaren
Gerüstes
kann auch ein gerüstfrei
mittels Tissue Engineering hergestelltes Blutgefäßsystem und dessen sich entwickelnde
Gefäßaussprossungen
die Verteilung des Perfusionsmediums und somit die Versorgung des
umliegendes Gewebes übernehmen,
oder eine Kombination synthetischer resorbierbarer Gerüste und
mittels Tissue Engineering hergestellter Gefäße.
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Weiterhin
können
Vorrichtungen zum Monitoring in die elastische Wandung des Hohlraums
des Bioreaktors integriert werden. Hierzu zählen beispielsweise Sichtscheiben
zur direkten optischen Betrachtung (z. B. durch Mikroskopie, Fluoreszenzmikroskopie,
Laserscanning-Mikroskopie etc.). Das funktionelle Monitoring erfolgt über ein
Sondensystem, welches Stoffkonzentrationen und physikalische bzw.
chemische Kenngrößen wie
z. B. O2- und CO2-Konzentration,
Druck in der Kammer und im restlichen Bioreaktor, Sauerstoffpartialdruck, pH-Wert,
Fließgeschwindigkeit
und Temperatur überwacht.
Die Dehnung der elastischen Wände
kann mit Dehnungsmessstreifen überwacht
werden. Das Monitoring trägt
ausserdem aktiv zur Regulierung der Wachstumsbedingungen im Bioreaktorsystem
bei, da es als Sensorik in einen Regelkreis eingebunden ist.
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Alle
eben aufgeführten
Vorteile der Erfindung tragen somit deutlich zur Verbesserung bisheriger
Bioreaktorsysteme, der Wachstumsverhältnisse in Bioreaktoren und
der Qualität
gezüchteter
Gewebekonstrukte bei und haben positive Auswirkungen auf das Tissue
Engineering im Allgemeinen und Speziellen.
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Die
Erfindung wird nachfolgend an Ausführungsbeispielen näher erläutert, ohne
damit alle Einsatzmöglichkeiten
der Erfindung abschließend
dargestellt zu haben.
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Beispiel 1 – Herstellung eines individuellen,
elastischen präformierten
Bioreaktors
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Nach
dreidimensionaler Darstellung eines menschlichen oder tierischen
Gewebedefekts mittels bekannter Bildgebungsverfahren wird ein dreidimensionaler
Datensatz errechnet, mit dem die Planung der Form des Bioreaktors
erfolgt, um die Form des herzustellenden Gewebes erfindungsgemäß erreichen
zu können.
Diese dazu verwendeten Rohdaten können hierbei aus diversen,
bekannten Bildgebungsmodalitäten
stammen (CT, MRT, Ultraschall etc.) und werden mit geeigneten Bildverarbeitungsmethoden
vorverarbeitet.
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Das
schließlich
auf ein CAD/CAM-System exportierte dreidimensionale Drahtgittermodell
kann mit hoher Präzision
von einem 3D-Drucker, einer CNC-Fräse oder einem anderen Gerät zur dreidimensionalen
Formgebung in ein 3D-Modell des Bioreaktors umgesetzt werden.
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Hierbei
wird der Bioreaktor direkt aus elastischem bio-kompatiblen Material
(Elastomere, z. B. Silikone) hergestellt oder das 3D-Modell dient
als Form für
den Abguss.
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Ausgehend
von dreidimensionalen Patientendaten (CT, MRT, weitere Modalitäten) wird – nach entsprechender
Vorverarbeitung der Rohdaten – mittels
eines CAD/CAM-Systems ein dreidimensionales Drahtgittermodell mit
entsprechender räumlicher
Auflösung
in der jeweiligen Form des benötigten
Gewebes erzeugt. Die Geometriedaten des Drahtgittermodells werden
danach in ein adäquates
System zur dreidimensionalen Formgebung (3D-Drucker, CNC-Fräse etc.)
geladen und der Bioreaktor wird auf diese Weise mit sehr hoher Präzision hergestellt.
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Entweder
erfolgt die Herstellung des Bioreaktors direkt, oder es wird zunächst die
Form für
den Abguss des Bioreaktors mit einem entsprechenden Material hergestellt.
Es können sowohl
einmalig, als auch mehrmalig, d. h. wiederverwendbare Bioreaktoren
hergestellt werden. 1A bis C zeigen Varianten des
elastischen Bioreaktors für
die Herstellung von Geweben mit einer elastischen Hülle 1 in
Defektform.
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Auf
entsprechende Anschlüsse
für Monitoring-
und Perfusionssysteme, sowie Kraftübertragungspunkte für mechanische
Belastungen wird bereits in der Planungsphase des Bioreaktors Rücksicht
genommen und diese werden im CAD/CAM-System in das dreidimensionale
Drahtgittermodell eingearbeitet.
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In
derselben Form können
Leitungssysteme, Hohlfasersysteme, oder Negativformen für Leitungssysteme,
die nach Entfernung durchströmbare
Kanäle
hinterlassen, mit in den Hohlraum oder die Wandungen eingearbeitet
werden.
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Beispiel 2 – Implementierung von versorgenden
Gefäßen (1A bis
C)
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Möglichkeiten,
ein versorgendes Gefäß- oder
Leitungssystems in das Gewebe einzubauen, bestehen durch den Einbau
präformierter
Hohlfaser- oder Leitungssysteme, durch das Tissue engineering von
Gefäßen oder
eine Kombination von beidem. So wäre es beispielsweise möglich, ein
Leitungssystem durch ein Abgussverfahren herzustellen. Drähte 6 aus
einem geeigneten, glatten Material werden in dem Bioreaktor verlegt
und verbinden die Einlassöffnung 2 mit
der Auslassöffnung 3.
Die Befüllung
des Bioeraktors erfolgt mit Partikeln eines Trägermaterials, das mit den Zellen
des Zielgewebes besiedelt wurde (bewachsene Mikroträger). Diese
sind zunächst
separat kultiviert worden, bis die Zellen (Stammzellen, vordifferenzierte
oder differenzierte Zellen) eine gewisse Dichte erreicht haben.
Sie werden dann zusammen mit Fibrin in den Bioreaktor gegeben, das
durch Zugabe von Thrombin polymerisiert, so dass die bewachsenen
Mikroträger/Partikel eines
Trägermaterials
ggf. in einer Fibrinmatrix vorliegen. Ggf. können auch Endothelzellen zugegeben werden,
so dass sich ein kapillarartiges System ausbilden kann. Die Drähte 6 werden
entfernt und es verbleiben Leitungen, Röhren oder Kanäle vom Einlass 2 bis
zum Auslass 3, über
die die Perfusion mit Medium erfolgen kann. (1A zeigt
einen Bioreaktor für die
Herstellung von Gewebe mit herausnehmbaren Drähten als Platzhalter für Kanäle und Leitungen).
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Ggf.
ist eine zusätzliche
Besiedlung der Kanäle
mit Gefäßwandzellen
(glatte Muskelzellen, Endothelzellen) sequentiell möglich. Das
Wachstum eines Gefäßsystems
wird ggf. durch die hydrodynamische Belastung, welche aufgrund der
pulsatilen Perfusion auf die nahe Umgebung die artifiziellen Gefäßwände einwirkt,
gefördert.
Dieses mittels Tissue Engineering hergestellte, artifizielle, Blutgefäßsystem und
dessen sich während
der Kultivierungsperiode entwickelnde Gefäßaussprossungen übernehmen die
Verteilung des Perfusionsmediums und somit die Versorgung des umliegendes
Gewebes.
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Alternativ
ist es auch möglich,
ein präformiertes,
ggf. resorbierbares Hohlfasersystem 5 zu verlegen, dass
dann als Rohrsystem für
die Versorgung dient (1B, elastischer Bioreaktor für die Herstellung
von Gewebe unter Verwendung eines Hohlfasersystems). Das in den
Bioreaktor integrierte resorbierbare oder permanente Hohlleitungssystem 5 bzw.
die Verteilung über
das poröse
Gerüst übernimmt
zunächst
die Versorgung des Gewebes, ggf. bis sich dieses aufgrund der Herausbildung
eines eigenen Gefäßsystems
versorgen kann oder bis es implantiert wird. Es wird später resorbiert
und durch Gefäße ersetzt
oder funktionslos resorbiert, wenn die Durchblutung über kollaterale
Blutversorgung nach Transplantation ausreicht.
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Es
ist des Weiteren möglich,
lediglich ein poröses
Gerüst
(scaffold) 4, zu verwenden, dessen Poren durch das Nähr-Medium
durchströmt
werden. 1C zeigt einen elastischen Bioreaktor
zur Herstellung von Gewebe unter Verwendung eines porösen Gerüsts zur
Mediumverteilung. Ggf. können
Kanäle
und Leitungen 7 (mit größerem Poren-
bzw. Kanaldurchmesser), ggf. aus resorbierbarem Material eingearbeitet
werden, so dass auch bei Proliferation der Zellen eine Durchströmung erhalten
bleibt, und eine Besiedlung mit den Gefäßwandzellen möglich ist,
so dass sich Gefäße ausbilden
können.
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Beispiel 3 – Bioreaktor für Weichgewebeersatz (1C)
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Von
dem zu versorgenden Weichgewebedefekt wird ein virtuelles 3D-Modell
erzeugt, auf dessen Grundlage eine formgenaues Gerüst (Scaffold) 4 (weichbleibend)
mittels CAD/CAM Techniken hergestellt wird. Das Gerüst ist porös und enthält Kanäle 7 für die Perfusion,
die an den vorberechneten Stellen für Einlass 2 und Auslass 3 münden. Durch
die Porosität
des Gerüsts
ist gewährleistet,
dass sich von den Leitungen aus das Medium ausreichend im gesamten
Gerüst
verteilen kann. (Die in 1C im
Innern ersichtlichen Pfeile zeigen die Fließrichtung des Mediums in dem
porösen
Gerüst
an.)
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Das
Gerüst
wird dann mit einem elastischen Kunststoff folienartig überzogen,
z. B. durch Tiefziehen oder durch Beschichten (vorzugsweise Silikone). An
den vorbestimmten Zuflüssen
und Eintritten von Sonden werden vorgefertigte Anschlussstücke einpolymerisiert.
Somit entsteht ein individueller Reaktor für einen individuellen Defekt.
Die Besiedlung kann dann durch Beimpfung mit suspendierten Zellen
(ggf. mehrfach) erfolgen, ggf. sequentiell (zuerst mesenchymale
Zellen des Mesenchyms, dann Gefäßwand- und Endothelzellen
für die
Gefäße). Das
Verfahren kann im Prinzip auf beliebige vaskularisierte Gewebe angewendet
werden.
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Beispiel 4 – Zusätzliche Integration von Vorrichtungen
in die elastische Hülle
(Kammerwandung) des Bioreaktors
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Je
nachdem welches Material bei der Herstellung des Bioreaktors Verwendung
findet, wirkt sich dies auf die Transparenz der Kammerwandung aus.
Deshalb kann es, insbesondere bei nicht oder nicht ausreichend transparenten
Materialen, notwendig sein, Sichtscheiben für das optische Monitoring in die
Wandung zu integrieren (siehe Beispiel durchsichtige Folie als Monitoringfenster 26 im
experimentellen Bioreaktor nach 4a und 4b).
Weiterhin können
zusätzliche
Vorrichtung zur Regulierung der lokalen oder gesamten Resilienz
des Bioreaktorsystems auf Basis von z. B. hochelastischen, biokompatiblen
Membranen in die Wandung integriert werden.
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Beispiel 5 – Herstellung eines Blutgefäßsystems
mittels Tissue Engineering
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Ein
mittels Tissue Engineering hergestelltes, artifizielles, versorgendes
Blutgefäßsystem
und dessen sich während
der Kultivierungsperiode entwickelnde Gefäßaussprossungen übernehmen
die Verteilung des Perfusionsmediums und somit die Versorgung des umliegendes
Gewebes.
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Beispiel 6 – Herstellung von Blutgefäßen oder
Blutgefäßnetzen,
anderen Geweben
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Die
einfachste Geometrie liegt bei der Herstellung eines einzelnen Blutgefäßes vor.
Hierbei besteht der Bioreaktor für
die Herstellung eines Blutgefässes
nach 2a und 2b lediglich
aus einem zylinderförmigen
elastischen Körper 8,
der dem Außendurchmesser
des Blutgefässes
entspricht. An den Enden (2) befinden
sich jeweils Kupplungen/Anschlüsse 9,
an denen das Gefäß/Gefäßäquivalent 10 (z.
B. ein elastisches, resorbiebares Gerüstmaterial mit rohrförmiger Gestalt)
eingespannt werden kann (2a). Es
wird dabei auf Schlaucholiven 11 aufgeschoben und diese
wiederum in einer Luer-Lock-Halterung auf den Anschluss 9 des
Bioreaktors aufgesetzt, womit die Abdichtung erzielt wird (auf beiden
Seiten). Dann kann das Konstrukt mit Medium perfundiert und mit
Zellen besiedelt werden, wenn dies nicht bereits vor dem Einspannen
geschehen ist (glatte Muskelzellen und/oder Vorläuferzellen und/oder Endothelzellen,
ggf. sequentiell). Die Pfeile in 2a und 3a entsprechen
der Richtung des Mediumflusses.
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Perfundiert
wird nach Möglichkeit
mit einem pulsatorischen Perfusionsmodus, der die Blutdruckverhältnisse
in natürlichen
Gefäßen simuliert,
bzw. langsam ansteigend bis von geringen Drücken bis zu physiologischen
Drücken
gesteigert. Dadurch bildet sich langsam eine natürliche, widerstandsfähige (gegen
Druck) Gefäßwand aus,
mit physiologischer Compliance etc. (In 2a sind
zwei Punktlinien eingezeichnet, welche die elastische Hülle 1 bei
Auslenkung durch Perfusionsdruck (überzeichnet) darstellen.)
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In
gleicher Art wird ein Blutgefäßnetz hergestellt,
nur dass statt dem röhrenförmigen Konstrukt und
Bioreaktor eine kompliziertere Geometrie eines verzweigten Netzwerks 12 entsprechend 3 verwendet wird. (3a zeigt
in Aufsicht und 3b im Querschnitt den elastischen
Bioreaktor für
die Herstellung eines Blutgefäßnetzes
oder eines Blutgefäßnetzäquivalents.)
Das grundsätzliche
Vorgehen ist identisch.
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Beispiel 7 – Herstellung eines vaskularisierten
Gewebes mit kompartimentiertem Bioreaktor
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Für manche
Anwendungen ist es sinnvoll, nicht in einem Schritt das ganze Konstrukt
herzustellen. Dies ist mit der kompartimentierten Version des Bioreaktors
möglich.
Zur Herstellung eines vaskularisierten Weichgewebes wird beispielsweise
zunächt in
einem Kompartiment das Blutgefäßnetz, wie
in Beispiel 6 beschrieben, hergestellt und dann eine Trennwand zum
zweiten sterilen, noch unbenutztem Kompartiment eröffnet. Dort
wird dann das eigentlich Transplantatgewebe bzw. -äquivalent
deponiert (als Gereist mit Zellen, besiedelbares Gerüst oder
Partikel, oder gerüstfrei
mit Zellen), so dass es über
das bereits vorhandene Gefäßnetz ernährt wird.
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Beispiel 8 – Anschluss und Betrieb des
selbstregulierenden pulsatorischen Perfusionssystems
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Ein
selbstregulierendes pulsatorisch arbeitendes Perfusionssystem wird
mit dem Bioreaktor bzw. mit dem in ihm etablierten Hohlleitungssystem verbunden
und dient zur Simulation physiologischer oder experimenteller Druckverhältnisse.
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Beispiel 9 – Anwendungen
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Anwendungsmöglichkeiten
für den
erfindungsgemäßen Bioreaktor
ergeben sich überall
dort, wo die Interaktionen zwischen Gefäß und Stroma bzw. mesenchymalen
oder anderen Geweben eine Rolle spielen. Dies sind viele Bereiche
neben den bereits skizzierten Anwendungen in der regenerativen Medizin
und beim Tissue engineering. Das System kann wie in den Vorbeispielen
skizziert, analog zu den Gewebeäquivalenten
bzw. artifiziellen Geweben genauso mit natürlichen, explantierten Geweben
und Gefäßen betrieben
werden. Damit ergibt sich ein breiter Anwendungsbereich. Dies können beispielsweise
grundlagenorientierte Untersuchungen insbesondere in der Erforschung
von Kreislauferkrankungen sein, aber auch vieler Stoffwechselstörungen, wie
z. B. Adipositas, bei der das Wechselspiel von Gefäßen und
Fettzellen eine wesentliche Rolle spielt. Weiterhin kann es als
Metastasenmodell in der onkologischen Forschung nützlich sein.
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Fragen
zur Wundheilung können
damit beantwortet werden, und es kann auch als Angiogenesemodell
in der Grundlagenforschung verwendet werden. Eine wesentlicher Zweig
ist auch die Anwendung in der Testung von Pharmaka, z. B. die Testung des Übertritts
von Pharmaka in das Interstitium oder andere Fragestellungen. Hier
kann und bei anderen Anwendungen kann es auch als Ersatz für Tierversuche
angewendet werden.
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Beispiel 10 – Variante für experimentelle
Zwecke (4a und 4b)
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Eine
miniaturisierte Ausführungsvariante
für experimentelle
Anwendungen, bei der ein Gefäßäquivalent
oder Blutgefäß 10 zusammen
mit einem Gewebeabschnitt (Kontrukt/Gewebestück) 21 so kultiviert
wird, dass er einem umfassenden Monitoring unterworfen werden kann,
wird im Folgenden beschrieben (4a und
b). Sie besteht darin, dass eine schlanke Halterung 14 in
die Kammerwandung integriert ist und die beiden Stirnseiten verbindet,
an deren Enden (der Halterung) jeweils Anschlüsse 16.1 und 16.2 befestigt
sind, die zum Anschluss eines Blutgefässes oder Blutgefäßäquivalents
dienen. Der Anschluß 16.2 am
Zufluss 2 muss so gestaltet werden, dass das Gefäß/Gefäßäquivalent 10 durch
die große Öffnung für Beladung
und Zusammenbau 17, mit Schraubverschluß 25, steril eingeführt und
an der Stirnseite 18.2 angekuppelt werden kann. Dazu ist die
Stirnseite 18.2 mit einer kleineren Öffnung mit einem Flansch versehen,
durch den von außen
eine Kupplung 19 mit einer Schlaucholive eingeführt werden
kann, auf der das Gefäß/Gefäßäquivalent 10 fixiert
wird. Diese Kupplung 19 wird z. B. mit Luer-Lock Prinzip
flüssigkeitsdicht
an dem Flansch befestigt und fixiert das Gefäß/Gefäßäquivalent. Danach wird das
Gefäß/Gefäßäquivalent
an dem Anschluß 16.1 (z.
B. Schlaucholive) befestigt. Die Leitung für den Abfluss 3 wird
in der Halterung 8 oder an ihr entlang geführt (14.1).
Somit wird ein röhrenförmiges Konstrukt
perfundiert, alle anderen Merkmale der Kammer bleiben erhalten.
Es kann auf diese Art und Weise ein Blutgefäß mittels Tissue Engineering
hergestellt werden oder simuliert werden, dass in direktem Kontakt
zu einem versorgten Gewebeabschnitt (Konstrukt/Gewebestück) 21 steht.
Dadurch können
zum Beispiel die Bedingungen untersucht werden, unter denen es zum
Einwachsen von Aussprossungen (kleinen Blutgefäßen) von dem zentralen Gefäß in das
anhängende Gewebe
kommt. Wenn man statt mittels Tissue engineering hergestellter Konstrukte menschliche
oder tierische Blutgefäße oder
Gewebe nimmt, kann man auch physiologische oder pathologische Prozesse
in vitro untersuchen, die bislang nur Tierversuchen vorbehalten
waren. Dies gilt vorzugsweise für
pathologische und physiologische Prozesse an Gefäßen oder am Kreislaufsystem,
für die
Adipositasforschung und für
die Testung pharmakologischer Substanzen, bei denen die Interaktionen
zwischen Blutgefäßen und
Gewebe eine Rolle spielen.