DE102007061114A1 - Motorrad mit einem Brems- und Lenkassistent - Google Patents
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Abstract
Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zum Unterstützen eines Zweirad-Fahrers bei Kurvenfahrten. Zur Vermeidung von Unfällen umfasst das System eine Einrichtung (10, 3, 4) zur Fahrsituationserkennung, die zumindest den Fahrzustand "Kurvenfahrt" und das Betätigen der Fahrzeugbremse (6) erkennen kann, eine Einheit (10, 4, 5), die aus verschiedenen Fahrzustandsgrößen eine maximale Bremskraft oder eine äquivalente Größe bestimmt und die die vom Fahrer gewünschte Bremskraft bzw. die entsprechende Größe auf diesen Wert begrenzt, und einen Lenkaktuator (10, 7), der einen Lenkimpuls auf die Lenkung (7) des Zweirades (1) ausübt, der dem durch die Bremsung verursachten Aufstellmoment (MA) entgegenwirkt.
Description
- Stand der Technik
- Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zum Unterstützen eines Zweiradfahrers bei Kurvenfahrten gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1, sowie ein entsprechendes Verfahren gemäß dem Oberbegriff des Patenanspruchs 9.
- Unfallforschungen haben ergeben, dass Motorradunfälle häufig durch das Fahren mit überhöhter Geschwindigkeit in Kurven und/oder durch inadäquate Kurventechnik des Zweiradfahrers entstehen. Eine typische Reaktion eines Motorradfahrers, sobald er bemerkt, dass er die Kurve (subjektiv) zu schnell angefahren hat, besteht darin, die Räder zu überbremsen. Dadurch verliert insbesondere das Vorderrad die Seitenführungskraft und das Fahrzeug stürzt. Eine andere typische Reaktion eines durchschnittlichen Fahrers besteht im Öffnen der Lenkung, um so das Zweirad aufzurichten und eine Bremsung einzuleiten. Dies erhöht jedoch den Kurvenradius. und es kommt häufig zur Kollision mit Objekten im Seitenraum der Straße oder mit entgegenkommenden Fahrzeugen.
- Offenbarung der Erfindung
- Es ist daher die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein System für Motorräder zu schaffen, das den Fahrer bei dynamischen Kurvenfahrten unterstützt.
- Gelöst wird diese Aufgabe gemäß der Erfindung durch die im Patenanspruch 1 sowie im Patentanspruch 9 angegebenen Merkmale. Weitere Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
- Ein wesentlicher Aspekt der Erfindung besteht darin, im Motorrad sowohl einen Bremsassistenten, der das Überbremsen der Räder verhindert, als auch einen Lenkassistenten vorzusehen, der dem bei einer Bremsung auftretenden Aufstellmoment entgegen wirkt. Der Bremsassistent – darunter wird hier ein in einem Steuergerät hinterlegter Algorithmus verstanden – ermittelt aus verschiedenen Fahr-Zustandsgrößen eine maximale Bremskraft oder eine die Bremskraft repräsentierende Größe (z. B. ein Bremsmoment), die in der vorgegebenen Fahrsituation maximal ausgeübt werden sollte. Sofern der Fahrer durch Betätigung der Radbremsen eine größere Bremskraft wünscht, wird diese auf den Maximalwert begrenzt.
- Eine während einer Kurvenfahrt durchgeführte Bremsung führt aufgrund der geometrischen Verhältnisse zu einem Lenkmoment in Richtung der Kurveninnenseite. Dieses aus den Bremskräften resultierende Lenkmoment verursacht am Fahrzeug ein aufrichtendes Moment (Aufstellmoment). Um die Aufstelltendenz zumindest abzuschwächen ist daher ein Lenkassistent vorgesehen, der in Abhängigkeit von der Stärke der Bremsung einen Lenkimpuls auf die Lenkung ausübt. Der Lenkimpuls ist dabei nach Kurvenaußen gerichtet ist und wirkt dem Aufstellmoment entgegen. Das Fahrzeug kann somit in einer Kurvenfahrt wesentlich besser unter Kontrolle gehalten und die Gefahr eines Unfalls verringert werden.
- Der Eingriff des Lenkaktuators ist vorzugsweise derart ausgelegt, dass er vom Fahrer übersteuert werden kann.
- Der Bremsassistent berechnet den maximalen Bremswert vorzugsweise zumindest auf Grundlage der Schräglage α des Fahrzeugs und eines Reibwertes zwischen Rad und Fahrbahn. Die Schräglage des Fahrzeugs kann mittels eines Schräglagensensors gemessen oder geschätzt werden. Hierzu sind aus dem Stand der Technik eine Vielzahl verschiedener Möglichkeiten bekannt.
- Als Reibwert kann ein fester Wert angesetzt werden. Es können aber auch verschiedene Werte für unterschiedliche Fahrbahnbedingungen, wie z. B. trockene oder nasse Fahrbahn, verwendet werden. Alternativ kann der Reibwert auch modellbasiert geschätzt oder aus anderen Zustandsgrößen berechnet werden.
- Das erfindungsgemäße System ist vorzugsweise derart ausgelegt, dass es für jedes Rad eine individuelle maximale Bremskraft bestimmt. Darüber hinaus ist es vorzugsweise derart ausgelegt, dass es das vom Fahrer gewünschte Bremsmoment (bzw. den Verzögerungswunsch) möglichst vollständig auf die Radbremsen der beiden Räder verteilt. Sollte beispielsweise die zulässige Bremskraft an einem Rad überschritten sein, wird der darüber hinaus gehende Bremswunsch vorzugsweise auf das andere Rad verteilt, sofern dieses noch Bremsmoment aufnehmen kann. Dieser Prozess wird vorzugsweise von einem Steuergerät kontrolliert, das mit geeigneten Aktuatoren, wie z. B. Ventilen oder Elektromotoren der Bremsanlage verbunden ist.
- Der Fahrer-Bremswunsch wird vorzugsweise mittels Sensoren gemessen, die z. B. als Kraft-, Druck- oder Wegsensoren realisiert sind und eine den Fahrer-Bremswunsch repräsentierende Größe messen.
- Der erfindungsgemäße Lenkaktuator umfasst vorzugsweise einen Servomotor wie z. B. einen Elektromotor, der an die Lenkung des Motorrades gekoppelt ist.
- Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung umfasst der Lenkassistent einen Regler (Algorithmus), der die Schräglage des Zweirades regelt. Als Stellglied der Regelung kann wahlweise der Lenkaktuator und/oder eine Fahrzeugbremse genutzt werden.
- Das erfindungsgemäße System kann mit einem Navigationsgerät verbunden sein, das Informationen über die Art einer Kurve, insbesondere deren Kurvenradius, bereitstellt. Diese Informationen werden vorzugsweise genutzt, um die maximale Bremskraft bzw. die äquivalente Größe genauer zu berechnen.
- Kurze Beschreibung der Zeichnungen
- Die Erfindung wird nachstehend anhand der beigefügten Zeichnungen beispielhaft näher erläutert. Es zeigen:
-
1 eine Rückansicht eines Motorrads mit den wichtigsten Kräften und Momenten in einer Kurvenfahrt; -
2 ein schematisches Blockschaltbild eines Systems zum Unterstützen eines Fahrers während einer Kurvenfahrt; und -
3 die wesentlichen Verfahrensschritte eines Verfahrens zum Unterstützen eines Fahrers bei einer Kurvenfahrt - Ausführungsformen der Erfindung
-
1 zeigt eine schematische Rückansicht auf ein Zweirad, in der die am Zweirad wirkenden Kräfte und Momente eingezeichnet sind. Dabei ist FG die Gewichtskraft, FZ die Zentrifugalkraft, MA das Aufstellmoment und ML das Lenkmoment. -
2 zeigt die wesentlichen Komponenten eines Systems zur Unterstützung eines Fahrers bei Kurvenfahrten. Dieses System umfasst im Wesentlichen ein Steuergerät10 mit einem Brems-5 und einem Lenkassistenten11 . Dabei handelt es sich um entsprechende Algorithmen, die im Steuergerät10 hinterlegt sind. Am Steuergerät10 sind mehrere Sensoren3 ,4 ,8 ,9 ,12 angeschlossen, die zur Überwachung der aktuellen Fahrsituation dienen. Wahlweise können auch mehr oder weniger Sensoren vorgesehen sein. Das System kann über die Radbremsen6 und die Lenkung7 in den Fahrbetrieb eingreifen. - Das dargestellte System ist derart ausgelegt, dass es bei Kurvenfahrten, in denen der Fahrer die Bremse
6 betätigt, die Bremskraft bzw. eine äquivalente Größe auf einen Maximalwert begrenzt und außerdem einen Lenkimpuls auf die Lenkung7 ausgeübt wird, der das durch die Bremsung verursachte Aufstellmoment MA wenigstens teilweise kompensiert. - Zur Überwachung der aktuellen Fahrsituation in Bezug auf eine Kurvenfahrt und das Betätigen der Bremsanlage
6 sind im vorliegenden Ausführungsbeispiel ein Bremskraftsensor3 und ein Schräglagensensor4 vorgesehen. Die Sensorsignale dieser Sensoren3 ,4 werden vom Bremsassistenz-Algorithmus5 verarbeitet. Der Fahrzustand „Kurvenfahrt" könnte alternativ auch aus anderen physikalischen Größen, wie z. B. der Querbeschleunigung ay (Querbeschleunigungssensor9 ) oder mittels einer anderen Sensorik ermittelt werden. Anstelle eines Bremskraftsensors3 kann auch ein Drucksensor oder ein anderer Sensor eingesetzt werden, der in der Lage ist, eine Bremsbetätigung zu erfassen. -
3 zeigt in den Schritten20 und21 die Detektion der Schräglage und eines Bremseingriffs des Fahrers. Wird in Schritt21 eine Kurvenfahrt mit Bremsbetätigung erkannt, wird in Schritt22 ein Wert für eine maximale Bremskraft oder eine entsprechende Größe, wie z. B. eine maximale Verzögerung, ermittelt, die nicht überschritten werden sollte. Dieser Wert wird vorzugsweise für beide Räder individuell berechnet. - Der Bremsassistent
5 berechnet den Maximalwert vorzugsweise als Funktion der Schräglage des Motorrads1 und des Reibwertes zwischen Rad und Fahrbahn. Es gilt somit: FB = f(α, μ). Der Reibwert wird vorzugsweise mittels bekannter Modelle geschätzt. Wahlweise könnte der Maximalwert auch aus Kennlinien ausgelesen werden, die im System hinterlegt sind. - Zusätzlich können weitere physikalische Größen, wie z. B. die Fahrzeuggeschwindigkeit und/oder die Querbeschleunigung ay, etc. herangezogen werden, um das Ergebnis zu verbessern.
- Sofern die vom Fahrer gewünschte Verzögerung größer ist als die berechnete maximale Bremskraft, wird die Bremskraft auf den Maximalwert begrenzt. Zu diesem Zweck kann das Steuergerät
10 verschiedene Aktuatoren, wie z. B. Ventile der Bremsanlage6 ansteuern. - In Schritt
23 wird nun das Aufstellmoment bestimmt, das durch Bremsung auf das Fahrzeug ausgeübt wird. Das Aufstellmoment MA ist dabei insbesondere abhängig von der Fahrzeuggeometrie, der Geschwindigkeit und der aktuellen Schräglage. - In Schritt
24 wird schließlich der Lenkimpuls berechnet, der zur Kompensation des Aufstellmoments MA auf die Lenkung ausgeübt werden soll. Der Lenkimpuls ist dabei insbesondere abhängig von der Querbeschleunigung, Schräglage und der Bremsverzögerung des Fahrzeugs, sowie gegebenenfalls weiterer Größen. - In Schritt
25 erfolgen schließlich der Lenkeingriff und gegebenenfalls auch die Begrenzung des Bremsdrucks. Der Lenkeingriff ist dabei so ausgelegt, dass er vom Fahrer übersteuert werden kann. - Das vorstehend beschriebene System unterstützt den Fahrer somit darin, das Fahrzeug kontrolliert in der Kurve zu halten.
Claims (9)
- Vorrichtung zum Unterstützen eines Zweirad-Fahrers bei Kurvenfahrten, gekennzeichnet durch: – Mittel (
10 ,3 ,4 ) zur Überwachung des Fahrzustandes zumindest in Bezug auf eine Kurvenfahrt und das Betätigen der Fahrzeugbremse, – eine Einheit (10 ,5 ), die eine maximale Bremskraft (FBmax) oder einen Maximalwert für eine äquivalente Größe bestimmt, und die die an den Radbremsen (6 ) ausgeübte Bremskraft bzw. die äquivalente Größe auf den Maximalwert begrenzt, und – einen Lenkaktuator (10 ,7 ), der einen Lenkimpuls auf die Lenkung (7 ) des Zweirades (1 ) ausübt, der einem durch die Bremsung verursachten Aufstellmoment (MA) entgegen wirkt. - Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Einheit (
10 ,5 ) die maximale Bremskraft (FBmax) bzw. die äquivalente Größe auf Grundlage des Schräglagenwinkels (α) und des Reibwertes (μ) zwischen Reifen und Fahrbahn bestimmt. - Vorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass der Lenkaktuator (
10 ,7 ) einen Lenkimpuls auf die Lenkung (7 ) ausübt, der nach Kurvenaußen gerichtet ist. - Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Einheit (
10 ) das vom Fahrer gewünschte Bremsmoment abhängig von der Fahrsituation auf das Vorder- und Hinterrad (2 ) des Zweirades (1 ) verteilt. - Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Lenkaktuator (
7 ) einen Elektromotor umfasst. - Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass ein Regler (
11 ) vorgesehen ist, der die Schräglage (α) des Zweirades (1 ) regelt. - Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass ein Sensor (
3 ) zum Detektieren der vom Fahrer gewünschten Bremskraft bzw. einer entsprechenden Größe vorgesehen ist. - Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Einheit (
10 ) mit einem Navigationssystem verbunden ist und die vom Navigationssystem gelieferten Informationen zur Bestimmung der maximalen Bremskraft (FBmax) nutzt. - Verfahren zum Unterstützen eines Zweiradfahrers bei Kurvenfahrten, gekennzeichnet durch folgende Schritte: – Überwachen des Fahrzustandes zumindest in Bezug auf eine Kurvenfahrt und das Betätigen der Fahrzeugbremse, – Bestimmen eines maximalen Bremswertes (FBmax), – Begrenzen der an den Radbremsen (
6 ) ausgeübten Bremskraft auf den Maximalwert (FBmax), sofern die vom Fahrer gewünschte Bremskraft den Maximalwert (FBmax) übersteigt, – Bestimmen eines Lenkimpulses, der das durch die Bremsung verursachte Aufstellmoment (MA) wenigstens teilweise kompensiert, und – Ausüben des Lenkimpulses auf die Lenkung (7 ) des Zweirades (1 ).
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