DE102010027985A1

DE102010027985A1 - Verfahren zum Bremsen eines Kraftfahrzeugs in kritischen Fahrsituationen

Info

Publication number: DE102010027985A1
Application number: DE102010027985A
Authority: DE
Inventors: Rainer Brueggemann; Andreas Reize; Philipp Frueh
Original assignee: Robert Bosch GmbH
Current assignee: Robert Bosch GmbH
Priority date: 2010-04-20
Filing date: 2010-04-20
Publication date: 2011-10-20
Also published as: US9150198B2; US20110257859A1

Abstract

Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Bremsen eines Kraftfahrzeugs in kritischen Fahrsituationen, in denen Gefahr besteht, dass die auf das Fahrzeug wirkenden Querkräfte im weiteren Verlauf seiner Bewegung so groß werden, dass es seitlich umkippt. Um die Gefahr des seitlichen Umkippens zu verringern, wird vorgeschlagen, den Fahrbetrieb in Bezug auf solche kritischen Fahrsituationen zu überwachen und eine Parkbremse automatisch zu aktivieren, wenn eine kritische Fahrsituation erkannt wurde.

Description

Stand der Technik
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Bremsen eines Kraftfahrzeugs in kritischen Fahrsituationen, in denen Gefahr besteht, dass die auf das Fahrzeug wirkenden Querkräfte im weiteren Verlauf eines Fahrmanövers so groß werden, dass es seitlich umkippt.
Eine Gefahr des seitlichen Umkippens besteht insbesondere bei Fahrzeugen mit hohem Schwerpunkt, wie z. B. bei Transportern oder Kleinlastwagen, bei denen die auf das Fahrzeug wirkenden Querkräfte bereits bei kleineren Geschwindigkeiten kritisch werden. Der Fahrer muss das Fahrzeug daher bei Kurvenfahrten oder Lenkmanövern rechtzeitig abbremsen, um die Querbeschleunigung des Fahrzeugs zu begrenzen. Je höher der Schwerpunkt des Fahrzeugs ist, desto früher muss die Geschwindigkeit reduziert werden. Bremst der Fahrer zu spät, greift üblicherweise ein Fahrdynamikregler, wie z. B. ESP, in den Fahrbetrieb ein, wobei das Fahrzeug automatisch gebremst wird. Bei sehr schweren Fahrzeugen mit großvolumigen Bremsanlagen kann es allerdings vorkommen, dass der vom Fahrdynamikregler erzeugte Bremskraftanstieg zu gering ist, um das Fahrzeug ausreichend stark zu verzögern. Es besteht daher weiterhin die Gefahr, dass das Fahrzeug umkippt.
Offenbarung der Erfindung
Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren und eine Vorrichtung zu schaffen, mit der die Gefahr des seitlichen Umkippens weiter verringert werden kann.
Gelöst wird diese Aufgabe gemäß der Erfindung durch die im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmale. Weitere Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand von Unteransprüchen.
Gemäß der Erfindung wird vorgeschlagen, den Fahrbetrieb eines Fahrzeugs in Bezug auf kritische Fahrsituationen zu überwachen, in denen Gefahr besteht, dass die auf das Fahrzeug wirkenden Querkräfte im weiteren Verlauf der Fahrzeugbewegung so groß werden, dass es seitlich umkippt. Sobald eine solche Fahrsituation erkannt wurde, wird eine Parkbremse automatisch zugeschaltet, die das Fahrzeug zusätzlich zur Betriebsbremse, wie z. B. einer hydraulischen oder pneumatischen Bremse, verzögert. Das Fahrzeug verzögert somit insgesamt schneller, wodurch sich die auf das Fahrzeug wirkenden Querkräfte verringern.
Die Gefahr des Umkippens wird gemäß der Erfindung vorzugsweise anhand einer oder mehrerer Zustandsgrößen abgeschätzt. Die überwachten Zustandsgrößen können umfassen: einen Lenkwinkel, eine Querbeschleunigung, eine Gierrate und/oder Raddrehzahlen bzw. -geschwindigkeiten oder die zeitliche Änderung wenigstens einer der genannten Größen. Zur Messung der einzelnen Größen sind entsprechende Sensoren vorgesehen, die aus dem Stand der Technik hinreichend bekannt sind. Gemäß der Erfindung wird z. B. eine Umkippgefahr angenommen, wenn eine vorgegebene Bedingung erfüllt ist, z. B. wenn die aktuell gemessene Querbeschleunigung und der Gradient der Gierrate vorgegebene Schwellenwerte überschreiten. Die Bedingungen, die für das Erkennen einer ”kritischen Fahrsituation” zutreffen müssen, können je nach Applikation frei definiert werden.
Alternativ zur vorstehend beschriebenen Überwachung des aktuellen Fahrverhaltens kann auch ein zukünftiger Wert einer die Querdynamik des Fahrzeugs beschreibenden Größe, wie z. B. einer Querkraft oder der Querbeschleunigung, geschätzt werden. Die Schätzung erfolgt vorzugsweise auf Basis eines angenommenen zukünftigen Bewegungsverhaltens des Fahrzeugs. In diesem Fall wird z. B. eine ”kritische Fahrsituation” erkannt, wenn die geschätzte zukünftige Querdynamikgröße einen vorgegebenen Schwellenwert übersteigt.
Der zukünftige Wert der Querdynamikgröße wird vorzugsweise aus der Gierrate, dem Lenkwinkel, einer Querbeschleunigung und/oder den Raddrehzahlen bzw. – geschwindigkeiten oder aus der zeitlichen Änderung einer oder mehrerer der genannten Größen berechnet. Die Abschätzung erfolgt vorzugsweise unter der Annahme eines bestimmten Bremsverhaltens des Fahrzeugs.
Gemäß einer speziellen Ausführungsform der Erfindung wird ein Bremsmoment oder eine dazu proportionale Größe, wie z. B. eine Bremskraft berechnet, die an der Betriebsbremse des Fahrzeugs, z. B. einer hydraulischen Bremse, ausgeübt werden muss, um zu verhindern, dass das Fahrzeug im weiteren Verlauf seiner Bewegung seitlich umkippt. Sofern das aktuell verfügbare Bremsmoment der Betriebsbremse nicht ausreicht, wird die Parkbremse automatisch zugeschaltet. Sofern die Betriebsbremse dagegen noch ausreichend Reserve hat, wird vorzugsweise das Bremsmoment der Betriebsbremse automatisch erhöht. Hierzu kann z. B. eine Hydraulikpumpe, ein Bremskraftverstärker oder ein anderer Aktor der Betriebsbremsanlage entsprechend angesteuert werden. Die Parkbremse wird in diesem Fall nicht zugeschaltet.
Zum Erkennen von ”kritischen Fahrsituationen” im Sinne der Erfindung können auch Daten über den Fahrbahnverlauf, wie z. B. Navigationsdaten, berücksichtigt werden. Aus diesen Daten lässt sich beispielsweise entnehmen, ob das Fahrzeug auf eine Autobahnabfahrt gefahren ist und eine enge Kurve vor dem Fahrzeug liegt. Dadurch lässt sich auch das zukünftige querdynamische Verhalten des Fahrzeugs abschätzen.
Die Erfindung wird nachstehend anhand der beigefügten Zeichnungen beispielhaft näher erläutert. Es zeigen:
1 verschiedene Verfahrensschritte eines Verfahrens zum Bremsen eines Kraftfahrzeugs in kritischen Fahrsituationen gemäß einer speziellen Ausführungsform der Erfindung.
1 zeigt eine schematische Darstellung verschiedener Verfahrensschritte eines Verfahrens zum Bremsen eines Kraftfahrzeugs in kritischen Fahrsituationen. Dabei wird in Schritt 1 der Fahrbetrieb in Bezug auf kritische Fahrsituationen überwacht, in denen Gefahr besteht, dass die auf das Fahrzeug wirkenden Querkräfte im weiteren Verlauf der Fahrzeugbewegung so groß werden, dass es seitlich umkippt. Zur Erkennung solcher ”kritischen Fahrsituationen” ist ein Algorithmus vorgesehen, der in einem Steuergerät hinterlegt ist. Der Algorithmus wertet zu diesem Zweck verschiedene Fahrzustandsgrößen Z, wie z. B. den Lenkwinkel, die Querbeschleunigung, die Gierrate, den Bremsdruck und/oder die Raddrehzahlen aus. Die genannten Größen werden von entsprechenden Sensoren (nicht gezeigt) gemessen, die im Fahrzeug integriert sind. Wenn eine oder mehrere der genannten Größen oder die zeitliche Änderung einer oder mehrerer der genannten Größen vorgegebene Schwellenwerte übersteigt, wird eine kritische Fahrsituation erkannt.
Sofern in Schritt 1 eine kritischen Fahrsituation erkannt wurde, wird in Schritt 2 ein Bremsmoment oder eine Bremskraft berechnet, die an der Betriebsbremse des Fahrzeugs ausgeübt werden muss, um zu verhindern, dass die am Fahrzeug zukünftig wirkenden Kräfte oder Querbeschleunigungen einen vorgegebenen Schwellenwert übersteigen und somit die Gefahr besteht, dass das Fahrzeug seitlich umkippt.
In Schritt 3 wird überprüft, ob das an der Betriebsbremse aktuell umsetzbare Bremsmoment größer ist als das in Schritt 2 ermittelte notwendige Bremsmoment. Falls ja, wird in Schritt 4 die Bremskraft durch Ansteuerung eines Aktors der Betriebsbremse automatisch erhöht. Falls nein, wird in Schritt 5 die Bremskraft der Betriebsbremse automatisch erhöht und zusätzlich die automatische Parkbremse aktiviert. Dadurch wird das Fahrzeug insgesamt schneller verzögert, wodurch sich die Gefahr des seitlichen Umkippens verringert.

Claims

Verfahren zum Bremsen eines Kraftfahrzeugs in kritischen Fahrsituationen, in denen Gefahr besteht, dass die auf das Fahrzeug wirkenden Querkräfte im weiteren Verlauf seiner Bewegung so groß werden, dass es seitlich umkippt, gekennzeichnet durch folgende Schritte: • Überwachen (1) des Fahrbetriebs in Bezug auf solche kritischen Fahrsituationen und • automatisches Zuschalten (5) einer Parkbremse, wenn eine kritische Fahrsituation erkannt wurde.
Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Fahrbetrieb anhand einer oder mehrerer Zustandsgrößen überwacht und eine kritische Fahrsituation angenommen wird, wenn wenigstens eine der Zustandsgrößen oder die zeitliche Änderung wenigstens einer der Zustandsgrößen eine vorgegebene Bedingung erfüllt.
Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass eine kritische Fahrsituation anhand einer oder mehrerer der folgenden Größen erkannt wird: Lenkwinkel, Querbeschleunigung, Gierrate und/oder Raddrehzahlen.
Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass ein zukünftiger Wert einer die Querdynamik des Fahrzeugs beschreibenden Größe geschätzt wird, um eine kritische Fahrsituation zu erkennen.
Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die geschätzte Größe unter der Annahme eines bestimmten Bewegungs- oder Bremsverhaltens des Fahrzeugs ermittelt wird.
Verfahren nach Anspruch 4 oder 5, dadurch gekennzeichnet, dass die geschätzte Größe eine Querkraft oder Querbeschleunigung ist.
Verfahren nach einem der Ansprüche 4 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die geschätzte Größe unter Berücksichtigung der Gierrate, des Lenkwinkels, der aktuellen Querbeschleunigung und/oder der Raddrehzahlen, oder der zeitlichen Änderung einer der genannten Größen ermittelt wird.
Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass eine Bremskraft oder ein Bremsmoment berechnet wird (2), das an der Betriebsbremse des Fahrzeugs ausgeübt werden muss, um zu verhindern, dass das Fahrzeug im weiteren Verlauf seiner Bewegung seitlich umkippt.
Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Parkbremse zugeschaltet wird (5), wenn das zur Vermeidung des Umkippens erforderliche Bremsmoment größer ist als das von der Betriebsbremse aktuell verfügbare Bremsmoment, und ausschließlich das Bremsmoment der Betriebsbremse automatisch erhöht wird, ohne die Parkbremse zu aktivieren, wenn das erforderliche Bremsmoment kleiner ist als das von der Betriebsbremse verfügbare Bremsmoment.
Verfahren nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass in dem Fall, in dem die Parkbremse zugeschaltet wird (5), gleichzeitig auch das Bremsmoment der Betriebsbremse automatisch erhöht wird.
Steuergerät, umfassend Mittel zum Durchführen eines der vorstehend genannten Verfahren.