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Die vorliegende Erfindung betrifft das technische Gebiet der Sicherheitsprüfung von Aufzugsanlagen. Sie betrifft Verfahren zur Prüfung und gegebenenfalls Bestimmung der maximalen Treibfähigkeit bei Aufzugsanlagen mit Treibscheibenantrieb, mit Fahrkorb, Gegengewicht und mindestens einem über die Treibscheibe geführtem Tragseil als Tragmittel.
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Im Zusammenhang mit der Sicherheitsprüfung von Treibscheibengetriebenen Förderanlagen, insbesondere Aufzugsanlagen wie Personen- oder Lastaufzügen, ist die regelmäßige Überprüfung der ausreichenden Treibfähigkeit zwischen den Tragseilen und der Seilrillen der Treibscheibe erforderlich. Vorliegend wird unter Treibfähigkeit die maximale Treibkraft verstanden, die aufgrund der Umschlingungsreibung der über die Treibscheibe geführten Tragseils bei gegebenem Seilkraftverhältnis der statischen Seilkräfte auf das Tragseil ausgeübt werden kann. Treibkraft (Umschlingungsreibung), Seilkraftverhältnis und Reibungskoeffizient der Treibscheibe stehen über die Euler-Eytelweinsche Gleichung miteinander in Beziehung. Der Reibungseffizient wird durch die Reibzahl zwischen Seil und Seilrille sowie der Seilrillenform bestimmt. Da in den gattungsgemäßen Aufzugsanlagen die Bewegung von Fahrkorb und Gegengewicht einzig über die Treibscheibe vermittelt wird, muss in jedem Betriebszustand der Aufzugsanlage, entsprechende Sicherheitsreserven mit eingerechnet, die Bewegung der Aufzugsanlage über die Treibscheibe kontrollierbar sein. Während der Umschlingungswinkel der Tragseile auf der Treibscheibe sowie das Seilkraftverhältnis, im Wesentlichen bauartbedingt durch die konkrete Ausführung der Aufzugsanlage, unveränderliche Größen sind, kann der Reibungskoeffizient an der Treibscheibe, der maßgeblich die Umschlingungsreibung und damit die maximale Treibfähigkeit mitbestimmt, je nach Betriebszustand und Verschleiß der Anlage variieren. Eine regelmäßige Überprüfung der Treibfähigkeit ist daher erforderlich.
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Nach dem anerkannten Standardverfahren gemäß den „Technischen Regeln für Aufzüge” TRA 102-Prüfung von Aufzugsanlagen, Abschnitte 2.2.3.2 Nr. 1 und 3.2.2, wird bei Aufzügen mit Treibscheibenantrieb die Treibfähigkeit bei 1,5-facher Nutzlast geprüft. Diese Prüfung erfolgt in der Regel mit geeichten Belastungsgewichten, die in den Fahrkorb hineingetragen beziehungsweise hineingefahren werden müssen. Anschließend wird (mehrfach) bei Abwärtsfahrt mit der jeweilig stärksten Bremswirkung abgebremst. Kommt es unter diesen Bedingungen nicht zum Durchrutschen der Tragseile auf der festgelegten Treibscheibe, das heißt zum Absinken des Fahrkorbs, wird die Treibfähigkeit als ausreichend anerkannt. Dieses Verfahren ist nachteilig, da es zum einen voraussetzt, das geeichte Belastungsgewichte mit 1,5-facher Nennlast bereitgestellt werden, was bei vor altem bei Lastenaufzügen mit großem Aufwand verbunden ist. Zum anderen wird die Aufzugsanlage bei dieser Prüfung hohen mechanischen Belastungen ausgesetzt.
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Es sind alternative Verfahren bekannt, um die maximale Treibfähigkeit zu bestimmen oder zumindest die ausreichende Treibfähigkeit nachzuweisen. In einem aus der
DE 42 11 289 C2 bekannten Verfahren wird zu Bestimmung der Treibfähigkeit das Tragseil einseitig statisch entlastet. Die Gewichtskraft der einseitigen Entlastung bei der das Tragseil auf der festgelegten Treibscheibe in Gleitreibung durchrutscht wird mit einer Messwaage erfasst und daraus die Treibfähigkeit ermittelt.
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Aus der
US 6 325 179 B1 ist ein Verfahren zur Bestimmung der Funktionsfähigkeit der Nothaltbremse von Aufzugsanlagen bekannt. Diese wird geprüft, indem über Wegstreckenaufnehmer an Fahrkorb und Motor Bremsweg und Seilschlupf bestimmt werden, und zwar bei Nothalt in Aufwärtsfahrt sowie auch bei Nothalt in Abwärtsfahrt. Für die Prüfung der Treibfähigkeit wird Seilrutschen auf der Treibscheibe erzwungen. Zur Prüfung der Treibfähigkeit wird auf die gemessenen Seilschlupfwerte in Aufwärtsfahrt und Abwärtsfahrt zurückgegriffen. Während der Bremsauslösung werden keine zeitlichen veränderlichen Bewegungsparameter über die Zeit registriert. Das Erfassen oder Auswerten der maximal auftretenden Bremsbeschleunigung, insbesondere zur Prüfung der Treibfähigkeit, wird nicht offenbart.
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Die
DE 89 04 375 U1 beschreibt eine Kraftmesssignalgeber zur Prüfung der Treibfähigkeit. Beschleunigungssensoren werden nur für die Bestimmung der Wirksamkeit der Aufzugsbremse und der Fangvorrichtung eingesetzt. Die Prüfung der Treibfähigkeit findet am stehenden Aufzugssystem statt (Fahrkorb in Ruhe).
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Die
DE 42 17 587 D1 beschreibt ein Verfahren zur Beurteilung von Fang- oder Bremseinrichtungen bei treibscheibengetriebenen Aufzugsanlagen. Zur Bestimmung der Treibfähigkeit wird der Fahrkorb aus einer Abwärtsbewegung heraus abrupt abgestoppt und die an mindestens einem bewegten Teil der Anlage auftretenden Beschleunigungsmomentanwerte aufgezeichnet. Zur Prüfung der Treibfähigkeit wird vorausgesetzt, dass es zu einem ausgeprägten Seilrutschen kommt. Dazu wird gegebenenfalls die Betriebsbremse härter eingestellt oder externe Bremskraftverstärkungsmechanismen eingesetzt.
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Nachteilig bei diesem Verfahren ist, dass aufwendige Vorrichtungen zur einseitigen statischen Entlastung des Tragseils, das heißt zur Fixierung von entweder Fahrkorb oder Gegengewicht, bereitgestellt werden müssen. Zusätzlich müssen Messeinrichtungen zur Bestimmung der Gewichtskraft der Entlastung bereitgestellt werden. Solche Messeinrichtungen sind aufwendig und teuer. Zum anderen müssen möglicherweise an der Aufzugsanlage selbst bauliche Veränderungen vorgenommen werden, um die entsprechenden Fixiereinrichtungen beziehungsweise Messeinrichtungen anbringen zu können. Es besteht daher der Bedarf an einem einfacher durchzuführenden Verfahren zur Bestimmung der Treibfähigkeit.
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Ausgehend vom Stand der Technik besteht die der vorliegenden Erfindung zugrunde liegende Aufgabe darin, ein verbessertes Verfahren zur Prüfung und gegebenenfalls Bestimmung der Treibfähigkeit einer Treibscheibe bei Aufzugsanlagen mit Treibscheibenantrieb, wobei die Aufzugsanlage zumindest Fahrkorb, Gegengewicht und mindestens ein über die Treibscheibe geführtes Tragseil aufweist, bereitzustellen. Diese Aufgabe wird mit dem Verfahren gemäß den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst.
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Im Einzelnen stellt die Erfindung ein Verfahren zur Bestimmung oder Prüfung der Treibfähigkeit bereit, das gekennzeichnet ist durch den Verfahrensschritt, wonach in Schnellfahrt des Fahrkorbs aufwärts die Treibscheibe verzögert wird, wenn sich der Fahrkorb im Bereich des oberen Drittels des Schachts befindet, so dass ein dynamischer Zustand erreicht wird, bei dem gegebenenfalls im Extremfall, bei Überschreiten der Treibfähigkeit der Treibscheibe, das wenigstens eine Tragseil letztlich über die Treibscheibe rutscht, wobei die bei der Verzögerung an Gegengewicht, Fahrkorb und/oder Tragseil auftretende Bremsbeschleunigung ẍ, vorzugsweise über wenigstens einen mit Gegengewicht, Fahrkorb und/oder Tragseil ortsfest verbundenen Beschleunigungssensor oder entsprechenden Sensoren wie Geschwindigkeits- oder Wegstreckenaufnehmer, erfasst wird und aus ẍ [ms
–2], der Masse des Gegengewichts G [kg], der Masse des Fahrkorbs P [kg] und der Normalfallbeschleunigung g
n [ms
–2] gemäß folgender Formel die Treibfähigkeit T bestimmt wird:
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Das „Rutschen des Tragseils über die Treibscheibe” oder „Seilrutschen” ist vorzugsweise dadurch gekennzeichnet, dass der Zustand der Haftreibung in einen Zustand der Gleitreibung übergeht und es zu einer Relativbewegung zwischen Tragseil und Tragscheibe kommt. Dies tritt auf, wenn das so genannte kritische Seilkraftverhältnis, das die Treibfähigkeit kennzeichnet (T = S2/S1), überschritten wird. Unter Seilrutschen wird vorzugsweise auch der bei Durchführen des Verfahrens auftretende „Seilschlupf” verstanden.
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Das statische Seilkraftverhältnis wird bestimmt durch die bauartbedingte Seilkraft auf der Fahrkorbseite S1, die sich aus der Gewichtskraft des Seils auf der Fahrkorbseite und der Gewichtskraft des Fahrkorbes ergibt, und die bauartbedingten Seilkraft auf der Gegengewichtsseite S2, die sich aus der Gewichtskraft des Seils auf der Gegengewichtsseite und der Gewichtskraft des Gegengewichts ergibt. Vorliegend wird für die nähere Beschreibung der Erfindung von einer 1:1-Aufhängung ausgegangen. Bei abweichenden Aufhängungsverhältnissen gelten die entsprechend angepassten Gesetzmäßigkeiten. Zweckmäßigerweise sind alle bauartbedingten Parameter in einer „Beschreibung der Aufzugsanlage” (vergleiche TRA 102, Abschnitt 2.1.1.6) hinterlegt.
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Bei der erfindungsgemäßen Verzögerung des Systems aus Treibscheibe, Tragseil, Fahrkorb und Gegengewicht kommt es erfindungsgemäß zu einer dynamischen Verschiebung des Seilkraftverhältnisses aufgrund der Massenträgheit des verzögerten Massensystems. Wenn unter den gewählten Bedingungen dadurch das kritische Seilkraftverhältnis überschritten wird, rutscht das Tragseil auf der Treibscheibe durch. Wird unter den gewählten Prüfbedingungen kein Seilrutschen erzeugt, wird dabei die momentan wirkende Treibfähigkeit ermittelt.
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Im Einzelnen wird die Seilkraft auf der Fahrkorbseite S1 in Abhängigkeit von der auf die sich auf der Fahrkorbseite befindlichen Massen (im Wesentlichen Fahrkorb und Tragseil) wirkenden Bremsbeschleunigung dynamisch vermindert. Gleichzeitig wird die Seilkraft auf der Gegengewichtsseite S2 in Abhängigkeit von der auf die sich auf der Gegengewichtsseite befindlichen Massen (im Wesentlichen Gegengewicht und Tragseil) wirkenden Bremsbeschleunigung dynamisch vergrößert. Die auf dieses Massensystem wirkende Bremsbeschleunigung wird über die erfindungsgemäß verzögerte Treibscheibe vermittelt. Sie ist maximal, wenn das Tragseil gerade noch auf der abgebremsten Treibscheibe in Haftreibung anhaftet, und vermindert sich, sobald sich das Seilkraftverhältnis aufgrund der dynamischen Seilkraftverschiebung soweit vergrößert hat, dass das Tragseil auf der Treibscheibe in Gleitreibung durchrutscht. Erfindungsgemäß wird der maximal am Massensystem erreichte Bremsbeschleunigungswert bei Überschreitung der Treibfähigkeit ermittelt.
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Die erfindungsgemäße Lösung ermöglicht die Überprüfung der Treibfähigkeit einer gattungsgemäßen Aufzugsanlage innerhalb des normalen Betriebsfahrweges und unter normalen Betriebsbedingungen. Die ausreichende Treibfähigkeit ist nachgewiesen, wenn unter den erfindungsgemäß gewählten Verfahrensbedingungen, abgesehen von tolerablen Seilschlupf, noch kein Durchrutschen des Tragseils auf der Treibscheibe detektiert werden kann. Für den Nachweis der ausreichenden Treibfähigkeit erübrigt sich die Ermittlung des konkreten Treibfähigkeitswerts, wenn, unter Berücksichtigung eines Sicherheitsfaktors t, zu keinem Zeitpunkt des erfindungsgemäß erzeugten dynamischen Betriebszustands die Haftreibung des mindestens einen Tragseils auf der Treibscheibe in Gleitreibung übergeht. Die Erfindung ist ein Verfahren zur Überprüfung der Treibfähigkeit einer Treibscheibe bei Treibscheibengetriebenen Aufzugsanlagen mit Fahrkorb, Gegengewicht und mindestens einem über die Treibscheibe geführtem Tragseil, wobei die Treibscheibe in Aufwärtsfahrt des Fahrkorbs verzögert wird und die an Gegengewicht, Fahrkorb und/oder Tragseil auftretende Bremsbeschleunigung ẍ erfasst wird, wobei, für die Prüfung hinreichend genau, folgende Prüfbedingung erfüllt werden muss:
wobei t = Sicherheitsfaktor für die Nutzlast des Aufzuges und Q = Nutzlast des Aufzuges ist; dies ist somit ein Maß für die Treibfähigkeit. Bevorzugt werden die Seilgewichtskräfte und Zusatzgewichtskräfte vernachlässigt.
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In einer Variante des Prüfverfahrens werden die Seilgewichtskräfte S
g und die herrschenden Zusatzkräfte Z
g nicht verlässigt. Die zu erfüllende Prüfbedingung wird dann ermittelt aus:
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Die Erfindung verlangt, dass sich der Fahrkorb zum Zeitpunkt der ausgelösten Bremsung im oberen Drittel des Schachtes befindet.
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Die Prüfung erfolgt in einem dynamischen Betriebszustand, worin die Seilkraftverhältnisse an der Treibscheibe möglichst kritisch sind. Wie vorstehend ausgeführt, ist dies vor allem dann der Fall, wenn sich der Fahrkorb zum Zeitpunkt des Verzögerns der Treibscheibe in Aufwärtsfahrt im Bereich des obersten Stockwerks befindet und die Verzögerung der Bremsscheibe bevorzugt mit maximal möglicher Bremsverzögerung, das heißt vorzugsweise durch die Nothaltbremse, erfolgt.
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Die Erfindung erlaubt in vorteilhafter Weise die einfache Bestimmung oder Prüfung der ausreichenden Treibfähigkeit, ohne dass die Aufzugsanlage, beispielsweise durch übermäßiges Belasten des Fahrkorbs oder durch zusätzliche Maßnahmen zum einseitigen Entlasten des Tragseils, verändert werden muss.
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Bevorzugt wird die Verzögerung des Systems erreicht, indem die Treibscheibe unmittelbar verzögert, das heißt abgebremst wird. Vorzugsweise wird die Verzögerung durch das bauartbedingt jeweils maximal mögliche auf die Treibscheibe wirkende Bremsmoment vermittelt. Zweckmäßigerweise erfolgt dies durch Auslösen der sogenannten Nothaltfunktion. Die Nothaltbremse wirkt in der Regel unmittelbar auf die Treibscheibenwelle; alternativ kann zwischen Treibscheibenwelle und Bremse ein Getriebe angeordnet sein.
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Bevorzugt wird die Treibscheibe aus einem Betriebszustand heraus verzögert, worin der Fahrkorb sich in Aufwärtsfahrt befindet, vorzugsweise in der betriebsmäßigen Aufwärtsfahrt zwischen den Stockwerken, der sogenannten Schnellfahrt. Um zuverlässig ein Durchrutschen des Tragseils auf der verzögerten Treibscheibe zu erreichen, sollte zum Zeitpunkt der einsetzenden Verzögerung das statische Seilkraftverhältnis bereits möglichst große Werte annehmen, das heißt möglichst nahe an das jeweilige kritische Seilkraftverhältnis angenähert sein. Dies wird zweckmäßigerweise dadurch erreicht, dass sich der Fahrkorb bei Aufwärtsfahrt im Aufzugsschacht bereits im oberen Drittel des Schachts, vorzugsweise im Bereich des obersten Stockwerks befindet. Weiter bevorzugt sollte der Fahrkorb unbelastet, das heißt leer sein. Dadurch wird bevorzugt erreicht, dass sich die statische Seilkraft auf der Fahrkorbseite S1 im Wesentlichen aus der Gewichtskraft des leeren Fahrkorbs und der Gewichtskraft des restlichen sich zwischen Fahrkorb und Treibscheibeneinlauf befindlichen Tragseils zusammensetzt und möglichst kleine Werte annimmt. Die Seilkraft auf der Gegengewichtsseite S2, die sich im Wesentlichen aus der die Gewichtskraft des Gegengewichts und der Gewichtskraft des längeren Tragseils zwischen Treibscheibenauslauf und Gegengewicht zusammensetzt, soll möglichst große Werte annehmen. Der Fachmann erkennt, dass es sich vorstehend um eine vereinfachte Darstellung der in der Aufzugsanlage tatsächlich herrschenden Seilkraftverhältnisse handelt. Er wird zusätzlich beispielsweise fahrkorbseitige Versorgungskabel berücksichtigen, deren Einfluss auf die fahrkorbseitige Seilkraft je nach Position des Fahrkorbs im Schacht variiert. Je nach baulicher Ausführung der Aufzugsanlage ergibt sich so, dass das größte erreichbare statische Seilkraftverhältnis gegebenenfalls in einer von der Position im oberen Stockwerk abweichenden Position des Fahrkorbs erreicht wird. Die Erfindung umfasst auch diese Varianten.
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Vorzugsweise wird die an dem Tragseil, Gegengewicht und Fahrkorb umfassenden System auftretende Bremsbeschleunigung durch mindestens einen vorzugsweise ortsfest mit dem Fahrkorb, Tragseil und/oder Gegengewicht verbundenen Sensor, insbesondere Beschleunigungssensor erfasst. Vorzugsweise wird der gemessene Beschleunigungswert an eine entsprechende Auswerteeinheit übermittelt. Mehrere erfasste Werte werden bevorzugt über die Zeit aufgezeichnet. Zweckmäßigerweise beginnt die Aufzeichnung der Beschleunigungswerte zeitlich vor dem Auslösen des Verzögerungsvorgangs. Zur Bestimmung der maximalen Treibfähigkeit wird aus der erfassten Beschleunigungskurve die im Extremfall zum Zeitpunkt des Seilrutschens auftretende Bremsbeschleunigung ermittelt. Zur Prüfung auf ausreichende Treibfähigkeit braucht unter den gewählten Betriebsbedingungen kein Seilrutschen auftreten; es wird die maximale Bremsbeschleunigung bis zum Stillstand der Anlage ermittelt. Die Ermittlung erfolgt vorzugsweise automatisch mittels entsprechender in der Auswerteeinheit hinterlegter Algorithmen. Zusätzlich oder alternativ kann die Ermittlung des Beschleunigungswertes aus dem Graphen der Beschleunigungskurve abgelesen oder graphisch extrapoliert werden. Weiter ist vorgesehen, die Beschleunigung an Fahrkorb, Gegengewicht und/oder Tragseilen durch Messung von Weg beziehungsweise Geschwindigkeit an Fahrkorb, Gegengewicht und/oder Tragseilen in Abhängigkeit der Zeit zu ermitteln. Dazu werden Wegstreckenaufnehmer und/oder Geschwindigkeitsaufnehmer in an sich bekannter Weise verwendet.
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In einer bevorzugten zweckmäßigen Ausführungsform wird die prüfende Person also eine Schnellfahrt des leeren Fahrkorbs in Aufwärtsfahrt einleiten und die Nothaltfunktion manuell auslösen, sobald der Fahrkorb eine obere Position im Schacht erreicht hat. In einer alternativen Variante wird die Nothaltfunktion bei Aufwärtsfahrt automatisch durch eine entsprechende Vorrichtung an einer zuvor festgelegten Fahrkorbposition ausgelöst. Vorzugsweise wird die Nothaltfunktion ausgelöst, sobald der Fahrkorb einen Stockwerkkontakt eines der oberen Stockwerke im oberen Drittel des Schachts, bevorzugt im Bereich des obersten Stockwerks, vorzugsweise in Schnellfahrt passiert. Vorzugsweise ist vorgesehen, diese Funktion in die bestehende Aufzugssteuerung zu implementieren, sodass das erfindungsgemäße Verfahren ohne zusätzliche Eingriffe in die Betriebssteuerung durchgeführt werden kann.
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Weiter ist vorgesehen, das erfindungsgemäße Verfahren vollautomatisch ablaufen zu lassen, wobei die Fahrkorbposition, bei der die Verzögerung der Treibscheibe ausgelöst wird, automatisch in Abhängigkeit von den herrschenden Masseverhältnissen, bevorzugt während eines Testlaufs bestimmt wird. Dazu werden vorzugsweise zumindest zwei entsprechende Messbremsungen an unterschiedlichen Fahrkorbpositionen durchgeführt und Messungen der Bremsbeschleunigung vorgenommen. Aus den Bremsbeschleunigungswerten werden die Masseverhältnisse an Fahrkorb- und Gegengewichtsseite ermittelt und daraus die geeignete Fahrkorbposition für die Auslösung der Nothaltfunktion abgeleitet, bei der zuverlässig Seilrutschen ausgelöst werden kann.
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In einer bevorzugten Variante wird, falls bei den in der Aufzugsanlage bauartbedingten Masseverhältnissen ein an keiner Fahrkorbposition Seilrutschen ausgelöst werden kann, zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens die Geschwindigkeit der Aufwärtsfahrt, vorzugsweise stufenweise, erhöht.
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Die vorstehende Darstellung der Erfindung geht vereinfacht davon aus, dass bei der Verzögerung der Treibscheibe diese unmittelbar zum Stillstand kommt. In der Praxis wird die Treibscheibe trotz stärkstmöglichem Abbremsen, vorzugsweise durch die Nothaltbremse, nur verzögert zum Stillstand kommen. In einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird daher auch die Bremsbeschleunigung an der Treibscheibe ermittelt. Dies geschieht bevorzugt über mindestens einen bevorzugt ortsfest mit der Treibscheibe verbundenen Beschleunigungssensor. Vorzugsweise werden die Beschleunigungswerte an eine Auswerteeinheit übermittelt und vorzugsweise über die Zeit aufgezeichnet. Weiter ist vorgesehen, die Beschleunigung an der Tragscheibe durch Wegstreckenaufnehmer beziehungsweise Geschwindigkeitsaufnehmer zu ermitteln.
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In einer Variante wird die Bremsverzögerung der Treibscheibe aus den Strom-/Spannungswerten, die am mit der Treibscheibe drehfest verbundenen Antriebsmotor anliegen, ermittelt.
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Aus den an der Treibscheibe ermittelten Beschleunigungswerten und aus den an Gegengewicht, Tragseil und/oder Fahrkorb, bevorzugt am Fahrkorb, ermittelten Beschleunigungswerten kann der entsprechende Beschleunigungswert für die dynamische Verschiebung des Seilkraftverhältnisses zum Zeitpunkt des Seilrutschens ermittelt werden. Dies erfolgt vorzugsweise durch entsprechende in der Auswerteeinheit hinterlegte Algorithmen. Alternativ oder zusätzlich wird der maßgebliche Beschleunigungswert auch graphisch aus den Beschleunigungskurven abgelesen oder graphisch extrapoliert.
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In einer Variante wird die an der Treibscheibe auftretende Bremsverzögerung zuvor oder anschließend in einem vom eigentlichen Testlauf zeitlich getrennten Lauf ermittelt. Zweckmäßigerweise wird die bauartbedingte maximale Bremsverzögerung der Treibscheibe, insbesondere beim Auslösen der Nothaltfunktion, für die jeweilige Aufzugsanlage einmal beziehungsweise in entsprechenden Intervallen, bestimmt und die Parameter in der „Beschreibung der Aufzugsanlage” hinterlegt.
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Demgemäß betrifft die vorliegende Erfindung bevorzugt auch ein Verfahren zur Bestimmung der Treibfähigkeit, wobei in einem Schritt die Treibscheibe in Aufwärtsfahrt des Fahrkorbs, vorzugsweise durch Auslösen der Nothaltfunktion, verzögert wird, sodass das Seil über die Treibscheibe rutscht, wobei die an Gegengewicht, Fahrkorb und/oder Tragseil auftretende Bremsbeschleunigung und die an der Treibscheibe auftretende Bremsbeschleunigung erfasst wird.
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Die Erfindung wird im Folgenden anhand der Figur weiter erläutert und beschrieben, wobei die Figur nicht beschränkend zu verstehen ist.
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1 zeigt die statischen und dynamischen Seilkraftverhältnisse zum Zeitpunkt der Verzögerung des Systems über die Treibscheibe. Es bedeuten:
- G:
- Masse des Gegengewichts;
- P:
- Masse des leeren Fahrkorbs;
- gn
- :Normalbeschleunigung;
- ẍ:
- Beschleunigung bei Abbremsen der Treibscheibe.
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Die Seilkraft auf der Gegengewichtsseite ergibt sich vereinfacht aus: G(gn + ẍ), Die Seilkraft auf der Fahrkorbseite ergibt sich vereinfacht aus P(gn – ẍ)