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Technisches Gebiet:
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Die
Erfindung betriftt rekombinant hergestelltes Perlucin, Nukleinsäuren die
das Perlucin kodieren, sowie die Verwendung des Perlucins zur Herstellung
von Biomaterialien.
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Stand der Technik:
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Damit
Biomineralien, die als Hauptkomponenten vieler Werkstoffe bisher überwiegend
aus biologischen Quelle gewonnen werden, den Anforderungen moderner
Werkstoffe angepasst werden können,
ist ihre Herstellung auf biotechnischem Wege erforderlich. Das trifft
in besonderem Maße
für biokeramische
Werkstoffe zu, die im Tierreich weit verbreitet sind. Gut bekannte
Beispiele sind die Kalk-Skelette diverser einzelliger Lebewesen,
die Gehäuse
von Schnecken, Eierschalen, die Schalen von Muscheln einschließlich ihrer
wertvollen Perlen sowie Knochen und Zähne von Säugetieren. Diese biomineralischen Strukturen
bestehen überwiegend
aus biokeramischen Bestandteilen. Ihre technisch besonders interessanten
Eigenschaften als Verbundwerkstoffe sind meist durch organische
Polymere oder zelluläre Komponenten
bestimmt, die oft nur in sehr geringen Mengen enthalten sind. Perlmutt
und andere CaCO3-basierte Biomineralien
sind typische Beispiele, die in jüngster Zeit viel Aufmerksamkeit
auf sich gezogen haben, weil sie aufgrund ihrer exzellenten physikalisch-chemischen
Eigenschaften als „high-performance" Werkstoffe, beispielsweise,
für die
Herstellung neuartiger Farben oder zur Oberflächenvergütung von anderen Werkstoffen
von großem
Interesse sind.
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Biomineralien
werden in vivo unter dem Einfluss bestimmter Proteine gebildet,
die den Kristallisationsprozess der anorganischen Komponenten steuern
(Fu, G. et al.; 2005, Advanced Materials 17: 2678-2683; Belcher
et al., 1996, Nature 381: 56-58; Falini et al., 1996, Science 271:
67-69; Thompson et al., 2000, Biophys. J. 79: 3307-3312). Etwa ein Dutzend
solcher Proteine wurden aus Perlmutt und anderen Biomineralien isoliert.
Zumindest von einem dieser Proteine, dem Perlucin, ist bekannt,
dass es den Nukleationsprozess für
die CaCO3 Kristallform Calcit massiv verstärkt (Blank
et al., 2003, Journal of Microscopy 212: 280-291; Weiss et al.,
2000, BBRC 267: 17-21). Da dies vermutlich der erste Schritt zur Bildung
von Perlmutt und anderen Biomineralien in vivo ist, wird Perlucin
als potentieller Schlüssel
für die biotechnische
Herstellung von Perlmutt und anderen Biomineralien angesehen. Im
biologischen Material ist Perlucin nur in extrem geringen Mengen
enthalten und kann daraus in den für die biotechnische Herstellung
von Biomineralien erforderlichen Mengen nicht gewonnen werden.
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Mit
Hilfe von Perlucin können
Kristallformen erzeugt werden, die spontan nicht entstehen. Derartige „biomorphe" Kristallformen,
deren Erzeugung für die
biotechnische Herstellung der Biomineralien eine Voraussetzung darstellt,
sind bisher aber in vitro nicht in nennenswerten Mengen herstellbar,
sondern entstehen lediglich in analytischen Mengen, wenn die biologische
Aktivität
von Perlucin untersucht wird.
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Aus
Mann et al.; Eur. J. Biochem. 267 (2000), 5257-5264 ist eine unvollständige Aminosäuresequenz
von Perlucin bekannt, die über
die PIR Datenbank (PIR- International,
Munich Information Centre for Protein Sequences, MIPS) unter der
Nummer S78774 zugänglich
ist. Diese Aminosäuresequenz von
Perlucin ist allerdings in 12 der 155 Positionen nicht definiert,
weil die Analysen an diesen Stellen 2 oder sogar 3 Alternativ-Aminosäuren ergeben
(Mann et al., 2000). Es ist deshalb unklar, ob natürliches Perlucin
vielleicht nur als Gemisch verschiedener (wenn auch ähnlicher)
Proteine aktiv ist, oder ob eine einzige der 6.144 potentiell vorhandenen
Sequenz-Varianten für
die biologische Aktivität
ausreicht. Aufgrund dieses Umstandes ist die Isolierung eines Perlucin-Gens
offenbar noch nicht gelungen.
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Perlucin
konnte für
die biotechnische Herstellung von Biomineralien bisher nicht eingesetzt werden,
weil es aus natürlichen
Quellen nicht in ausreichender Menge gewonnen werden kann und weil für seine
gentechnische Herstellung entscheidende Voraussetzungen, wie z.B.
die Kenntnis des exakten Gens oder die eindeutige Aminosäure-Sequenz
des Proteins, fehlten. Mann et al., (2000) ist nicht zu entnehmen,
welche der 6.144 möglichen
Genvarianten biologisch aktiv ist.
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Beschreibung der Erfindung:
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Die
Aufgabe der Erfindung besteht darin, rekombinantes, biologisch aktives
Perlucin bereitzustellen, so dass Perlucin gentechnisch hergestellt und
für die
biotechnische Herstellung von Biomineralien eingesetzt werden kann.
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Die
Aufgabe wird erfindungsgemäß durch die
in den Patentansprüchen
definierten Gegenstände
gelöst.
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Durch
die vorliegende Erfindung wird erstmals auf gentechnischem Wege
und damit in unbegrenzter Menge herstellbares Perlucin bereitgestellt, das
für die
biotechnische Herstellung von Biomineralien verwendet werden kann.
Die Erfindung beschreibt erstmals eine eindeutige Aminosäuresequenz
mit biologischer Aktivität
sowie die dazugehörige
DNA-Sequenz.
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Ein
Vorteil der Erfindung ist, dass mit Hilfe des rekombinanten Perlucins
gemäß der Erfindung eine
zig-tausendfach gesteigerte Nukleation bei der Kristallisation von
Calciumcarbonat in den Strukturen des Calcits erzeugt werden kann,
so dass anstelle der ansonsten gebildeten Kristalle neuartige Kristallformen
entstehen.
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Ferner
haben die Erfinder überraschend
gefunden, dass Perlucin trotz der 6 Cystein-Reste und der bekannten Glykosylierungsstelle
in Position 84 der SEQ ID NO:3 des nativen Perlucins, in E. coli
in biologisch aktiver Form erhalten wird und nicht in einem eukaryotischen
Wirtssystem exprimiert zu werden braucht.
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Ausgehend
von der in Mann et al. (2000) beschriebenen unvollständigen Aminosäuresequenz für Perlucin
wurde eine Genbank synthetischer Gene konstruiert, die für die optimale
Expression in E. coli ausgelegt ist. Von den 6.144 möglichen
Genvarianten gemäß Mann et
al. (2000) wurde aufgrund der zu erwartenden proteinchemischen Eigenschaften,
eine begrenzte Anzahl von 32 bis 256 Varianten an Aminosäuresequenzen
ausgewählt.
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Die
Herstellung der Genbank erfolgt nach allgemein bekannten gentechnischen
Standardmethoden durch Einklonieren der synthetisch hergestellten Gene
in geeignete Expressionsvektoren, beispielsweise in einen Vektor
der pET-Reihe (Seed, 1987, Nature 329:840) und anschließende Transformation in
geeignete Wirtszellen, wie in diesem Falle z.B. in den E.coli Stamm
BL21 DE3 (Phillips et al., J. Bacteriol. 159:283-287). Nach der
Selektion von erfolgreich transformierten Klonen wurde nach Klonen
gescreent, die funktionelle Gen-Konstrukte enthalten und exprimieren,
wobei das Screening auf die Isolierung des Proteins und dessen Testung
auf seine, die Kristallstruktur beeinflussende Wirkung hin ausgelegt war.
Außerdem
war zu berück sichtigen,
dass die Cystin-Brücken
des Perlucins in E. coli i.d.R. nicht korrekt gebildet werden, so
dass De- und Renaturierungsschritte in das Screening einzubeziehen
waren.
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Die
vorliegende Erfindung betrifft somit ein Nukleinsäuremolekül, das für Perlucin
bzw. ein Polypeptid mit der biologischen Aktivität von Perlucin kodiert, und
ausgewählt
aus der Gruppe bestehend aus
- (a) einem Nukleinsäuremolekül, das für ein Polypeptid
mit der Aminosäuresequenz
der SEQ ID NO: 2 kodiert;
- (b) einem Nukleinsäuremolekül, das die
Nukleotidsequenz der SEQ ID NO:1 umfasst;
- (c) einem Nukleinsäuremolekül, das ein
Polypeptid mit einer Sequenz, die zumindest 60% identisch mit der
Sequenz der SEQ ID NO:2 ist, kodiert;
- (d) einem Nukleinsäuremolekül mit einer
Nukleotidsequenz, die sich von der Nukleotidsequenz eines der Nukleinsäuremoleküle von (a),
(b) oder (c) durch die Degeneration des genetischen Codes unterscheidet;
- (e) einem Nukleinsäuremolekül, das ein
Fragment oder eine allelische Variation eines Nukleinsäuremoleküls von (a),
(b), (c) oder (d) ist.
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Unter
der biologischen Aktivität
von Perlucin wird die gemeinsame und erhöhte Ablagerung von CaCO3, die Stimulierung von CaCO3-Kristallwachstum
in vitro und die Nukleation von CaCO3-Kristallen in übersättigen Calciumkarbonatlösungen verstanden.
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Eine
erste Ausführungsform
der Erfindung betrifft ein isoliertes Nukleinsäuremolekül, das für ein Polypeptid mit der Aminosäuresequenz
der SEQ ID NO:2 bzw. der 2 kodiert.
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Die
Erfindung betrifft auch ein Nukleinsäuremolekül, das die Nukleotidsequenz
der SEQ ID NO: 1 bzw. der 1 umfasst.
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Die
Nukleinsäuremoleküle der Erfindung können sowohl
DNA als auch RNA Moleküle
sein. Geeignete DNA Moleküle
sind zum Beispiel cDNA Moleküle.
Da Organismen unterschiedliche Präferenzen für degenerierte Codons von Aminosäuren besitzen,
kann die erfindungsgemäße Nukleinsäuresequenz
bevorzugt hinsichtlich der bevorzugten Codons des Syntheseapparats
der Wirtszelle optimiert werden, um Limitierungen in der Expression
zu vermeiden.
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Die
Erfindung betrifft zudem auch Nukleinsäuremoleküle, die eine Aminosäuresequenz
kodieren, die eine Identität
von zumindest 60% oder 70%, bevorzugt zumindest 80%, insbesondere
bevorzugt von zumindest 90%, 91%, 92%, 93%, 94%, 95%, 96%, 97% oder
98% zu der Aminosäuresequenz
der SEQ ID NO:2 bzw. 2 aufweisen. Derartige Nukleinsäuremoleküle sind
gekennzeichnet durch Deletion, Substitution und/oder Insertion von
Aminosäure-spezifischen
Basen gegenüber
der Aminosäuresequenz
der SEQ ID NO:2 bzw. 2 oder können u.a. das Ergebnis einer
Rekombination oder anderer Vorgänge
sein, wie natürlich
auftretende Variationen, z.B. Sequenzen von anderen Organismen,
natürliche Mutationen
oder durch spezifischen Mutagenese eingeführte Mutationen. Solche Nukleinsäuremoleküle können mit
Nukleinsäuremolekülen der
Erfindung, beispielsweise, durch Hybridisierung identifiziert und isoliert
werden. Als Hybrdisierungsprobe können Nukleinsäuremoleküle mit der
Sequenz der SEQ ID NO:1 oder Fragmente davon verwendet werden. Unter "Hybridisierung" werden übliche Hybridisierungsbedingungen
verstanden, bevorzugt stringente Bedingungen, wie beschrieben, beispielsweise,
in Sambrook et al., Molecular Cloning, A Laboratory Manual 2nd edition
(1989) Cold Spring Harbor Laboratory Press, Cold Spring Harbor,
NY.
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Die
Nukleinsäuremoleküle der Erfindung
umfassen auch Moleküle,
die sich von den Molekülen mit
den Sequenzen der SEQ ID NO:1 bzw. 1 aufgrund
der Degeneration des genetischen Codes unterscheiden.
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In
einer weiteren Ausführungsform
der Erfindung umfassen die Nukleinsäuremoleküle der Erfindung auch Fragmente
oder allelische Variationen der oben beschrieben Nukleinsäuremoleküle der Erfindung,
die ein Polypeptid mit der biologischen Funktion des Perlucins kodieren.
Die allelischen Varianten können
entweder natürlich
auftretende Varianten oder synthetisch hergestellte Varianten oder
mit rekombinanten DNA Verfahren produzierte Varianten sein.
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Ferner
ist es mit üblichen
molekularbiologischen Verfahren (siehe, z.B., Sambrook et al.) möglich, verschiedene
Mutationen in die Nukleinsäuremoleküle der Erfindung
einzubringen. Als Ergebnis können
Perlucin Polypeptide mit modifizierten biologischen Eigenschaften
hergestellt werden. Damit können
Perlucin Mutanten mit modifizierten biologischen Eigenschaften hergestellt
werden, die sich zur gezielten Herstellung neuer Kristallstrukturen
und damit veränderter
Eigenschaften der betreffenden Werkstoffe eignen. Eine Möglichkeit
ist die Herstellung von Deletionsmutanten, die durch kontinuierliche
Deletion vom 5'-
oder 3' Ende der
DNA Sequenz erhalten werden, und zu entsprechend verkürzten Polypeptiden
führen.
Eine andere Möglichkeit
ist die Einführung
von singulären
Mutationen an Positionen, die die Aminosäuresequenz beeinflussen.
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Die
vorliegende Erfindung betrifft ferner Vektoren wie Plasmide, Cosmide,
Viren oder Bakteriophagen, die eine erfindungsgemäße Nukleotidsequenz
enthalten. Geeignete Vektoren sind dem Fachmann bekannt. Allgemeine,
auf dem Fachgebiet bekannte Verfahren können zur Konstruktion entsprechender
Vektoren verwendet werden. Zu diesen Verfahren zählen beispielsweise in vitro-Rekombinationstechniken,
synthetische Verfahren, sowie in vivo-Rekombinationsverfahren, wie
sie beispielsweise in Sambrook et al., Molecular Cloning: A Laboratory Manual,
2. Ausgabe, Cold Spring Harbor Laboratory Press, Cold Spring Harbor
NY (1989), beschrieben sind.
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Die
vorliegende Erfindung betrifft auch die vorstehend beschriebenen
Vektoren enthaltenden Wirtszellen. Zu diesen Wirtszellen zählen vorzugsweise
prokaryotische Zellen, insbesondere E. coli. Geeignet sind aber
auch eukaryotische Zellen wie Hefe, Schimmelpilze, Algen, Insektenzellen
oder Säugetierzellen.
Verfahren zur Transformation dieser Wirtszellen, zur phänotypischen
Selektion von Transformanten und der Expression der erfindungsgemäßen Nukleinsäuremoleküle unter
Verwendung der vorstehend beschriebenen Vektoren sind auf dem Fachgebiet
bekannt.
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Die
Erfindung betrifft ferner ein rekombinantes Polypeptid mit den biologischen
Eigenschaften von Periucin, das (a) von der Nukleinsäure gemäß Anspruch
1 kodiert wird; (b) die Aminosäuresequenz der
SEQ ID NO:2 umfasst; oder (c) ein Fragment oder Variante des Polypeptids
von (a) oder (b) ist, das von einer Nukleotidsequenz kodiert wird,
die mit einer Nukleinsäure
gemäß Anspruch
1 unter stringenten Bedingungen hybridisiert.
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In
einem bevorzugten Polypeptid der Erfindung ist die Base, die der
Position 84 der SEQ ID NO:3 entspricht, nicht glykosyliertes Asparagin.
In einem besonders bevorzugten Polypeptid der Erfindung sind außerdem die
Basen, bezogen auf SEQ ID NO:3, der Position 9 Histidin, der Positionen
11, 131 und 145 Arginin und der Position 133 Serin.
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In
anderen bevorzugten Polypeptiden der Ertindung ist die Base, die
der Position 84 der SEQ ID NO:3 entspricht, nicht glykosyliertes
Asparagin sowie die Basen an Position 9 Asparagin, Position 11 und
145 Arginin, Position 131 Histidin und Position 133 Prolin; oder
an Position 9 und 131 Histidin, Position 11 Arginin, Position 133
Serin und Position 145 Methionin; oder an Position 9 Histidin, Position
11 Glycin, Position 131 Arginin, Position 133 Prolin und Position
145 Methionin; oder an Position 9 Histidin, Positionen 11 und 131
Arginin, Position 133 Prolin und Postion 145 Methionin; oder an
Position 9 Histidin, Position 11 Glycin, Position 131 Arginin, Position 133
Se rin und Position 145 Methionin; oder an Position 9 und 131 Histidin,
Position 11 Glycin, Position 133 Prolin und an Position 145 Methionin;
oder an Position 9 Histidin, Positionen 11 und 131 Arginin, Position
133 Serin und Position 145 Methionin.
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Außerdem betrifft
die Erfindung ein Verfahren zur Herstellung eines Polypeptids mit
den biologischen Eigenschaften von Perlucin, wobei die Wirtszelle
gemäß der Erfindung
unter den Bedingungen, die zu einer Expression des rekombinanten
Proteins führen,
kultiviert wird und danach das Perlucin gewonnen wird. Dazu wird
die Wirtszelle, die einen Vektor gemäß der Erfindung enthält, in einem
geeigneten Medium kultiviert, die Expression von Perlucin induziert
und das gebildete rekombinante Perlucin nach bekannten Verfahren
der Proteinchemie isoliert und gewonnen. Die Isolierung und Reinigung
des rekombinanten Proteins kann mit konventionellen Verfahren, wie
chromatographischen Verfahren, erfolgen.
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Mit
Hilfe von Dithioerythrit, Mercaptoethanol oder ähnlichen Cystin-Brücken spaltenden
Substanzen wird das gewonnene rekombinante Perlucin denaturiert
und per Dialyse stufenweise wieder renaturiert. Dabei kann man pro
Liter Fermentationsbrühe je
nach gewähltem
Vektor und Wirtsorganismus sowie in Abhängigkeit von der Effizienz
der proteinchemischen Verfahren etwa 0,5 bis 15 g an rekombinantem
Perlucin erhalten. In geeigneten Pufferlösungen wie z.B. 50 mM Phosphatpuffer
pH 7,0 (PB) behält das
so hergestellte Protein bei 4°C
monatelang seine biologische Aktivität. Die spezifische Aktivität des so hergestellten
Perlucins ist außerordentlich
hoch, so dass die Aktivität
selbst dann noch gemessen werden kann, wenn die Protein-Konzentration weniger als
0,1 Mikrogramm pro ml beträgt.
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Methoden
zur analytischen Messung dieser Aktivität sind gut bekannt (Addadi
et al., 1985, Proc. Nat. Acad. Sci. USA, 82:4110-4114). Die Messung kann
im 50-100 μl
Maßstab
durchgeführt
werden, indem eine wässrige,
etwa 10 mM CaCl2-Lösung mit oder ohne Protein
in kleinen Schälchen
etwa 24 Stunden lang einer Atmosphäre aus CO2 und
Ammoniak ausgesetzt wird, wobei der Ammoniak dem pH-Abfall entgegenwirkt,
der ansonsten durch das Kohlendioxid verursacht würde. Die
Struktur der gebildeten Kristalle kann schließlich rasterelektronenmikroskopisch
und mit weiteren dem Fachmann bekannten mineralogischen Methoden
untersucht werden.
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Die
vorliegende Erfindung betrifft auch ein Verfahren zur Verwendung
von Perlucin zur Herstellung von Biomineralien. Ein solches erfindungsgemäßes Verfahren
ist dadurch gekennzeichnet, dass eine CaCl2-Lösung mit
hinzugefügtem
Perlucin als dünner,
pH-regulierter Flüssigkeitsfilm,
ggfs. auch in diskontinuierlichen Schüben über die Kristallisationsfläche geeigneter
Platten in Gefäßen geleitet
wird. Diese Platten sind offen zu einer Atmosphäre hin, in der die CO2-Konzentration genau reguliert wird. Die
Diffusionsgeschwindigkeit des Ammoniumcarbonat-Dampfs in die CaCl2-Lösung beeinflusst
die Entstehung und Morphologie der CaCO3 Kristalle.
Die Diffusionsgeschwindigkeit widerum wird durch Menge und Volumen
des Proteins in der CaCl2-Lösung beeinflusst.
Gut geeignet für
die Kristallisation sind, beispielsweise, Konzentrationen des rekombinanten Proteins
von etwa 1 bis ungefähr
10 μm. Mit
diesem erfindungsgemäßen Verfahren
können
in vorteilhafter Weise reproduzierbar Kristalle und Biomineralien hergestellt
werden. Das war mit den bisher bekannten analytischen Messmethoden
(z.B. Addadi et al., 1985) nicht möglich, da dabei auftretende
Verdunstung, Änderungen
von pH-Wert und Ionenzusammensetzung, lokale Konzentrationsschwankungen und
weitere z.T. unwägbare
Effekte ein „scale-up" zu einem Produktionsverfahren
verhindern.
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Die
Erfindung betrifft somit auch eine Vorrichtung zur Herstellung von
Biomineralien umfassend:
- – ein gasdichtes Gefäß, in dem
eine definierte CO2-Atmosphäre einstellbar
ist;
- – eine,
bevorzugt geneigte, temperierbare Platte als Kristallisationsoberfläche im Gefäß;
- – eine
Zuleitung für
eine das Polypeptid nach Anspruch 7 enthaltende CaCl2-Lösung in
das Gefäß zur Verteilung
dieser Lösung über die
Platte; und
- – eine
Ableitung für
die überschüssige Lösung aus
dem Gefäß.
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Durch
die erfindungsgemäße Vorrichtung kann
die Diffusionsgeschwindigkeit des Ammoniumcarbonat-Dampfes in die
CaCl2-Lösung
geregelt und damit Bildung und Morphologie der CaCO3 Kristalle gezielt
gesteuert werden. Vor allem ist damit eine reproduzierbare Herstellung
von Kristallen und Biomineralien, insbesondere durch Induktion mit
Perlucin gemäß der Erfindung,
möglich.
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Ein
Beispiel für
eine derartige erfindungsgemäße Vorrichtung
zur Herstellung Perlucin-induzierter Biomaterialien mit dem oben
beschriebenen Verfahren ist in 4 schematisch
dargestellt. 4 zeigt ein gasdichtes Gefäß 1,
das eine temperierbare Platte 2 zur Kristallisation enthält. Die
Platte 2 ist an der für
die Kristallisation bestimmten Seite mit einer sehr glatten Oberfläche versehen
und kann, beispielsweise, aus Glas gefertigt sein. Zur Kristallisation
wird im Gehäuse
eine definierte CO2-Atmosphäre eingestellt. Hierzu wird
ein definiertes CO2-haltiges Gasgemisch,
bevorzugt CO2/Luft-Gemisch über die Zuleitung 3 in
das Gefäß 1 eingeblasen
und darin mit einem Ventilator 4 gleichmäßig verteilt.
Die CO2-Konzentration wird in der Gefäßatmosphäre mit Messfühlern 5,
bevorzugt kontinuierlich, gemessen, über die wiederum eine Gas-Mischbatterie 6 geregelt
wird, die den CO2-Gehalt im Gasstrom einstellt.
Das CO2 wird der Gas-Mischbatterie 6 von
einer CO2-Druckgasflasche 7 zugeleitet.
Das Gefäß 1 verfügt außerdem über eine
versperrbare Ableitung 8 für den Gasabstrom. Zur Kristallisation
wird eine Perlucin-haltige CaCl2-Lösung nach
Einstellung des pH-Wertes aus einem Titrationsbehälter 12 in
das Gefäß 1 mit
einer Pumpe 9, die durch das Flüssigkeitsniveau, die Zeitintervalle
oder andere Parameter gesteuert wird, eingeleitet und darin mit
einem Verteiler 10 über
die glatte Oberfläche
der temperierten Platte 2 verteilt, auf der dann die Kristalle
wachsen. Die Platte 2 wird bevorzugt von der Rückseite – der Kristallisationsoberfläche abgewandten
Seite – temperiert.
Bevorzugt ist die Platte 2 im Gehäuse 1 geneigt angebracht,
so dass beim Aufbringen der Perlucin-haltigen CaCl2-Lösung an
der oben zu liegen kommenden Kante 21 der Platte 2,
die Perlucin-haltieg CaCl2-Lösung als
dünner
Film, gleichmäßig über die
glatte Oberfläche
der Platte 2 zur unten zu liegen kommenden Kante 22 der
Platte 2 rinnen kann. Die überschüssige Perlucin-haltige CaCl2-Lösung
wird nach der Passage der glatten Oberfläche der Platte 2 in
einem Ablauf 11, der bevorzugt unterhalb der unten zu liegen
kommenden Kante 22 der Platte 2 aufgefangen, gesammelt
und abgeleitet. Die abgeleitete Lösung wird dann wieder dem Titrationsbehälter 12 zugeführt, mit
einer, bevorzugt kontinuierlichen, Ca(OH)2 basierten
pH-Titration erneut eingestellt und über die Pumpe 9 in
das Gefäß 1 zurückgeführt. Alternativ,
kann natürlich
statt der Zirkulation auch stets neue Perlucin-haltige CaCl2-Lösung verwendet
werden. Das Verfahren kann abhängig
von den Anforderungen 3 bis 36 Stunden oder länger betrieben werden. Je nach
Größe der Vorrichtung
können
die gewachsenen Kristalle anschließend im mg- oder im g-Maßstab geerntet
werden. Selbstverständlich
ist diese beschriebene Vorrichtung nicht auf die Induktion von Biomineralien
durch Perlucin beschränkt
und kann auch für
die Herstellung von anderen Biomineralien verwendet werden.
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Somit
kann das erfindungsgemäße rekombinante
Perlucin, beispielsweise zur Beschichtung von Oberflächen verwendet
werden und ggfs. in Kombination mit anderen, die Biomineralisation
beeinflussenden Proteinen dazu dienen, neuartige Beschichtungen
und Materialien zu generieren.
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Kurze Beschreibung der
Zeichnungen:
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1 zeigt
die Nukleotidsequenz von Klon 21.
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2 zeigt
die Aminosäuresequenz
von Klon 21.
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3 zeigt
die Aminosäuresequenz
von Perlucin (modifiziert nach Mann et al., 2000) der SwissProt-Datenbank
Nr. P82596 (SEQ ID NO:3). Sie besteht aus 155 Aminosäuren und
enthält
eine Glykosylierungsstelle am unterstrichenen Asparagin. Markiert
sind die 12 unsicheren Posi-tionen und die 6 Cysteine.
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4 zeigt
schematisch eine Kristallisator-Vorrichtung zur Herstellung von
Biomineralien
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Die
folgenden Beispiele erläutern
die Erfindung.
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Beispiel 1: Produktion
von rekombinantem Perlucin
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Anhand
der unvollständigen
Aminosäuresequenz
des Perlucins (Mann et al., 2000) werden für die Synthese des Gens einzelsträngige, einander komplementäre und überlappende
DNA-Teilsequenzen festgelegt, die je nach Bedarf etwa 30-120 Nukleotide
lang sind und in den 12 unsicheren Positionen potentielle Funktionsvarianten
und an den zukünftigen
Gen-Enden solche Sequenzen enthalten, die für die Klonierung geeignet sind.
Nach der Synthese von etwa 10-20 Oligonukleotiden (je nach Länge), werden
diese nach an sich bekannten Verfahren zu einem DNA-Doppelstrang assoziiert,
legiert und mittels PCR amplifiziert (siehe, z.B., Sambrook et al.,
Molecular Cloning: A Laboratory Manual, 2. Ausgabe, Cold Spring
Harbor Laboratory Press, Cold Spring Harbor NY (1989)). Das Resultat
ist ein Gemisch von sehr ähnlichen
DNA-Doppelsträngen,
die sich nur in Bezug auf diejenigen Nukleotide unterscheiden, die an
den Positionen unsicherer Aminosäuren
vorkommen. Dieses Gemisch wird mit Hilfe bekannter Verfahren in
einen Expressionsvektor wie z.B. pET17b (Fa. Merck Biosciences)
kloniert und zur Erzeugung einer entsprechenden Genbank in Wirtzellen,
wie z.B. Escheriachi coli Stamm BL21 BE3 (Fa. Novagen) transformiert
(siehe, z.B., Sambrook et al, 1989). Nach Selektion transformierter
Klone werden diese auf die Expression Perlucin-artiger Proteine
hin mit Hilfe der Polyacrylamid-Gelelektrophorese (SDS-PAGE) gescreent,
die betreffende Protein-Bande wird aus dem Gel ausgeschnitten und
durch Elution mit Phosphat Puffer (50 mM NaH2PO4/Na2HPO4, pH
7) über
Nacht in stark angereicherter Form gewonnen. Nach bekannten proteinchemischen
Verfahren wird eine Ammoniumsulfat-Fällung durchgeführt, um
Reste des Polyacrylamids abzutrennen, das Protein in wenigen Millilitern
(ml) Phosphat Puffer aufgenommen, gegen das 1000-fache Volumen des
gleichen Puffers bei 4°C
zwei Stunden dialysiert und dann in Phosphat Puffer überführt, dem
20 mM an Dithiotreitrit (DTT) hinzugefügt wurde. In 3 jeweils 12-stündigen Dialysestufen
wird das DTT zur Renaturierung des Proteins wieder schrittweise
entfernt. Das so gewonnene rekombinante Perlucin ist in Phosphat
Puffer bei 4°C
monatelang haltbar und kann direkt für die Dialyse gegen CaCl2 als erstem Schritt der Herstellung spezieller
Kristallformen eingesetzt werden.
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Beispiel 2: Herstellung
von Perlucin-induzierten CaCO3-Kristallformen
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Einer
vorzugsweise 5-50 mM CaCl2-Lösung wird
rekombinantes, gegen eine CaCl2-Lösung der gleichen Konzentration
dialysiertes Perlucin in einer Endkonzentration von ungefähr 0,001
bis 1 mg/ml, vorzugsweise von ca. 0,05 mg/ml zugesetzt und in einer
Kristallisator-Vorrichtung bei geregelter Temperatur mit einer Atmosphäre in Kontakt
gebracht, die einen genau einstellbaren CO2-Gehalt
aufweist, der zwischen 0,05 und 5 Vol.-%, vorzugsweise bei ca. 0,5%
liegt. Die Perlucin-haltige, mit verdünnter Calciumhydroxid-Lösung auf
etwa pH 7,5 eingestellte Lösung
wird mit etwa 0,01 bis 1 % des vorgelegten Flüssigkeitsvolumens pro Minute
mit Hilfe einer Pumpe kontinuierlich oder schubweise, je nach Perlucin-Konzentration
auch in Intervallen mit stundenlangen Pausen ausgetauscht. Dabei
kann im einfachen Fall stets neue Lösung verwendet werden, so dass keine
pH-Titration erforderlich ist, oder die Perlucinhaltige CaCl2-Lösung
wird nach Passage der Kristallisationsfläche aufgefangen und in das
Gefäß zurückgeführt, in
dem die pH-Titration stattfindet und aus dem die Pumpe es erneut
im Kreis fördert.
Die Pumpe wird entweder über
das Flüssigkeitsniveau, über vorgebene
Zeitintervalle oder über
anderweitige Parameter gesteuert. Wie in der 4 dargestellt,
wird für
die Kristallisation eine Vorrichtung verwendet, deren zentraler
Teil eine von unten temperierte Platte aus Glas oder aus anderen
Materialien mit sehr glatter Oberfläche ist. Sie befindet sich
in einem Gehäuse,
in das Kohlendioxidhaltige Luft eingeblasen und per Ventilator gleichmäßig verteilt
wird. Die Kohlendioxidkonzentration wird in der Gehäuseluft
mit Messfühlern
kontinuierlich gemessen und steuert die Gas-Mischbatterie, so dass
sein Gehalt und der Luftstrom stabil einstellbar sind. Je nach Größe der gewünschten
Kristalle und je nach eingestellter Temperatur wird dieser Prozess
zwischen 3 und 36 Stunden, bei besonderen Anforderungen aber auch
wesentlich länger
oder sogar kontinuierlich betrieben.
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Es
folgt ein Sequenzprotokoll nach WIPO St. 25.
Dieses kann
von der amtlichen Veröffentlichungsplattform
des DPMA heruntergeladen werden.