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Die Erfindung bezieht sich hauptsächlich auf das Gebiet der Anlagen zur Beschleunigung von Geschossen aus einem Rohr, wie z. B. einer elektromagnetischen Waffe und betrifft insbesondere eine mobile elektrische Kontaktvorrichtung.
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Der Stand der Technik des elektromagnetischen Schienenbeschleunigers ist bereits bekannt. Er besteht aus zwei parallelen leitenden Schienen, zwischen denen sich ein Geschoss auf einem Treibkörper mit mindestens einem – oft als „Strombrücke” bezeichneten – leitenden Element durch Gleiten fortbewegen kann.
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Fließt ein Strom durch die über das leitende Element verbundenen Schienen und ist das leitende Element einem Magnetfeld mit einer Induktivität B ausgesetzt, wird eine auf das leitende Element ausgeübte Kraft F erzeugt. Diese Kraft wird Laplace- oder Lorentzkraft genannt und ist durch folgende Gleichung gegeben: F = I × d × B, wobei d der Abstand zwischen den beiden Schienen ist.
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Die Kraft F beschleunigt den Treibkörper gemäß der bekannten Gleichung: F = M × g, wobei M die Masse und g die Beschleunigung der Treibkörper-Geschoss-Anordnung ist.
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Am Ausgang des Beschleunigers werden hohe Geschwindigkeiten, insbesondere über 2000 m/s, mit Geschossen einer Masse von 0,1 kg bis mehreren Kilogramm erhalten. Dies macht den Einsatz elektrischer Ströme von mehreren Megaampere erforderlich.
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Während der Wirkungsgrad der Pulverkanonen bei hohen Geschwindigkeiten stark abnimmt, steigt der Wirkungsgrad eines elektromagnetischen Schienenbeschleunigers bei hohen Geschwindigkeiten an. Eine der Hauptzielsetzungen dieser Technik ist somit die Erzielung von sehr hohen Geschossbeschleunigungen und -geschwindigkeiten. Die Qualität des elektrischen Kontaktes zwischen Schienen und leitendem Element beim Gleiten des Geschosses stellt jedoch ein Problem dar. Der elektrische Kontakt beschränkt sich nur auf bestimmte Bereiche, in denen sog. ”Hot Spots” entstehen, da der Kontakt zwischen Schienen und leitendem Element durch das Auftreten von Plasmalichtbögen beeinträchtigt wird.
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Zur Sicherstellung eines guten elektrischen Kontakts wird in der
EP 0 029 375 A1 der Einsatz von Multifilament-Bürsten aus einem feinen Drahtbündel, das in das bewegte Bauteil eingelassen ist, als leitendes Element zwischen den Schienen vorgeschlagen. Mit diesen Vorrichtungen konnten Geschwindigkeiten von 2000 m/s bei Spitzenströmen von 500 kA ohne Bildung eines Lichtbogens an der Übergangsstelle zwischen Schienen und leitendem Element des Treibkörpers erreicht werden. Diese Bürsten nutzen sich jedoch angesichts der hohen Ströme und Geschwindigkeiten der elektromagnetischen Schienenbeschleuniger schnell ab. Bei Strömen bzw. Geschwindigkeiten über 500 kA bzw. 2000 m/s wurde schon immer ein Kontaktverlust aufgrund der Bürstenerosion beobachtet, so dass sich ein Plasmalichtbogen an der Schienen-Bürsten-Übergangsstelle bildet.
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Zur Lösung dieses Problems wird im Patent
US 4 457 205 A vorgeschlagen, Bürsten mit größeren Abmessungen als der Abstand d zwischen den Schienen zu verwenden und vor dem Schuss eine Kraft auf diese Fasern auszuüben, um die Faserenden gegen die Schienen zu drücken und somit einen guten elektrischen Kontakt herzustellen.
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Ein sehr großer Verschleiß der Bürsten zu Beschleunigungsbeginn aufgrund der äußerst starken Reibung und die Bildung eines Plasmalichtbogens am Schussende infolge der vorzeitigen Abnutzung der Bürsten sind jedoch festzustellen. Neben dem zuvor genannten Dokument
US 4 457 205 A zeigen auch die Dokumente
DE 103 26 610 A1 ,
EP 182 947 A1 und
US 4 658 729 A gattungsgemäße mobile Vorrichtungen.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, eine Lösung für die Probleme der oben erwähnten Anlagen zu finden und eine Vorrichtung vorzuschlagen, mit welcher selbst bei Strömen bzw. Geschwindigkeiten von über 500 kA bzw. 2000 m/s ein Festkörper-Festkörper-Kontakt an der Übergangsstelle zwischen Schienen und leitendem Element von Schussbeginn bis Schussende des Projektils beibehalten und die Bildung eines Plasmalichtbogens verhindert werden kann.
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Diese Aufgabe wird durch eine mobile Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruches 1 gelöst.
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Unter Faser versteht man jedes biegsame faserartige Element oder kleine Plättchen, wie z. B. Lamellen.
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Mit den Mitteln zur Positionsänderung der Fasern kann der Verschleiß an den Faserenden ausgeglichen werden.
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Gemäß einer besonderen Ausführungsform besitzen die Mittel zur Positionsänderung der Fasern während der Bewegung des mobilen Elementes eine Trägheitsvorrichtung.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform besitzen die Mittel zur Positionsänderung der Fasern während der Bewegung der mobilen Vorrichtung erste reversible Mittel zur Sicherstellung der Ausgangsposition der Fasern, wobei diese Mittel beispielsweise eine Feder, einen verformbaren vorzugsweise wabenförmigen Werkstoff, eine hydraulische oder pneumatische Vorrichtung enthalten können.
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Gemäß einer besonderen Ausführungsform weist das leitende Element in seiner Ausgangsposition, d. h. vor und/oder zu Beginn des Schusses, eine allgemeine Kreisbogenform auf.
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Weitere Eigenschaften und Vorteile der Erfindung gehen aus folgender Beschreibung einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung als einfach veranschaulichtes und nicht erschöpfendes Beispiel sowie den beigefügten Figuren hervor, wobei:
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in 1 die Funktionsweise eines elektromagnetischen Beschleunigers schematisch dargestellt wird;
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in 2 eine Ausführungsform der Erfindung zu Schussbeginn dargestellt wird;
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in 3 eine Ausführungsform der Erfindung am Schussende dargestellt wird.
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In 1 wird die Funktionsweise eines elektromagnetischen Beschleunigers mit zwei Elektroden, im vorliegenden Fall zwei parallele Führungsschienen 1, schematisch dargestellt, die in einem bestimmten Abstand d zueinander angeordnet sind und zwischen denen sich eine mobile Vorrichtung, nachstehend Treibkörper 2 genannt, bewegt, auf der sich ein Geschoss 3 befindet. Der Treibkörper 2 besitzt ein elektrisch leitendes Element 4, dessen Enden 5 und 6 über beide entgegengesetzte Seiten des Treibkörpers 2 hinausragen und das den aus einer Schiene 1 in die andere Schiene fließenden Strom leiten kann. Das Spiel zwischen Treibkörper 2 und Schienen beträgt einige Millimeter.
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Um die Bewegung des Treibkörpers 2 zu ermöglichen, wird ein Magnetfeld B senkrecht zu der von den Schienen gebildeten Ebene erzeugt, wobei ein elektrischer Strom zwischen den beiden Schienen 1 durch das leitende Element 4 fließt. Angesichts der Richtung des Magnetfeldes und des Stroms im leitenden Element wird eine auf den Treibkörper 2 ausgeübte Laplace-Kraft F senkrecht zur Richtung von Magnetfeld und Strom und somit parallel zu den Schienen erzeugt, wodurch der Treibkörper 2 bei ausreichender Stärke der Laplace-Kraft F in Bewegung versetzt wird.
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In 2 wird die Umsetzung einer Ausführungsform der Erfindung im Hinblick auf den elektromagnetischen Beschleuniger aus 1 dargestellt.
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Der mobile Treibkörper 2 besitzt ein elektrisch leitendes Element 4 aus litzenförmig angeordneten Fasern 7, dessen beide Enden 5 und 6 über beide entgegengesetzte Seiten des Treibkörpers 2 hinausragen, so dass ein elektrischer Kontakt zwischen jedem Ende 5 bzw. 6 und der entsprechenden Schiene 1 hergestellt wird.
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Die Länge L des leitenden Elementes 4 ist größer als der Abstand d zwischen den Schienen.
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Der Treibkörper 2 besitzt zudem Mittel 8 zur Positionsänderung der Fasern 7 während der Bewegung der mobilen Vorrichtung.
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Bei dieser Ausführungsform besitzen diese Mittel 8 erste Mittel 9 zur Sicherstellung der Ausgangsposition des leitenden Elementes 4, in der das Element so verformt wird, dass einerseits eine größere Leiterlänge vorhanden ist und andererseits jedes Ende des leitenden Elementes 4 die entsprechende Schiene 1 berührt. Bei dieser Ausführungsform bestehen diese ersten Mittel 9 aus einer Feder, die einen Kopf 10 aufweist. Dieser Kopf, nachstehend erster Kopf 10 genannt, besitzt eine Rückseite 11, die kraftschlüssig mit der Feder verbunden ist, eine Vorderseite 12, die zur Seite 11 parallel angeordnet ist, zwei Seitenflächen 13 und zwei Neigungsflächen 14, über die die Seitenflächen 13 mit der Vorderseite 12 verbunden werden. Die Vorderseiten 12 und Neigungsflächen 14 sind zumindest teilweise mit dem leitenden Element 4 in Kontakt.
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Die Rückseite des Treibkörpers ist U-förmig, wobei dessen Basis 15 eine Bohrung besitzt, in die das Ende der Feder befestigt wird, das dem am Kopf 10 befestigten Ende gegenüberliegt. Über die Innenflächen 16 und 17 der Seitenwände 18 und 19 der U-Form ist die Translationsführung des ersten Kopfes in Verbindung mit den Seitenflächen 13 des Kopfes 10 möglich.
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Die Mittel 8 zur Positionsänderung der Fasern während der Bewegung der mobilen Vorrichtung besitzen zudem zweite Mittel 20 zur Ausübung, während des Schusses, einer ausreichend großen Kraft auf die Fasern 7 für die Änderung ihrer Ausgangsposition. Diese zweiten Mittel besitzen einen Kopf 21, nachstehend zweiter Kopf genannt, aus Metall mit ungefähr identischer Form wie der erste Kopf 10 sowie einer ebenen Fläche 22, die zumindest teilweise mit dem leitenden Element 4 in Kontakt stehen kann, und einer gegenüberliegenden Fläche 23 in Kreisbogenform, wobei diese beiden Flächen durch eine Seitenfläche 24 verbunden werden, die mit den Innenflächen 16 und 17 der Seitenwände 18 und 19 der U-Form in Verbindung steht, um die Translationsführung des Kopfes 21 sicherzustellen.
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Die Vorrichtung funktioniert wie folgt:
Ein Treibkörper 2, der ein Geschoss trägt und dessen Größe an das Kaliber des elektromagnetischen Beschleunigers angepasst ist, befindet sich zwischen den Schienen 1. Die ersten Mittel 8 gewährleisten die Ausgangsposition des leitenden Elementes 4, im vorliegenden Fall eine Bogenform, so dass jedes seiner Enden mit den Schienen 1 in Kontakt steht.
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Anschließend wird ein Schuss abgefeuert. Dazu wird ein starkes Magnetfeld sowie ein Strom von mehreren Millionen Ampere auf bekannte Weise erzeugt, wodurch eine Laplace-Kraft F zur Beschleunigung der Treibkörper-Geschoss-Anordnung eventuell bis auf 100000mal höhere Werte als die Schwerkraft entsteht.
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Der Kontakt zwischen den Schienen 1 und den Fasern 7 des leitenden Elementes 4 führt zu Reibung und Verschleiß an dessen Enden, wobei jedoch festzustellen ist, dass die Beschleunigung des Treibkörpers 2 praktisch ständig ansteigt. Aus diesem Grund wird mit dem zweiten Kopf 21 aufgrund dessen Trägheit eine Kraft F1 auf die Fasern 7 des leitenden Elementes 4 in Richtung X entgegengesetzt zur Bewegungsrichtung Y des Treibkörpers 2 ausgeübt. Diese auf die Fasern 7 ausgeübte Kraft F1 wird auf den Kopf 10 der ersten Mittel 9 übertragen, der sich somit in Richtung X bewegt. Diese zum Wert der Kraft F1 proportionale Bewegung führt gleichzeitig zur Bewegung des mittleren Teils 31 der Fasern 7 und des Kopfes 21 in dieselbe Richtung X. Aufgrund dieser Bewegung des mittleren Teils der Fasern 7 wird deren Position geändert, wobei deren Enden 5 und 6 in Richtung der Schienen 1 gedrückt werden. Somit wird ein erster Teil 71 der Fasern 7 in Richtung des Endes 5 und ein zweiter Teil 72 der Fasern in Richtung des anderen Endes 6 bewegt. Wie in 2 bzw. 3 dargestellt, besitzen sie zu Schussbeginn eine allgemeine Bogenform und sind am Schussende praktisch geradlinig, wobei der Längenunterschied zwischen den beiden Positionen ungefähr der während des Schusses verbrauchten Faserlänge entspricht. Aufgrund der ursprünglichen Bogenform der Fasern kann somit eine größere Faserlänge sichergestellt werden, die an der Seite der Enden 5 und 6 je nach Bewegung der Köpfe 10 und 21 in Richtung X aufgebraucht wird.
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Die Masse des zweiten Kopfes 21 wird experimentell so ermittelt, dass durch Geraderichten der Fasern des leitenden Elementes 4, d. h. durch Verkürzung der Länge der Fasern im Inneren des Treibkörpers 2, fortlaufend der Verschleiß der Fasern 7 ausgeglichen und somit ein optimaler Kontakt zwischen leitendem Element 4 und Schienen 1 während des gesamten Schusses gewährleistet wird.
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Wie in 3 dargestellt, wird durch die Wirkung der am Schussende durch den Kopf 21 erzeugten Trägheitskraft das leitende Element 4 vollständig geradegerichtet und wird praktisch geradlinig. Der Längenunterschied dieses Elementes 4 zwischen Schussbeginn und Schussende ist auf die Dauererosion des Endes der Fasern 7 während des Schusses zurückzuführen, wobei diese Erosion während des Schusses durch die Positionsänderung der Fasern 7 ausgeglichen wird.
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Das beschriebene Ausführungsbeispiel kann auf unterschiedliche Art und Weise modifiziert werden, ohne den Rahmen der Erfindung zu sprengen. Somit können die ersten Mittel 9 und insbesondere die Feder beispielsweise durch eine Vorrichtung mit derselben Funktionsweise, wie z. B. eine pneumatische bzw. hydraulische Vorrichtung, oder einen insbesondere zellenförmigen Werkstoff ersetzt werden, der sich unter Einwirkung der während des Schusses durch den zweiten Kopf ausgeübten Kraft F1 verformt. Form und Werkstoff des zweiten Kopfes 21 können bei Beibehaltung der gleichen Funktion unterschiedlich ausfallen.
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Zudem können mehrere leitende Elemente 4 regelmäßig oder unregelmäßig entlang des Treibkörpers 2 angeordnet werden. Außerdem ist die ursprüngliche Bogenform des leitenden Elementes 4 nur eine Möglichkeit; jede andere Elementgeometrie, mit der eine größere Leiterlänge erreicht werden kann, könnte jedoch eventuell in Kombination mit einer Vorrichtung, wie z. B. Trommel, Haspel o. ä., eingesetzt werden.