Die
autosomal rezessive Mutation Wobbler ("wackler", Gensymbol wr, Phänotyp WR) der Maus trat 1955
spontan in dem C57BL6/J-Inzuchtstamm
auf (Falconer, D.S., 1956, Mouse News Letters, Vol.15, S.22). Sie
verursacht eine Degeneration der Motoneuronen in Rückenmark
und Hirnstamm, was eine Muskelatrophie vornehmlich im Schulter-
und Halsbereich zur Folge hat (Duchen, L.W. und Strich, S.J., 1968,
J. Neurol. Neurosurg. Psychiat., Vol.31, S.535-542).
Die
betroffenen Mäuse
zeigen ab der dritten Lebenswoche die ersten phänotypischen Unterschiede zu
ihren gesunden Wurfgeschwistern. Sie haben einen wackligen Gang
und zeigen einen Tremor bei körperlicher
Anstrengung. Die Wobbler-Krankheit ist progressiv: innerhalb der
ersten Monate erreichen die Tiere nur 40 bis 50% des Körpergewichts
ihrer gesunden Wurfgeschwister. Nach sechs Wochen ist das Greifen
mit den Vorderpfoten nicht mehr möglich und die Tiere versterben
nach 3-8 Monaten. Im cervikalen und thorakalen Rückenmark von Wobbler-Mäusen degenerieren
etwa 40% der Motoneurone (Baulac, M., et al., 1983, Neurosci. Lett.,
Vol.37, S.99-104). Zeitlich mit der Degeneration der Motoneuronen
korreliert wird ein Astrozytenüberwuchs
(Astrogliose) beobachtet (siehe z.B. Laage, S. et al., 1988, Dev.
Neurosci., Vol.10, S.190-198). Die Astrogliose ist wahrscheinlich
eine sekundäre
Folgeerscheinung der Neurodegeneration (Laage et al., 1988, siehe
oben).
Neben
den neurologischen Effekten zeigen WR-Männchen eine gestörte Spermiogenese.
Die Spermien von WR-Mäusen
haben rundliche statt abgeplattete schnabelförmige Köpfe (Globozoospermie), ihnen fehlen
ein bis vier der äußeren Mikrotubuli-Doublets
(Leestma, J.E. und Sepsenwol, 1980, J. Reprod. Fertil., Vol.58,
S.267-270) und sie sind nur eingeschränkt beweglich. Ultrastrukturanalysen
konnten zudem zeigen, dass die Ausbildung des Akrosoms auf der Stufe
zerstreuter akrosomaler Vesikel am Golgi-Apparat stehen bleibt und
die Vereinigung am Spermatiden-Nukleus nicht erfolgt (Heimann, P.,
et al., 1991, Differentiation, Vol.47, S.77-83). Der Spermiogenesedefekt
der WR-Maus entspricht gut dem klinischen Bild der humanen Globozoospermie,
einer Ursache für
die männliche
Sterilität.
Der
neurologische Defekt der Wobbler-Mäuse ähnelt einigen Formen der menschlichen
Spinalen Muskelatrophie (SMA), aber vor allem der Amyotrophen Lateralsklerose
(ALS). Die Wobbler-Maus wird als Modell für diese Krankheiten und zur
Entwicklung von Therapien seit langem intensiv untersucht (Boilee,
S., et al., 2003, Mol. Neurobiol., Vol.28, S.65-106). Durch genetische
Kartierung konnte die wobbler-Mutation auf dem proximalen Chromosom
11 der Maus lokalisiert werden (Kaupmann, C., et al., 1992, Genomics,
Vol.13: S.39-43)und der wobbler-kritische Bereich auf weniger als
1 cM eingeschränkt
werden (Resch, K., et al., 1998, Mamm. Genome, Vol.9, S.893-898;
Fuchs, S., et al., 2002, BMC Genetics, Vol., 3, S.14).
Es
wird deutlich, dass bereits intensive Untersuchungen bezüglich der
morphologischen und metabolischen Veränderungen bei der Wobbler-Maus
durchgeführt
worden sind. Jedoch konnte bis heute die genetische Ursache dafür nicht
aufgedeckt werden. Weder mit biologischen Assays wie enzymatischen
Aktivitätsvergleichen
(cytoplasmatischen Malat-Dehydrogenase (Mor2) und Uridin-Diphosphoglukose-Pyrophosphorylase
(Ugp2)), noch mit Expressionsanalysen (Homoloc-13, Peli1) oder Sequenzierungen
von kodierenden cDNAs (Homoloc-13, Kiaa0903) oder genomischen (Mor2,
Peli1, Otx1) Abschnitten konnte ein Unterschied zwischen Wobbler-
und Wildtyptieren ermittelt werden. Daher wurde vermutet, dass die
genetische Ursache für die
Wobbler-Maus eventuell in einem nicht kodierenden Sequenzbereich
zu suchen sei, der außerhalb
der bisher untersuchten Regionen liegt (Schmidt, V.C., Dissertation,
Juni 2002, Universität
Bielefeld, Fakultät
für Biologie;
Fuchs, S., et al., 2002, BMC Genetics, Vol.3, S.14).
Weitere
Untersuchungen bezüglich
der möglichen
Ursachen für
den Wobbler-Phänotyp
bei der Maus würden
daher bei der Erforschung von neurodegenerativen und degenerativen
Erkrankung des motorischen Systems auch beim Menschen helfen.
Beschreibung der Erfindung
Durch
die intensive Forschung der Erfinder ist es nun gelungen, ein Nukleinsäuremolekül aufzufinden und
zu isolieren, das für
ein VPS54-Protein kodiert, das bei seiner Expression den Wobbler-Phänotyp in
einer Maus verursacht. In einer besonderen Ausführungsform ist mit der Maus,
bei der durch das erfindungsgemäße Nukleinsäuremolekül der Wobbler-Phänotyp verursacht
wird, eine Maus der Gattung Mus, insbesondere eine Maus der Spezies
Mus musculus gemeint. Die Identifikation der genetischen Ursache
für den
Wobbler-Phänotyp
bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten
bei der Erforschung der Krankheiten, die mit Hilfe der Wobbler-Maus
als Tiermodell untersucht werden. Die einzelnen Möglichkeiten
sollen nur kurz genannt und dann im Laufe der weiteren Beschreibung
der vorliegenden Erfindung ausführlicher
beschrieben werden.
Die
genaue Kenntnis der genetischen Ursache für die Wobbler-Maus ermöglicht die
Suche nach ähnlichen
Defekten in orthologen Nukleinsäuremolekülen und
die Identifikation von Erkrankungen, die möglicherweise mit dieser Mutation
in Verbindung stehen. Als Beispiel dafür ist das Screening nach Nukleinsäuresequenzen
mit ähnlichen
Defekten beim Menschen genannt. Außerdem können nun gezielter Zelllinien
und transgene Tiere erzeugt werden, welche dieses Nukleinsäuremolekül enthalten
und dadurch als Modellsystem in der Medizinischen und molekularbiologischen
Forschung dienen können.
Das Screening nach Proteinen, z.B. mittels polyklonaler und/oder
monoklonaler Antikörper,
die durch dieses Nukleinsäuremolekül kodiert
werden bzw. nach homologen Nukleinsäuresequenzen ist nun ebenfalls
möglich.
Ein
Nukleinsäuremolekül im Sinne
dieser Erfindung umfasst Nukleinsäuresequenzen (DNA und RNA), die
für ein
Protein oder ein Teil eines Proteins kodieren, dessen Expression
in der Zelle zum Wobbler-Phänotyp der
Maus führt,
so wie er bereits mehrfach in der Literatur beschrieben worden ist
(Boileé,
S., et al., 2003, siehe oben; Schmidt, V.C., Dissertation, siehe
oben; Falconer, D.S., 1956, siehe oben).
Das
Nukleinsäuremolekül der vorliegenden
Erfindung wurde durch Sequenzierung des durch Segregationskartierung
eingeschränkten
Wobbler-kritischen Bereichs (s. 1)
auf dem proximalen Chromosom 11 der Hausmaus gefunden. Bei der Analyse
der sequenzierten Nukleinsäuren
wurde im Gen Vps54 (Alternativbezeichnungen für dieses Gen sind SLP-8p oder
Vps54L) im Exon 24 eine Punktmutation identifiziert (Position der Punktmutation
T3011A im Bezug auf die Wildtypsequenz von Vps54 mit der Genbank-Eintragungsnummer AF424699),
die zu einem Aminosäureaustausch
im kodierten Protein führt.
Daher umfasst die vorliegende Erfindung auch isolierte Nukleinsäuremoleküle welche
eine entsprechende Mutation im Exon 24 tragen. Die Erfinder konnten
vier Splicevarianten des Vps54-Nukleinsäuremoleküls auffinden
(s. 3C), die alle für ein aktives
VPS54-Polypeptid kodieren, das die oben genannte Mutation auf dem
Exon 24 trägt.
Die erste Splicevariante ist ein Nukleinsäuremolekül das die Exons 1-3, 4b, 5-17,
18a, 19, 20a und 21-24 (SEQ ID NOs: 1-3, 5, 6-18, 19, 21, 22, 25-28)
umfasst oder diesen entspricht. Die zweite Splicevariante ist ein
Nukleinsäuremolekül das die
Exons 1-3, 4a, 5-17, 18a, 19, 20a, 21-24 (SEQ ID NOs: 1-3, 4, 6-18,
19, 21, 22, 25-28) umfasst oder diesen entspricht. Die dritte Splicevariante
ist ein Nukleinsäuremolekül das die
Exons 20b und 21-24 (SEQ ID NOs: 23, 25-28) umfasst oder diesen
entspricht und die vierte Splicevariante ist ein Nukleinsäuremolekül das die
Exons 20c und 21-24 (SEQ ID NOs: 24, 25-28) umfasst oder diesen
entspricht (s.a. 3C).
Die
Sequenzierung der Nukleinsäuren
der vorliegenden Erfindung wurden mit Hilfe von molekularbiologischen
Standardmethoden durchgeführt,
so wie sie unter anderem von Sambrook, J, et al. (1989, Molecular Cloning:
A Laboratory Manual, 2nd Ed., Cold Spring Harbor Laboratory Press,
Cold Spring Harbor, NY) beschrieben worden sind.
Für die Sequenzierung
des Gens Vps54 wurde zunächst
mit Hilfe des Programms GI_List2Sim4 (Phillip Hahn, Diplomarbeit,
Techn. Fak., Univ. Bielefeld 2004) eine Exon-Intron-Struktur für dieses
Gen assembliert (s. 3). Die Sequenzierung
ergab 27 verschiedene Exons, bzw. Varianten von bekannten Exons
von denen die Exons 1 und 2 bisher nicht bekannt waren und die Exons
4a, 20b und 20c Varianten bereits bekannter Exons darstellen. Um
Mutationen zwischen dem wobbler-Allel der Maus und dem Wildtyp-Allel festzustellen wurden
alle Exons mit Hilfe der in 3b dargestellten
Primer (SEQ ID NO: 52 bis 105) sequenziert. Bei der Sequenzierung
von Exon 24 (SEQ ID NO: 28) mit dem Primerpaar VPS54_Seq_Ex24_I
(SEQ ID NO: 92 und 93) wurde in der Position 72 eine Punktmutation
im kodierenden Bereich gefunden, die zu einem Aminosäureaustausch
im daraus exprimierten Polypeptid führt (WT Leucin – WR Glutamin,
s. 2). Daher umfasst
die vorliegende Erfindung weiter ein isoliertes Nukleinsäuremolekül, welches
das Nukleinsäuremolekül der SEQ ID
NO: 28 umfasst oder diesem entspricht.
Um
einen Stamm-spezifischen Polymorphismus bezüglich der Punktmutation auszuschließen, wurde die
Sequenz mit der SEQ ID NO: 28 daraufhin mit dem gleichen Primerpaar
der SEQ ID NO: 92 und 93 bei verschiedenen Mausstämmen sequenziert.
Weiterhin wurde die Nukleinsäure
von weiteren WR- und WT-Individuen sequenziert, um individuelle
Punktmutationen auszuschließen.
Wie die Ergebnisse dieser Experimente in 4 zeigen, ist dieser Nukleinsäuresequenzabschnitt
auch bei den evolutionsbiologisch zu den Laborstämmen Mus musculus BL10, -castaneus,
-spretus, -129, -SJL, -SWR weit entfernt liegenden Mäusen der
Art Mus musculus molossinus und der Waldmaus Apodemus sylvaticus
hoch konserviert. Daher umfasst die vorliegende Erfindung auch ein
Nukleinsäuremolekül, welches
das Nukleinsäuremolekül der SEQ
ID NO: 47 umfasst oder diesem entspricht.
Die
in der vorliegenden Erfindung beschriebenen erfindungsgemäßen Nukleinsäuremoleküle umfassen
auch biologisch funktionelle Äquivalente
dieser Nukleinsäuremoleküle, die
mittels herkömmlicher DNA-DNA
und DNA-RNA Hybridisationstechniken isoliert werden können. Diese
zu den Nukleinsäuremolekülen der
vorliegenden Erfindung komplementären Sequenzen können dann
als Sonden zur Detektion bestimmter Abschnitte auf der Nukleinsäure von
Testorganismen verwendet werden. Daher umfasst die vorliegende Erfindung
auch Nukleinsäuremoleküle, die
mit einem Nukleinsäuremolekül der SEQ
ID NO: 28, einem Nukleinsäuremolekül der SEQ
ID NO: 47, einem Nukleinsäuremolekül der SEQ
ID NOs: 1-3, 5, 6-18, 19, 21, 22, 25-28, mit einem Nukleinsäuremolekül der SEQ
ID NOs: 1-3, 4, 6-18,
19, 21, 22, 25-28, mit einem Nukleinsäuremolekül der SEQ ID NOs: 23, 25-28
und mit einem Nukleinsäuremolekül der SEQ
ID NOs: 24, 25-28 oder einem Komplement der einzelnen Nukleinsäuremoleküle bei moderaten
oder unter stringenten Bedingungen hybridisieren und für ein Protein
oder einen Abschnitt des Proteins mit der SEQ ID NO: 39 kodieren.
Wie
im Stand der Technik bekannt ist, steht die Stringenz in Beziehung
zur Schmelztemperatur (Tm) des ausgebildeten Hybrids. Die Tm eines
Nukleinsäurehybrids
ist die Temperatur, bei der 50% der Basen eine Basenpaarung ausbilden.
Wenn zum Beispiel einer der Bindungspartner bei einer Basenpaarung
in einem Hybrid ein kurzes Oligonukleotid von etwa 20 Basen ist,
liegen 50% der doppelsträngigen
Basenpaare für
gewöhnlich
beim Erreichen der Tm getrennt voneinander vor. In diesem Fall beschreibt
die Tm ein zeitabhängiges
Gleichgewicht, dass von der Konzentration der Oligonukleotide abhängt.
Es
ist im Stand der Technik außerdem
gut bekannt, dass Tm von der Zusammensetzung der Polynukleotide
(z.B. Länge,
Art des Nukleinsäuredoppelstranges,
Basenzusammensetzung und Ausmaß der
exakten Basenpaarung) und der Zusammensetzung des Lösungsmittels
(z.B. Salzkonzentration und der Anwesenheit von denaturierenden
Agenzien, wie zum Beispiel Formamid) abhängt. Eine Gleichung für die Berechnung
von Tm wird von Sambrook, et al. (siehe oben) beschrieben und lautet:
Tm = 81,5°C – 16,6(log10[Na+]) = 0,41(%G +
C) – 0,63(%Formamid) – 600/L).
L steht dabei für
die Länge des
Hybrids in Basenpaaren, die Konzentration von Na+ liegt
im Bereich von 0,01 M bis 0,4 M und der G+C Gehalt liegt im Bereich
von 30% bis 75%. Gleichungen für
Hybride, die RNA beinhalten werden ebenfalls von Sambrook, et al.
(siehe oben) beschrieben. Weitere alternative Gleichungen für solche
Berechnungen werden von Davis et al. (Basic Methods in Molecular Biology
2. Ausgabe, Appleton und Lange, Abschnitt 6-8, 1994) beschrieben.
Verfahren
zur Hybridisierung und zum Waschen sind im Stand der Technik gut
bekannt. Für
gewöhnlich
werden Hybridisierungen bei einer Temperatur von 20-25°C unter Tm
in Lösungen
mit einer hohen Ionenstärke
(6 × SSC
oder 6 × SSPE)
durchgeführt.
Die Bedingungen beim Waschen unter stringenten Bedingungen werden
häufig
empirisch in Vorexperimenten bestimmt, schließen jedoch im Allgemeinen eine
Kombination von Salzen und einer Temperatur, die etwa 12-20°C unter Tm
liegt, ein. In einem Beispiel für
solche Waschbedingungen wird ein 5 × SSC-Puffer mit 50% Formamid
bei 42°C
verwendet. In einem anderen Beispiel für Waschbedingungen bei einer
höheren
Stringenz verwendet man einen 0,1 × SSPE-Puffer mit 0,1% SDS
bei 42°C
(Meinkoth und Wahl, 1984, Anal. Biochem., Vol.138, S.267-284). In
einer Ausführungsform
wird der Waschschritt mit einem 1 × SSC-Puffer und bei 60°C durchgeführt.
Des
Weiteren kann ein hier offenbartes Nukleinsäuremolekül "operativ" mit einer regulatorischen Sequenz verknüpft sein,
um die Expression des Nukleinsäuremoleküls zu ermöglichen.
Ein
Nukleinsäuremolekül wird als "fähig zur Expression einer Nukleinsäuresequenz" bezeichnet, wenn es
Sequenzelemente umfasst, die Informationen hinsichtlich der Regulation
von Transkription und/oder Translation enthalten, und diese Elemente "operativ" mit der das Polypeptid
kodierenden Nukleinsäuresequenz
verknüpft
sind. Eine operative Verknüpfung ist
eine Verknüpfung,
bei der die regulatorischen Sequenzelemente und die proteinkodierende
Sequenz derart verbunden sind, dass Genexpression möglich ist.
Die genaue Beschaffenheit der zur Genexpression erforderlichen regulatorischen
Bereiche kann zwischen verschiedenen Spezies variieren. In der Regel
umfassen diese Bereiche jedoch einen Promotor, der in der Regel
aus dem Promotor per se besteht, i.e. Nukleinsäure-Elemente, welche die Transkriptionsinitiation
steuern, sowie aus Nukleinsäure-Elementen,
die nach ihrer Transkription in mRNA den Beginn der Translation
regulieren. Solche Promotoren schließen normalerweise 5' nicht-kodierende
Sequenzen ein, die an der Initiation von Transkription und Translation
beteiligt sind, wie zum Beispiel die –35/–10-Elemente und das Shine-Dalgarno Element
in Prokaryonten oder die TATA-Box, CAAT-Sequenzen und 5'-Capping-Elemente
in Eukaryonten. Diese Regionen können
ferner auch Enhancer- oder Repressorelemente enthalten sowie translatierte
Signalsequenzen, um die native Polypeptidkette in ein spezielles
Kompartiment der Wirtszelle zu dirigieren
Zusätzlich können auch
die 3' nicht-kodierenden
Regionen regulatorische Elemente enthalten, die an der Termination
der Transkription, der Polyadenylierung o.ä. beteiligt sind. Bevorzugte
Transkriptionsterminationssequenzen können durch Nukleinsäuresequenzen
bereitgestellt werden, die von Vps54 selber stammen. Falls diese
Terminationssequenzen in einer speziellen Wirtszelle nicht oder
nur unzureichend funktionell sind, können sie durch Signale ersetzt
werden, die in der betreffenden Zelle ausreichend funktionell sind.
Ein
Nukleinsäuremolekül gemäß der Erfindung
kann demnach eine regulatorische Sequenz, insbesondere eine Promotorsequenz
umfassen. In einer weiteren Ausführungsform
umfasst das Nukleinsäuremolekül gemäß der Erfindung
eine Promotorsequenz sowie eine Transkriptionsterminationssequenz.
Hinsichtlich der Promotorsequenz kann es sich um einen konstitutiven
oder einen induzierbaren Promotor handeln. Geeignete prokaryotische
Promotoren sind zum Beispiel der lacUV5-Promotor, der trp und tac
Promotor oder der T7-Promotor. Beispiele für geeignete eukaryotische Promotoren
sind der SV40-Promotor oder der CMV-Promotor. Besonders bevorzugt werden
jedoch Nukleinsäuremoleküle, die
regulatorische Sequenzen aus Eukaryonten umfassen. Geeignete eukrayotische
Promotoren sind zum Beispiel der CMV-Promotor, der SV40-Promotor,
Zelltypspezifische Promotoren oder Minimalpromotern inklusive eines
Enhancers.
Ein
Nukleinsäuremolekül gemäß der Erfindung
oder ein Teilabschnitt dieses Nukleinsäuremoleküls kann dabei mit der regulatorischen
Sequenz in Sense- oder in Antisense-Orientierung verknüpft sein,
so dass bei der Expression zu den Nukleinsäuremolekülen der vorliegenden Erfindung
komplementäre
Fragmente gebildet werden. Eine Verknüpfung in Sense-Orientierung führt zur
Transkription eines mRNA-Moleküls
und in weiterer Konsequenz zur Synthese eines Abschnittes oder des
gesamten VPS54-Polypeptids. Eine Verknüpfung des Nukleinsäuremoleküls oder
eines Teilabschnittes bzw. Fragmentes des Nukleinsäuremoleküls in Antisense-Orientierung
dagegen hat die Synthese eines zur mRNA komplementären RNA-Moleküls (i.e.
antisense RNA) zur Folge, die als genetisches Werkzeug zur Inhibierung
der Genexpression eingesetzt werden kann, wobei auch Fragmente des
Nukleinsäuremoleküls zur Inhibierung
ausreichen. Eine solche Inhibierung kann auch durch siRNA- oder
RNAi Technologie erreicht werden. Beispiele für solche Fragmente, die sich
für den Einsatz
mittels der siRNA- oder RNAi Technologie eignen, werden in Beispiel
4 beschrieben.
Die
Erfindung umfasst sowohl die genomischen Nukleinsäuresequenzen,
als auch die cDNA-Sequenzen, die ein VPS54-Polypeptid gemäß der Erfindung
kodieren, dass den Wobbler-Phänotyp bei
einer Maus verursacht. Die Erfindung umfasst insbesondere die cDNA-Sequenzen
des Vps54-Nukleinsäuremoleküls mit den
SEQ ID Nos.: 30-37.
Die
Nukleinsäuremoleküle der Erfindung
können
ferner in einem Vektor oder einem anderen Klonierungsvehikel enthalten
sein, wie zum Beispiel Phagen, Phagemiden, Cosmiden, Baculoviren
oder künstlichen Chromosomen,
wie zum Beispiel YAC's
(Chumakov, I.M., et al., 1995, Nature, Vol.377, (6547 Suppl.), S.175-297)
BAC's und PAC's (bakterielle und
bakteriophage künstliche
(artificial) Chromosomen). In einer bevorzugten Ausführungsform
ist das Nukleinsäuremolekül in einem
Vektor enthalten, insbesondere in einem Expressionsvektor. Ein derartiger
Expressionsvektor kann neben den oben bereits beschriebenen regulatorischen
Sequenzen und den Nukleinsäuresequenzen,
die für
einen Abschnitt oder das gesamte VPS54-Polypeptid der Wobbler-Maus
kodieren, Replikations- und Kontrollsequenzen umfassen, die von
einem Organismus stammen, der mit dem zur Expression verwendeten
Wirt kompatibel ist, sowie weiterhin mindestens einen Selektionsmarker,
der einen selektierbaren Phänotyp
auf eine transformierte Zelle überträgt. Beispiele
für solche
Marker sind Resistenzen gegen ein zytotoxisches Agens, wie z.B.
ein Antibiotikum, ein Schwermetall oder ein Toxin, eine virale Immunität oder ähnliches.
Eine kleine Auswahl geeigneter Marker umfasst Nukleinsäuremoleküle, die
dem Mikroorganismus der Erfindung eine Resistenz gegen Belomycin,
Gentamycin, Hygromycin, Kanamycin, Phleomycin, Spectinomycin, Streptomycin,
Sulfonamid und Tetracyclin verleihen. Andere Marker umfassen zum
Beispiel Nukleinsäuresequenzen,
die für
eine Alkalische Phosphatase, myc, Hämagglutinin, β-Glucuronidase,
Luciferase und grün-fluoreszierendes
Protein (GFP) kodieren.
Eine
große
Zahl geeigneter Vektoren, wie z.B. pBluescript, pUC18, pET, pYAC,
pECBAC1, pBeloBAC11 oder pcDNA3, ist detailliert beschrieben und
kommerziell erhältlich.
Insbesondere bevorzugt werden Vektoren, die zur Genexpression in
Säugetieren
geeignet sind. Beispiele für
derartige Vektoren sind die Vektoren pTarget (Promega) und pEF6/V5-His-TOPO
(Invitrogen).
Nukleinsäuremoleküle, die
für einen
Abschnitt oder das gesamte VPS54-Polypeptid kodieren, und insbesondere
ein Vektor, der die kodierende Sequenz eines solchen Proteins oder
Proteinabschnittes enthält, können in
eine entsprechende Wirtszelle transformiert werden, die zur Expression
dieser Nukleinsäuremoleküle geeignet
ist. Die Transformation kann dabei mit Hilfe etablierter Standardverfahren
durchgeführt
werden (Sambrook, J. et al., 1989, siehe oben; Ausubel, F.M. et
al., 2002, Short Protocols in Molecular Biology, 5. Ausgabe, John
Wiley & Sons,
Hoboken, NJ). Die Erfindung betrifft daher auch eine Wirtszelle,
die ein hier offenbartes Nukleinsäuremolekül enthält.
Die
transformierten Wirtszellen werden in der Folge unter Bedingungen
kultiviert, die zur Expression der Nukleinsäuresequenzen, die ein Abschnitt
oder das gesamte VPS54-Polypeptid
kodieren, geeignet sind. Die verwendeten Wirtszellen können prokaryotischen
Ursprungs sein, wie z.B. Escherichia coli (E. coli) oder Bacillus
subtilis, oder eukaryontischen Ursprungs, wie etwa Saccharomyces
cerevisiae, Pichia pastoris, SF9 oder High5 Insektenzellen, immortalisierte
Säugetierzelllinien
(z.B. HeLa-Zellen oder CHO-Zellen) oder primäre Säugetierzellen. Insbesondere
bevorzugt werden eukaryotische Wirtszellen, primäre neuronale Zellen, immortalisierte
Säugerzelllinien
neuronalen Ursprungs, wie z.B. Neuro2a oder NSC19.
Das
Wissen um die genetischen Ursachen für den Wobbler-Phänotyp und
die dazugehörigen
erfindungsgemäßen Nukleinsäuremoleküle ermöglichen
aber vor allem das Erzeugen von transgenen Tieren, insbesondere
transgenen Mäusen
oder Ratten, die als Tiermodelle für medizinische Untersuchungen
bei der Erforschung von degenerativen Erkrankung des motorischen
Systems, der Sterilität
oder von neurodegenerativen Erkrankung dienen können. Beispiele für solche
Erkrankungen umfassen die Amyotrophe Lateralsklerose, die männliche
Sterilität
oder die Spinale Muskelatrophie. Die vorliegende Erfindung umfasst
daher insbesondere transgene Tiere, bevorzugt Mäuse und Ratten, besonders bevorzugt
Mäuse der
Spezies Mus musculus und Ratten der Spezies Rattus norvegicus domesticus,
die eine Nukleinsäuresequenz
der vorliegenden Erfindung oder eine orthologe Nukleinsäuresequenz
vergleichbarer Funktion enthalten, die für ein VPS54-Polypeptid, ein
Fragment dieses Polypeptids oder ein orthologes Nukleinsäuremolekül vergleichbarer
Funktion kodiert, dass die Punktmutation aufweist, die als genetische
Ursache für
den Wobbler-Phänotyp
der Maus identifiziert worden ist.
Die
Erzeugung solcher transgenen Tiere erfolgt durch das ortsspezifische
Ersetzen von genomischen Regionen, die Nukleinsäuresequenzen umfassen, welche
den Wobbler-Phänotyp
bei der Maus steuern, im Genom einer Embryonalen Stammzelle durch
einen dafür
geeigneten Zielvektor. Der Zielvektor trägt dabei Nukleinsäuresequenzen,
die zusätzliche
Informationen in das Zielgenom einbringen sollen oder vorhandene
für ein
Protein kodierende Nukleinsäuresequenzen
so verändern,
dass das dazugehörige
Polypeptid (in diesem Fall insbesondere das VPS54-Polypeptid) nicht
mehr exprimiert werden kann oder nach der Expression nicht mehr
funktionell ist. Die so modifizierten ES-Zellen werden anschließend in
Blastozysten injiziert. Die so gewonnenen Blastozysten werden dann
zum Austragen in scheinschwangere Ammenmuttertiere übertragen. Eine
genaue Beschreibung des hier nur kurz skizzierten Verfahrens und
alternativer Verfahren für
die Herstellung von transgenen Tieren finden sich zum Beispiel in
der Dissertation von V.C. Schmidt (siehe oben) und Sonja Fuchs (Mutationsanalyse
von Kandidatengenen für
die neurologische Mutation Wobbler der Maus, Dezember 2001, Universität Bielefeld,
Fakultät
Biologie).
Das
WT-Polypeptid VPS54 wurde im Stand der Technik erstmals als Vesikular-Protein-Sorting
Factor in der Hefe beschrieben (Conibear, E., et al., 2000, Mol.
Biol. Cell, Vol.11, S.305-323).
Das homologe Gen zu diesem Polypeptid beim Säugetier wurde erstmals von
L. Walter et al. (2002, Gene, Vol.285, S.213-220) beschrieben. Wie
bereits weiter oben geschildert worden ist, ist der Sequenzabschnitt
der SEQ ID NO: 47 (VPS_WR_1_24-1_a) bei Mäusen der Gattung Mus und Apodemus
offensichtlich ein stark konservierter Abschnitt. Um festzustellen
ob das durch die Wobbler-Mutation betroffene Leucin in Position
967 (bezogen auf die längste
Variante mit den Exons 1-3, 4b, 5-17, 18a, 19, 20a, 21-24 (SEQ ID
NO: 1-3, 5, 6-18, 19, 21, 22, 25-28) auch bei anderen Spezies konserviert
ist, wurden alle derzeit verfügbaren
Aminosäuresequenzen
von VPS54 mit der mutierten Peptidsequenz (SEQ ID NO: 39) der Wobbler-Maus
verglichen. Die Ergebnisse in der 5 zeigen,
dass das Ende des VPS54-Polypeptids bei der Wildtyp-Maus (WT, SEQ
ID NO: 40), bei der Wobbler-Maus (WR, SEQ ID NO: 41), beim Menschen
(Homo sapiens, SEQ ID NO: 42) und der Ratte (Rattus norvegicus,
SEQ ID NO: 43) stark konserviert ist. Die Aminosäure in der Position 967, in
der auch die Mutation bei der Wobbler-Maus zu finden ist, ist darüber hinaus
auch bei der Fruchtfliege (Drosophila melanogaster, SEQ ID NO: 44),
bei der Anopheles-Mücke
(Anopheles gambiae, SEQ ID NO: 45) und auch beim Fadenwurm (Caenorhabditis
elegans, SEQ ID NO: 46) hoch konserviert.
Allgemein
umfasst diese Erfindung daher alle Proteine, die den Wobbler-Phänotyp bei
der Maus verursachen können
und insbesondere alle Proteine, die eine Punktmutation, wie in 2 dargestellt, in der Position
967 aufweisen und die phänotypisch
den gleichen oder einen vergleichbaren Phänotyp verursachen, wie er bei
der Wobbler-Maus zu beobachten ist. Die vorliegende Erfindung umfasst
insbesondere auch ein Nukleinsäuremolekül, das für ein Protein
der SEQ ID NO: 39 kodiert, als auch das Polypeptid mit der SEQ ID
NO: 39 selber. Die vorliegende Erfindung umfasst ebenfalls ein Polypeptid
mit der SEQ ID NO: 41, da erwiesen ist, dass es evolutionsbiologisch
hochkonserviert ist und beim Screening nach Mutationen, welche die
gleichen oder ähnliche
Auswirkungen haben, wie sie bei der Wobbler-Maus zu beobachten sind,
helfen kann.
In
einer weiteren bevorzugten Ausführungsform
der Erfindung enthalten die Proteine ein Protein- oder Peptidaffinitätsepitop
an ihrem N-Terminus und/oder C-Terminus, das eine einfache Detektion
und/oder Reinigung des Proteins ermöglicht. Geeignete Epitope sind
zum Beispiel das myc-Epitop, das FLAG-Epitop, das His6-Epitop,
das GST-Epitop oder das HA-Epitop.
Um
zu klären,
ob das mutierte Vps54 auch wirklich die Ursache für den Wobbler-Phänotyp bei
der Maus ist, wurde die BAC-Nukleinsäure aus
dem Mausklon 115F6, der Vps54 einschließlich der 5' und 3' regulatorischen Sequenzen umfasst,
gereinigt, linearisiert und in Vorkerne von befruchteten Mausoozyten
injiziert. Die injizierten Oozyten wurden in Ammenmütter transferiert
und so fünf
männliche
transgene Founder-Mäuse erhalten.
Die BAC-transgenen Männchen
wurden mit heterozygoten wr/+ Weibchen verpaart und in der F1 Generation
BAC-transgene wr/+ Individuen per PCR-Diagnostik ausgewählt und
miteinander verpaart. In der F2 Generation wurden BAC-transgene
wr/wr Individuen identifiziert und auf die Entwicklung des Wobbler- Phänotyps hin
untersucht. Aufgrund der Tatsache, dass durch den BAC-Vektor eine
funktionelle Variante des VPS54-Polypeptids in der Maus gebildet
worden ist, obwohl sich bei wr/wr-Mäusen für gewöhnlich der Wobbler-Phänotyp entwickelt,
da diese nur die mutierte Version des VPS54-Polypeptids herstellen
können,
wäre zu erwarten,
dass sich der Wobbler-Phänotyp
nicht ausbildet, wenn VPS54 tatsächlich
für den
Wobbler-Phänotyp verantwortlich
ist. Tatsächlich
zeigten alle bisher erzeugten BAC-transgene wr/wr Individuen keinen
Wobbler-Phänotyp.
Dies ist der formelle Beweis dafür,
dass Vps54 das von der Wobbler-Mutation betroffene Nukleinsäuremolekül ist.
Die
vorliegende Erfindung umfasst auch polyklonale und/oder monoklonale
Antikörper,
die gegen ein Polypeptid oder Polypeptidfragment gerichtet sind,
das durch ein Nukleinsäuremolekül der vorliegenden
Erfindung kodiert wird. Die Antikörper können in bekannter Weise durch
Immunisierung von Tieren, wie z.B. Kaninchen, Pferden, Ziegen, Meerschweinchen
oder Rindern und bevorzugt durch Immunisierung von Kaninchen und
Meerschweinchen (z.B. Firma Pineda, Berlin), mit rekombinant hergestelltem
VPS54 gewonnen werden. Zusätzlich
kann bei der Immunisierung der Tiere auch noch ein Adjuvans hinzugegeben
werden. Ferner können
Antikörper
gegen Haptene durch Adsorption oder Bindung des Haptens an einen
hochmolekularen Träger, wie
z.B. Albumin, und anschließender
Immunisierung der Tiere mit dem Haptenkonjugat unter Zusatz eines Adjuvans
hergestellt werden. Das zur Immunisierung der Tiere verwendete VPS54-Polypeptid
wird aus rekombinanten Wirtszellen gewonnen, die ein Nukleinsäuremolekül gemäß der vorliegenden
Erfindung enthalten. Das Verfahren zur Herstellung dieser rekombinanten
Wirtszellen umfasst dabei das
- a) Klonieren
eines dieser Nukleinsäuremoleküle in einen
für die
Wirtszelle geeigneten Vektor,
- b) Einbringen des in (a) erhaltenen rekombinanten Vektors in
die Wirtszelle, und
- c) Kultivieren der den Vektor enthaltenden Wirtszelle in einem
dafür geeigneten
Kulturmedium.
Das
Einbringen der Nukleinsäuremoleküle erfolgt
dabei mittels herkömmlicher,
im Stand der Technik bereits bekannter Verfahren, wie zum Beispiel
durch Calcium-Phosphat-Transfektion, Protoplastenfusion, Liposomen-vermittelte
Transfektion, direkte Mikroinjektion in den Zellkern, mittels Gene-Gun-Vorrichtungen
oder Elektroporation. Eine Übersicht über bekannte
Klonierungs- und
Transformationstechniken ist zu finden in Sambrook et al., 2001
(siehe oben). Geeignete Vektoren für das Einbringen der Nukleinsäuren sind
bereits zuvor in dieser Beschreibung genannt worden.
Als
Wirtszelle für
die rekombinante Herstellung von VPS54-Polypeptiden, welche die Wobbler-Mutation
aufweisen, kommen bevorzugt Zellspezies, die aus der Gruppe, die
Escherichia coli, Bacillus subtilis, CHO-Zellen, HeLa-Zellen, Saccharomyces
cerevisiae, Pichia pastoris, SF9-Zellen oder High5-Zellen umfasst, ausgewählt werden,
in Betracht. Besonders bevorzugt sind primäre neuronale Säugerzellen
und immortalisierte Säugerzelllinien
neuronalen Ursprungs, wie Neuro2a oder NSC19. Die so hergestellten
Wirtszellen können dann
zur Herstellung der bereits weiter oben beschriebenen erfindungsgemäßen VPS54-Polypeptide des Wobbler-Typs
verwendet werden.
In
einem weiteren Aspekt umfasst die vorliegende Erfindung ein in vitro
Screening-Verfahren für
den Wobbler-Genotyp in einer Zelle. Dieses in vitro Screening-Verfahren
umfasst dabei das
- a) Amplifizieren eines Nukleinsäureabschnittes
unter Verwendung eines Primerpaares, welches die für den Wobbler-Phänotyp ursächliche
Punktmutation in diesem Nukleinsäureabschnitt
beidseitig flankiert,
- b) Restringieren des amplifizierten Nukleinsäureabschnittes aus (a) unter
Verwendung des Restriktionsenzyms PsuI,
- c) Identifikation der Nukleinsäurefragmente, die bei der Restriktion
unter (b) erhaltenen worden sind.
Die
Mutation bei den Wobbler-Mäusen
hat den Verlust einer PsuI-Restriktionsschnittstelle
(alternativ auch als XhoII-Restriktionsschnittstelle
bezeichnet,
zur
Folge, wie in
4 zu
erkennen ist. Daher flankieren die unter (a) genannten Primer in
einer Ausführungsform
einen Nukleinsäureabschnitt
mit einer Punktmutation gemäß der Erfindung,
die im Exon 24 (SEQ ID NO: 29) zu finden ist und in einer anderen Ausführungsform
flankieren sie den Nukleinsäureabschnitt
der SEQ ID NO: 47. Durch die Verwendung von Primern, welche die
Mutation in dem Nukleinsäureabschnitt
der SEQ ID NO: 47 flankieren, können
die stromaufwärts
und stromabwärts
der Punktmutation gelegenen PsuI-Restriktionsschnittstellen
(siehe
4) zerstört werden.
In einer Ausführungsform
werden dafür
die Primer mit der SEQ ID NO: 60 und SEQ ID NO: 61 verwendet. Diese
Primer weisen Fehlpaarungen zum Nukleinsäurefragment der SEQ ID NO:
47 auf und zerstören damit
die weiteren PsuI-Restriktionsschnittstellen in diesem Nukleinsäurefragment.
Da nach einer PCR nur die mutierte PsuI-Schnittstelle übrigbleibt,
kann deren Existenz wie unter (b) beschrieben durch Restringieren
des amplifizierten Nukleinsäureabschnittes
unter Verwendung des Restriktionsenzyms PsuI und anschließender Identifikation
der Nukleinsäurefragmente,
die bei der Restriktion erhaltenen worden sind, z.B. in einem Agarosegel,
festgestellt werden. Die Ergebnisse eines solchen erfindungsgemäßen Screening-Verfahrens
sind in
6 dargestellt.
Das Screening-Verfahren der vorliegenden Erfindung eignet sich dabei
auch zur Diagnose des Allel-Status in Bezug auf die Mutation in
einem Subjekt.
Im
weiteren umfasst die vorliegende Erfindung auch ein Diagnostikkit,
zur Durchführung
des in vitro Screening-Verfahrens
nach einem der Ansprüche
18 bis 24, das umfasst:
- – ein Primerpaar, welches die
für den
Wobbler-Phänotyp
ursächliche
Mutation in dem den mutierten Sequenzabschnitt umfassenden Nukleinsäureabschnitt
beidseitig flankiert; und
- – das
Restriktionsenzym PsuI.
Aufgrund
der bereits gezeigten hohen Konserviertheit des Nukleinsäureabschnittes,
in dem die in der vorliegenden Erfindung beschriebene Punktmutation
zu finden ist, eignet sich ein solches Diagnostikkit auch zur Untersuchung
von Nukleinsäuremolekülen, die
aus dem Genom von anderen Tieren als der Maus stammen. Mit dem Screening-Verfahren
und Diagnostikkit lässt
sich demnach nach ähnlichen
Mutationen im Genom von Organismen suchen, die orthologe Sequenzen
zum Vps54 aufweisen.
Vps54
ist ein in vielen Geweben exprimiertes Nukleinsäuremolekül. Wenn die Funktion des VPS54-Polypeptids
von grundlegender zellulärer
Bedeutung ist, darf man einerseits eine ubiquitäre Expression und andererseits
Letalität
beim Ausfall dieser Nukleinsäuresequenz
erwarten. Da die wobbler-Mutation rezessiv ist, nehmen die Erfinder
daher an, dass diese wobbler-Mutation
möglicherweise
einen partiellen Funktionsverlust des VPS54-Polypeptids zur Folge
hat. Der in 2 dargestellte
Aminosäureaustausch
im C-terminalen Bereich des VPS54-Polypeptids wird vermutlich die Funktion
des Polypeptids und somit eventuell den retrograden Transport von
Vesikeln in der Zelle bei der Endo- und Exocytose nur geringfügig beeinträchtigen, was
für die
meisten Körperzellen
zu verkraften ist. In den sehr großen Motoneuronen, die von einem
sehr effizienten axonalen Vesikeltransport und Rücktransport abhängig sind,
könnte
sich aber auch ein partieller Defekt auswirken. Dafür sprechen
auch die von den Erfindern nachgewiesenen Ablagerungen von transportierten Proteinen
wie APP (Amyloid Precursor Protein) und Neurofilament im Zellkörper von
degenerierenden Motorneuronen. Ferner ist eine Vakuolisierung dieser
sterbenden Neurone zu beobachten, was auch durch den partiellen
Funktionsverlust des Säuger-GARP-Komplexes
erklärt
werden könnte.
Es erscheint den Erfindern daher möglich, dass die Funktion des
Säuger-GARP-Komplexes
eine kritische Rolle bei neurodegenerativen Prozessen spielt und
die Komponenten dieses Komplexes auch für die Aufklärung der Pathogenese der Amyotrophen
Lateralsklerose und eventuell auch deren Therapie von Bedeutung
sein könnten.
Der
Spermiogenesedefekt der wobbler-Maus, wie auch die Globozoospermie
des Menschen, geht mit einem ausgeprägten Defekt bei der Akrosom-Bildung
einher. Statt dem Akrosom, das wie eine Kappe über dem kondensierten Zellkern
des Spermiums liegt, sind nur einige akrosomale Vesikel zu finden.
Die Fusion der vom Golgi-Apparat stammenden akrosomalen Vesikel
erfolgt nicht. Die Erfinder vermuten, dass diese Fusion möglicherweise
vom reibungslosen Funktionieren des GARP-Komplexes abhängig ist
und bereits eine geringfügige
Verzögerung
der Vesikelfusion bei der Vielzahl von Spermien die pro Sekunde
gebildet werden zu dem sichtbaren Spermiogenesedefekt führen könnte.
Das
zuvor beschriebene Verfahren eignet sich daher besonders für Zellen,
die von einem Subjekt stammen, das vermutlich an einer degenerativen
Erkrankung des motorischen Systems oder an einer neurodegenerativen
Erkrankung leidet oder steril ist. Die Sterilität betrifft dabei nur männliche
Subjekte, die sich mittels Spermien fortpflanzen. Insbesondere stammen
die Zellen von einem Subjekt, dass vermutlich an einer Amyotrophen
Lateralsklerose, Sterilität
oder an Spinaler Muskelatrophie leidet. Am meisten bevorzugt ist
die Anwendung des Diagnostizierverfahrens bei Mäusen und Menschen.
Es
gibt höchstwahrscheinlich
menschliche Krankheiten, die mit Defekten in den Nukleinsäuremolekülen, die
für die
Komponenten des GARP-Komplexes kodieren, assoziiert sind. So wäre es naheliegend,
dass Polymorphismen in diesen Genen als Risikofaktoren für die sporadische
ALS oder andere Motoneuronendegenerationen in Frage kommen. Solche
Verbindungen sind natürlich
nicht beschränkt
auf degenerative Erkrankungen des motorischen Systems, auch bei
anderen neurodegenerativen Erkrankungen könnte der GARP-Komplex eine
Bedeutung haben. Besonders bei degenerativen Erbkrankheiten (Retinitis
Pigmentosa RP28; Kumar, A., et al., 2004, Molecular Vision, Vol.10,
S.399-402), die
im wobbler-kritischen Bereich kartiert worden sind, wäre ein Screening
von Patienten für
Mutationen in Vps54 oder einer zu Vps54 orthologen Sequenz mit dem
Screening-Verfahren und dem Diagnostikkit der vorliegenden Erfindung
möglich.
Detaillierte Beschreibung
der Figuren
1 zeigt eine Karte des
Wobbler-kritischen Bereichs (Größe dieses
Bereiches 0,868 Mb). Die Angabe der Position erfolgt relativ zu
einem festgelegten Fixpunkt und dient nur der Größenabschätzung der Nukleinsäuresequenzen.
Die Größe und Orientierung
der Nukleinsäuresequenzen
ist durch die Pfeile über
der Skalierungslinie, die mit 1bp, 100kb, 200kb etc. beschriftet
ist, dargestellt. Die kleinen Rechtecke in 1 stehen für chromosomale Marker. Der
Doppelpfeil, der unter der Skalierungslinie verläuft, stellt den Wobbler-kritischen
Bereich dar, der im Rahmen der vorliegenden Erfindung auf Sequenzunterschiede
zwischen dem Wildtyp und dem Wobbler-Typ der Maus in dieser Region
untersucht worden ist. Diese Figur zeigt auch die Position von Vps54,
in welchem die Punktmutation gefunden worden ist, die für den Wobbler-Phänotyp bei
der Maus verantwortlich ist.
2 zeigt die Punktmutation
im Nukleinsäuremolekül Vps54,
die den Wobbler-Typ der Maus (WR) vom Wildtyp (WT) unterscheidet.
Die Mutation befindet sich im Exon 24 (SEQ ID NO: 28) an der Nukleotidbase 72
des Exons 24. Im Bezug auf eine bereits veröffentlichten Sequenz des Volllängen Vps54
läge die
Mutation zum Beispiel in der Position T3011A der Sequenz mit der
Genbank-Eintragungsnummer
AF424699. Aufgrund dieser Punktmutation wird im kodierenden Triplett
Cytosin-Thymin-Adenin, das für
ein Leucin kodiert, die Nukleotidbase Thymin durch ein Adenin ersetzt,
wodurch das Triplett Cytosin-Adenin-Adenin entsteht, das für ein Glutamin
kodiert. Die Mutation führt
demnach zum Austausch eines Leucins durch ein Glutamin im Wobbler-Typ
der Maus. In Bezug auf eine bereits bekannte Aminosäuresequenz
von VPS54 mit der Genbank-Eintragungsnummer AAL24808 läge die Punktmutation
in Position 967.
3A-3C zeigt die Exon-Intron-Struktur des
Nukleinsäuremoleküls das für das VPS54-Polypeptid kodiert,
das den Wobbler-Phänotyp
verursacht. (3A) VPS54_Ex2_a
(SEQ ID NO: 52), VPS54_Ex4_1_a (SEQ ID NO: 54), VPS54_Ex18_1_a (SEQ
ID NO: 56), VPS54_Ex20b_a (SEQ ID NO: 58), VPS54_Ex20b_b (SEQ ID
NO: 59), VPS54_Ex4_1_b (SEQ ID NO: 55), VPS54_Ex2_b (SEQ ID NO:
53) und VPS54_Ex18_1_b (SEQ ID NO: 57) stellen die Positionen von
Primern zum Strukturnachweis im Nukleinsäuremolekül dar, VPS54_Sonde_Ex24_a (SEQ
ID NO: 106) und VPS54_Sonde_Ex24_b (SEQ ID NO: 107) stellen Primer
der Sonden für
einen Northern Blot dar. VPS54_24_x_PsuI_a und VPS54_24_x_PsuI_b
(SEQ ID NO: 60 und 61) stellen das Primerpaar für den Nachweis der Punktmutation
dar. Die offenen Leserahmen (ORF's)
werden durch die großen
ausgefüllten
Rechtecke gekennzeichnet und Translationsstarts und -stopps durch
einen nach rechts gerichteten kleinen Pfeil (insgesamt 2 in 3(A)) oder ein Achteck (ebenfalls insgesamt
2 in 3(A)) über den großen Rechtecken. Die Auswertung
ergibt für
Vps54 eine genomische Größe von 81.892
bp und eine Transkriptgröße von bis
zu 4.397 bp für
die lange Variante Vps54_lang_a Exons 1-3, 4b, 5-17, 18a, 19, 20a,
21-24 (mit den SEQ ID NOs: 1-3, 5, 6-18, 19, 21, 22 und 25-28) und
2.136 bp für
die kurze Variante Vps54 kurz a (Exons 20b, 21-24 mit den SEQ ID
NOs: 23 und 25-28). Die ORF's
haben eine Länge
von bis zu 2.931 bp für
die lange Variante, die für
ein Polypeptid der vorliegenden Erfindung mit 977 AS kodiert, bzw.
417 bp und 139 AS für
die kurzen Varianten. Es sind zwei alternative Starts, und zwei
alternative Stopps sowie ein alternatives Exon und zwei Varianten
eines Exons als Splicevarianten für Vps54 vorhergesagt. (3B) Die Primer mit der Bezeichnung
VPS54_All3_5_S (SEQ ID NO: 104), VPS54_All3_4_AS (SEQ ID NO: 103), VPS54_All3_6_S
(SEQ ID NO: 105), VPS54_All3_3_AS (SEQ ID NO: 102), VPS54_All3_2_AS
(SEQ ID NO: 101) und VPS54_All3_1_AS (SEQ ID NO:100) dienen zur
Sequenzierung des gesamten Transkriptes und alle übrigen Primer
mit der allgemeinen Beschreibung VPS54_Seq_Ex plus einem variablen
Ende (SEQ ID NO: 62-99), das sich je nach zu sequenzierendem Exon ändert, kennzeichnen
die Primer zur Sequenzierung der Exons (s.a. Tabelle 1). Für die Bezeichnung
der ORF's sowie
der Translationsstarts und -stopps siehe die Beschriftung in 3(A). Die Ergebnisse der Sequenzierung
werden anhand der SEQ ID NO: 1 bis 29 dargestellt. (3C) Die Exons sind mit E1 bis E24 bezeichnet.
Zusätzlich
wird die Größe dieser
Exons in Basenpaaren (bp) angegeben. Die mit den Nummern 1-4 beschrifteten
Balken stellen die Exonstruktur der 4 möglichen Splicevarianten von
Vps54 dar.
4 zeigt die Ergebnisse
der Sequenzierung des Nukleinsäuremoleküls, das
für Vps54
bei verschiedenen Mausstämmen
und -Arten kodiert. Für
die Sequenzierung, von der nur ein kleiner Ausschnitt gezeigt wird,
wurden je zwei unterschiedliche Wobbler-Typen WR_1 und WR_2 (SEQ
ID NO: 47 und 48) und zwei unterschiedliche Wildtypen BL6_1 und
BL6_2 (SEQ ID NO: 49) verwendet. Weiterhin wurden die Laborstämme von
Mus musculus BL10, -castaneus (Cast), -spretus (Spret), -129, -SJL,
-SWR sowie -molossinus (Mol) (SEQ ID NO: 49) und die Nukleinsäure einer
Waldmaus (Apodemus sylvaticus, (Wal) SEQ ID NO: 50) als entfernter Verwandter
eingesetzt. Die Punktmutationen der Waldmaus in den Positionen 27
und 33 (Start der Zählung der
Nukleotide von links) im Vergleich zu den anderen sequenzierten
Tieren sind stille Mutationen, die keine Auswirkungen auf das kodierte
Protein haben. Weiterhin sind die Positionen des VPS54_24_x_PsuI
Primerpaars eingezeichnet. Die Sequenzen dieses Primerpaares sind
in den SEQ ID NO: 60 und 61 dargestellt.
5 zeigt den Vergleich des
AS-Sequenzabschnittes der SEQ ID NO: 41, der einen Teil des VPS54-Polypeptids
darstellt mit verschiedenen Aminosäuresequenzen anderer Spezies.
Der Ausschnitt zeigt das Ende des VPS54-Polypeptids bei der Maus
(WT und WR, SEQ ID NO: 40 bzw. 41), Mensch (SEQ ID NO: 42), Ratte
(SEQ ID NO: 43), Fruchtfliege (Drosophila) (SEQ ID NO: 44), Anopheles-Mücke (SEQ
ID NO: 45) und dem Fadenwurm (C. elegans) (SEQ ID NO: 46). Der Pfeil
gibt die Position der Punktmutation im VPS54-Polypeptid an.
6 zeigt die Ergebnisse
der Untersuchung auf die Mutation im VPS54-Polypeptid: Dazu wurden
die PCR Produkte verschiedener Mausstämme mit dem Restriktionsenzym
PsuI gespalten. Es wurde Nukleinsäure von Mus musculus BL6 wr/wr
und BL6 +/+ Tieren, -spretus, -castaneus, -molossinus, -SJL und
-SWR Labormausstämmen
sowie der Stachelmaus eingesetzt. Die Auftrennung der Nukleinsäurefragmente
erfolgte in einem 4%igen Agarosegel.
7 zeigt die Klonierung
von vier cDNAs von Vps54 in den Säuger-Expressionsvektor pTargeTTM (Promega). Kloniert wurden alle vier Isoformen
mit der wr-Mutation sowie die WT Allele.
Desweiteren
wurden alle Versionen mit und ohne ein Tag inseriert. Die Klonierung
erflogte nach den Angaben von Promega über A-Überhänge.