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Verfahren zur Herstellung von ungesättigten polymerisationsfähigen
Esterisocyanaten Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung neuer polymerisations-
und mischpolymerisationsfähiger Isocyanate der allgemeinen Formel R-COO-(CH2),-NCO,
in welcher R den ungesättigten Rest einer polymerisationsfähigen Carbonsäure, wie
Acrylsäure, Methacrylsäure, a-Chloracrylsäure und Crotonsäure, oder den Rest eines
Monoesters einer ungesättigten, polymerisationsfähigen Dicarbonsäure, wie Maleins-
und Fumarsäuremonoalkylester, und n = 2 bis 10 bedeutet.
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In der USA.-Patentschrift 2 468 713 sind als polymerisationsfähige
Isocyanate o-, m- und p-Vinylpbenylisocyanat (Styrylisocyanat) beschrieben. Diese
Isocyanate sind nur auf einem verhältnismäßig umständlichen Wege durch Wasserabspaltung
aus dem Aminophenylmethylcarbinol und anschließender Umsetzung mit Phosgen zugänglich.
Ferner sind aus der USA.-Patentschrift 2 606 892 als polymerisationsfähige Isocyanate
Allylisocyanat und andere. aliphatische Isocyanate der allgemeinen Formel CH2=C(R)-(A)n-CH2-\TCO
bekanntgeworden, doch diese Isocyanate sind verhältnismäßig träge polymerisierte
Verbindungen. Schließlich sind das Acryl- und Methacrylsäureisocyanat, CH2=CH-CO-NCO
und CH2=C(CH3)-CO-NCO, (Th. L i e s e r, Chemische Berichte, Bd. 84, 1951, S. 4
bis 12), bekanntgeworden, welche aus den entsprechenden Säurechloriden durch Umsetzung
mit Silbercyanat zugänglich und als Acylisocyanate sehr unbeständige Verbindungen
sind.
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Es wurde nun gefunden, daß man. auf bequeme Art zu leicht polymerisierbaren
Isocyanaten kommen kann, wenn man ungesättigte Carbonsäuren, wie Acrylsäure, Methacrylsäure
und Crotonsäure,, oder ihre Derivate, wie die Anhydride und Säurechloride, mit den
Hydrochloriden von Aminoalkoholen verestern und die entstandenen Aminoesterhydrochloride
nach der üblichen Methode mit Phosgen behandelt.
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In einigen Fällen, beispielsweise bei der Acryl- und Methacrylsäure,
wird der bei der Umsetzung des Aminoesterhydrochlorids mit Phosgen abgespaltene
Chlorwasserstoff an die Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindung der ungesättigten
Säure angelagert, so daß z. B. P-Chlorpropionsäure- bzw. ß-Chlorisobuttersäure-esterisocyanate
entstehen. Es ist daher erforderlich, nachträglich den angelagerten Chlorwasserstoff
wieder abzuspalten. Das ist auf verschiedene Weise möglich. Entweder läßt sich die
Chlor-C.
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wasserstoffabspaltung auf katalytischem Wege durchführen, indem man
die ß-Chlorfettsäureesterisocyanate über Chlorzink, Aktivkohle oder Kieselsäurekatalysatoren
destilliert bzw. ihre Dämpfe über entsprechende Katalysatoren mit großer Oberfläche
leitet. Eine andere Methode zur Abspaltung des Chlorwasserstoffs, die meist mit
nahezu quantitativer Ausbeute verläuft, ist die Umsetzung mit tertiären Basen bei
Temperaturen -zwischen 100 bis 200°. Da starke tertiäre Basen in der Lage sind,
polymerisierend auf die Isocyanatgruppe einzuwirken, ist es erforderlich, verhältnismäßig
schwache Basen, wie Chinolin oder Dialkylaniline zu verwenden. Die Ausbeuten betragen
nach diesem Verfahren 80 bis 90% der Theorie.
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Die ß-Halogenfettsäuren bzw. ihre Derivate sind meist leichter zugänglich
und angenehmer zu handhaben als die entsprechenden ungesättigten Verbindungen, so
daß es vorteilhaft ist, bei ungesättigten Verbindungen, die während der Umsetzung
mit Phosgen Chlorwasserstoff anlagern, wie Acrylsäure und Methacrylsäure, gleich
von Anfang an von. den entsprechenden ß-Halogenfettsäuren bzw. ihren Derivaten auszugehen
und dann erst in der letzten Stufe die Clorwassers.toffabspaltung vorzunehmen.
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Zur Vermeidung der Polymerisation der entstandenen ungesättigten Verbindungen
empfiehlt es sich, die Chlorwasserstoffabspaltung in Gegenwart solcher Polymerisatioushemmungsmittel
vorzunehmen, die bei den angewendeten Reaktionstemperaturen nicht mit Isocyanatgruppen
reagieren können, wie Anthrachinon, Schwefel oder Kupferpulver, und in Abwesenheit
von Luftsauerstoff zu arbeiten.
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Das Verfahren der Erfindung kann z. B. in der Weise ausgeführt werden,
daß man die ungesättigte Carbonsäure und das Hydrochlorid des Aminoalkohols
in
einem inerten organischen Lösungsmittel, wie Benzol, Toluol oder Xylol, auf Temperaturen
von 50 bis 150° erhitzt. Hierbei tritt zwischen dem Hydrochlorid des Aminoalkohols
und der Säure bzw. dem Säurederivat Esterbildung ein. In den meisten Fällen ist
es nicht erforderlich, den Ester abzutrennen und zu reinigen. Man kann vielmehr
den als Hydrochlorid vorliegenden Aminoester bei der Siedetemperatur des inerten
organischen Lösungsmittels so lange mit Phosgen behandeln, bis er in das Esterisocyanat
übergegangen ist, was sich an der Bildung einer klaren Lösung zu erkennen gibt.
Erweist es sich als notwendig den. angelagerten Chlorwasserstoff abzuspalten, so
kann diese Maßnahme ohne vorherige Abtrennung des Esterisocyanats durchgeführt werden.
Es wird in vielen Fällen zweckmäßig sein, das Lösungsmittel zu entfernen. Führt
man die Chlorwasserstoffabspaltung auf katalytischem Wege durch, indem man die Dämpfe
der ß-Chlorfettsäureesterisocyanate über Katalysatoren leitet, so braucht anschließend
das ungesättigte Esterisocyanat nur kondensiert zu werden. Wird indessen Chlorwasserstoff
im flüssigen Zustand in Gegenwart einer tertiären Base abgespalten., so kann das
entstandene ungesättigte Esterisocyanat durch einfache Destillation gereinigt werden.
In manchen Fällen ist es auch möglich, das feste Basenhydrochlorid vom flüssigen
ungesättigten Esterisocyanat durch Abfiltrieren oder Absaugen zu trennen.
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Es ist überraschend, daß man ungesättigte Aminoesterhydrochloride
auf so einfache Weise mit Hilfe der an sich bekannten Umsetzung von Phosgen mit
Aminen: in Isocya.nate überführen kann, ohne daß die Doppelbindungen oder die Isocyanatgruppen
zu Folgereaktionen Ansaß geben. Es ist bemerkenswert, daß man die Verfahrensprodukte
überhaupt handhaben, leicht reinigen und abtrennen kann, nachdem es bekannt ist,
daß sich Acrylsäureisocyanate,welche eine durch eine Carbonylgruppe aktivierte Vinylgruppe
und gleichzeitig eine Isocyanatgruppe enthalten, bereits durch bloßes Erhitzen polymerisieren
lassen. Insbesondere können ganz allgemein Acryl-und lblethacrylsäurederivate nicht
nur thermisch oder radikalisch, sondern auch ionisch polymerisiert werden. Wenn
nun bei vorliegendem Verfahren. Chlorwasserstoff entsteht, so ist eine Ionenbildung
nicht zu vermeiden und eine ionische Polymerisation würde zu erwarten sein. Polymerisationsverhinderungsmittel
wirken bekanntlich nur auf die radikalische Polyinerisation ein. Es ist durchaus
denkbar, und sogar wahrscheinlich, daß die vorhandenen Wasserstoff-und Chlorionen
vor ihrer möglichen Anlagerung an die Doppelbindung zu einer Polymerisation der
ungesättigten Esterisocyanate Anlaß geben könnten, zumal die Doppelbindungen durch
Carbonylgruppen aktiviert sind. Isocyanatgruppenhaltige Verbindungen polymerisieren
zwar in Gegenwart von Halogenwasserstoff nicht. Eine Polymerisation von isocyanatgruppenhaltigen
Verbindungen sollte jedoch dann erwartet werden, wenn man aus den insbesondere bei
Acrylsäurederivaten entstehenden Chlorwa.sserstoffanlagerungsprodukten diesen Chlorwasserstoff
in an sich bekannter Weise in Gegenwart tertiärer Basen wieder abspaltet, denn diese
tertiären Basen wirken Bekannterweise auf isocyanatgruppenhaltige Verbindungen polymerisierend.
Es war also bei der Verfahrensweise der vorliegenden Erfindung durchaus zu erwarten,
daß sowohl die Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindungen als auch die Isocyanatgrupen
unter den Verfahrensbedingungen angegriffen würden, was jedoch überraschenderweise
nicht der Fall ist, sondern vielmehr auf die beschriebene einfache Weise ungesättigte
Esterisocyanate herzustellen gestattet.
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Die erfindungsgemäß hergestellten Isocyanate sind wasserklare, destillierbare,
lichtbeständige Verbindungen, die mit sich selbst oder mit anderen unges
* ttigten Verbindungen leicht polvinerisieren. Aus diesem Grunde sind
sie namentlich zur Herstellung von Kunststoffen wichtige Zwischenprodukte.
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Beispiel 1 194g (2 Mol) trockenes Äthanolaminhydrochlorid werden in
500 ccm trockenem Toluol aufgeschlämmt und unter Rühren bei einer Temperatur zwischen
60 und 100° langsam 279,4 g (2 Mol und 10% Überschuß) ß-Chlorpropionylchlorid eingetropft.
Anschließend läßt man die Mischung 2 Stunden unter Rückfluß nachreagieren, bis keine
Chlorwasserstoffentwicklung mehr erfolgt. Das ß-Chlorpropionyloxyäthylaniinhy drochlorid
bildet bei Temperaturen oberhalb 65° in Toluol eine Emulsion. Nun wird in diese
Emulsion bei Rückflußtemperatur der Mischung Phosgen eingeleitet, bis das gesamte
Hydrochlorid in Lösung gegangen und eine klare Lösung entstanden ist; dies ist nach
3 Stunden der Fall. Nach dem Ausblasen der Lösung mit Stickstoff und Abdestillieren
des Toluols hinterbleibt das rohe ß-Chlorpropionyloxyäthylisocyanat in, einer Menge
von 340 g entsprechend 89% der Theorie. Es ist eine wasserhelle Flüssigkeit von
stechendem Geruch mit dem Kp.iB=136 bis 137°. 354 g (2 Mol) des erhaltenen ß-Chlorpropionyloxyäthylisocyanats
werden unter Zusatz von 3,5 g Anthrachinon mit 285 g (berechnete Menge und 10% Überschuß)
Chinolin versetzt und im Stickstoffstrom auf 160° (ölbadtemperatur) erhitzt. Die
Temperatur im Kolben steigt, nachdem die Heizung weggenommen worden ist, unter lebhaftem
Aufwallen des Kolbeninhaltes auf 163 bis 165°. Nach dem Abkühlen auf 120° wird das
Acrvlsäureesterisocyanat unter Wasserstrahlvakuum abdestilliert. Das bei einem Druck
von 14 mm Hg zwischen 80 und 95° übergehende Rohprodukt (243 g entsprechend 86,5%
der Theorie) wird erneut über 1% Anthrachinon destilliert, die Ausbeute beträgt
224g entsprechend 79% der Theorie; Kp.iO = 80 bis 82°. Das Isocyanat ist eine wasserhelle
Flüssigkeit von Stechendem Geruch.
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Beispiel 2 177 g (1 Mol) des nach dem Beispiel 1 hergestellten ß-Chlorpropi.onyloxyätliylisocyanats
werden irn Vakuum von 14 mm Hg zum Sieden erhitzt und die Dämpfe durch ein senkrecht
stehendes Glasrohr geleitet, welches auf 230 bis 250° erhitzt und auf einer Rohrlänge
von etwa 75 cm lose mit gut getrockneter Aktivkohle (3 mm Körnung) beschickt wurde.
Es findet eine lebhafte Chlorwasserstoffabspaltung statt; das nicht umgesetzte ß-Chlorpropionyloxyäthylisocy
anat fließt in den Kalben zurück, während das im Beispiel 1 beschriebene Acrylsäureesterisocyanat
zwischen 80 und 90° übergeht. Es kann durch anschließende Fraktionierung vom Chlorpropionylisocyanat
getrennt werden; Ausbeute an Acrylsäureesterisocyanat 34%.
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Beispiel 3 194g (2 Mol) Äthanolaminhydrochlorid werden nach
der im Beispiel 1 angegebenen Weise in 500 ccm Toluol mit 237,6 g (2 Mol und 10%
Überschuß) Crotonsäurechlorid
verestert. Anschließend wird der
Ester wie im Beispiel 1 zur völlig klaren Lösung mit Phosgen behandelt, was etwa
3 Stunden beansprucht. Das Crotonsäureesterisocyanat (CH,-CH=CH-COO-(CH2)2-NCO)
siedet bei Kp.9 = 99 bis 101°; die Ausbeute beträgt 166 g, entsprechend 52 1/o der
Theorie.
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Beispiel 4 122g (2 Mol) Ätha.nolamin werden in 600 ccm T oluol aufgeschlämmt,
und es wird Chlorwasserstoff bis zur Sättigung eingeleitet. Die Temperatur wird
oberhalb 70° gehalten, so daß eine Emulsion des geschmolzenen Äthanolaminhydrochlorides
im Toluol vorliegt. Anschließend werden in die Emulsion nach Zugabe von 2 Spatelspitzen
Anthrachinon bei einer Temperatur zwischen 70 und 100° 223,4g Methacrylsäurechlorid
eingetropft. Das Gemisch wird unter Stickstoffatmosphäre 2 Stunden nachreagieren
gelassen:.
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Darauf wird der Ester wie im Beispiell mit Phosgen behandelt, bis
das gesamte Esterhydrochlorid gelöst ist, was nach etwa 4 bis 6 Stunden der Fall
ist.
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Die Destillation des Gemisches ergibt in 70o/oi.ger Ausbeute das reine
Methacrylsäureesterisocyanat; KP.") = 87 bis 89°.
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In 20o/oiger Ausbeute verbleibt im Kolben das entsprechende ß-Chlorisobuttersäure-esterisocyanat,
welches durch Chlorwasserstoffanlagerung an der Doppelbindung entstanden ist.