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Die Erfindung betrifft einen Fahrzeugsitz, insbesondere einen Kraftfahrzeugsitz, mit
den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruches 1.
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Der sitzende Mensch empfindet Vertikalschwingungen im Bereich von 4 bis 8 Hz
besonders stark, da viele Körperresonanzen in diesem Bereich liegen. Je nach Dauer
und Stärke sind diese Schwingungen unangenehm oder schädlich. Der Insasse eines
Fahrzeugsitzes der eingangs genannten Art ist durch ein elastisches Sitzteil
zumindest etwas von derartigen Schwingungen abgeschirmt, die aufgrund der Fahrweise
des Fahrzeugs entstehen und auf den Fahrzeugsitz übertragen werden. Die
Schwingungsisolierung wird jedoch durch den zwischen dem Rücken des Insassens und der
nicht mitschwingenden Lehne vorhandenen Reibkontakt beeinträchtigt, welcher die
Relativbewegung des Insassens behindert, so daß die erste Eigenfrequenz des
Schwingungssystems Insasse-Fahrzeugsitz in den ungünstigen Frequenzbereich
fällt.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, einen Fahrzeugsitz der eingangs
genannten Art zu verbessern, insbesondere hinsichtlich der Schwingungsisolierung für
den Insassen. Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch einen Fahrzeugsitz mit
den Merkmalen des Anspruches 1 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind
Gegenstand der Unteransprüche.
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Dadurch, daß die dem Insassen zugewandte Seite der Polsterung gegenüber der
Lehnenstruktur in Längsrichtung der Lehne leicht beweglich ist, kann der Insasse,
der mit dieser durch den Bezug gebildeten Seite in Kontakt steht, relativ zur
Lehnenstruktur schwingen, wobei die Polsterung oder ihre Anbringung entsprechend
nachgiebig ausgebildet sind, d. h. eine geringe Steifigkeit aufweist. Vorzugsweise ist
die folglich anisotrope Steifigkeit in der Normalenrichtung, also senkrecht zur
Ebene der Lehne, höher als in der Längsrichtung der Lehne; zur Verhinderung von
seitlicher Nachgiebigkeit, beispielsweise in Kurvenfahrten, ist sie auch in Querrichtung
höher als in Längsrichtung.
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Die anisotrope Steifigkeit für die Schwingungsisolierung kann auf konstruktiv
einfach zu verwirklichende Weise durch eine geeignete räumliche Strukturierung der
Polsterung erreicht werden, beispielsweise als Formteil oder gefaltete Tragstruktur,
welche entsprechende Wände, Leisten, Rippen, Säulen und Hohlräume aufweist, die
symmetrisch oder unsymmetrisch angeordnet sind. Ein derartiges Formteil kann
einstückig ausgebildet sein oder aus Fasern bestehen, die als Gewebe, Gewirke oder
Vlies eine räumliche Struktur bilden. Die erforderliche Strukturierung der
Polsterung kann auch durch mehrere einzelne Stützelemente erreicht werden, die für sich
die anisotrope Steifigkeit aufweisen.
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Die anisotrope Steifigkeit kann auch auf ebenfalls konstruktiv einfach zu
verwirklichende Weise durch eine Funktionstrennung der Polsterung und ihrer Anbringung
erreicht werden. Die beweglich, vorzugsweise mittels elastischer Elemente
aufgehängte Polsterung sorgt für die notwendige Steifigkeit in Normalenrichtung,
während die Aufhängung die Nachgiebigkeit und leichte Beweglichkeit in
Längsrichtung der Lehne bewirkt.
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Im folgenden ist die Erfindung anhand von sieben in der Zeichnung dargestellten
Ausführungsbeispielen näher erläutert. Es zeigen
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Fig. 1 eine schematische Darstellung eines Fahrzeugsitzes,
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Fig. 2A einen Teil eines Längsschnitts der Lehne gemäß einem ersten
Ausführungsbeispiel,
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Fig. 2B einen Teil eines Längsschnitts der Lehne gemäß einem zweiten
Ausführungsbeispiel,
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Fig. 2C einen Teil eines Längsschnitts der Lehne gemäß einem dritten
Ausführungsbeispiel,
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Fig. 2D einen Teil eines Längsschnitts der Lehne gemäß einem vierten
Ausführungsbeispiel,
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Fig. 2E einen Teil eines Längsschnitts der Lehne gemäß einem fünften
Ausführungsbeispiel entlang der Linie E-E ind Fig. 2F,
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Fig. 2F eine Darufsicht auf einen Teil der Lehne gemäß dem fünften
Ausführungsbeispiel,
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Fig. 3 eine perspektivische Teilansicht der Polsterung der Lehne gemäß einem
sechsten Ausführungsbeispiel, und
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Fig. 4 einen schematischen Längsschnitts der Lehne gemäß einem siebten
Ausführungsbeispiel.
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Ein Fahrzeugsitz 1 ist in allen Ausführungsbeispielen als Vordersitz eines
Kraftfahrzeuges ausgebildet, kann aber auch als Fondsitz dienen, wobei ein wenigstens
teilweise elastisches Sitzteil 2 in an sich bekannter Weise ausgebildet ist. Der
Fahrzeugsitz 1 ist mit einer Lehne 3 versehen, welche eine Lehnenstruktur 5 als tragende
Struktur aufweist. Auf der dem Insassen zugewandten, in der Regel nach vorne
weisenden Seite der Lehnenstruktur 5 ist eine nachfolgend näher beschriebene
Polsterung vorgesehen, deren dem Insassen zugewandte Seite durch einen kaschierten
Bezug 9 gebildet wird. Die längste Abmessung der Lehne 3 definiert ihre
Längsrichtung und die bei eingebautem Fahrzeugsitz 1 horizontale Richtung die Querrichtung,
während die Normalenrichtung senkrecht zu der durch Längsrichtung und
Querrichtung aufgespannten Ebene der Lehne 3 ausgerichtet ist.
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Im ersten Ausführungsbeispiel besteht die Polsterung aus einem Formteil 11,
welches aus Schaumstoff oder aus gebundenen Fasern, beispielsweise als Vlies oder als
Gewebe, besteht. Diese Fasern können durch anorganische Bindemittel mit
Nanopartikeln verstärkt werden. Das Formteil 11 ist auf seiner der Lehnenstruktur 5
zugewandten Seite fest auf der Lehnenstruktur 5 abgestützt, beispielsweise über eine
lehnenstrukturfeste Schale. Zum Bezug 9 hin weist das Formteil 11 mehrere Rippen
12 auf, welche horizontal, also quer zur Längsrichtung der Lehne 3, verlaufen.
Zwischen den Rippen 12 entstehen dadurch Hohlräume 13, welche zugleich Teile eines
Sitzbelüftungssystems sein können. An ihrem freien, in der Regel nach vorne
weisenden Ende liegen die Rippen 12 am gespannten Bezug 9 an.
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Erfolgt durch den Kontakt mit dem schwingenden Körper eine Relativbewegung
zwischen der durch den Bezug 9 definierten Seite der Polsterung und der an der
Lehnenstruktur 5 angebrachten Seite der Polsterung in Längsrichtung der Lehne 3,
so setzt das Formteil 11 aufgrund des Verlaufs der Hohlräume 13 dieser
tangentialen Bewegung (Scherbewegung) nur einen geringen Widerstand entgegen. Die
Wirksamkeit der Federung des Sitzteils 2 wird in Bezug auf die
Schwingungsisolierung dadurch weniger beeinträchtigt. Bei Bewegungen quer zur Längsrichtung oder
normal zur Lehne 3, d. h. auf diese zu, ist dagegen das Formteil 11 in bekannter
Weise als Polsterung wirksam, d. h. die Steifigkeit der Polsterung ist anisotrop.
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Das zweite Ausführungsbeispiel stimmt in Aufbau und Funktion weitgehend mit
dem ersten Ausführungsbeispiel überein. Das abweichend ausgebildete Formteil 11'
weist jedoch Hohlräume 13' auf, welche vollständig vom Material des Formteils 11'
umschlossen sind, aber die gleiche Ausrichtung wie im ersten Ausführungsbeispiel
aufweisen. Die leichte Beweglichkeit zwischen Lehnenstruktur 5 und Bezug 9 in
Längsrichtung der Lehne 3 ist daher für eine Schwingungsisolierung in gleicher
Weise vorhanden.
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Im dritten Ausführungsbeispiel besteht die Polsterung aus einer flächig gewellten
Tragstruktur 15, welche in Längsrichtung der Lehne 3 mäanderähnlich und quer
dazu in horizontaler Richtung gleichförmig ausgebildet ist. Die Tragstruktur 15
kann aus den gleichen Materialien wie die Formteile 11 und 11' bestehen, oder aus
Metall oder Kunststoff ausgebildet sein. Bei einer Ausbildung aus einem
weitmaschigen Gewebe wird der Betrieb eines Belüftungssystems unterstützt. Wie in den
ersten beiden Ausführungsbeispielen ist eine Relativbewegung zwischen Bezug 9
und Lehnenstruktur 5 in Längsrichtung der Lehne 3 mittels einer Scherbewegung
der Tragstruktur 15 leicht möglich, während in den anderen Bewegungsrichtungen,
insbesondere normal zur Ebene der Lehne 3, eine Polsterwirkung der Tragstruktur
15 auftritt.
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Im vierten Ausführungsbeispiel besteht die Polsterung aus einzelnen elastischen
Elementen 16, welche winkelförmig oder Z-förmig gebogen sind und in horizontaler
Richtung, d. h. quer zur Längsrichtung der Lehne 3, an der Lehnenstruktur 5
angebracht sind. Die freien Enden tragen den Bezug 9, eventuell unter Zwischenlage
einer zusätzlichen Polsterschicht. Die elastischen Elemente 16 können sich über die
gesamte Breite der Lehnenstruktur 5 erstrecken oder eine kürzere Länge aufweisen.
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In letzterem Falle können die elastischen Elemente 16 beispielsweise aus einer
metallischen Platte zungenförmig ausgestanzt und aus der Ebene heraus gebogen sein.
Wie in den ersten drei Ausführungsbeispielen ist eine Relativbewegung zwischen
der durch den Bezug 9 definierten Seite der Polsterung und der Lehnenstruktur 5 in
Längsrichtung der Lehne 3 mittels einer Scherbewegung der elastischen Elemente
16 leicht möglich, während in den anderen Bewegungsrichtungen, insbesondere
normal zur Ebene der Lehne 3, durch entsprechend gewählte Winkelverhältnisse bei
der Anordnung der elastischen Elemente 16 eine Polsterwirkung der elastischen
Elemente 16 auftritt.
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In einem gegenüber dem vierten Ausführungsbeispiel abgewandelten, fünften
Ausführungsbeispiel sind die vergleichbar ausgebildeten, elastischen Elemente 16' aus
einem ansonsten plattenförmigen Kunststoffspritzteil 16" geformt, bei dem durch
eine unterschiedliche Dickenverteilung bei besserer Materialausnützung ein besserer
Spannungsverlauf erreicht wird. Im Wirbensäulenbereich kann durch dünneres
Material eine weichere Polsterwirkung und im Schulter- und Beckenbereich durch
dickeres Material eine härtere Polsterwirkung erzielt werden.
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Im sechsten Ausführungsbeispiel gemäß Fig. 3 sind als hintere Polsterung mehrere
gleiche Stützelemente 18 vorgesehen, welche regelmäßig in der Ebene der Lehne 3
angeordnet sind. Jedes der Stützelemente 18 verjüngt sich von einem tellerförmig
ausgebildeten Ende, im folgenden als Stößelteller 18' bezeichnet, zu einem Ende
mit geringstem Durchmesser, im folgenden als Stößelspitze 18" bezeichnet. Mit
ihren Stößelspitzen 18" sind die regelmäßig angeordneten Stützelemente 18 an
einer - gegebenenfalls gitterförmigen - Trägerplatte 19 angebracht, beispielsweise in
eine Matte eingehängt. Die Trägerplatte 19 ist dann an der Lehnenstruktur 5
befestigt. Auf den Stößeltellern 18' liegt eine nicht dargestellte, vordere Polsterung auf,
die den Bezug 9 trägt.
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Die Stützelemente 18 weisen eine hohe axiale Steifigkeit, aufgrund derer hohe
Normalkräfte aufnehmbar sind, und einen geringen Biegewiderstand auf, welcher
vom Durchmesser an der Stößelspitze 18" und der Höhe der Stützelemente 18
abhängt. Durch einen ovalen Querschnitt kann das Verhältnis der Längssteifigkeit zur
Quersteifigkeit angepasst werden. Das Material der Stützelemente 18 wird
entsprechend den Anforderungen an die axiale Tragkraft und die Biegesteifigkeit gewählt.
In Bezug auf die Beweglichkeit in Längsrichtung der Lehne 3 weist die aus den
Stützelementen 18 gebildete Polsterung die gleiche Funktion auf wie die
Polsterungen der vorhergehenden Ausführungsbeispiele auf.
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Das siebte Ausführungsbeispiel unterscheidet sich hinsichtlich der Polsterung von
den vorangegangenen Ausführungsbeispielen. Gleiche und gleichwirkende Bauteile
sind jedoch mit um 100 höheren Bezugszeichen versehen. Bei der Lehne 103 ist
eine Lehnenstruktur 105 vorgesehen, welche am oberen und am unteren Ende und
an den Seiten mit nach vorne, zum Insassen hin weisenden Stützstrukturen 106
versehen ist. In dem durch die Stützstrukturen 106 definierten Bauraum ist ein
Lehnenkissen 108 angeordnet, welches auf der zum Insassen weisenden Seite mit einem
Bezug 109 bezogen ist und auf der der Lehnenstruktur 105 zugewandten Seite einen
- beispielsweise schalenförmigen - Polsterträger 110 aufweist. Spalte zwischen dem
Lehnenkissen 108 und den Stützstrukturen 106 sind jeweils durch eine elastische
Spaltabdeckung 114 geschlossen.
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Das Lehnenkissen 108 ist über seinen Polsterträger 110 mittels elastischer Elemente
117, vorzugsweise Schraubenfedern, Blattfedern oder Elastomerfedern, an den
Stützstrukturen 106 aufgehängt, wobei sich die Einhängestellen nach der
Lehnenstruktur 105 richten. Das Lehnenkissen 108 kann sich dadurch relativ zur
Lehnenstruktur 105 bewegen, steht aber über die elastischen Elemente 117 weiterhin in
Verbindung mit der Lehnenstruktur 105. Durch eine geeignete Anordnung der
elastischen Elemente 117 und gegebenenfalls einer Kombination von Druck- und
Zugelementen kann die Relativbewegung von Lehnenstruktur 105 und Lehnenkissen
108 (und damit Bezug 109) in Längsrichtung der Lehne 103 leichtgängig, in den
übrigen Richtungen aber schwergängig gestaltet werden. Dadurch wird wieder eine
Schwingungsisolierung erreicht.
Bezugszeichenliste
1 Fahrzeugsitz
2 Sitzteil
3, 103 Lehne
5, 105 Lehnenstruktur
9, 109 Bezug
11, 11' Formteil
12 Rippe
13, 13' Hohlraum
15 Tragstruktur
16, 16' elastisches Element
16" Kunststoffspritzteil
18 Stützelement
18' Stößelteller
18" Stößelspitze
19 Trägerplatte
106 Stützstruktur
108 Lehnenkissen
110 Polsterträger
114 Spaltabdeckung
117 elastisches Element