DE10125740A1 - Verwendung von Pflanzen der Gattung Hypericum zur Erleichterung der Synchronisation eines circadianen Rhythmus - Google Patents

Verwendung von Pflanzen der Gattung Hypericum zur Erleichterung der Synchronisation eines circadianen Rhythmus

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Abstract

Die vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung von Pflanzen der Gattung Hypericum bzw. deren Extrakte zur Erleichterung der Synchronisation eines circadianen Rhythmus durch einen externen Zeitgeber, wie bei Licht-Dunkel-Wechsel, Tag-Nacht-Rhythmus-Änderungen, Zeitverschiebungen, wie sie bei Langstreckenflügen und dem sogenannten Jetlag auftreten. Die Verwendung von Extrakten aus Hypericum perforatum ist jedoch auch geeignet, beispielsweise bei erzwungenen Änderungen des Aktivitätsrhythmus bei Schichtarbeitern eingesetzt zu werden. Zur Vermeidung der Symptome des Jetlags hat sich eine Dosierung von 2-200 mg pro kg Körpergewicht als bevorzugt herausgestellt.

Description

Die vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung von Pflanzen der Gattung Hypericum, insbesondere Hypericum perforatum L., und/oder deren Pflanzenteile und/oder deren Extrakte zur Erleicherung der Synchronisation eines circadianen Rhythmus durch einen externen Zeitgeber gemäß Patentanspruch 1.
Das Johanniskraut (Hypericum perforatum L.) ist seit dem Mittelalter als Heilkraut bekannt.
Es wurde zum ersten Mal durch den griechischen Arzt Hippokrates um 460-377 v. Chr. beschrieben. 1941 wurde Hypericum unter dem Namen "Herba hyperici" in die Ergänzungen des Deutschen Arzneibuches eingetragen und fand dadurch erstmalig die Anerkennung der Schulmedizin.
Bekannt ist die Verwendung von Johanniskraut heute als Alternative zu chemischen Psychopharmaka zur Behandlung depressiver Zustände, zur topischen Behandlung frischer oder schwer heilender Wunden, Rheumabeschwerden, Hexenschuß und als Heilmittel bei Magen- und Darmschleimhautentzündungen. Die Wirksamkeit von Johanniskraut als Antidepressivum ist durch mehrere klinische Doppelblindstudien belegt, wobei der Mechanismus dieser Wirksamkeit jedoch weitgehend unbekannt ist.
Bislang ist bekannt, daß Hypericum-Extrakte die Aktivität von Monoaminooxidase-A und Monoaminooxidase-B inhibieren. Beides sind Enzyme, die für den Abbau von Serotonin zuständig sind. Ferner wird vermutet, daß Hypericum-Extrakte zur Hemmung der synaptischen Wiederaufnahme von Serotonin, Dopamin und Noradrenalin führt, so daß die Übertragung durch diese Hormone am synaptischen Spalt verstärkt wird. Bei Menschen wurde bei Einnahme des Extraktes eine Erhöhung der nächtlichen Produktion von Melatonin beschrieben (MURCH S. J. et al., 1997: "Melatonin in feverview and other Medicinal plants, Lancet, 350: 1598- 1599. Ebenso wurde eine Verlängerung der Tiefschlafphase beschrieben. Wirkungen von Hypericum-Extrakten auf den circadianen Rhythmus von Mensch und Tier wurden bisher nicht beschrieben.
Im Zusammenhang mit der Störung von ciradianen Rhythmen stehen Zeitverschiebungen durch Langstreckenflüge, Schichtarbeiten, Arbeiten unter extremen Bedingungen mit künstlichen Schlaf-Wach-Rhythmen im Vordergrund.
Es ist bekannt, Melatonin als Medikament zur schnelleren Anpassung an Zeitverschiebungen, z. B. nach Langstreckenflügen, zu verabreichen. Das Tryptophanderivat Melatonin wird vom sogenannten Pinealorgan produziert, eine Drüse, die beim Menschen vom Diencephalon in den dritten Ventrikel projeziert. In den Zellen dieses Organs, den sogenannten Pinealocyten, wird Tryptophan aus dem Blut über mehrere Biosyntheseschritte zu Melatonin umgewandelt. Melatonin ist in den USA als Nahrungsergänzungsmittel, jedoch nicht als Arzneimittel zugelassen. In der Bundesrepublik Deutschland sind Melatoninpräparate nicht auf dem Markt erhältlich.
Soweit bislang heute bekannt ist, hat Melatonin die oben beschriebene Wirkung aufgrund folgender mechanistischer Erklärungsversuche:
Im Blutkreislauf zirkulierendes Melatonin wirkt hauptsächlich an zentralen, hochaffinen Bindungsstellen in bestimmten Arealen des Hypothalamus und der Adenohypophyse.
Soweit bekannt ist, zeigen die Melatoninkonzentrationen beim Menschen im Serum ein circadianes Muster mit hohen Konzentrationen in der Nacht und niedrigen während des Tages. Dieses Muster wird durch die sympathische Innervation des Pinealorgans erzeugt. Der tägliche Licht- Dunkel-Wechsel wird bei Säugetieren über die Retina wahrgenommen. Diese Information wird anschließend neuronal über den retinohypothalamischen Trakt zum Nucleus suprachiasmaticus (SCH), der sogenannten circadianen Uhr, weitergeleitet. Nach weiteren Schaltstellen erreichen von dort postganglionäre sympathische Fasern, die ihren Ursprung im Ganglion cervicale superior (GCS) haben, das Pinealorgan. Während der Dunkelphase werden diese Fasern durch die Aktivität des SCH stimuliert, was zu einer Freisetzung des Neurotransmitters Noradrenalin an den im Pinealorgan liegenden Nervenendigungen führt. Noradrenalin interagiert mit vorwiegend β-adrenergen Rezeptoren auf der Membran von Pinealocyten und regt über das cAMP second-messenger-System die Aktivität der N-Acetyltransferase an. Diese Reaktion stellt nach derzeitigen Erkenntnissen den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt der Melatoninsynthese dar.
Auf das oben beschriebene Melatoninsystem wirkt Licht als Zeitgeber, der den circadianen Rhythmus synchronisiert. Bei Lichtexposition kommt es zu einer Einstellung der Noradrenalin-Ausschüttung. Daraus resultiert eine Hemmung der Melatoninsynthese und so folgt ein Abfall der Konzentration des Melatonins im Blut.
Beim Menschen hat Melatonin im Serum eine Halbwertszeit von etwa 35 bis 50 Minuten.
Melatonin wirkt somit als endokrines Signal für die Länge der Nacht, denn die Dauer der nächtlichen Melatoninabgabe ist proportional zur Länge der Dunkelphase. Der Organismus ist so in der Lage, anhand des Melatoninprofils die jeweilige Tages- und Jahreszeit, in der er sich befindet, zu bestimmen. Beim Menschen, der weniger ausgeprägte saisonale Anpassungen zeigt als Tiere, spielt Melatonin vor allem eine Rolle bei der Regulation des Schlaf-Wach-Zyklus, weshalb Melatonin zur Erleichterung der Anpassung nach Langstreckenflügen, also beim sogenannten Jetlag, erfolgreich eingesetzt wird (ARENDT J., ALDHOUS M., MARKS M. (1987): Some effects of jet-lag and their treatment by melatonin; Ergonomics 30: 1393-1397 (1987); ARENDT J., ALDHOUS M., MARKS V. (1986): Alleviation of jet-lag by melatonin: preliminary results of controlled double-blind trial, BMJ 292: 1170 (???).
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, eine mögliche Alternative zu Melatonin als Mittel zur Anpassung an einen externen Zeitgeber zur Verfügung zu stellen.
Gelöst wird die obige Aufgabe durch Verwendung von Pflanzen der Gattung Hypericum und/oder deren Pflanzenteile und/oder deren Extrakte zur Erleichterung der Synchronisation eines circadianen Rhythmus durch einen externen Zeitgeber, gemäß Patentanspruch 1.
Als bevorzugte Pflanze hat sich die Verwendung von Hypericum perforatum herausgestellt.
Besonders bevorzugt ist eine Verwendung, welche Hypericum in Form von Pflanzenteilen und/oder Extrakten, insbesondere ethanolisch-wäßrigen Extrakten und/oder CO2-Extrakten und/oder aus Extrakten hergestellte Fraktionen, in flüssiger oder getrockneter Form, einsetzt.
Vorzugsweise umfaßt der externe Zeitgeber Licht-Dunkel-Wechsel; Tag-Nacht-Rhythmus; Zeitverschiebungen, insbesondere nach Langstreckenflügen, vorzugsweise Jetlag; soziale Zeitgeber, insbesondere erzwungene Veränderungen der Aktivitätsrhythmik bei Schichtarbeit.
Als besonders bevorzugte Dosierung hat sich zur Verminderung der Symptome des Jetlags die Gabe von ca. 2 mg bis 200 mg pro kg Körpergewicht von Hypericum perforatum-Trockenextrakten herausgestellt, wobei eine besonders bevorzugte Dosierung in den Bereichen von 20 bis 200 mg/kg, 50 bis 200 mg/kg und vorzugsweise 100 bis 200 mg/kg Körpergewicht liegt.
Die Wirksamkeit von Johanniskraut (Hypericum perforatum) wurde im Rahmen der erfindungsgemäßen Verwendung zur Erleichterung der Synchronisation eines circadianen Rhythmus durch einen externen Zeitgeber einerseits am Tiermodell und andererseits an freiwilligen Probanden nachgewiesen.
Für Untersuchungen der circadianen Rhythmik hat sich das Tiermodell des Dsungarischen Zwerghamsters Phodopus sungorus als besonders geeignet herausgestellt, da er eine ausgesprochen photoperiodisch reagierende Spezies ist. Sein natürliches Verbreitungsgebiet erstreckt sich über die eurasiatischen Steppengebiete der Paläarktis von Kasachstan bis Nordchina. Unter natürlichen Bedingungen weisen diese Hamster bereits im Herbst eine ganze Reihe saisonaler Anpassungen auf. Die gesamte Palette dieser Winteranpassungen kann künstlich durch Verlängerung der Dunkelphase ausgelöst werden, was die zentrale Rolle der Photoperiode verdeutlicht. Phodopus sungorus ist ein hervorragendes Tiermodell, um Jetlag-Phänomene zu testen, da diese Spezies außerordentlich empfindlich auf Phasenverschiebungen reagiert, die durch Verschiebung des Licht- Dunkel-Rhythmus bedingt sind. Diesen Tieren ist es praktisch unmöglich, sich an größere Zeitverschiebungen, simuliert durch 5stündige Verschiebung des künstlichen Tagesbeginns durch Lichteinschalten, anzupassen. Die normalen 24 h-Rhythmen der Tiere brechen bei einem derartigen Phasensprung vollständig zusammen.
Wird den Tieren dagegen Hypericum verabreicht, vorzugsweise in Form eines Extraktes, konnten sich sämtliche Zwerghamster nach 3 bis 4 Tagen an den neuen Rhythmus anpassen und zeigten nach der Anpassung wieder einen signifikanten 24 h-Rhythmus.
Die erfindungsgemäße Verwendung wurde ebenfalls an freiwilligen menschlichen Probanden bei Langstreckenflügen von der Bundesrepublik nach USA und Japan getestet. Es wurde subjektiv berichtet, daß sämtliche Probanden die Zeitverschiebung von -9 h (Los Angeles) bis +8 h (Tokio) innerhalb von 3 Tagen erreichten, was sich durch an die neue Zeit angepaßte Schlaf-Wach-Rhythmen äußerte.
Weitere Vorteile und Merkmale der vorliegenden Erfindung ergeben sich anhand der Beschreibung von Ausführungsbeispielen sowie anhand der Zeichnung.
Es zeigt:
Fig. 1 die Ergebnisse eines Kontrollversuchs ohne Hypericum in einer Doppel-Plot Darstellung der lokomotorischen Aktivität eines Dsungarischen Zwerghamsters (Tier #3, männlich) und Periodogrammanalysen während verschiedener Versuchsphasen. Die Dunkelphase ist jeweils durch die schwarzen senkrechten Linien im Doppelplot markiert. Die schwarzen Balken geben die Gesamtaktivität pro 24 h wieder;
Fig. 2 die Ergebnisse eines Kontrollversuchs ohne Hypericum in einer Doppel-Plot Darstellung der lokomotorischen Aktivität eines Dsungarischen Zwerghamsters (Tier # 7, weiblich) und Periodogrammanalysen während verschiedener Versuchsphasen. Die Dunkelphase ist jeweils durch die schwarzen senkrechten Linien im Doppelplot markiert. Die schwarzen Balken geben die Gesamtaktivität pro 24 h wieder;
Fig. 3 die Ergebnisse eines erfindungsgemäßen Versuchs mit Hypericum in einer Doppel-Plot Darstellung der lokomotorischen Aktivität eines Dsungarischen Zwerghamsters (Tier #5, männlich) und Periodogrammanalysen während verschiedener Versuchsphasen. Die Dunkelphase ist jeweils durch die schwarzen senkrechten Linien im Doppelplot markiert. Die schwarzen Balken geben die Gesamtaktivität pro 24 h wieder;
Fig. 4 die Ergebnisse eines erfindungsgemäßen Versuchs mit Hypericum in einer Doppel-Plot Darstellung der lokomotorischen Aktivität eines Dsungarischen Zwerghamsters (Tier #8, weiblich) und Periodogrammanalysen während verschiedener Versuchsphasen. Die Dunkelphase ist jeweils durch die schwarzen senkrechten Linien im Doppelplot markiert. Die schwarzen Balken geben die Gesamtaktivität pro 24 h wieder; und
Fig. 5 die Ergebnisse eines erfindungsgemäßen Versuchs mit Hypericum in einer Doppel-Plot Darstellung der lokomotorischen Aktivität eines Dsungarischen Zwerghamsters (Tier #12, weiblich) und Periodogrammanalysen während verschiedener Versuchsphasen. Die Dunkelphase ist jeweils durch die schwarzen senkrechten Linien im Doppelplot markiert. Die schwarzen Balken geben die Gesamtaktivität pro 24 h wieder.
1. Versuchstiere und Haltungsbedingungen
Die in den Versuchen eingesetzten Zwerghamster werden seit mehreren Jahren am Institut für Tierphysiologie des Fachbereichs Biologie der Philipps-Universität Marburg gezüchtet. Die Zucht erfolgte im künstlichen Langtag (LD 16:8 unter konstanter Umgebungstemperatur (23 ± 1,5°C) und Luftfeuchte 60 ± 10%) in begehbaren, fensterlosen Räumen mit künstlicher Beleuchtung. Zuchtpaare wurden in Makrolonkäfigen zusammengesetzt und mit Sägespaneinstreu, hölzerner Nestbox, Futter (Hamsterzuchtdiät, Altromin 7014; 2825 kcal/kg) und Wasser ad libitum gehalten. Zusätzlich erhielten sie wöchentlich ein Stück Apfel. Jungtiere wurden am 21. Tag in Makrolonkäfige vereinzelt, sonst aber unter den gleichen Bedingungen wie die Zuchtpaare gehalten.
Für die Versuche wurden ausschließlich adulte Hamster mit einem Alter von 3 bis 12 Monaten herangezogen.
2. Dosisbestimmung für die Hypericumfütterung
Die Dosierung für die Dsungarischen Zwerghamster erfolgte in Anlehnung an die vorgegebene Dosierung der handelsüblichen Präparate in der Humanmedizin. Hier wird pro Person und Tag eine Aufnahme von ca. 800-900 mg Johanniskraut-Trockenextrakt empfohlen.
Ausgehend von dieser Menge wurde zunächst durch theoretische Berechnungen über den Grundumsatz berechnet, daß die Dosierung bei direktem Grundumsatzvergleich zwischen Mensch und Hamster 3 mg Hypericum-Trockenextrakt pro Hamster betragen würde.
Aufgrund von Vorversuchen wurde den Tieren jedoch eine Dosis von ca. 6 mg pro Tag pro Hamster verabreicht.
Die Hypericum-Extrakte wurden mit dem Futter gemischt, wobei berücksichtigt wurde, daß Phodopus sungorus im Langtag bei ca. 23°C etwa 3,6 g/d Futtermehl (Altromin 7010) aufnimmt. Daher wurden pro g Futtermehl ca. 1,66 mg Hypericum-Trockenextrakt zugesetzt.
3. Messung der Melatoninmetaboliten im Urin
Zur Messung des 6-Sulfatoxymelatoningehaltes als Melatoninleitmetabolit, wurden die Tiere in Urin-Sammelkäfige überführt, in welchem Urin, Kot und Futterreste vom Urin getrennt werden und sich dieser in einem Vorratsbehälter sammelt, der in Drei-Stunden-Intervallen zu einem Fraktionssammler mittels einer handelsüblichen Peristaltikpumpe überführt wurde.
Gleichzeitig durchspülte eine Perfusorpumpe das System mit destilliertem Wasser, um Urinreste aus dem System zu waschen und eine etwaige zeitliche Verschleppung der Proben zu vermeiden.
Anschließend erfolgte eine Zentrifugation des Urins bei 2500 g für fünf Minuten, um Verunreinigungen wie Haare, Kot und Futterreste abzutrennen.
Die Urinproben wurden dann aliquotiert und bei -20°C bis zur Messung des 6-Sulfatoxymelatonins eingefroren.
Die Messung des 6-Sulfatoxymelatonins erfolgte mittels eines Radioimmungssays, der beispielsweise beschrieben ist, bei STIEGLITZ A. (1995): "Flexibilität saisonaler Anpassungen beim Dsungarischen Zwerghamster (Phodopus sungorus)" und der Hirschmaus (Päromüscus maniculatus): "Die Rolle des Pinealorgans. Dissertation am Fachbereich Biologie der Philipps-Universität Marburg/Lahn. Die Ergebnisse werden in ng 6-Sulfatoxymelatonin/ng Creatinin angegeben.
Bei den Untersuchungen hat sich ergeben, daß die Melatoninausscheidung zwischen den einzelnen Tieren relativ stark schwankt, jedoch blieb innerhalb eines Individuums die Exkretion des 6- Sulfatoxymelatonins während der Kontrollphase relativ konstant. Die Exkretion des gemessenen Melatoninmetabolitten lag bei den Kontrollen an den Tagen -62 bis -60 und den Tagen -6 bis -3 (Minuszeichen bedeutet vor dem Versuch) lag zwischen 0,35 und 4,8 ng/ng Creatinin. Am dritten Tag nach Anfütterung von Hypericum perforatum sank die 6-Sulfatoxymelatonin- Exkretion auf Werte zwischen 0,49 bis 2,4 ng Metabolit/ng Creatinin. Die Ausscheidung blieb während der Tage 5 bis 8 der Hypericumbehandlung niedrig. Es wurden Höchstwerte von nur 2,2 ng 6- Sulfatoxymelatonin/ng Creatinin erreicht. Die im Mittel niedrigsten Werte wurden am Tag 5 gemessen. Danach stieg die Exkretion bei einigen Hamstern wieder leicht an. In Tabelle 1 ist die absolute und mittlere 6- Sulfatoxymelatonin-Tagesexkretion (ng/ng Creatinin) von 6 untersuchten Zwerghamstern während der Kontrollphase und an den Behandlungstagen 3 und 5 während der Hypericumfütterung wiedergegeben.
Tabelle 1
Am 3. Tag der Hypericumbehandlung sank die Gesamtausscheidung des gemessenen Melatoninmetabolitten im Mittel um 40%, am 5. Tag um 59%. Diese Verringerung war an beiden Tagen signifikant gegenüber der Kotrolle (Signifikanz: p < 0,05; Dunett).
Somit zeigen die Messungen im Melatoninversuch eindeutig, daß die 6-Sulfatoxymelatonin-Exkretionen von Phodopus sungorus durch die Gabe von Hypericum perforatum stark gesenkt wird. Als mechanistische Erklärung - ohne hierauf beschränkt zu sein - bieten sich zwei grundlegende Mechanismen an:
  • a) Die Synthese von Melatonin wird herabgesetzt, wobei die Synthese am 3. Tag zwar schon beeinträchtigt ist, aber eine vollständige Inhibitionsleistung durch Hypericum erst ab dem 5. Tag nach Beginn der Fütterung erreicht wird.
  • b) Die Metabolisierung des Melatonins wird verändert, so daß es nicht mehr zu 6-Sulfatoxymelatonin verstoffwechselt wird und im Urin nachweisbar ist. Zu dieser Hypothese passt der Kurvenverlauf der nächtlichen Melatoninexkretion am 3. Tag der Hypericumgabe. Die Reaktion mit Hypericum könnte ein sättigbarer Prozeß sein, zu dem am 3. Tag noch nicht genügend Substanz vorhanden ist. Aufgrund der relativ kurzen Halbwertszeit von Melatonin im Körper liegt die Kurve dann schnell wieder auf dem Niveau der Kontrollbedingungen. Erst am 5. Tag könnte genügend Wirkstoff im Körper sein, um die Melatoninexkretion deutlich stärker abzusenken.
4. Messung der lokomotorischen Aktivität der Tiere
Während des Hypericum-Versuches wurde die sogenannte lokomotorische Aktivität der Zwerghamster mit Hilfe von passiven Infrarot- Bewegungsdetektoren (SA 209, Conrad Elektronik) registriert. Mit diesen auf den Käfigdeckeln installierten Detektoren können Temperaturänderungen in einem Winkel von 90°C registriert werden. Ein drei Sekunden dauernder Alarm-Impuls wird erzeugt, sobald ein Objekt, das wärmer ist als seine Umgebung, eine von 28 Zonen innerhalb des 90°C Feldes passiert. In den verwendeten Käfigen (22 × 17 × 15 cm) wurde ein Ereignis immer dann registriert, wenn das Tier sich um mehr als 1,1 cm am Käfigboden bewegte.
Sofern die Tiere in einem Laufradversuch getestet wurden, wurde die Aktivität mit Hilfe von handelsüblichen Plastiklaufrädern (Umfang: 45 cm, Durchmesser 14 cm) ermittelt, die an der Rückseite einer Plexiglasküvette angebracht waren. Die Drehbewegung des Laufrades wurde durch einen Magnetschalter in eine Spannungsänderung umgesetzt, die dann an den Rechner weitergeleitet wurde. Die Aufzeichnung der Aktivität in 6-Minuten Intervallen erfolgte mit Hilfe eines IBM-PC via A/D-Wandler Karte. Die Kanäle wurden während des gesamten Meßintervalls permanent zyklisch abgefragt.
5. Phasensprungversuch
Im Phasensprungversuch wird untersucht, wie Phodopus sungorus Zeitverschiebungen von 3 h und 5 h toleriert.
Phodopus sungorus ist ein optimales Versuchstier für Phasensprungversuche, da diese Spezies recht empfindlich gegenüber derartigen Phasenverschiebungen reagiert. Eine Verschiebung von 5 h nach hinten während Lichtphase zerstört den circadianen Rhythmus unwiderruflich. Während der Phasensprungversuche wurden die Tiere im Mittel mit ca. 5 mg Hypericum-Extrakt pro Tag gefüttert und mit Kontrollen verglichen, die Hamsterfutter ohne Hypericum-Extrakt bekamen.
Die Experimente wurden so durchgeführt, daß die Tiere zunächst in ihrem gewohnten Tag-Nacht-Rhythmus gehalten wurden, und die lokomotorische Aktivität während 9 Tagen erfaßt wurde. Während dieser Vorlaufzeit werden die Tage als Count-Down aufgelistet, d. h. es werden negative Werte von -8 bis 0 aufgelistet.
Ab dem 1. Tag beginnt bei den Versuchstieren der Hypericumgruppe dann die Zufütterung von Hypericum perforatum Extrakt für 11 Tage. Ab dem 12. Tag wird das Licht 3 h später ausgeschaltet und nach 12 h wieder eingeschaltet. Die Tiere erfahren also eine Zeitverschiebung, wie er bei einem Flug in Richtung Westen auftritt, z. B. bei einem Flug von Chicago nach Los Angeles. Am 28. Tag wurde das Licht dann 5 h später als bei Versuchseingang ausgeschaltet und nach 12 h wieder eingeschaltet. Diese simulierte Zeitverschiebung entspricht beispielsweise einem Flug von München nach New York.
Auch während dieser Phase wurde die lokomotorische Aktivität der Dsungarischen Zwerghamster erfaßt. Darüberhinaus wurde die Gesamtaktivität pro 24 h erfaßt und eine sogenannte Periodogrammanalyse durchgeführt, aus welcher die 24 h-Rhythmik der Tiere erkennbar ist.
Die sogenannte Doppel-Plot Darstellung der lokomotorischen Aktivität der Versuchtiere und Periodogrammanalysen sowie die Balkendiagramme der 24 h-Aktivität sind in den Fig. 1-5 wiedergegeben.
Aufgrund der Versuchsführung ist jedes einzelne Tier sein eigenes Kontrolltier für die lokomotorische Aktivität, so daß interindividuelle Schwankungen unbeachtlich sind.
Fig. 1 zeigt eine Doppel-Plot Darstellung der lokomotorischen Aktivität eines Dsungarischen Zwerghamsters aus der Kontrollgruppe, die keinen Wirkstoff erhielt (Tier #3, männlich) und Periodogrammanalysen während verschiedener Versuchsphasen. Die Dunkelphase ist jeweils durch die schwarzen senkrechten Linien im Doppelplot markiert. Die schwarzen Balken geben die Gesamtaktivität pro 24 h wieder.
Fig. 2 zeigt die selbe Doppel-Plot Darstellung der lokomotorischen Aktivität eines Dsungarischen Zwerghamsters aus der Kontrollgruppe (Tier #7, weiblich), wobei die Darstellung der Fig. 1 enspricht.
Fig. 3-5 zeigen Doppel-Plot Darstellungen der lokomotorischen Aktivität eines Dsungarischen Zwerghamsters, wobei jedes Tier (Fig. 3: Tier #5, männlich, Fig. 4: Tier #8, weiblich und Fig. 5: Tier #12, weiblich), wobei die Tiere in der Versuchsgruppe vom 1. Versuchstag an ca. 5 mg Hypericum perforatum Extrakt pro Tier per os verabreicht bekamen.
Wie aus den Fig. 1 bis 5 ersichtlich ist, folgen dem ersten Phasensprung über 3 h sämtliche Hamster. Keines der Tiere verlor seinen Tag-Nacht-Rhythmus. Dies wird auch belegt durch die Rhythmikanalysen, die zeigen, daß die Hamster nach Anpassung an die neue Photoperiode nach 3 Tagen wieder einen signifikanten 24 h-Rhythmus aufweisen.
Der Aktivitätsbeginn war bei den Kontrolltieren nach 2,8 ± 0,35 Tagen. Bei den Hypericumtieren nach 3,1 ± 0,3 Tagen wieder an den neuen Hell- Dunkel-Wechsel angepaßt. Das Aktivitätsende wurde erst etwas später an die neue Lichtphase angepaßt, bei den Kontrolltieren nach 6,7 ± 0,8 Tagen und bei den Hypericumtieren nach 5,5 ± 0,8 Tagen.
Zwischen der Kontrollgruppe (vgl. Fig. 1 und 2) und der Hypericumgruppe (vgl. Fig. 3 bis 5) bestand kein Unterschied in der Anpassungsgeschwindigkeit an den neuen Hell-Dunkel-Wechsel.
Beim 5 h-Phasensprung zeigten die Kontrolltiere bezüglich des Aktivitätsbeginns 1 bis 2 Tage lang keine Reaktion auf den Phasensprung. Bei zwei Hamstern war schon dann die circadiane Rhythmik zerstört (siehe Fig. 1, Tage 29-41). Die anderen 6 Hamster begannen ihre Aktivitätsphase zu verschieben und gelangten innerhalb von 4,4 ±0,9 Tagen, gemessen am Aktivitätsbeginn, in die neue Lichtphase. Allerdings ging der circadiane Rhythmus bei den 5 dieser Zwerghamster in den darauffolgenden 10 Tagen verloren: Zwei der Kontrolltiere waren schon komplett an die neue Photoperiode angepaßt, auch bezüglich des Aktivitätsendes, bevor die circadiance Rhythmik vollständig zerstört wurde.
Die Periodogrammanalysen, die in der rechten Spalte in den Fig. 1- 5 gezeigt sind, dieser Kontrolltiere zeigen - nach einem 5 h-Phasensprung - bei all diesen Hamstern keine signifikanten Rhythmen mehr auf (vgl. unterstes Periodogramm in den Fig. 1 und 2).
Nur einem einzigen von 8 Kontrolltieren gelang es, sich an den neuen Hell-Dunkel-Wechsel nach 5 h-Phasensprung anzupassen. Die Hypericumtiere (vgl. Fig. 3-5) zeigten bezüglich ihres Aktivitätsbeginns ebenfalls keine Reaktion auf den Phasensprung. Dann erst setzte eine Phasenverschiebung ein, und nach im Mittel 3,5 ± 0,5 Tagen wurden die Hamster mit der neuen Dunkelphase aktiv. Die Anpassung des Aktivitätsendes dauerte länger, im Mittel 9,1 ± 1,4 Tage. Insgesamt reagierten die einzelnen Hypericumtiere unterschiedlich schnell auf den neuen Hell-Dunkel-Wechsel, aber alle Hamster paßten sich innerhalb von 2 Wochen an den neuen Rhythmus an und konnten diesen auch fortsetzen. Die in den Fig. 3-5 dargestellten Periodogrammanalysen zeigten nach Anpassung an den 5 h-Phasensprung wieder einen signifikanten 24 h- Rhythmus an. Wie bei den Kontrolltieren anhand der Fig. 1 und 2 gezeigt, zerstört eine Verschiebung von 5 h nach hinten während der Lichtphase den circadianen Rhythmus von Phodopus sungorus unwiderruflich. Dies wurde auch schon in der Literatur berichtet (RUBY, N. F. et al. [1996]: "Sibirian hamsters free run or became arrhythmic after a phase of delay of the photocycle", Am J Physiol; 271: R881-890.) Erfolgt diese Phasenverschiebung unter täglicher Melatoningabe, so passen sich 71% aller Tiere an den neuen Hell-Dunkel-Zyklus an (RUBY N. F. et al., [1997]: "Melatonin attentuates photic disruption of circadian rhythms in Sibirian hamsters", Am J Physiol; 273: R1540-1549).
Umso überraschender waren die Ergebnisse der erfindungsgemäßen Verwendung der Hypericum-Extrakte, in dem die Tiere sich unter Hypericumeinwirkung besser anpaßten. Da nämlich die Exkretion von Melatonin unter Hypericumeinwirkung sogar gesenkt ist, war eher damit zu rechnen, daß Hypericumtiere noch sensibler auf eine Verschiebung der Photoperiode reagierten, das Gegenteil ist jedoch der Fall.
Nach diesen überzeugenden Versuchen der Anpassung der Dsungarischen Hamster unter Hypericumgabe an externe Zeitgeber wurde ein Versuch an freiwilligen Probanden durchgeführt.
Da es bereits fertigformulierte Hypericumarzneimittel gibt, die behördlich zugelassen sind, war dies ethisch vertretbar.
10 männliche Probanden, von denen sich 5 einer Zeitverschiebung durch Langstreckenflug von München nach Tokyo (+8 h) und 5 weitere Probanden, die sich einer Zeitverschiebung von -9 h (Langstreckenflug von München nach Los Angeles) unterzogen, nahmen eine Woche vor Antritt des Langstreckenfluges während der gesamten Dauer ihres Aufenthaltes und eine Woche nach Rückkehr jeweils eine Dosis von ca. 170 mg pro kg Körpergewicht in Form von handelsüblichen Dragees auf Johanniskraut- Trockenextrakt-Basis per os. Sämtliche Probanden hatten einen mindestens 10-tägigen Aufenthalt. Sie berichteten übereinstimmend unabhängig voneinander über eine störungsfreie Anpassung an die neue Zeit innerhalb von 2-3 Tagen sowohl bei Ankunft als auch bei Rückkehr.
Nach alledem können demnach Hypericum perforatum Extrakte gemäß der vorliegenden Erfindung zur Synchronisation eines circadianen Rhythmus durch einen externen Zeitgeber, besonders bevorzugt für Licht-Dunkel- Wechsel Änderungen des Tag-Nacht-Rhythmus aufgrund des Arbeitsrhythmus, zur Behandlung des Jetlag sowie bei erzwungenen Veränderungen der Aktivitätsrhythmik, z. B. bei Schichtarbeit, verwendet werden.

Claims (5)

1. Verwendung von Pflanzen der Gattung Hypericum und/oder deren Pflanzenteile und/oder deren Extrakte zur Erleichterung der Synchronisation eines circadianen Rhythmus durch einen externen Zeitgeber.
2. Verwendung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß Hypericum perforatum verwendet wird.
3. Verwendung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß Hypericum in Form von Pflanzenteilen und/oder Extrakten, insbesondere ethanolisch-wäßrigen Extrakten und/oder CO2-Extrakten und/oder aus Extrakten hergestellte Fraktionen, in flüssiger oder getrockneter Form, verwendet wird.
4. Verwendung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß der externe Zeitgeber Licht-Dunkel- Wechsel; Tag-Nacht-Rhythmus; Zeitverschiebungen, insbesondere nach Langstreckenflügen, vorzugsweise Jetlag; soziale Zeitgeber, insbesondere erzwungene Veränderungen der Aktivitätsrhythmik bei Schichtarbeit; umfaßt.
5. Verwendung nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß Hypericum perforatum Trockenextrakte in einer Dosierung von ca. 2 mg bis 100 mg/Kg Körpergewicht zur Verminderung der Symptome des Jetlags, verabreicht wird.
DE10125740A 2001-05-28 2001-05-28 Verwendung von Pflanzen der Gattung Hypericum zur Erleichterung der Synchronisation eines circadianen Rhythmus Ceased DE10125740A1 (de)

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