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Stabilisierung von chlorhaltigen hochmolekularen organischen Produkten
Chlorhaltige hochmolekulare organische Produkte, insbesondere Polyvinylchlorid und
seine Mischpolymerisate, neigen zur Verfärhung,in der Hitze und im Licht sowie zur
Abscheidung kleiner Teilchen an der Oberfläche des Harzes, die als Ausblühungen
bezeichnet werden. Die; Erfindung betrifft die Stabilisiebung derartiger chlorhaltiger
hochmolekularer Produkte mit organischen Derivaten des vierwertigen Zinns.
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Gewisse organische Derivate des vierwertigen Zinns, wie z. B. Dibutylzinnmaleat
und das analoge Laurat, sind bereits als Stabilisatoren für Polyvinylchlorid bekannt.
Jedoch sind dieselben nicht genügend wirksatn. Sie haben ferner den Nachteil, für
sich selbst bei den hohen Temperaturen der Verarbeitung von Vinylharzen nicht ganz
stabil zu sein, wodurch Verfärbungen der plastischen Massen bewirkt werden.
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Dibutylzinnmaleat führt außerdem noch zu Schwierigkeiten in der Verarbeitung
durch Kleben auf den Kalanderflächen.
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Es ist ferner bekannt, daß organische Verbindungen des Zinns, in
welchen ein Teil der Valenzen des Zinns an Schwefel und der Rest an den Kohlenstoff
einer Alkyl- oder Arylgruppe gebunden sind, ausgezeichnete Stabilisatoren für Polyvinylchlorid
sind. Ein Beispiel hierfür ist das aus Dibutylzinnoxyd oder Dibutylzinndichlorid
und einem Thioglykolsäureester gebildete Kondensationsprodukt der Formel (C4H9)2Sn
(S CH2CioOR)2 Diese Verbindungen sowie Analoge derselben sind, was Verträglichkeit
mit dem Harz und Stabilisatonswirkung betrifft, ganz ausgezeichnet. Aber sie haben
zunächst den Nachteil, selbst nicht allzu stabil zu sein, so daß sie sich beim Lagern
zersetzen. Es bilden sich nach einiger Zeit Kristalle, deren Menge fortwährend zunimmt,
so daß nicht nur das Aussehen sehr ungünstig beeinflußt wird, sondern auch die Stabilisationswirkung
abnimmt. Die Ursache dieser Kristallbildung in den ursprünglich klaren viskosen
Produkten ist vermutlich eine allmähliche Verseifung der Estergruppe durch den Einfluß
der Luftfeuchtigkeit. Hierdurch entstehen freie Carboxylgruppen, welche die Zinn-Schwefel-Bindung
angreifen) so daß an deren Stelle eine Bindung mit der Carboxylgruppe entsteht.
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Der zweite Nachteil dieser Klasse von Verhindungen ist ihr hoher
Preis, der durch das als Ausgangsmaterfal verwenete 0 rganozinnchlorid bzw.
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-oxyd, wie Dibutylzinndichlorid, verursacht wird.
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Dieser hohe Preis fällt um so mehr ins Gewicht, als, wie erwähnt,
die Lagerbeständigkeit dieser Stahilisatoren nicht allzu groß ist.
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Es wurde nun gefunden, daß Zinnderivate von unsubstituierten Merkaptanen,
in welchen alle vier Valenzen des Zinns an Schwefel gebunden sind, gleichfalls sehr
gute Stailis,atoren für hinolekulare halogenhaltige organische Verbindungen sind.
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I)iese Produkte weisen die beiden ohren angegebenen Nachteile nicht
auf. Sie sind vollkommen Iagerbeständig und erheblich billiger als die obenerwähnten
Zi nn-Schwefel-Verbindungen, da sie direkt aus Zinntetrachlorid und einem Merkaptan
hergestellt werden.
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Diese Verbindungen entsprechen der allgemeinen Formel Sn (S-R)4 worin
R einen Alkyl-, Aryl-, Aralkyl- oder hydroaromatischen Rest bedeutet. Beispiele
für R sind: Methyl-, thyl-, Butyl-, Octyl-, Dodecyl-, Benzyl-, Phenyl- oder Toluylreste.
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Einige solcher Verbindungen, die Tetramerkaptide des Zinns darstellen,
wie z. B. Sn (5 C6H5)4 oder Sn (5 C12H25)4, sirad in der Literatur beschrieben.
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Ihre Herstellung erfolgt durch Reaktion von Sn Cl4 mit dem Merkaptan
oder z. B. dem Na-merkapti-d.
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Tetramerkaptide konnten aus Merkaptanen, die noch andere substituierende
Gruppen, wie die Carboxylgruppe oder Estergruppen, enthalten, nicht hergestellt
werden. Es ist z. B. bekannt, drall Thioglykolsäure oder ihre Ester mit SnCI4 wohl
reagieren, daß aber in diesem Fall immer nur zwei Chloratome reagieren, vermutlich
da es aur Bildung en Komplexverbindungen kommt.
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Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ein Verfahren zur Stabilisierutig
hochmolekularer chlorhaltiger Produkte unter Verwendung dieser Zinntetramerkaptide
als Stabilisatoren. Es kommen dabei insbesondere Polyvinylchloridharze und ähnliche
Produkte wie vor allem auch Mischpolymerisate des Polyvinylchlorids, sowie chlorierte
Paraffine in Frage.
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Die erfindungsgemäß stabilisierten Kunstharzmassen können zu Platten
beliebiger Stärke bis herab zu Folien oder Filmen verarbeitet werden. Sie können
auch als Lösung sowie in jeder anderen Form, in der Kunstharze im allgemeinen zur
Anwendung gelangen, verwendet werden.
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Die erforderlichen Mischungsoperationen und Verarbeitungsmeth oden
entsprechen den allgemein üblichen Methoden. Hiernach muß die Verarbeitung der Mischungen
von Kunstharz, Stabilisator, Weichmacher usw. bei entsprechend hoher Temperatur
erfolgen, um die Massen zu verflüssigen bzw. in halbflüssigem Zustand zu halten,
wenn sie geformt oder stranggepreßt werden. Die Temperaturen variieren je nach dem
speziellen Harz, wie dem Fachmann bekannt ist. Gewöhnlich liegen sie zwischen etwa
85 und 2200.
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Beim Verarbeiten in . dieser Weise kann man plastische Massen herstellen,
welche sich trotz hoher Temperatur nicht verfärben. Bei verglefichslweiser Erbitzung
von Filmen aus Polyvinylchlorid, die mit den erfindungsgemäß verwendeten Stabilisatorenl,
z. B.
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Zinntetradodecylmerkaptid, hergestellt werden, und solchen, bei denen
Dibutylzinnmaleat verwendet wurde, durch längere Zeit auf 1750 kann man feststellen,
daß erstere erst nach zweistündiger Erhitzung sich so weit verfärben wie die mit
dem Maleat hergestellten Filme nach 45 Minuten. Auch zeichnen sie sich durch große
Lichtbeständiiglseit aus.
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Ferner sind die erfindungsgemäßen Stablilisatoren viel verträglicher
mit dem Vinylharz als z. B. das Dibutylzinnmaleat. Demzufolge verursachen die Stabilisatoren
gemäß der Erfindung keine Ausblühungen, und die mit ihrer Hilfe hergestellten Artikel
bekommen nicht nach längerem Lagern das trübe und fettige Aussehen, wie es die mit
Hilfe der bekannten Stabilisatoren erzeugten Artikel häufig aufweisen.
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Die größere Hitzebeständigkeit der mit den erfindwlgsgemäßen Stabilisatoren
hergestellten plastischen Massen ist auf die außerordentlich große Empfänglichlieit
dieser Stabilisatoren für die bei der Zersetzung des Harzes entstehende Salzsäure
zurückzuführen. überdies werden die hierbei frei gemachten Merkaptane rasch zu Disulfiden,
Sulfoxyden und Sulfonen oxydiert, was ihre ausgezeichnete Wirkung als Antioxydantien
zur Folge hat. Ausbliihungen und Störungen in der homogenen Zusammensetzung der
Filme werden durch die ausgezeichnete Verträglichkeit der Stabilisatoren mit dem
Vinylharz vermieden.
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Im folgenden wird die Erfindung an Beispielen erläutert.
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Beispiel 1 Allgemeines Verfahren zur Herstellung eines Films 100
Teile Vinylchlorid- und Vinylacetat-Mischpolymerisat (Handelsbezeichnung VYNS),
50 Teile Dioctylphthalat und 2 Teile Zinntetradodecylmerkaptid als Stabilisator
werden 1 Stunde rotierend gemischt.
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Die ganze Masse wird sodann in eine Banburymaschine gebracht und 10
Minuten lang auf 1500 erhitzt. Von dort fällt sie auf Walzen, die gleichfalls auf
1500 erhitzt sind, und wird von da einem Ka-
lander mit drei oder vier Walzen zugeführt.
Die Temperatur des Kalanders liegt zwischen 138 und 1720. Das Vinylharz wird zu
einem Film von 0,1 mm oder einem anderen Durchmesser, je nach Wunsch, geformt. Dieser
Film kann 1 Stunde lang auf 1700 erwärmt werden, ohne daß irgendwelche Verfärbung
auftritt und zeigt gute Lichtbeständigkeit.
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An Stelle des oben angeführten Stabilisators kann z. B. Zinntetrabenzylmerkaptid
Sn (S CH2CßH5)4 verwendet werden, ohne daß Hitze- oder Lichtbeständigkeit leiden.
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Beispiel 2 Herstellung einer Harzlösung 100 Teile eines Vinylchlorid-Vinylacetat-Mischpolymerisats
(Typenbezeichnung VYNS) werden in einen trockenen Mischer eingewogen und 50 Teile
Tricresylphosphat und 1 Teil Zinntetraphenylmerkaptid als Stabilisator zugefügt.
Durch Rotieren während einer halben Stunde wird das Gemisch homogenisiert. Die Mischung
wird sodann auf eine Mühle mit zwei Walzen gebracht, die auf ungefähr 1150 erhitzt
sind Nach erfolgter Verflüssigung wird die Masse in Streifen geformt, zu welchen
in irgendeiner üblichen Mischapparatur ein Flüs sigkeitsgemenge, bestehend aus 3
Teilen Methyläthylketon und 1 Teil Toluol, zugegeben wird. Die Gesamtmenge des zugegebenen
Lösungsmiftels richtet sich nach der gewünschten Endkonzentration und schwankt im
allgemeinen zwischen 500 und 3000 Teilen Lösungsmittel für 100 Teile Vinylharz.
In der Mischapparatur wird bei gewöhnlicher Temperatur gerührt, bis vollständige
Lösung erfolgt.
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Beispiel 3 Herstellung eines stranggepreßten Produktes 100 Teile
Polyvinylchlorid (Handeisbezeichnung Geon 101), 40 g Dioctylsebacat als Weichmacher
und 2 Teile Zinntetra-n-octylmerkaptid als Stabilisator werden in einen trockenen
Mischer gebracht. Zuge geben werden ferner 5 Teile Ti O2 als Füllstoff und Farbstoff,
wie gewünscht. Die Mischung wird 1 Stunde rotierend geschüttelt und von dort in
eine Banburymaschine gebracht, die auf 1500 geheizt ist.
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Von da wandert die verflüssigte Mischung auf eine geheizte Mühle und
wird in Streifen geformt, die in die Strangpresse gehen. Das stranggepreßte Produkt
hat die Form von runden Stäben mit einem ungefähren Durchmesser von 1 cm. Die so
erhaltenen Stäbe werden gekühlt und zu kleinen Tabletten zerschnitten. Diese Tabletten
werden sodann neuerlich in der Strangpresse zu Platten oder Streifen verarbeitet
oder z. B. zum Überziehen von Kupferdrähten für Isolationszwecke verwendet.
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In der Herstellung von Artikeln aus hartem Polyvinylchlorid wird
in analoger Weise gearbeitet, nur wird der Weichmacheranteil vermindert.
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In den vorhergehenden Beispielen 1 bis 3 kann statt der speziell
angeführten Harze irgendein anderes handelsübliches Polyvinylchlorid oder Mischpolymerisat
von Vinylhalogenid verwendet werden, ohne den Erfolg zu schmälern. Desgleichen kann
irgendeiner der erfindungsgemäßen Stabilisatoren statt der in den Beispielen speziell
gewählten Produkte herangezogen werden.
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Die erfindungsgemäß stabilisierten Produkte sind genügend stabil
gegen Einfluß von Licht und Wärme unter den normalen Bedingungen von Lagerung und
Benutzung.
Sie zeigen kein Ausblühen wenn sie erwärmt werden.
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Beispiel 4 Chloriertes Paraffin mit einem Chlorgehalt von 40 0/o
wird durch 12 Stunden auf 660 erhitzt und Stickstoff durchgeblasen. Das Paraffin
verliert dabei 100/o Chlor. Wenn demselben Paraffin 3°/o eines erfindungsgemäßen,
z. B. eines der in den vorhergehenden Beispielen erwähnten Stabilisatoren zugefügt
werden, beträgt der Chlorverlust unter sonst gleichen Bedingungen nur etwa 1 0/o.