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Die Erfindung betrifft ein Fahrdynamik-Regelsystem eines insbesondere
vierrädrigen Kraftfahrzeuges, wobei das zwischen Rädern und Fahrbahn zur
Verfügung stehende Kraftschlußpotential durch ein Rechenverfahren
ermittelt wird und unter Berücksichtigung hiervon ein Längskräfte auf die
Fahrzeugräder aufbringendes Regelsystem geeignet betrieben wird. Zum
technischen Umfeld wird neben der DE 198 22 481 A1 auf die DE 42 00 997 A1
verwiesen.
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Bekannte Systeme zur Aufrechterhaltung der Fahrstabilität können unter
dem Begriff "Fahrdynamikregelung" subsumiert werden und berücksichtigen
im allgemeinen den querdynamischen und längsdynamischen Zustand eines
Fahrzeuges. Dieser Zustand soll dann durch aktive Eingriffe z. B. in die
Lenkanlage und/oder Bremsanlage und/oder Antriebsanlage des
Kraftfahrzeuges geeignet beeinflusst werden. So beschreibt bspw. die genannte
DE 198 22 481 A1 eine Fahrstabilitäts-Steuerungsvorrichtung für ein
Fahrzeug, das ein vorderes rechtes, ein vorderes linkes, ein hinteres rechtes und
ein hinteres linkes Rad sowie ein Bremssystem zur wahlweisen separaten
Bremsung eines jeden der Räder hat. Die Steuerungsvorrichtung schätzt
dann ein Verhältnis einer Längskraft zu einer Vertikallast, die auf jedes der
Räder wirkt, ab, und betätigt bei einem gewünschten Bremsvorgang das
Fzg.-Bremssystem derart, daß das genannte Verhältnis an jedem Rad einen
im wesentlichen gleichen Wert einnimmt.
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In der eingangs ebenfalls genannten DE 42 00 997 A1 ist ein Verfahren zur
Ermittlung der fahrdynamischen Sicherheitsreserve eines Kraftfahrzeuges
beschrieben. Dieses ist mit einem Lenkwinkelsensor, mit
Beschleunigungssensoren sowie mit einem Raddrehzahlsignale liefernden ABS-Gerät
ausgerüstet. Zur Ermittlung der fahrdynamischen Sicherheitsreserve werden im
Steuergerät zuerst aus der Querbeschleunigung und dem Lenkwinkel ein
Kraftschlußwert in Querrichtung, und dann aus der Raddrehbeschleunigung
und der Längsbeschleunigung ein Kraftschlußwert in Längsrichtung ermittelt.
Aus diesen beiden Kraftschlußwerten wird eine maximal erreichbare
Längsbeschleunigung durch Multiplikation mit fahrzeugspezifischen Koeffizienten
ermittelt, woraus dann eine Grenzkurve gebildet wird, mit welcher die
aktuelle Quer- und Längsbeschleunigung des Fahrzeugs verglichen wird, um die
fahrdynamische Sicherheitsreserve zu ermitteln.
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Ist nun mit - für geringere Anforderungen - ggf. bereits ausreichender
Genauigkeit das vorhandene Kraftschlußpotential, d. h. die soeben genannte
fahrdynamische Sicherheitsreserve bekannt, so gilt es, diese in einem
Fahrdynamik-Regelsystem nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 bestmöglich
zu nutzen, was mit der vorliegenden Erfindung aufgezeigt werden soll (=
Aufgabe der vorliegenden Erfindung).
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Die Lösung dieser Aufgabe ist dadurch gekennzeichnet, daß zusätzlich ein
querdynamisches Regelsystem, welches Seitenkräfte in die Räder einleitet
und/oder ein vertikaldynamisches Regelsystem, welches die in
Vertikalrichtung orientierte Radlast ändert, derart betrieben wird, dass das
Kraftschlusspotential weitgehend ausgenutzt werden kann. Vorteilhafte
Weiterbildungen sind Inhalt der Unteransprüche.
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Erfindungsgemäß wird somit zur Optimierung des Kraftschlusses nicht nur
ein an sich bekannter, bislang üblicher Fahrdynamikregler herangezogen,
der durch geeignete Eingriffe in das Bremssystem und/oder in die Steuerung
des Fzg.-Antriebsaggregates stabilisierende Einflüsse in den einzelnen
Radaufstandsebenen bewirkt bzw. die dort in der Horizontalebene zu
übertragenden Längskräfte derart beeinflußt, daß ausreichende Fahrstabilität
gewährleistet ist, sondern es erfolgt zusätzlich eine geeignete Verknüpfung mit
weiteren Fahrwerk-Regelfunktionen, wie z. B. mit einer elektronisch
regelbaren Hinterachslenkung oder einer Vorderachs-Überlagerungslenkung, wobei
es sich bei diesen beiden Systemen um querdynamische Regelsysteme
handelt, die Seitenkräfte ebenfalls in der Horizontalebene zwischen
Rad/Reifen und Fahrbahn einleiten.
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Anstelle eines (oder mehrerer) querdynamischen Regelsystemes oder auch
zusätzlich zu diesem (oder diesen) kann eine Verknüpfung mit einem oder
mehreren vertikaldynamischen Regelsystemen erfolgen, wie z. B. mit einer
elektronischen Dämpfkraftverstellung, einer Stabilisatorverstellung oder einer
aktiven Federung, die - an sich bekannt - bislang vornehmlich der
Verbesserung des Fahrkomforts dienen, und die Vertikalkräfte in das System Rad-
Fahrbahn einbringen können. Da sich über diese Systeme in Vertikalrichtung
zwischen den Rädern und der Fahrbahn die Radlasten (nämlich die
Vertikalkräfte) direkt beeinflussen lassen, können diese Regelsysteme in besonders
effizienter Weise auch zur Verbesserung des Fahrverhaltens und der
Fahrsicherheit herangezogen werden.
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Insgesamt können somit mit gezielten Eingriffen in die Steuerung des
Antriebsaggregates sowie in das Bremssystem die Längskräfte und mit
weiteren Eingriffen bspw. in das Lenkungssystem des Kraftfahrzeuges die
Querkräfte und/oder mit (noch) weiteren Eingriffen in ein in Vertikalrichtung
wirkendes System die einzelnen Radlasten an den einzelnen Rädern derart
gezielt geändert und dabei derart aufeinander abgestimmt werden, daß das
vorhandene Kraftschlußpotential optimal oder quasioptimal, d. h. weitgehend
ausgenutzt werden kann. In bestimmten (ansonsten kritischen)
Fahrsituationen, in denen ein entsprechender Bedarf besteht, wird somit angestrebt,
durch ein vertikaldynamisches und/oder ein querdynamsiches Regelsystem
zusätzlich zum Längskräfte auf die Fahrzeugräder aufbringenden
Regelsystem das zur Verfügung stehende Kraftschlusspotential in weitgehend
optimaler Weise auszunutzen.
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Im Sinne einer vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung wurde erkannt, daß
mögliche Eingriffe bspw. in das Bremssystem oder in die Antriebsregelung
des Kraftfahrzeuges zur Aufrechterhaltung der Fahrstabilität nur dann
wirksam werden können, wenn zwischen den Rädern bzw. Reifen und der
Fahrbahn ein ausreichendes Kraftschlußpotential zur Verfügung steht. Letzteres
ist bekanntermaßen für jedes Rad eines bspw. vierrädrigen Kraftfahrzeuges
von der individuellen Radlast in Vertikalrichtung abhängig, d. h. von der
individuellen Radaufstandskraft, die im fahrdynamischen Zustand starken
Änderungen unterworfen ist.
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Im bekannten Stand der Technik wird diese Tatsache nicht oder nur
unzureichend berücksichtigt, d. h. es wird nicht erkannt, ab wann die Reifen keine
größeren Kräfte mehr übertragen können, wenn ein Rad gelenkt, gebremst
oder angetrieben wird. Daher wird in den bekannten
Fahrdynamik-Regelsystemen auch nicht erkannt, wann der Eingriff des Regelsystems keinen
weiteren Effekt auf die Fahrzeugbewegung haben kann, nachdem die
Kraftschlußgrenze eines oder mehrerer Räder bereits erreicht ist.
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Dabei stellt sich diese zusätzliche Problematik insbesondere dann, wenn
unterschiedliche Fahrwerk-Regelsysteme vorgesehen sind, die parallel
zueinander das Fahrzeug-Fahrverhalten beeinflussen können, ohne dabei
direkt funktional miteinander verknüpft zu sein. Beispiele für derartige
unterschiedliche Fahrwerk-Regelsysteme sind die bereits genannten
querdynamischen und vertikaldynamischen Systeme, die sich im bekannten Stand der
Technik bei der an sich gewünschten Ausnutzung des Kraftschlußpotentials
durchaus gegenseitig behindern oder in ihrer Wirkung neutralisieren können.
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In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung kann zur Lösung dieser
weiteren Problematik vorgesehen sein, daß in die besagte Berechnung des
Kraftschlußpotentials (die im Oberbegriff des Anspruchs 1 angegeben ist)
neben den in der Horizontalebene zwischen den Rädern und der Fahrbahn
übertragenen Kräften zusätzlich die in Vertikalrichtung orientierte Radlast mit
eingeht. In einer besonders vorteilhaften Weiterbildung ist hierfür an jedem
Rad ein Aufbau-Höhenstandssensor vorgesehen, aus deren Signalen die in
Vertikalrichtung orientierte Radlast auf relativ einfache Weise ausreichend
genau bestimmbar ist, wie an späterer Stelle noch ausführlich erläutert wird.
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Zur Verbesserung des Fahrverhaltens und der Fahrsicherheit wird somit
vorgeschlagen, das Kraftschlußpotential zwischen Reifen und Fahrbahn optimal
auszunutzen, wozu das jeweils vorhandene Kraftschlußpotential durch ein
Rechenverfahren ermittelt wird, welches die Signale diverser
Fahrwerksensoren sowie fahrwerkspezifische Kenndaten des Fahrzeugs verarbeitet.
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Im weiteren wird ein erfindungsgemäßes Fahrdynamik-Regelsystem im
Sinne eines bevorzugten Ausführungsbeipieles für ein vierrädriges
Kraftfahrzeug, insbesondere einen Personenkraftwagen, erläutert, der/das mit einem
der bekannten Fahrdynamikregelsysteme und einer beliebigen Zweiachs-
Niveauregulierung ausgestattet ist. Bekanntermaßen erlaubt es eine
derartige Zweiachs-Niveauregulierung, den Höhenstand des Aufbaus gegenüber
der Fahrbahn radindividuell zu verändern, d. h. für jede - bevorzugt als
Einzelradaufhängung ausgebildete - Radaufhängung kann der Abstand
zwischen dem Bodenblech der Fzg.-Karosserie und dem Rad in gewissen
Bereichen beliebig eingestellt werden. Erfindungswesentlich können dabei
sämtliche näher beschriebenen Merkmale sein.
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An einem derartigen Fahrzeug, an welchem grundsätzlich die Möglichkeit
gegeben sein muß, die in Fahrtrichtung orientierte (negative oder positive)
Längsbeschleunigung sowie die in Querrichtung hierzu orientierte
Querbeschleunigung zu messen, stehen im allgemeinen die folgenden Sensoren zur
Verfügung:
- - 4 Höhenstandssensoren zur Messung der Ein- und Ausfederwege des
Aufbaus an den einzelnen Radaufhängungen
- - 4 Raddrehzahlfühler, d. h. die sog. ABS-Sensoren
- - ein Drehraten- oder Giergeschwindigkeitssensor
- - ein Querbeschleunigungssensor,
- - ein Lenkwinkelsensor
- - zumindest ein Bremsdrucksensor, sowie
- - ein Drosselklappenwinkelsensor oder ein adäquates Signal aus der
Steuerungselektronik des Fzg.-Antriebsaggregates zur Ermittlung von dessen
Drehmoment- oder Leistungsabgabe.
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Dabei kann mit den drei letztgenannten Sensoren der Fahrerwunsch sensiert
werden, nämlich eine Lenkbewegung für eine gewünschte Kurvenfahrt sowie
Bremsen und "Gasgeben" für eine gewünschte negative oder positive
Beschleunigung in Fzg.-Längsrichtung. Mit den davor genannten Sensoren
hingegen kann das Fahrverhalten des Fahrzeugs als Resultat der
Fahrervorgabe festgestellt werden. Durch Vergleich des somit festgestellten sog.
Ist-Fahrzustands mit einem aus dem sensierten Fahrerwunsch ermittelten
sog. Soll-Fahrzustand kann daraufhin ein Fahrdynamik-Regelsystem in an
sich bekannter Weise feststellen, ob sich das Fahrzeug noch auf stabilem
Kurs befindet oder ob die Aktuatorik des Regelsystems bspw. durch Eingriffe
in das Bremssystem oder in die Steuerung des Fzg.-Antriebsaggregates
korrigierend tätig werden muß.
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Ergänzend zu diesem bekannten Stand der Technik kann nun bevorzugt
über die an den einzelnen Rädern vorhandenen Höhenstandssensoren
gemäß der beigefügten Diagramm-Darstellung nach Fig. 1 aus dem
Einfederungszustand eines jeden Rades dessen aktuelle Radlast ermittelt werden.
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Hierfür sind die selbstverständlich bekannten Kennlinien der Aufbau-
Federelemente, über welche sich der Fzg.-Aufbau in Vertikalrichtung auf den
Rädern abstützt, sowie die zugeordneten Stabilisatorraten und ggf. die
Kennlinien der ebenfalls wie üblich vorgesehenen Stoßdämpfer zu
berücksichtigen. Im einzelnen kann, wenn die Radhübe der einzelnen Räder
bekannt sind, zunächst der darin enthaltene Anteil der Radlast errechnet
werden, der sich aufgrund des gleichseitigen Einfederns ergibt. Bei Beachtung
der Radhubdifferenz der Räder einer Achse des Fahrzeuges wird der Anteil
aufgrund wechselseitigen Einfederns bestimmt. Um die dynamischen Kräfte
zu berücksichtigen, kann zusätzlich noch die Radhubgeschwindigkeit
gebildet werden, und zwar durch zeitliche Differentiation des
Höhenstandssensorsignals, die dann zusammen mit der Dämpferkennlinie und zugehöriger
Übersetzung die Dämpferkraft ergibt. Durch weitere Differentiation kann
durch Bestimmen der Radhubbeschleunigung auch noch die Trägheitskraft
der sog. ungefederten Masse einfließen.
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Auf die beschriebene Weise kann somit die Radlast eines jeden Rades
durch Addition aller vier genannten Anteile beliebig genau bestimmt werden,
so wie dies in Fig. 1 dargestellt ist, wobei der üblichen Fachterminologie
entsprechend eine Kraft mit dem Buchstaben "F" und die Vertikalrichtung mit
der Koordinate "z" bezeichnet ist, während der Buchstabe "h" eine Höhe
oder Längserstreckung in z-Richtung symbolisiert und die zeitliche
Differentiation durch einen Punkt über der zu differenzierenden Größe (hier: h)
verdeutlicht ist.
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In einem zweiten Schritt sind nun die maximal möglichen Reifenkräfte in der
Horizontalebene zwischen Rad/Reifen und Fahrbahn zu bestimmen, und
zwar sowohl in Fzg.-Längsrichtung (gekennzeichnet durch die Koordinate
"x") als auch in Fzg.-Querrichtung (gekennzeichnet durch die Koordinate "y").
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Da hierfür eine relativ gute Kenntnis der Reifeneigenschaften (möglichst in
Form eines Reifenkennfelds) sowie der Fahrbahnbeschaffenheit erforderlich
ist, wird die Bestimmung mit dem o. g. Einsatz an Sensoren relativ schwierig.
Grundsätzlich läßt ein Reibwertsensor zur Ermittlung des Reibwertes
zwischen Rad bzw. Reifen und Straße eine deutliche Verbesserung der
Genauigkeit erwarten, falls jedoch nicht auf einen solchen Reibwertsensor
zurückgegriffen werden kann, so kann eine grundsätzlich bereits bekannte
Reibwertschätzung eines bereits bekannten Fahrdynamikregelungs-Systems
herangezogen werden. Eine solche Reibwertschätzung ist bspw. auch in den in
jüngerer Zeit vermehrt bekannt gewordenen elektronischen
Stabilisierungsprogrammen (ESP oder auch DS genannt) enthalten.
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Zusammen mit der in beschriebener Weise bereits bestimmten Radlast Fz
kann nun zusammen mit einem gemessenen oder geeignet geschätzten
Reibwert (wie üblich mit dem griechischen Buchstaben "µ" bezeichnet)
ermittelt oder zumindest hinreichend genau abgeschätzt werden, welche
Horizontalkräfte vom Rad bzw. Reifen maximal auf die Fahrbahnoberfläche
übertragen werden können.
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Im Folgenden wird beispielhaft zur Vereinfachung der Rechnung die
durchaus übliche Annahme getroffen (vgl. diesbezüglich auch den eingangs
zitierten druckschriftlichen Stand der Technik), daß das sog. Reifenkennfeld - wie
in der beigefügten Fig. 2 dargestellt - durch Ellipsen angenähert werden
kann, nämlich in Form der sog. "Kraftschlußellipse". Dabei sei im folgenden
die in x-Richtung (Längsrichtung) liegende Ellipsen-Halbachse mit dem
Buchstaben "a" und die in y-Richtung (Querrichtung) liegende Ellipsen-
Halbachse mit dem Buchstaben "b" bezeichnet.
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Sollen nun wie vorgeschlagen Vertikalbewegungen des Kraftfahrzeug-
Aufbaus gegenüber den Rädern in die Berechnung des Kraftschlußpotentials
mit eingehen, welche zu Radlastschwankungen (in Vertikalrichtung z) führen,
so ist theoretisch jeder möglichen Radlast eine eigene Ellipse zuzuordnen,
wobei die Flächen der Ellipsen mit steigender Radlast zunehmen. In einem
dreidimensionalen Koordinatensystem, bei welchem die zwischen Rad und
Fahrbahn übertragenen Horizontalkräfte die beiden Ellipsenachsen
definieren und die darauf senkrecht stehende dritte Achse durch die Vertikalkraft
(zwischen Rad und Fahrbahn) beschrieben wird, können nun diese Ellipsen
unterschiedlicher Vertikalkräfte übereinander angeordnet werden, wodurch
sich quasi als Hüllkörper ein Kegel mit elliptischer Grundfläche ergibt, der als
"Kraftschluss-Kegel" bezeichnet werden kann. Zumindest gilt dies solange,
wie die horizontalen Reifenkräfte sich näherungsweise durch einen linearen
Zusammenhang von der Radlast abbilden lassen, so wie dies in Fig. 3a
dargestellt ist. Der Öffnungswinkel dieses Kraftschlußkegels ergibt sich dabei -
wie in der Figur angegeben - aus dem momentanen Reibwert µ, wobei auch
ersichtlich wird, daß sich mit abnehmenden µ proportional alle
Ellipsenflächen verringern.
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Bei völlig exakter Betrachtungsweise wäre infolge der tatsächlichen
Reifeneigenschaften die Mantelfläche dieses Kraftschlußkegels entsprechend der
Nichtlinearitäten im Übergangsbereich gekrümmt, was auch in einem
Rechenprogramm berücksichtigt werden kann. Für das folgende vereinfachte
Rechenverfahren wird jedoch (zunächst noch) von einer geraden Mantellinie
des Kraftschlußkegels ausgegangen.
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Im Detail gibt die Größe jeder einzelnen Ellipsenfläche für die jeweils
zugehörige Radlast das maximal zur Verfügung stehende Kraftschluss-Potential
an, welches sich - wie in Fig. 3a dargestellt - durch vektorielle Addition der
beiden Horizontalkomponenten Fx,max und Fy,max ergibt. Mit der Kenntnis
dieser maximalen Horizontalkräfte ist nun die Kraftschlussgrenze des oder der
einzelnen Reifen (oder Rades) bestimmt. Für den praktischen Gebrauch ist
jedoch nicht diese Kraftschlussgrenze selbst, sondern der Abstand des
momentanen Betriebspunkts der Reifenkräfte von dieser Kraftschlussgrenze
von Interesse. Es interessiert also die im aktuellen Betriebspunkt noch
vorliegende Kraftschluss-Reserve, d. h. das unter Berücksichtigung der
aktuellen Kraftschluss-Ausnutzung noch verbleibende Kraftschlusspotential. Diese
Kraftschluss-Reserve wird dabei (in der figürlichen Darstellung des sog.
Kraftschluss-Kegels) durch den kürzesten Abstand zwischen dem maximal
zur Verfügung stehendem Kraftschluss-Potential und der aktuellen
Kraftschluss-Ausnutzung gebildet, d. h. zwischen der Mantelfläche des
Kraftschluss-Kegels und dem aktuellen Betriebspunkt. Diese sog. Kraftschluss-
Reserve wird nun in einem dritten Berechnungsschritt bestimmt, der
prinzipiell in Fig. 4 dargestellt ist.
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Benötigt werden hierfür selbstverständlich die augenblicklichen Reifenkräfte,
die jedoch teilweise, nämlich in Form der bereits bestimmten Radlast Fz
schon bekannt sind, oder die sich (in der Horizontalebene) mit Hilfe der
genannten Sensorik in bekannter Weise schätzen lassen. So kann die in
Querrichtung y orientierte Seitenkraft Fy aus der Quer- und Gierbeschleunigung
näherungsweise bestimmt werden und die in Fzg.-Längsrichtung x orientierte
Längskraft Fx aus der Längsbeschleunigung bzw. aus dem aktuellen
Abgabe-Drehmoment des Fzg.-Antriebsaggregates sowie aus den aktuellen
Bremsdrücken ermittelt werden. Hierfür sind der bereits genannte
Querbeschleunigungs- und Gierratensensor sowie die Informationen über die
Rad-Drehzahen erforderlich und außerdem geeignete Werte aus dem
Steuerungssystem des Fzg.-Antriebsaggregates sowie aus der an sich bekannten
Bremsdruckschätzung eines bekannten Fahrdynamikregelung-Systems.
Falls dabei die Bestimmung der jeweiligen Kräfte z. B. durch eine
Fahrbahnneigung verfälscht wird, so können auch hierfür geeignete Schätzverfahren
angewendet werden, wie sie aus der Fahrdynamikregelung grundsätzlich
bekannt sind.
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Nunmehr sind also die aktuellen Horizontalkräfte zwischen Rad/Reifen und
Fahrbahn sowie für jedes Rad einzeln die aktuelle Kraftschlußellipse - in
Kenntnis der Radlast/Vertikalkraft aus dem sog. Kraftschlußkegel abgeleitet -
bekannt, so daß wesentlich genauer als im bekannten Stand der Technik
eine Kraftschluss-Reserve als Differenz dieser beiden bekannten Werte
bestimmt werden kann. Diese Kraftschluss-Reserve kann dann herangezogen
werden, um ein Fahrdynamik-Regelsystem in günstiger Weise betreiben zu
können, was an späterer Stelle noch näher erläutert wird.
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Zunächst sei jedoch eine vorteilhafte Weiterbildung der vorliegenden
Erfindung beschrieben, die das vorhandene Kraftschlußpotential quasi auf die
einzelnen Koordinaten aufteilt. Von Interesse ist somit nicht nur der kürzeste
Abstand des augenblicklichen Betriebspunktes bis zur Kraftschlußgrenze
innerhalb der aktuellen Kraftschlußellipse, sondern auch die maximal
mögliche Änderung für jede der drei Kräfte Fx, Fy und Fz, und zwar jeweils
innerhalb des bereits erläuterten Kraftschlußkegels soweit, bis das
Kraftschlußpotential ausgeschöpft ist. In anderen Worten ausgedrückt kann sodann
ermittelt bzw. berücksichtigt werden, welches Kraftschlußpotential bspw. in
Längsrichtung (x) noch vorhanden ist, nachdem sich die Radlast in
Vertikalrichtung (Fz) verändert hat oder mittels einer geeigneten Maßnahme sogar in
geeigneter Richtung gezielt verändert wurde.
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Am Beispiel des beschriebenen und in Fig. 3a dargestellten Kraftschluss-
Kegels mit elliptischer Grundfläche ergeben sich die in Fig. 3b in Form von
Gleichungen angegebenen maximal möglichen Änderungen für die Kräfte F
in den einzelnen Koordinaten-Richtungen x, y, z, wobei ausdrücklich darauf
hingewiesen sei, dass eine derartige Berechnung lediglich als ein
Ausführungsbeispiel zu verstehen ist. Anhand von Fig. 5 wird dieses Verfahren im
folgenden nochmals ausführlicher erläutert:
Ausgehend von einem aktuellen Betriebspunkt auf der unteren Ellipse, der
durch die Vertikalkraftkomponente Fz0 sowie die Längskraft Fx0 und die
Seitenkraft Fy0 beschrieben ist - (diese Komponenten stellen die momentane
Kraftschluss-Ausnutzung dar) -, werden einerseits die jeweiligen
Kraftschlußreserven in x- und y-Richtung (nämlich ΔFx,max und ΔFy,max) bestimmt.
Gleichzeitig wird angegeben, wie stark sich die Vertikalkraft noch ändern dürfte, bis
das Rad an seiner Kraftschluss-Grenze angelangt ist. Bspw. gibt in Fig. 5 der
Vektor ΔFz,max an, wie weit das Rad noch ausfedern dürfte, bis bei
unveränderten Horizontalkräften das zur Verfügung stehende Kraftschluss-Potential
ausgeschöpft ist. Wie ersichtlich führt der Vektor ΔFz,max von der unteren
Ellipsen-Ebene zu einer darüber liegenden Ellipse, in welcher ein
Betriebspunkt mit diesen Horizontal-Kräften Fx0 und Fy0 exakt auf dem Ellipsenrand
liegt und somit das zur Verfügung stehende Kraftschlußpotential vollständig
ausschöpft.
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Auf die beschriebene Weise können somit für jedes Rad separat die
aktuellen Kraftschlussreserven unter Berücksichtigung aller drei Dimensionen
ausreichend genau (und wegen der Berücksichtigung der Vertikalbewegungen
des Aufbaus vor allem erheblich genauer als im bekannten Stand der
Technik) ermittelt werden. Daraufhin ist es möglich, diese ermittelten
Kraftschlußreserven einem sogenannten "Kraftschlußregler" zuzuführen, der unter
Berücksichtigung des gewünschten Fahrmanövers eine günstige Nutzung des
aktuellen Kraftschlußangebotes veranlaßt.
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Ehe hierauf näher eingegangen wird, sei noch darauf hingewiesen, daß für
Fälle, in denen eine höhere Genauigkeit als gemäß der obigen Beschreibung
berechnet erwünscht wird, sich die genannten Reifenkennfelder anstelle
durch die sog. Kraftschluß-Ellipsen mathematisch durch Polynome in
beliebiger Genauigkeit annähern lassen. Dann mutieren die Ellipsengleichungen
in Fig. 3b zu Parabeln n-ter Ordnung und der bislang sog. Kraftschlußkegel
läßt sich dann bspw. durch ein sog. dreidimensionales Polynom-Kennfeld
darstellen. Ferner sei darauf hingewiesen, daß für die Beschreibung des
erläuterten Verfahrens zur Ermittlung des Kraftschlußpotentials ein an sich
bekannter Fahrdynamikregler als Basissystem gewählt wurde, weil ein solcher
i. a. mit den wichtigsten Sensoren ausgestattet ist, die zur Bestimmung des
Kraftschlusses erforderlich sind. Stattdessen können jedoch auch andere
Systeme mit ähnlicher Sensorik zugrunde gelegt werden.
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An das soweit beschriebene System kann sich nun - wie bereits kurz
erwähnt wurde - ein sog. Kraftschlußregler anschließen, der unter
Berücksichtigung eines gewünschten Fahrmanövers eine günstige Nutzung des
aktuellen Kraftschlußangebotes veranlaßt. Mit dem Begriff "Kraftschlußregler" wird
ein bspw. innerhalb eines Fahrdynamikreglers enthaltener Funktionsumfang
bezeichnet, der zur Optimierung des Kraftschlusses dient. Bevorzugt erfolgt
nun in diesem Kraftschlußregler eine Priorisierung bzw. Aufteilung des
berechneten bzw. übermittelten Kraftschlußpotentials an die beteiligten
Regelfunktionen nach einem festgelegten Schlüssel.
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Wie weiter oben bereits erläutert wurde, kann damit ein System betrieben
werden, das nicht nur die in Fzg.-Längsrichtung verlaufenden Längskräfte in
die Horizontalebene zwischen Rad/Reifen und Fahrbahn geeignet einleitet,
sondern zusätzlich ein querdynamisches sowie ein vertikaldynamisches
Regelsystem. Als derartige zusätzliche Fahrwerk-Regelfunktionen sind bspw.
eine elektronisch regelbare Hinterachslenkung oder einer Vorderachs-
Überlagerungslenkung zu nennen, wobei es sich bei diesen beiden
Systemen um querdynamische Regelsysteme handelt. Zusätzlich sollen gezielte
Eingriffe in ein oder auch mehrere vertikaldynamische(s) Regelsystem(e)
erfolgen, wie z. B. in Form einer elektronischen Dämpfkraftverstellung, einer
Stabilisatorverstellung oder einer aktiven Federung. Diese drei
letztgenannten Systeme sind an sich grundsätzlich bekannt, dienten jedoch bislang
vornehmlich der Verbesserung des Fahrkomforts. Da sich über diese
vertikaldynamischen Systeme jedoch auch die Radlasten direkt beeinflussen
lassen, können sie erfindungsgemäß ebenfalls zur Verbesserung des
Fahrverhaltens und der Fahrsicherheit herangezogen werden.
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Bevorzugt kann ein sog. Kraftschlußregler nicht nur das aktuelle
Kraftschlussangebot ermitteln, sondern zusätzlich die Aufgabe haben, die
jeweiligen Anforderungen der beteiligten Systeme miteinander zu vergleichen und
Prioritäten für ihre Umsetzung festzulegen. Beispielsweise bzw. bevorzugt
kann/sollte an erster Stelle die Fahrsicherheit stehen, wonach allgemein auf
ein gutes Fahrverhalten Wert gelegt werden kann und woran sich als letztes
(mit der geringsten Wichtigkeit) sog. Komfortfunktionen anschließen können.
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In diesem Sinne haben Bremsvorgänge, die vom Fahrer eingeleitet werden,
Vorrang vor allen anderen Regelungsfunktionen; d. h. alle Stellsignale an die
möglichen Aktuatoren, über die Einfluß auf die Fahrdynamik genommen
werden kann, werden hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf den Kraftschluß
überprüft und ggf. derart korrigiert, daß eine maximale Bremsverzögerung
erzielt wird. Selbstverständlich können nach Möglichkeit daneben aber auch
andere Funktionen mit erfüllt werden. Wird z. B. das Fahrzeug während einer
Stabilitätsregelung in der Kurve vom Fahrer stark abgebremst, können die
Bremskräfte derart verteilt werden, daß sich neben dem kürzestmöglichen
Bremsweg auch ein weitgehend stabiles Kurvenverhalten einstellt. Darüber
hinaus kann über die vertikaldynamischen Regelsysteme - in diesem Fall
insbesondere über die elektronische Stabilisatorverstellung - zusätzlich noch
Einfluß auf die Radaufstandskräfte genommen werden, mit dem Ziel, die
Radlasten an diejenigen Räder zu verlagern, die den höchsten
Kraftschlußbedarf haben.
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Wie bereits erwähnt, wird ein derartiger Funktionsumfang innerhalb eines
ansonsten an sich bekannten Fahrdynamikreglers, der das
Kraftschlußangebot abschätzt und für eine optimale Nutzung sorgt, als Kraftschlußregler
bezeichnet. Ein derartiger erfindungsgemäßer Kraftschlußregler kann nun
entweder von vornherein in der Systemarchitektur berücksichtigt sein oder
nachträglich, d. h. zu einem bereits existierenden Fahrdynamikregler
hinzugefügt werden.
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In der beigefügten Fig. 6 ist ein Kraftschlußregler in einem Basissystem
integriert, das bereits über ein Fahrzeug-Simulationsmodell verfügt, wie z. B. in
einem Fahrdynamikregler. Dieser bedient sich üblicherweise eines Ein- oder
Zweispur-Rechenmodells, das - wie bereits ausgeführt wurde - unter
Auswertung des Bremsdrucksensors, Signalen von der Steuerung des Fzg.-
Antriebsaggregates und eines Lenkwinkelsensors die vom Fahrer
beabsichtigte Längs- und Querbewegung des Fahrzeugs (d. h. den Fahrerwunsch
hinsichtlich Geschwindigkeit, Verzögerung oder Beschleunigung sowie
Kurvenfahrt) vorausberechnet, d. h. den sog. Soll-Fahrzustand ermittelt. Hierzu
benötigt der Simulator die wichtigsten fahrzeugspezifischen Parameter wie
Schwerpunktlage, Trägheitsmomente, Radstand, Spurweite und
Schräglaufsteifigkeiten der jeweiligen Reifen.
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In Fig. 6 ist ein solches (grundsätzlich bekanntes) Fahrzeugmodell, welches
den Soll-Fahrzustand ("Soll") ermittelt, als "querdynamisches Modell"
bezeichnet und zusätzlich mit der Bezugsziffer 60 versehen. In einem parallel
hierzu vorgesehenen Software-Modul 61, das mit "Ist-Fahrzustand"
bezeichnet ist, wird aus den Signalen des Giergeschwindigkeitssensors, des
Querbeschleunigungssensors sowie aus den Raddrehzahlen der tatsächliche
Fahrzustand ("Ist") ermittelt. In einem mit der Bezugsziffer 62 versehenen
und "Giermoment-Regler" genannten Modul wird dann der tatsächliche
Fahrzustand "Ist" mit dem Soll-Fahrzustand "Soll" verglichen. Falls die beiden
voneinander abweichen, wird im Giermomentregler 62 auf an sich bekannte
Weise ein Kompensationsmoment errechnet. Im bekannten Stand der
Technik erfolgt daraufhin eine Stabilisierung der Fahrzeuges durch gezielte
Eingriffe in das Bremssystem sowie in das Antriebssystem, d. h. in die
Steuerung des Fzg.-Antriebsaggregates, und zwar derart, daß letztlich der
tatsächliche Ist-Fahrzustand mit dem Soll-Fahrzustand im wesentlichen zur
Deckung gebracht wird.
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In einer bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung werden
nun diese bislang genannten drei Module 60, 61 und 62, die in dieser oder
ähnlicher Weise aus herkömmlichen Fahrdynamikreglern bekannt sind,
weitgehend übernommen, um eine schnelle und effiziente Fahrdynamikregelung
sicherzustellen. Zusätzlich kann jedoch das (zweispurige) "querdynamische
Modell" 60 um ein Modul 63, das eine "vertikaldynamische Erweiterung"
bereitstellt und solchermaßen bezeichnet ist, ergänzt werden.
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Mit Hilfe dieser "vertikaldynamischen Erweiterung" 63 können gemäß obigen
Erläuterungen wie in Fig. 1 dargestellt die Radlasten Fz,i der vier Räder des
PKW (i = 1, 2, 3, 4) ermittelt werden, wofür - wie bereits erläutert wurde - die
Signale der Höhenstandssensoren verwendet werden. Anhand der im
"querdynamischen Modell" 60 enthaltenen Modelldaten können hieraus dann die
Längskräfte Fx,i und Seitenkräfte Fy,i jeweils für die einzelnen Reifen
(i = 1, 2, 3, 4) wie bereits erläutert abgeschätzt werden. In einer alternativen
Ausführungsform können die genannten Kräfte Fx,i Fy,i Fz,i jedoch auch direkt
gemessen werden, sofern geeignete Kraft-Sensoren (z. B. mit der
Reifenverformung als Meßgröße) zur Verfügung stehen, was in Fig. 6 dadurch
dargestellt ist, daß neben dem Höhenstand diese drei Kräfte als Eingangssignale
für das Modul 63 in Klammern gesetzt sind.
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Mit Kenntnis dieser wesentlichen radindividuellen drei Kräfte Fx,i Fy,i Fz,i
lassen sich daraufhin in einem weiteren Modul 64, das mit dem Begriff
"Kraftschluss-Reserven" bezeichnet ist, gemäß den obigen Erläuterungen in
Verbindung mit den Fig. 3, 4, 5 die jeweiligen Kraftschlußreserven ΔFx,i,
ΔFy,i und ΔFz,i ermitteln, und zwar für jedes Rad (i = 1, 2, 3, 4) einzeln in allen
drei Dimensionen. Daraufhin können diese Kraftschlußreserven ΔFx,i, ΔFy,i
und ΔFz,i direkt sog. Prioritätsmodulen 65 bis 68 und/oder dem (bekannten)
Giermoment-Regler 62 zugeführt werden. Letzterer kann erforderlichenfalls
direkt geeignete stabilisierende Eingriffe vornehmen, während in den sog.
Prioritätsmodulen 65, 66, 67, 68 - wie weiter oben bereits kurz erwähnt
wurde und an späterer Stelle noch ausführlicher erläutert wird - über geeignete
Eingriffe in ein querdynamisches sowie in ein vertikaldynamisches
Fahrwerks-Regelsystem entschieden wird und daraufhin geeignete Eingriffe
vorgenommen werden.
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Bevor hierauf näher eingegangen wird, soll jedoch noch eine weitere
vorteilhafte (fakultative) Weiterbildung beschrieben werden. Demnach werden die
Kraftschlußreserven ΔFx,i, ΔFy,i, und ΔFz,i (auch Kraftschlußpotential genannt)
noch um Voraussagewerte ergänzt, die mit Hilfe eines Moduls 69, das als
"vertikaldynamische Simulation" bezeichnet ist, gewonnen werden. Auf an
und für sich bekannte Weise wird in diesem Modul 69 das
Schwingungsverhalten des Fahrzeugs nachgebildet und die Fahrzeugreaktion
vorausbestimmt, soweit es die jeweils verfügbaren Sensoren zulassen.
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So werden aus den Bremsmanövern und Anfahrmanövern des Fahrzeugs
dessen Nickverhalten, aus den Lenkmanövern das Wankverhalten sowie
aus den Höhenstandssignalen das Hub-Schwingverhalten des Aufbaus
vorausberechnet und die zu erwartenden Auswirkungen auf die Längskräfte Fx,i,
auf die Seitenkräfte Fy,i und auf die Vertikalkräfte Fz,i abgeschätzt. Dadurch
ist es möglich, neben den aktuellen Kräften Fx,i, Fy,i Fz,i auch deren
voraussichtliche Entwicklungstendenz in die Schätzung des Kraftschlußpotentials
(d. h. in die Ermittlung der Kraftschlußreserven) mit einzubeziehen, um
möglichst frühzeitig auf eventuelle Änderungen reagieren zu können. Eine
besondere Funktionsgüte wird erzielt, wenn zusätzlich durch vorausschauende
Sensoren (z. B. einen Reibwertsensor am Fahrzeugbug zur Ermittlung des
Reibwertes µ) diese Schätzwerte gestützt werden, was in Fig. 6 durch die
entsprechende in Klammern gesetzte Eingangsgröße µ für das Modul 69
dargestellt ist.
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Die solchermaßen im Modul 69 gewonnen Voraussagewerte für die
besagten Kräfte, die mit F'x,i, F'y,i F'z,i bezeichnet sind, werden dann im sog.
"Kraftschlussreserven"-Modul 64 mit den aus dem Modul 63 ( = vertikaldynamische
Erweiterung) übermittelten Daten für die Ist-Kräfte Fx,i, Fy,i Fz,i verglichen und
auf Plausibilität geprüft.
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In den bereits kurz angesprochenen Prioritätsmodulen 65, 66, 67, 68 werden
jeweils für die relevanten Aktuatoren für das Längskräfte aufbringende
Regelsystem und für das querdynamische Regelsystem und für das
vertikaldynamische Regelsystem des Fahrzeugs die unterschiedlichen
Funktionsanforderungen gesammelt und nach Prioritäten sortiert. Wie in der einleitenden
Beschreibung bereits erläutert wurde, handelt es sich bei dem Längskräfte
aufbringenden Regelsystem um die Steuerung des Bremsdruckes, wofür ein
Modul 65 ("Priorität Bremsdruck") vorgesehen ist, sowie um die Steuerung
des Abgabe-Drehmomentes des Fzg.-Antriebsaggregates, wofür ein Modul
66 ("Priorität Motormoment") vorgesehen ist. Ein querdynamisches
Regelsystem arbeitet bspw. mit Eingriffen in die Fzg.-Lenkung, wofür ein Modul 67
("Priorität Lenkwinkel") vorgesehen ist, während ein vertikaldynamisches
Regelsystem - wie bereits erwähnt wurde - bevorzugt radindividuell in die
Federung und Dämpfung eingreift und/oder das Verhalten des Fahrwerk-
Stabilisators geeignet variiert. Für diese letztgenannten Eingriffe ist ein
Modul 68 ("Priorität Vertikalkraft") verantwortlich.
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Wie in Fig. 6 dargestellt, können im Prioritäts-Modul 65 ("Priorität
Bremsdruck") neben den Anforderungen aus dem Giermomentregler 62 noch der
Fahrerwunsch und die Anforderungen aus einem weiterhin vorhandenen
üblichen ABS-Softwaremodul (für die Steuerung eines Bremsschlupf-
Systems) sowie aus einem sog. ASC/ASR-Modul (hierbei handelt es sich um
eine sog. Automatische Stabilitäts Control oder Antriebsschlupfregelung)
bewertet werden. Derartige Prioritätsschaltungen sind aus
Fahrdynamikreglern für die Bremsdrucksteuerung bekannt. Abweichend davon werden nun
hier in den Prioritätsmodulen 65 bis 68 die Stellsignale an die
entsprechenden Aktuatoren anhand der Schätzwerte für die Kraftschlussreserven ΔFx,i,
ΔFy,i und ΔFz,i auf Umsetzbarkeit geprüft und ggf. direkt an den
Giermomentregler 62 oder an sonstige betroffene Regler rückgeführt.
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Der zweite in Fig. 6 dargestellte direkte Pfad der Schätzwerte für die
Kraftschlußreserven ΔFx,i, ΔFy,i und ΔFz,i aus dem Modul 64("Kraftschlussreserven") zum Giermomentregler 62 ist nicht unbedingt erforderlich, aber
hilfreich, um die Fahrstabilität bei bestmöglichem Fahrkomfort aufrecht zu
erhalten. Zusätzlich sollen jedoch neben den Eingriffen in die Steuerung des
Fzg.-Antriebsaggregates auch noch Eingriffe bspw. über Lenkungssysteme
und/oder Vertikaldynamiksysteme erfolgen, wobei sich anhand der
genannten Schätzwerte für die Kraftschlußreserven ΔFx,i, ΔFy,i und ΔFz,i der für die
jeweilige Fahrsituation optimale Aktuator ansteuern läßt. So ist es sinnvoll,
solchen Instabilitäten, die durch Radlaständerungen (z. B. infolge von
Lastwechseln) ausgelöst wurden, zunächst mit Hilfe von Radlastverlagerungen
(z. B. über gezielte Stabilisatorverstellungen) entgegenzuwirken. Erst falls
diese nicht ausreichen, unterstützen Lenkungs- und/oder Bremseneingriffe
die Maßnahmen zur Gewinnung der Fahrstabilität des Fahrzeuges. Wenn
dagegen zu heftige Lenkmanöver des Fahrers/Fahrzeugführers zu
Stabilitätseinbußen führen würden, sind automatische Lenkungseingriffe am
wirkungsvollsten. Ebenso wie gezielte Bremseneingriffe, wenn z. B.
Bremsmanöver in der Kurve Instabilitäten nach sich ziehen würden.
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Im folgenden wird nunmehr auf die beigefügte Fig. 7 Bezug genommen, in
welcher ein sog. überlagerter Kraftschlußregler dargestellt ist, also ein
Kraftschlußregler, welcher die beteiligten Regelsysteme geeignet ansteuert und
der dabei verschiedenen bereits vorhandenen Fzg.-Regelsystemen
überlagert ist. Ein solcher überlagerter Kraftschlussregler findet bevorzugt dann
Anwendung, wenn in einem bereits fertig entwickelten Regelsystem oder in
einem Verbund von Regelsystemen nachträglich auch noch der Kraftschluß
optimiert werden soll. Da diese Funktion nicht bereits in die Grundfunktion
eingebunden ist damit unvermeidbar zusätzlicher Aufwand erforderlich, was
u. U. zusätzliche Rechenzeit kosten kann.
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In Fig. 7 ist ein Beispiel für einen derartigen Systemverbund dargestellt, in
dem mehrere längsdynamische, querdynamische und vertikaldynamische
Regelsysteme miteinander vernetzt sind. In der Form eines Ablaufplans zeigt
diese Figurendarstellung, wie die unterschiedlichen Regelfunktionen in den
Regelkreis Fahrer/Fahrzeug eingebunden sind. Links im Bild sind die
Bedienelemente des Fahrers für seine wichtigsten fahrerischen Tätigkeiten
(Bremsen, Gasgeben und Lenken) aufgeführt; rechts die Aktuatoren, die er
hierbei betätigt und mit denen er das Fahrverhalten des Fahrzeugs
bestimmt. (Das Fzg.-Antriebsaggregat ist dabei mit "Motor" bezeichnet).
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Zwischen den genannten Bedienelementen und den genannten Aktuatoren
sind in der Figurendarstellung die Regelfunktionen aufgereiht, die den
Fahrer/Führer des Fahrzeugs bei seinen Tätigkeiten unterstützen und dabei das
Fahrverhalten ebenfalls beeinflussen. Nach der Art ihrer Unterstützung sind
diese (an sich vorbekannten Systeme) in vertikale Spalten gegliedert und
werden im folgenden einzeln näher erläutert, wobei darauf hingewiesen sei,
daß von Modulen ausgehende Stellanforderungen in durchgezogenen Linien
und in Modulen eingehende Sensorleitungen in gestrichelten Linien
dargestellt sind.
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Die den "Komfort" beeinflussenden Funktionen 71 sind dem Fahrer entweder
bei seinen Tätigkeiten behilflich (wie Servobremse oder Servolenkung) oder
sorgen durch Beeinflussung der Vertikalkräfte für optimalen Fahrkomfort. Im
einzelnen ist im oberen Feld des sog. Komfort-Moduls 71 neben der
(pneumatischen oder hydraulischen) Servobremse mit der Dynamischen Bremsen
Control "DBC" eine zusätzliche elektronische Unterstützungsfunktion mit
aufgeführt, die speziell in Notbremssituationen einen extrem schnellen
Bremsdruckaufbau ermöglicht und hierzu den Fahrerwunsch aus der
Anstiegsgeschwindigkeit des Bremsdrucks abliest. Ihre Bremsdruckanforderung
(mit PDBC bezeichnet) führt zum auch hier vorgesehenen, i. V. m. Fig. 6 bereits
erläuterten Prioritäts-Modul 65 ("Bremsdruck"). Im Komfort-Modul 71
befinden sich unterhalb der Bremsfunktionen die Funktionen der Motorsteuerung
(Digitale Motor Elektronik "DME" oder Digitale Diesel Elektronik "DDE") sowie
der (hydraulischen oder elektrischen) Servolenkung mit der "Servotronic" als
elektronische Zusatzfunktion, welche die Lenkunterstützung in Abhängigkeit
von der Fahrgeschwindigkeit variiert, damit vor allem beim Parkieren eine
höhere Unterstützung gewährt wird. Im unteren Feld des Komfort-Moduls 71
sind die vertikaldynamischen Regelsysteme "EDC" (Elektronische Dämpfer
Control), die Aktive Federung sowie die Stabilisatorverstellung "ACE" (Active
Cornering Enhancement) wiedergegeben, die fahrsituationsbezogen die
Dämpfer-, Feder- und Stabilisatorkräfte derart einstellen, dass stets für einen
optimalen Fahrkomfort (u. a. möglichst hohe Aufbauruhe) gesorgt ist.
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Mit der Bezugsziffer 72 ist ein weiteres an sich bekanntes Modul bezeichnet,
welches die sog. Schlupfregelfunktionen ausübt. Falls der Fahrer des
Fahrzeugs stärker bremst oder mehr Gas gibt, als es die momentanen
Fahrbahnverhältnisse zulassen, so begrenzen bekanntermaßen die Regelsysteme
"ABS" (Antiblockiersystem) und "ASC" (Automatische Stabilitäts Control) den
Brems- bzw. Antriebsschlupf und regeln ihn derart, dass maximale
Längskräfte Fx und Seitenkräfte Fy übertragen werden können. Die jeweiligen
Bremsdruckanforderungen pABS, pASC und Momentenanforderungen MASC
bezüglich des Motors sind Ausgangsgrößen dieses Moduls.
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Mit der Bezugsziffer 73 ist ein sog. Fahrverhalten-Modul bezeichnet, in
welchem u. a. die sogenannte Cornering Brake Control "CBC" enthalten ist.
Diese ist eine Steuerungsfunktion zur Verbesserung der Fahrstabilität beim
Bremsen in der Kurve, die durch unterschiedlichen Bremsdruckaufbau
links/rechts ein Kompensationsmoment erzeugt, das der eindrehenden
Gierreaktion beim Kurvenbremsen entgegenwirkt und die die Ausgangsgröße
pCBC als Bremsdruckanforderung hat. Wie durch den Pfad λCBC angedeutet,
kann bei Vorhandensein einer Vorderachs-Überlagerungslenkung, welche
dem Lenkwunsch des Fahrers einen zusätzlichen Lenkwinkel überlagert
oder mit einer Hinterachslenkung das benötigte Kompensationsmoment über
entsprechende Lenkeinschläge verstärkt werden. Gleiches gilt für
vertikaldynamische Regelsysteme, die - wie weiter oben ausführlich erläutert wurde -
gezielte Radlaständerungen (in diesem Fahrverhalten-Modul 73 mit RCBC
bezeichnet) durchführen (können).
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Die in diesem Modul 73 weiterhin vorhandene Giermomentregelung GMR ist
grundsätzlich die Kernfunktion von Fahrdynamikregelungen, die weiter oben
i. V. m. Fig. 6 bereits ausführlich erläutert wurde. Dabei können eine
Überlagerungslenkung an der Vorderachse (VAL) und/oder eine Hinterachslenkung
(HAL) ebenfalls zur Optimierung der Fahrstabilität herangezogen werden,
sofern sie - wie in Fig. 7 dargestellt - über dieselben Eingangsgrößen wie
der Giermomentregler GMR verfügen.
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Die Funktion der weiterhin im System nach Fig. 7 enthaltenen sog. Prioritäts-
Module 65, 66, 67, 68 wurde weiter oben bereits anhand Fig. 6 erläutert und
ist dieser im wesentlichen vergleichbar. Im Gegensatz zur Variante nach Fig.
6, wo die Kraftschlussregelung in den Prioritäts-Modulen integriert ist, erfolgt
bei der nunmehr erläuterten Variante nach Fig. 7 die Kraftschlußregelung in
einem separaten, den Prioritäts-Modulen 65-68 nachgeschalteten Modul
74. Bei der hier gezeigten Darstellung ist vorausgesetzt, dass die
tatsächlichen Werte der zu regelnden Reifenkräfte Fx,i, Fy,i Fz,i als Eingangsgrößen zur
Verfügung stehen. Falls die hierzu benötigten Sensoren nicht verfügbar sind,
ist eine Verknüpfung des Kraftschlussregler-Rechenmodells mit den übrigen
Rechenmodellen (GMR und ggf. VAL sowie HAL) erforderlich, um deren
Schätzwerte für Fx,i und Fy,i zu übernehmen.
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Bei dem in Fig. 7 dargestellten Systemverbund handelt es sich um eine
Maximalkonfiguration an Fahrwerk-Regelfunktionen. Die erfindungsgemäße
Kraftschlussregelung lässt sich selbstverständlich aber auch bei reduzierten
Funktionsumfängen anwenden, genauso wie auch bei einer reduzierten
Anzahl an Sensoren. Dann müssen die fehlenden Signale durch plausibilisierte
Schätzwerte ersetzt werden.
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Grundsätzlich kann mit der beschriebenen Vorgehensweise
vorausberechnet werden, wie stark ein Rad individuell noch gebremst, gelenkt oder
entlastet werden kann, bis die horizontalen Reifenkräfte an ihre Begrenzung
gelangen, und damit die Aktionen des Fahrers oder eines Regelsystems
wirkungslos werden bzw. das Fahrzeug unbeherrschbar wird. Dadurch wird die
Regelgüte eines Fahrdynamikregelung-Systems (oder auch anderer
miteinander verknüpfter längs-, quer- oder vertikaldynamischer Systeme) besser
und zuverlässiger. Durch die optimale Ausnutzung des vorhandenen
Kraftschlußpotentials werden die fahrdynamischen Grenzen erweitert, die
Fahrsicherheit wie auch die Fahrleistungen verbessert und der
Auslegungsspielraum für Komfortoptimierungen vergrößert, wobei noch darauf
hingewiesen sei, daß durchaus eine Vielzahl von Details abweichend von obigen
Erläuterungen gestaltet sein kann, ohne den Inhalt der Patentansprüche zu
verlassen.