Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Steuerung eines Beatmungsgeräts mit
einem Atemkreislauf, bestehend aus einem Inspirationszweig und einem
Exspirationszweig, in welchem die für die Beatmung notwendigen
Gaskomponenten über eine Frischgasdosierung zugeführt werden, wodurch
zumindest die verbrauchte Menge an Atemgas wieder auffüllbar ist, mit einer
Atemgasfördereinheit im Inspirationszweig und mit einem Volumenstromsensor im
Exspirationszweig.
In einem Beatmungsgerät wird während der Inspirationsphase ein Atemgas
volumen in den Patienten hineinverschoben. Während der Exspirationsphase wird
ein vom Patienten ausgeatmetes Atemgasvolumen dann wieder in den
Atemkreislauf des Beatmungsgeräts zurückverschoben. Die Verschiebung des
Atemgasvolumens in der Exspirationsphase wird vom Beatmungsgerät nicht
unterstützt, so dass die beim Ausatmen des Patienten in jedem Beatmungsgerät
auftretenden exspiratorischen Widerstände vom Patienten selbst überwunden
werden müssen. Das führt zu einer unbeabsichtigten zeitlichen Verlängerung der
Exspirationsphase im Vergleich zu einer ungehinderten Ausatmung des
Atemgasvolumens durch den Patienten.
Dem Atemkreislauf des Beatmungsgeräts wird des weiteren ein Frischgasfluss
zugeleitet, um den Atemgasverbrauch des Patienten und Leckagen im
Beatmungsgerät zu kompensieren. Insbesondere im Bereich der Anästhesie ist
eine möglichst effektive Ausnutzung des im allgemeinen teure Anästhesiemittel
enthaltenden, zugeleiteten Frischgases erwünscht, um einerseits Anästhesiemittel
einzusparen und andererseits die Umwelt zu schonen.
Nachteile des Stands der Technik sind einerseits exspiratorische Widerstände im
Atemkreislauf des Beatmungsgeräts, gegen die der Patient arbeiten muss und die
die Exspirationsphase unnatürlich verlängern, andererseits ein übermäßiger
Frischgasverbrauch, der Kosten verursacht und im Fall von
Anästhesiegasgemischen die Umwelt belastet.
In der DE 39 00 276 C2 wird ein gattungsgemäßes Beatmungsgerät beschrieben,
dessen Dosiereinheit zur Frischgasversorgung von dem Atemkreislauf des
Beatmungsgeräts selbst abgekoppelt werden kann und lediglich bei Bedarf
während der Exspirationsphase der Beatmung an den Atemkreislauf
angeschlossen werden kann, um aus einem mit Frischgas gefüllten Reservoir
diejenige Frischgasmenge zu entnehmen, welche durch den vorangegangen
Verbrauch ersetzt werden muss. Auf diese Weise wird der Frischgasverbrauch
optimiert, wenngleich hierfür als Nachteil ein vergrößerter konstruktiver Aufwand,
nämlich der einer an- und abkoppelbaren Dosiereinheit mit Frischgasreservoir,
auftritt. Das Problem der exspiratorischen Widerstände im Atemkreislauf beim
Ausatmen des Patienten wird in der DE 39 00 276 C2 nicht behandelt.
Die DE 34 27 182 C2 enthält die Beschreibung eines Verfahrens zur Simulation
der Lungenfunktion und eines Lungensimulators zur Durchführung des
Verfahrens. Zur Erzeugung eines vorgebbaren Atemmusters, darstellbar anhand
des verschobenen Atemgasvolumens, wird dieses Atemmuster in ein elektrisches
Signal umgesetzt, und Sollwert und Istwert der Position eines bewegbaren
Wandteils einer Kammer zum Verschieben des Atemgasvolumens werden
miteinander verglichen. Die Antriebsvorrichtung zur Bereitstellung des Atemgases
wird von dieser Regelabweichung derart gesteuert, dass sie durch Nachfahren
des Wandteils der Kammer die Regelabweichung auf ein Minimum bringt. Ein mit
diesem Betriebsverfahren arbeitender Lungensimulator kann zur Nachahmung
aktiver Lungeneigenschaften eingesetzt werden. Grundsätzlich ist die Steuerung
der Antriebsvorrichtung für die Atemgasförderung während des gesamten Beat
mungszyklus, also während der Inspirationsphase und der Exspirationsphase, wie
in der DE 34 27 182 C2 beschrieben, nicht nur für eine Simulation der
Lungenfunktion, sondern auch für eine tatsächliche Patientenbeatmung möglich.
Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung liegt darin, ein Verfahren zur Steuerung
eines gattungsgemäßen Beatmungsgeräts anzugeben, das eine verbesserte
Frischgasausnutzung beim Beatmungsgerät und verminderte Widerstände im
Atemkreislauf des Beatmungsgeräts für den damit beatmeten Patienten zur Folge
hat.
Die Lösung der Aufgabe erfolgt erfindungsgemäß durch die im Patentanspruch 1
angegebenen Merkmale.
Vorteilhafte Ausgestaltungen des Verfahrens sind in den Unteransprüchen
angegeben.
Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren ist es möglich, einen maximalen Anteil des
ausgeatmeten Atemgases über die Atemgasfördereinheit zum Patienten zurück
zuleiten, so dass nur ein minimaler Anteil des ausgeatmeten Atemgases über die
Narkosegasfortleitung ungenutzt abgeht. Gleichzeitig kann der minimale
endexspiratorische Druck (auch PEEP genannt als Abkürzung für Positive End
Expiratory Pressure) möglichst gering gehalten werden, was als Vorteil anzusehen
ist.
In einer bevorzugten Ausgestaltung des Verfahrens wird außerdem der Druck des
Atemgases überwacht, damit die Patientenlungen bei Beatmung mit dem
Beatmungsgerät nicht durch Unterschreitung eines vorgegebenen Mindestdrucks
pMIN im Atemkreislauf geschädigt werden. Vorteilhafterweise wird soviel Frischgas
zudosiert, dass insgesamt ein zuvor festgelegtes Atemgasvolumen von der
Atemgasfördereinheit über den Inspirationszweig an den Patienten verabreicht
werden kann.
Geschieht die entsprechende Zudosierung von Frischgas nicht automatisch, so
kann der Bedienperson des Beatmungsgeräts alternativ das fehlende
Atemgasvolumen angezeigt werden, so dass sie die entsprechende
Frischgaszudosierung selbst vornehmen kann.
Die Geschwindigkeitssteuerung der Atemgasfördereinheit erweist sich von Vorteil
nicht nur während der Exspirationsphase, sondern auch während der Inspirations
phase, weil damit die Widerstände im Atemkreislauf für den Patienten während
des gesamten Beatmungszyklus vermindert werden können.
Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung wird anhand einer schematischen
Zeichnung dargestellt und im Folgenden näher erläutert. Die Figur zeigt ein
Beatmungsgerät mit den wichtigsten Bauelementen, das mit dem
erfindungsgemäßen Verfahren gesteuert werden kann.
In der Figur ist ein vorzugsweise in der Anästhesie eingesetztes Beatmungsgerät
mit einer Frischgasdosierung 20 und einer Atemgasfördereinheit 1 dargestellt,
welche beispielsweise aus der Kombination eines Zylinders mit einem darin
gleitenden Kolben als Volumenverschiebeeinrichtung ausgebildet sein kann.
Frischgasdosierung 20 und Atemgasfördereinheit 1 werden von einer Auswerte-
und Kontrolleinheit 19 gesteuert und sind an einen Atemkreislauf 2
angeschlossen, der einen Inspirationszweig 10 und einen Exspirationszweig 12
umfasst. Der Atemkreislauf 2 sorgt für eine Beförderung des Atemgases während
der Inspiration zu einem Patienten 3 (Inspirationspfeil 4) und während der
Exspiration vom Patienten 3 (Exspirationspfeil 6) zur Narkosegasfortleitung 5 oder
zu der Atemgasfördereinheit 1 zurück. Der Kreislauf des Atemgases wird durch
die Atemgasfördereinheit 1 aufrechterhalten und durch die Rückschlagventile 7a,
7b, 7c in der durch die Pfeile 4, 6 dargestellten Kreisrichtung gehalten. In dem
Atemkreislauf 2 befindet sich zur Reinigung des Atemgases ein CO2-Absorber 8.
Über eine Frischgasleitung 9 ist in dem Atemkreislauf 2 das während eines
Beatmungszyklus verbrauchte oder durch eventuelle Leckagen entweichende
Atemgas durch die Frischgasdosierung 20 nachfüllbar, dargestellt durch einen
entlang der Frischgasleitung 9 verlaufenden Pfeil. Der Volumenstrom des
Atemgases im Inspirationszweig 10 des Atemkreislaufs 2 wird vom
Volumenstromsensor 11 gemessen, der Volumenstrom des Atemgases im
Exspirationszweig 12 des Atemkreislaufs 2 wird vom Volumenstromsensor 13
gemessen. Die von dem Volumenstromsensor 11, dem Volumenstromsensor 13
und einem Drucksensor 16 gemessenen Werte werden jeweils der Auswerte- und
Kontrolleinheit 19 zugeleitet.
Während der Exspiration teilt sich das vom Patienten 3 über den
Exspirationszweig 12 ausgeatmete Atemgas in zwei Teilströme auf: einen durch
einen ersten Pfeil dargestellten Teilstrom 14, der durch die Narkosegasfortleitung
5 abgeleitet wird, und einen durch einen zweiten Pfeil dargestellten Teilstrom 15,
der über den CO2-Absorber 8 in den Atemkreislauf 2 zurückgeleitet wird.
Die Aufteilung des ausgeatmeten Atemgases in die beiden Teilströme 14 und 15
ist durch die im Atemsystem vorhandenen Widerstände und die Vorspannung des
Ventils 18 zur Narkosegasfortleitung 5 bedingt. Je größer die Vorspannung des
Ventils 18 zur Narkosegasfortleitung 5 ist, umso mehr ausgeatmetes Atemgas
wird in den Atemkreislauf 2 zurückgeleitet, umso größer ist jedoch auch der
minimale endexspiratorische Druck pMIN (PEEP).
Es ist das Ziel, bei einem möglichst geringen minimalen endexspiratorischen
Druck pMIN möglichst wenig Atemgas über die Narkosegasfortleitung 5 zu
verlieren. Idealerweise soll das gesamte, vom Patienten 3 ausgeatmete Atemgas
in den Atemkreislauf 2 zurückgeleitet werden.
Erfindungsgemäß wird das dadurch erreicht, dass der Kolben der Atemgas
fördereinheit 1 während der Exspirationsphase mit einer Geschwindigkeit
zurückgefahren wird, die ausreichend groß ist, dass das gesamte, vom Patienten
3 über den Exspirationszweig 12 ausgeatmete Atemgasvolumen zusammen mit
neuem, über die Frischgasleitung 9 zugeführten Frischgas wieder in den
Atemkreislauf 2 zurückgeleitet und, mit dem neuen Frischgas vermischt, in den
Zylinder der Atemgasfördereinheit 1 gesogen und in der darauffolgenden
Inspirationsphase über den Inspirationszweig 10 zum Patienten 3 verschoben
werden kann.
Die Geschwindigkeit, mit der der Kolben der Atemgasfördereinheit 1
zurückgefahren wird, ergibt sich dabei unmittelbar aus der Summe von dem
Volumenstrom, der vom Volumenstromsensor 13 gemessen wird, und dem
Volumenstrom, der über die Frischgasdosierung 20 zugeführt wird.
Dieses Verfahren wird als flowgesteuerte Kolbenrückfahrt beschrieben.
Bei einer flowgesteuerten Kolbenrückfahrt muss aus Sicherheitsgründen der
Druck des Atemgases im Atemkreislauf 2 am Patienten 3 überwacht werden,
damit nicht durch einen Unterdruck unterhalb eines vorgegebenen minimalen
endexspiratorischen Drucks pMIN die Lungen des Patienten 3 geschädigt werden.
Deshalb wird der Druck des Atemgases durch den Drucksensor 16 überwacht.
Wird der vom Drucksensor 16 gemessene Druck während der Exspirationsphase
kleiner als der vorgegebene, beispielsweise von der Bedienperson eingestellte
minimale endexspiratorische Druck pMIN, so wird die Rückfahrt des Kolbens der
Atemgasfördereinheit 1 gestoppt und erst wieder fortgesetzt, wenn der minimale
endexspiratorische Druck pMIN erreicht ist. Wird der minimale endexspiratorische
Druck pMIN im Atemkreislauf 2 nicht patientennah, sondern an einer vom Patienten
3 entfernten Stelle gemessen, so kann er gegebenenfalls korrigiert werden um
den exspiratorischen Atemwegswiderstand, multipliziert mit dem exspiratorischen
Volumenstrom.
Dieses Verfahren wird als flowgesteuerte, druckbegrenzte Kolbenrückfahrt
beschrieben.
Tritt bei einer flowgesteuerten, druckbegrenzten Kolbenrückfahrt eine
Druckbegrenzung auf, die zur Folge hat, dass bis zum Ende der
Exspirationsphase der Kolben der Atemgasfördereinheit 1 eine Position einnimmt,
die keine vollständige Dosierung des für die nächste Inspirationsphase
vorgegebenen Atemgasvolumens zulässt, so wird der Frischgasfluss über die
Frischgasleitung 9 von der Frischgasdosierung 20 automatisch erhöht, wobei die
notwendige Erhöhung des Frischgasflusses aus der Abweichung zwischen der
erforderlichen Position des Kolbens und der erreichten Position des Kolbens am
Anfang der jeweiligen Inspirationsphase abgeleitet wird.
Alternativ dazu wird der Frischgasfluss nicht automatisch erhöht, sondern aus der
Abweichung zwischen der erforderlichen Position des Kolbens und der erreichten
Position des Kolbens wird ein Anzeigewert gebildet, dem die Bedienperson
Empfehlungen zur Frischgassteuerung entnimmt.
Dabei wird der Bedienperson die Differenz angezeigt, die sich aus einer
Sollposition des Kolbens und seiner tatsächlichen Position zum Beginn der
jeweiligen Inspirationsphase ergibt.
Als Vorteil bei der flowgesteuerten, druckbegrenzten Kolbenrückfahrt der
Atemgasfördereinheit 1 erweist sich unter anderem die Verringerung des
exspiratorischen Widerstands, da bei der Kolbenrückfahrt der Widerstand vom
Absorber 8, vom Rückschlagventil 7c im Exspirationszweig 12, von einem Ventil
17 zur Regulierung des minimalen endexspiratorischen Drucks pMIN und von den
dazwischenliegenden Leitungen im Exspirationszweig 12 kompensiert wird.
Auf dieselbe Weise kann auch der inspiratorische Widerstand, beispielsweise bei
der Spontanatmung, verringert werden, indem anhand einer Auswertung der
Volumenstrommessungen des Volumenstromsensors 11 der Kolben der
Atemgasfördereinheit 1 vorgefahren wird.
Der Kolben der Atemgasfördereinheit 1 wird dabei während der Inspirationsphase
mit einer Geschwindigkeit vorgefahren, die abhängt vom Volumenstrom, der von
dem Volumenstromsensor 11 im Inspirationszweig 10 gemessen wird, und vom
Druck des Atemgases, der vom Drucksensor 16 gemessen wird, so dass
inspiratorische Atemwegswiderstände kompensiert werden und gleichzeitig ein
vorgegebener Maximaldruck pMAX des Atemgases im Atemkreislauf 2 nicht
überschritten wird.