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Die Erfindung betrifft zuvorderst ein Verfahren zum Betrieb eines Anästhesiegeräts, sodann ein nach dem Verfahren arbeitendes Anästhesiegerät und schließlich ein Computerprogramm zur Implementation des Verfahrens.
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Aus der
DE 100 41 007 C1 ist ein Verfahren zum Betrieb eines Anästhesiegeräts bekannt, bei welchem zur möglichst optimalen Rückgewinnung von ausgeatmetem Atemgas eine Geschwindigkeit ermittelt und vorgegeben wird, mit welcher ein Kolben einer als Atemgasfördereinheit fungierenden Kolben-Zylinder-Einheit während einer exspiratorischen Phase zurückgefahren wird. Wenngleich sich dieses Verfahren in der Praxis exzellent bewährt hat, führt das Verfahren bestimmungsgemäß zu der genannten optimalen Rückgewinnung von ausgeatmetem Atemgas und damit systembedingt zu einer vergleichsweise langen Gaswechselzeit.
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Aus der
DE 100 41 005 C1 ist ein Verfahren und ein System zur Steuerung eines Beatmungsgerätes mit einem Atemkreislauf, einem Inspirationszweig und einem Exspirationszweig bekannt. Von einer Frischgasdosiereinrichtung werden über eine Frischgasleitung verbrauchte Atemgasmengen nachgeführt. Zur Verbesserung der Frischgasausnutzung wird die Atemgasfördereinheit während der Exspirationsphase mit einer Geschwindigkeit zurückgeführt, die von dem Volumenstrom abhängig ist.
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Eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht ausgehend davon darin, ein Anästhesiegerät anzugeben, welches im Betrieb geeignet ausgebildet ist, eine Reduktion der Gaswechselzeit zu ermöglichen.
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Diese Ausgabe wird gelöst mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1.
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Weiterführende Ausführungsformen ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Das Anästhesiegerät umfasst in grundsätzlich an sich bekannter Art und Weise in einem Atemkreis eine Atemgasfördereinheit, nämlich eine Atemgasfördereinheit in Form einer Kolben-Zylinder-Einheit. Die Atemgasfördereinheit ist zum Verlagern eines Atemgasvolumens in dem Atemkreis bestimmt und umfasst einen im Betrieb die Verlagerung des Atemgases bewirkenden Kolben. Während einer inspiratorischen Phase wird Atemgas zum Patienten verlagert und während einer exspiratorischen Phase wird vom Patienten ausgeatmetes Atemgas wieder zurück in den Atemkreis verlagert.
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Bei dem hier vorgeschlagenen Verfahren zum Betrieb eines Anästhesiegeräts ist vorgesehen, dass bei einem Zurückfahren des Kolbens während einer exspiratorischen Phase zur Vorgabe einer jeweiligen Kolbenrückfahrgeschwindigkeit automatisch zwischen zumindest einer ersten und einer zweiten Betriebsart umgeschaltet werden kann, dass bei der ersten Betriebsart die Kolbenrückfahrgeschwindigkeit von einem Volumenstrom in einem Exspirationszweig des Atemkreises abhängig ist und dass bei der zweiten Betriebsart die Kolbenrückfahrgeschwindigkeit von einer minimal notwendigen Kolbenrückfahrgeschwindigkeit abhängig ist.
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Der Vorteil der hier vorgeschlagenen Lösung besteht darin, dass mittels der Umschaltbarkeit zwischen den zumindest zwei Betriebsarten eine optimale Rückgewinnung des während der exspiratorischen Phase ausgeatmeten Atemgases (erste Betriebsart), zum Beispiel nach dem in der
DE 100 41 007 C1 beschriebenen Ansatz, oder alternativ eine Reduktion der Gaswechselzeit (zweite Betriebsart) möglich ist. Bei einer Kombination beider Betriebsarten und einer während einer exspiratorischen Phase erfolgenden Umschaltung zwischen der ersten und der zweiten Betriebsart ergibt sich eine Kombination beider Effekte, also eine zumindest teilweise Rückgewinnung von ausgeatmetem Atemgas sowie eine Reduktion der Gaswechselzeit.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche. Dabei verwendete Rückbeziehungen weisen auf die weitere Ausbildung des Gegenstandes des Hauptanspruches durch die Merkmale des jeweiligen Unteranspruches hin und sind nicht als ein Verzicht auf die Erzielung eines selbständigen, gegenständlichen Schutzes für die Merkmalskombinationen der rückbezogenen Unteransprüche zu verstehen. Des Weiteren ist im Hinblick auf eine Auslegung der Ansprüche bei einer näheren Konkretisierung eines Merkmals in einem nachgeordneten Anspruch davon auszugehen, dass eine derartige Beschränkung in den jeweils vorangehenden Ansprüchen nicht vorhanden ist. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass das Anästhesiegerät auch gemäß der Merkmale des im Folgenden beschriebenen Verfahrens fortgebildet sein kann, derart, dass das Anästhesiegerät Mittel zum Ausführen der jeweiligen Ausführungsform des Verfahrens und der davon umfassten Verfahrensschritte umfasst. Genauso kann das Verfahren zum Betrieb des Anästhesiegeräts entsprechend der Funktionalität der gegenständlichen Aspekte des Anästhesiegeräts fortgebildet sein.
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Bei einer Ausführungsform des Verfahrens sind die Auswahl der ersten oder der zweiten Betriebsart und eine Umschaltung zwischen der ersten und der zweiten Betriebsart von einer von einem Bediener des Anästhesiegeräts vorgenommenen Einstellung für eine Frischgaszufuhr in den Atemkreis abhängig. Bei einer höheren eingestellten Frischgaszufuhr und einem resultierenden höheren Frischgasflow ergibt sich ggf. eine andere Auswahl der ersten oder der zweiten Betriebsart und eine andere Umschaltung zwischen der ersten und der zweiten Betriebsart, also eine Umschaltung zu einem anderen Zeitpunkt als bei einer niedrigen eingestellten Frischgaszufuhr und einem entsprechend niedrigen Frischgasflow. Auf diese Weise wird direkt die angestrebte Möglichkeit zur Reduktion der Gaswechselzeit berücksichtigt, denn ein höherer Frischgasflow wird üblicherweise aufgrund einer Änderung einer in den Atemkreis gegebenen Anästhesiemittelkonzentration (Narkosegaskonzentration) ausgewählt und bei einer solchen Änderung der Anästhesiemittelkonzentration ist eine verringerte Gaswechselzeit gewünscht, damit die geänderte Anästhesiemittelkonzentration möglichst schnell zum Patienten gelangt.
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Bei einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens werden für die Auswahl der ersten oder der zweiten Betriebsart und eine Umschaltung zwischen der ersten und der zweiten Betriebsart vorgegebene oder von einem Bediener vorgebbare Grenzwerte hinsichtlich der Einstellung für eine Frischgaszufuhr in den Atemkreis berücksichtigt. Mittels einer Einstellung für eine Frischgaszufuhr in den Atemkreis wird vom Bediener des Anästhesiegeräts ein gewünschter Frischgasflow vorgegeben. Mittels der vorgegebenen oder vorgebbaren Grenzwerte werden zum Beispiel ein geringer Frischgasflow und ein hoher Frischgasflow definiert. Wenn der vom Bediener eingestellte Frischgasflow kleiner als der durch den jeweiligen Grenzwert definierte geringe Frischgasflow ist, erfolgt zum Beispiel automatisch eine Umschaltung in die erste Betriebsart. Wenn der eingestellte Frischgasflow größer als der durch den jeweiligen Grenzwert definierte hohe Frischgasflow ist, erfolgt entsprechend eine automatische Umschaltung in die zweite Betriebsart. Wenn der eingestellte Frischgasflow zwischen einem geringen und einem hohen Frischgasflow liegt, erfolgt automatisch eine Umschaltung zwischen der ersten und der zweiten Betriebsart während einer Exspirationsphase.
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Bei einer besonderen Ausführungsform eines solche Grenzwerte berücksichtigenden Verfahrens erfolgt bei einem vom Bediener eingestellten Frischgasflow zwischen einem geringen und einem hohen Frischgasflow die Umschaltung zwischen der ersten und der zweiten Betriebsart automatisch entsprechend einer auf die beiden Grenzwerte bezogenen Interpolation. Je näher der vom Bediener eingestellte Frischgasflow im Bereich des unteren Grenzwerts liegt, desto stärker entspricht die resultierende Kolbenrückfahrgeschwindigkeit der ersten Betriebsart und je näher der eingestellte Frischgasflow im Bereich des oberen Grenzwerts liegt, desto stärker entspricht die resultierende Kolbenrückfahrgeschwindigkeit der zweiten Betriebsart. Die jeweils resultierende Kolbenrückfahrgeschwindigkeit entspricht dabei umso mehr der Kolbenrückfahrgeschwindigkeit gemäß der ersten Betriebsart, je später die Umschaltung zwischen der ersten und zweiten Betriebsart erfolgt, und umso mehr der Kolbenrückfahrgeschwindigkeit gemäß der zweiten Betriebsart, je früher die Umschaltung zwischen der ersten und der zweiten Betriebsart erfolgt.
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Bei einer nochmals weiteren Ausführungsform des Verfahrens werden die Grenzwerte automatisch durch das Anästhesiegerät, nämlich mittels einer Steuerungseinheit des Anästhesiegeräts, aufgrund zumindest einer patientendemografischen Größe ermittelt. Auf diese Weise erfolgt eine optimale Anpassung des Betriebsverfahrens an den jeweiligen Patienten. Patientendemografische Größe sind beispielsweise: Alter, Geschlecht, Größe, Gewicht.
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Ergänzend oder alternativ zu einer Möglichkeit zur Anpassung einer Gaswechselzeit durch eine Beeinflussung einer Kolbenrückfahrgeschwindigkeit kommt zur Anpassung der Gaswechselzeit auch ein Verfahren zum Betrieb eines Anästhesiegeräts in Betracht, bei welchem eine Nulllage des Kolbens der Atemgasfördereinheit automatisch inkrementell in Abhängigkeit von einer Volumenreserve und einem jeweils applizierten inspiratorischen Tidalvolumen verändert wird. Wenn sich bei der Betrachtung der Volumenreserve und dem jeweils applizierten Tidalvolumen ein Volumenüberschuss ergibt, kann die Nulllage des Kolbens inkrementell verändert werden, so dass eine Verringerung des Volumenüberschusses resultiert. Eine solche Verringerung des Volumenüberschusses führt zu einer Reduktion der mittels der Atemgasfördereinheit bewegten Atemgasmenge und damit zu einer reduzierten Gaswechselzeit.
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Bei einer besonderen Ausführungsform dieser Variante des Verfahrens wird die Nulllage des Kolbens und eine aufgrund einer Veränderung der Nulllage des Kolbens resultierende veränderte Volumenreserve asymmetrisch verändert. Die asymmetrische Veränderung erfolgt dabei derart, dass eine mögliche Verringerung der Volumenreserve von einem Beatmungszyklus zu einem nächstfolgenden Beatmungszyklus kleiner ist als eine mögliche Erhöhung der Volumenreserve. Auf diese Art und Weise ist gewährleistet, dass eine wesentliche Verringerung der Volumenreserve nur in Form einer Mehrzahl „kleiner“ Inkremente zur Veränderung der Nulllage des Kolbens und entsprechend nur bei einem langfristig stabilen Volumenüberschuss erfolgt, wohingegen das System im Falle eines Volumendefizits mit einem im Vergleich dazu „großen“ Inkrement reagiert und eine erhöhte Volumenreserve einstellt.
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Wenn bei einer Ausführungsform des Verfahrens die Veränderung der Nulllage des Kolbens durch zumindest einen vorgegebenen oder vom Bediener vorgebbaren Grenzwert hinsichtlich einer resultierenden veränderten Volumenreserve beschränkt ist, kann ein Bediener des Anästhesiegeräts die inkrementelle Veränderung der Nulllage durch Vorgabe oder Veränderung eines solchen Grenzwerts beeinflussen. Bevorzugt ist dabei vorgesehen, dass ein solcher Grenzwert automatisch durch das Anästhesiegerät, nämlich eine Steuerungseinheit des Anästhesiegeräts, aufgrund einer patientendemografischen Größe, zum Beispiel eines Gewichts oder eines Alters des jeweiligen Patienten, ermittelt wird.
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Die oben genannte Aufgabe wird erfindungsgemäß mittels eines Anästhesiegeräts gelöst, das nach dem Verfahren wie hier und im Folgenden beschrieben arbeitet und dazu als Mittel zur Durchführung des Verfahrens eine Steuerungseinheit und eine Atemgasfördereinheit mit einem Kolben aufweist, Der Kolben ist zu einer Verlagerung von Atemgasen ausgebildet. Die Steuerungseinheit ist erfindungsgemäß ausgebildet, das Verfahren zu einer Kontrolle des Kolbens durchzuführen. Die Erfindung ist dabei bevorzugt in Software implementiert. Nachfolgend wird ein Ausführungsbeispiel der Erfindung anhand der Zeichnung näher erläutert. Einander entsprechende Gegenstände oder Elemente sind in allen Figuren mit den gleichen Bezugszeichen versehen.
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Das Ausführungsbeispiel ist nicht als Einschränkung der Erfindung zu verstehen. Vielmehr sind im Rahmen der vorliegenden Offenbarung Abänderungen und Modifikationen möglich, insbesondere solche Varianten und Kombinationen, die zum Beispiel durch Kombination oder Abwandlung von einzelnen in Verbindung mit den im allgemeinen oder speziellen Beschreibungsteil beschriebenen sowie in den Ansprüchen und/oder der Zeichnung enthaltenen Merkmalen für den Fachmann im Hinblick auf die Lösung der Aufgabe entnehmbar sind und durch kombinierbare Merkmale zu einem neuen Gegenstand führen.
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Es zeigen:
- 1 ein Anästhesiegerät,
- 2-4 Geschwindigkeitsprofile zum oder beim Zurückfahren eines Kolbens einer Kolben-Zylinder-Einheit eines Anästhesiegeräts gemäß 1,
- 5 ein Flussdiagramm zur Illustration eines Verfahrens zur Bestimmung einer Kolbenrückfahrgeschwindigkeit während einer exspiratorischen Phase gemäß dem hier vorgeschlagenen Ansatz,
- 6, 7 Graphen von in einem Atemkreis eines Anästhesiegeräts gemäß 1 aufgenommenen oder aufnehmbaren Größen,
- 8, 9 eine Kolben-Zylinder-Einheit eines Anästhesiegeräts gemäß 1 und
- 10 eine inkrementelle Veränderung einer Volumenreserve als Maßnahme zur Anpassung einer Gaswechselzeit.
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Die Darstellung in 1 zeigt in schematisch stark vereinfachter Weise einen auf die zur Erläuterung der hier vorgestellten Neuerung notwendigen Komponenten reduzierten Atemkreis 10 eines Anästhesiegeräts 12. Mittels des Anästhesiegeräts 12 erfolgt eine mit einer Zuführung zumindest eines Anästhesiemittels (Narkosegas) verbundene Beatmung eines Patienten 14. Dabei wird während einer Inspirationsphase ein Atemgasvolumen in die Lunge des Patienten 14 hineinverschoben und während einer Exspirationsphase wird ein vom Patienten 14 ausgeatmetes Atemgasvolumen dann wieder in den Atemkreis 10 des Anästhesiegeräts 12 zurückverschoben. Zum Anästhesieren des Patienten 14 wird mittels einer Frischgasdosierung 16 und über eine Frischgasleitung 18 ein Anästhesiemittel enthaltendes Frischgas in den Atemkreis 10 des Anästhesiegeräts 12 geleitet, wobei mittels des zugeleiteten Frischgases (Frischgasstrom 20) auch ein Atemgasverbrauch des Patienten 14 und eventuelle Leckagen im Atemkreis 10 kompensiert werden.
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Zur Förderung des Atemgases befindet sich im Atemkreis 10 in grundsätzlich an sich bekannter Art und Weise eine motorisch angetriebene Atemgasfördereinheit 22. Die Atemgasfördereinheit 22 ist beim gezeigten Ausführungsbeispiel als Kolben-Zylinder-Einheit ausgeführt und auf dieser Basis - allerdings ohne Verzicht auf eine weitergehende Allgemeingültigkeit - wird die nachfolgende Beschreibung fortgesetzt. Die Atemgasfördereinheit 22 fungiert allgemein als Volumenverschiebeeinrichtung, beim gezeigten Ausführungsbeispiel indem mittels des Kolbens 23 während einer Inspirationsphase jeweils zumindest ein Teil des in dem Zylinder 24 befindlichen Atemgasvolumens in Richtung auf den Patienten 14 verlagert wird. Zur Sicherstellung der Strömungsrichtung im Atemkreis 10 befindet sich stromabwärts und stromaufwärts der Atemgasfördereinheit 22 jeweils ein Rückschlagventil 26, 28.
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Während einer Inspirationsphase wird über einen Inspirationszweig 30 Atemgas zum Patienten 14 befördert (Inspirationspfeil 32) und während einer Exspirationsphase wird ausgeatmetes Atemgas über einen Exspirationszweig 34 vom Patienten 14 (Exspirationspfeil 36) über eine Atemgasfortleitung 40 aus dem Atemkreis 10 ausgeblasen oder - über einen CO2-Absorber 42 sowie mittels der Atemgasfördereinheit 22 - im Atemkreis 10 zirkuliert. Mittels eines Handbeatmungsbeutels 100 sind eine Handbeatmung, zum Beispiel im Falle eines Ausfalls eines Antriebs der Atemgasfördereinheit 22, oder eine jederzeitige manuelle Intervention des Anästhesisten, zum Beispiel in der Einleitungsphase einer Narkose vor einer Operation, möglich. Der Kreislauf des Atemgases wird mittels der Atemgasfördereinheit 22 aufrecht erhalten und durch die Rückschlagventile 26, 28 sowie ein weiteres Rückschlagventil 44 in der durch die Pfeile, speziell den Inspirationspfeil 32 und den Exspirationspfeil 36, dargestellten Kreisrichtung gehalten. Der CO2-Absorber 42 bewirkt im Atemkreis 10 in üblicher Art und Weise eine Reinigung des Atemgases.
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Während eines Beatmungszyklus wird verbrauchtes oder durch eventuelle Leckagen entweichendes Atemgas mittels der Frischgasdosierung 16 im Atemkreis 10 ergänzt. Eine Einleitung von Frischgas in den Atemkreis 10 erfolgt auch dann, wenn ein Bediener des Anästhesiegeräts 12, also üblicherweise ein entsprechender Facharzt, eine Änderung einer Konzentration des zumindest einen Anästhesiemittels im Frischgas einstellt, wie dies beim Einleiten oder beim Ausleiten einer Operation üblich ist.
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Während der Exspiration teilt sich das vom Patienten 14 über den Exspirationszweig 34 ausgeatmete Atemgas in zwei Teilströme 46, 48 auf, nämlich einen durch einen ersten Pfeil dargestellten ersten Teilstrom 46, welcher durch die Atemgasfortleitung 40 abgeleitet wird, und einen durch einen zweiten Pfeil dargestellten zweiten Teilstrom 48, welcher über den CO2-Absorber 42 in den Atemkreis 10 zurückgeleitet wird. Die Aufteilung des ausgeatmeten Atemgases in die beiden Teilströme 46, 48 ist durch die im Atemsystem vorhandenen Widerstände und eine Einstellung eines Atemgasfortleitungsventils (AGF-Ventil) 50 bedingt. Je größer die Vorspannung des Atemgasfortleitungsventils 50 ist, umso mehr ausgeatmetes Atemgas und darin enthaltenes Narkosegas wird in den Atemkreis 10 zurückgeleitet.
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Ein generelles Ziel beim Betrieb eines Anästhesiegeräts 12 besteht darin, bei einem möglichst geringen minimalen endexspiratorischen Druck möglichst wenig im Atemgas enthaltenes Narkosegas über die Atemgasfortleitung 40 zu verlieren. Idealerweise soll das gesamte vom Patienten 14 ausgeatmete Atemgas mittels der Atemgasfördereinheit 22 in den Atemkreis 10 zurückgeleitet werden.
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Die
DE 100 41 007 C1 zeigt dafür einen Lösungsweg auf. Dort wird vorgeschlagen, dass der Kolben 23 der Atemgasfördereinheit 22 während der Exspirationsphase mit einer Geschwindigkeit zurückgefahren wird (Kolbenrückfahrt), welche ausreichend groß ist, damit das gesamte vom Patienten 14 über den Exspirationszweig 34 ausgeatmete Atemgasvolumen zusammen mit neuem, über die Frischgasleitung 18 zugeführtem Frischgas wieder in den Atemkreis 10 zurückgeleitet sowie, mit dem neuen Frischgas (Frischgasstrom 20) vermischt, in den Zylinder 24 der Atemgasfördereinheit 22 gesogen und in der nachfolgenden Inspirationsphase über den Inspirationszweig 30 zum Patienten 14 verschoben werden kann.
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Gemäß dem Ansatz in der
DE 100 41 007 C1 ergibt sich die Geschwindigkeit, mit welcher der Kolben 23 der Atemgasfördereinheit 22 zurückgefahren wird, aus der Summe eines mit einem Volumenstromsensor 52 gemessenen Volumenstroms im Exspirationszweig 34 und einem mittels der Frischgasdosierung 16 zugeführten Volumenstrom. Die Frischgasdosierung 16 und der motorische Antrieb der Atemgasfördereinheit 22 werden dafür mittels einer als Auswerte- und Kontrolleinheit fungierenden Steuerungseinheit 54 gesteuert. Diese erhält zu diesem Zweck als Maß für den Volumenstrom im Exspirationszweig 34 ein Sensorsignal von dem dortigen Volumenstromsensor 52. Die resultierende Steuerung des Antriebs der Atemgasfördereinheit 22 wird als flowgesteuerte Kolbenrückfahrt bezeichnet.
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Der Ansatz gemäß der
DE 100 41 007 C1 ist insoweit verbesserungsfähig, als eine vom Bediener des Anästhesiegeräts 12 eingestellte Änderung der Frischgaskonzentration vergleichsweise spät zum Patienten 14 gelangt, denn aufgrund der flowgesteuerten Kolbenrückfahrt ergibt sich eine maximale Rückführung des vom Patienten 14 ausgeatmeten Atemgases und eine maximale Gaswechselzeit, also eine Antwortzeit des Systems auf eine eingestellte Frischgaskonzentrationsänderung.
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Zu diesem Zweck ist gemäß der hier vorgeschlagenen Neuerung vorgesehen, dass eine Geschwindigkeit der Kolbenrückfahrt unter bestimmten, vorgegebenen Bedingungen erhöht wird. Die resultierende Erhöhung der Geschwindigkeit der Kolbenrückfahrt ist eine Erhöhung gegenüber einer minimal notwendigen Kolbenrückfahrgeschwindigkeit. Diese wiederum ergibt sich aus dem mittels des Volumenstromsensors 52 gemessenen Volumenstrom (Durchflussrate: dV/dt) im Exspirationszweig 34, derart, dass der aufgrund der Kolbenrückfahrgeschwindigkeit resultierende Volumenstrom in den Zylinder 24 der Atemgasfördereinheit 22 dem gemessenen Volumenstrom im Exspirationszweig 34 entspricht. Die minimal notwendige Kolbenrückfahrgeschwindigkeit kann demgemäß auch als minimal notwendige exspiratorische Kolbenrückfahrgeschwindigkeit bezeichnet werden. Die Erhöhung der Kolbenrückfahrgeschwindigkeit gegenüber der minimal notwendigen Kolbenrückfahrgeschwindigkeit führt dazu, dass in größerem Umfang zugeführtes Frischgas mit dem Atemgas im Atemkreis 10 vermischt wird und demgemäß zugeführtes Frischgas und damit vermischtes Narkosegas schneller zum Patienten 14 gelangt und entsprechend eine reduzierte Gaswechselzeit resultiert.
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In den Darstellungen in 2 und 3 sind unter der Annahme idealer Verhältnisse (sprungartige Änderung der Geschwindigkeit) Geschwindigkeitsprofile 56, 58 für eine Kolbenrückfahrt zwischen einem ersten Zeitpunkt t1 und einem zweiten Zeitpunkt t2 während einer exspiratorischen Phase gezeigt.
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Das in 2 gezeigte Geschwindigkeitsprofil 56 ist ein Geschwindigkeitsprofil, wie es sich bei einer flowgesteuerten Kolbenrückfahrt ergibt. Die Kolbenrückfahrgeschwindigkeit ergibt sich aufgrund des mittels des Volumenstromsensors 52 gemessenen Volumenstroms im Exspirationszweig 34.
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Das in 3 gezeigte Geschwindigkeitsprofil 58 ist dagegen ein Geschwindigkeitsprofil, bei welchem eine kürzere Gaswechselzeit resultiert. Aufgrund der konstanten Kolbenrückfahrgeschwindigkeit wird zu Beginn der exspiratorischen Phase weniger Atemgas in den Zylinder 24 der Atemgasfördereinheit 22 gesogen als der Patient 14 ausatmet. Überschüssiges Atemgas entweicht dabei über die Atemgasfortleitung 40. Die konstante Kolbenrückfahrgeschwindigkeit entspricht der minimal notwendigen Kolbenrückfahrgeschwindigkeit oder hängt von dieser ab. Wenn der Volumenstrom des vom Patienten 14 ausgeatmeten Atemgases abnimmt und währenddessen die Kolbenrückfahrgeschwindigkeit weiterhin konstant bleibt, führt dies zu einer zunehmend stärkeren Durchmischung des im Atemkreis 10 befindlichen Atemgases mit neu hinzukommendem Frischgas. Die zunehmende Aufnahme von Frischgas in den Atemkreis 10 führt zu der kürzeren Gaswechselzeit. Bei einer konstanten Kolbenrückfahrgeschwindigkeit resultiert allerdings auch ein maximaler Atemgasverlust über die Atemgasfortleitung 40.
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Gemäß dem hier vorgeschlagenen Ansatz wird zwischen den beiden in 2 und 3 gezeigten Geschwindigkeitsprofilen 56, 58 und jeweils zugrunde liegenden Betriebsarten in Abhängigkeit von einem vom Bediener des Anästhesiegeräts 12 eingestellten Frischgasvolumenstrom (Frischgasflow) umgeschaltet. Je geringer der Frischgasflow eingestellt ist, desto mehr soll sich das tatsächliche Geschwindigkeitsprofil der Kolbenrückfahrt dem in 2 gezeigten Geschwindigkeitsprofil 56 nähern. Auf der anderen Seite soll sich das tatsächliche Geschwindigkeitsprofil der Kolbenrückfahrt dem in 3 gezeigten Geschwindigkeitsprofil 58 nähern, je höher der Frischgasflow eingestellt ist.
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Dafür erfolgt bei einem eingestellten minimalen Frischgasflow von zum Beispiel 1 l/min (Liter pro Minute) das Zurückfahren des Kolbens 23 gemäß einer ersten Betriebsart und im Rahmen der ersten Betriebsart wird ein Geschwindigkeitsprofil entsprechend dem in 2 gezeigten Geschwindigkeitsprofil 56 verwendet. Bei einem eingestellten maximalen Frischgasflow von zum Beispiel 8 l/minerfolgt das Zurückfahren des Kolbens 23 gemäß einer zweiten Betriebsart und im Rahmen der zweiten Betriebsart wird ein Geschwindigkeitsprofil entsprechend dem in 3 gezeigten Geschwindigkeitsprofil 58 verwendet. Bei Zwischenwerten hinsichtlich des eingestellten Frischgasflows wird interpoliert. Die Interpolation geschieht wie folgt: Bei einem eingestellten Frischgasflow von 4,5 l/min liegt dieser genau in der Mitte zwischen dem minimalen Frischgasflow (1 l/min) und dem maximalen Frischgasflow (8 l/min). Daraus ergibt sich ein im Folgenden als Gewichtsfaktor bezeichneter Faktor von 0,5. Mit diesem wird der mittels des Volumenstromsensors 52 gemessene Volumenstrom im Exspirationszweig 34 multipliziert und daraus eine notwendige Kolbenrückfahrgeschwindigkeit berechnet. Solange die so berechnete Kolbenrückfahrgeschwindigkeit größer als eine sich aus einer jeweils am Anästhesiegerät 12 eingestellten Beatmungsfrequenz und einem ebenfalls eingestellten Atemvolumen ergebende minimal notwendige Kolbenrückfahrgeschwindigkeit ist, wird der Kolben 23 mit der errechneten Kolbenrückfahrgeschwindigkeit zurückgefahren. Sobald die errechnete Kolbenrückfahrgeschwindigkeit unter die minimal notwendige Kolbenrückfahrgeschwindigkeit fällt, wird der Kolben 23 mit der minimal notwendigen Kolbenrückfahrgeschwindigkeit zurückgefahren. Aus dem eingestellten Atemvolumen ergibt sich in jedem Fall eine Endposition für die Kolbenrückfahrt. Beim Erreichen dieser Endposition wird die Kolbenrückfahrt beendet.
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Das auf der Basis der Geschwindigkeitsprofile 56, 58 gemäß 2 und 3 bei einem Frischgasflow von 4,5 l/min resultierende Geschwindigkeitsprofil 60 ist in der Darstellung in 4 gezeigt. Während eines ersten Abschnitts 62 des Geschwindigkeitsprofils 60 ergibt sich die Kolbenrückfahrgeschwindigkeit in Abhängigkeit von dem mit dem Gewichtsfaktor (hier 0,5) gewichteten Volumenstrom im Exspirationszweig 34. Während eines an- und abschließenden zweiten Abschnitts 64 des Geschwindigkeitsprofils 60 ergibt sich die Kolbenrückfahrgeschwindigkeit aufgrund der minimalen Kolbenrückfahrgeschwindigkeit.
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Eine allgemeine Formulierung der Vorschrift zur Ermittlung der Kolbenrückfahrgeschwindigkeit lautet demnach, dass
- 1. abhängig von jeweils vorgegebenen oder vorgebbaren Werten für einen maximalen und einen minimalen Frischgasflow sowie einem jeweils eingestellten Frischgasflow ein Gewichtsfaktor ermittelt wird, dass
- 2. bis zum Erreichen einer vorgegebenen oder vorgebbaren Endposition für die Kolbenrückfahrt
- 3. eine Kolbenrückfahrgeschwindigkeit in Abhängigkeit von einem mit dem Gewichtsfaktor gewichteten Volumenstrom im Exspirationszweig 34 berechnet wird, dass
- 4. die errechnete Kolbenrückfahrgeschwindigkeit mit einer zuvor ermittelten minimalen Kolbenrückfahrgeschwindigkeit verglichen wird und dass
- 5. der Kolben 23 mit der errechneten Kolbenrückfahrgeschwindigkeit zurückgefahren wird, wenn diese größer als die minimale Kolbenrückfahrgeschwindigkeit ist, und ansonsten
- 6. der Kolben 23 bis zur bekannten Endposition mit der minimalen Kolbenrückfahrgeschwindigkeit zurückgefahren wird.
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Eine graphische Darstellung dieser Ermittlung der Kolbenrückfahrgeschwindigkeit ist in 4 in Form eines vereinfachten Flussdiagramms gezeigt.
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Der nummerierte Schritt 1 - in der Darstellung in 4 mit „S1“ bezeichnet - wird vor dem Beginn der Kolbenrückfahrt durchgeführt. Die nummerierten Schritte 2 bis 6 (in der Darstellung in 4 mit „S2“, „S3“, „S4“, „S5“ bzw. „S6“ bezeichnet) werden zyklisch während der Kolbenrückfahrt bis zum Erreichen der jeweiligen Endposition der Kolbenrückfahrt durchgeführt, wobei sich eine jeweilige Zykluszeit aus einer Abtastrate, mit welcher Messwerte des Volumenstromsensors 52 abgefragt werden, ergibt. Üblich sind Zykluszeiten von einigen Millisekunden oder weniger. Die nummerierten Schritte 1 bis 6 („S1“ bis „S6“) werden unter Kontrolle der Steuerungseinheit 54 ausgeführt, die dafür in an sich bekannter Art und Weise eine Verarbeitungseinheit in Form von oder nach Art eines Mikroprozessors sowie einen Speicher aufweist, in welchen ein Steuerungsprogramm 66 mit einer Implementierung der nummerierten Schritte 1 bis 6 („S1“ bis „S6“) geladen ist, welches beim Betrieb des Anästhesiegeräts 12 ausgeführt wird. Die Darstellung in 5 kann insoweit als eine Darstellungsform eines solchen Steuerungsprogramms 66 aufgefasst werden. Die Ausführung des nummerierten Schritts 5 („S5“ in der Darstellung in 4) entspricht dem Zurückfahren des Kolbens 23 in der ersten Betriebsart. Die Ausführung des nummerierten Schritts 6 („S6“ in der Darstellung in 4) entspricht dem Zurückfahren des Kolbens 23 in der zweiten Betriebsart. Ein eventuelles Umschalten zwischen der ersten Betriebsart und der zweiten Betriebsart erfolgt mittels und unter Kontrolle der Steuerungseinheit 54.
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Bei einer besonderen Ausführungsform der hier vorgeschlagenen Neuerung ergeben sich die Werte für den maximalen und den minimalen Frischgasflow automatisch in Abhängigkeit von einem jeweils einzugebenden Alter eines Patienten 14 (Patiententyp), zum Beispiel wie dies in der nachfolgenden Tabelle angegeben ist:
Patientenalter | min. Frischgasflow | max. Frischgasflow |
Neugeborenes | 0,5 l/min | 2,0 l/min |
Jugendlicher | 1,0 l/min | 4,0 l/min |
Erwachsener | 1,0 l/min | 8,0 l/min |
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Alternativ können unterschiedliche Eckwerte für den maximalen und den minimalen Frischgasflow auf Basis anderer patientendemografischer Größen ausgewählt werden, zum Beispiel anhand eines jeweiligen Gewichts eines Patienten 14, einer Körpergröße des Patienten 14 usw. Solche Größen sind jeweils vom Bediener des Anästhesiegeräts 12 einzugeben und die Steuerungseinheit 54 ermittelt den jeweiligen maximalen und minimalen Frischgasflow zur weiteren Verwendung im Rahmen des Verfahrens zur Bestimmung der Kolbenrückfahrgeschwindigkeit. Wenn der Bediener zum Beispiel nur das Geburtsdatum des jeweiligen Patienten 14 eingibt, berechnet die Steuerungseinheit 54 das Patientenalter und bestimmt auf Basis der daraus resultierenden Eckwerte für den maximalen und den minimalen Frischgasflow die Kolbenrückfahrgeschwindigkeit.
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Die Darstellungen in 6 und 7 zeigen - jeweils bezogen auf die Markierungen I, II, III, IV und V in der Darstellung in 1 - die sich bei den unterschiedlichen Betriebsarten (erste Betriebsart, zweite Betriebsart) an den im Atemkreis 10 mit den genannten Markierungen bezeichneten Stellen einstellenden Verhältnisse.
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Die Darstellungen in 6 zeigen die Situation bei der ersten Betriebsart, also bei einer zunächst vergleichsweise hohen Kolbenrückfahrgeschwindigkeit, welche über der Zeit exponentiell abklingt (vergleiche 2). Ganz oben ist in der Darstellung in 6 über der Zeit t der Volumenstrom (dV/dt) im Exspirationszweig 34 dargestellt, wie er mittels des Volumenstromsensors 52 (Markierung I) erfassbar ist und im Betrieb des Anästhesiegeräts 12 erfasst wird. Der Volumenstrom steigt während der Exspiration zunächst an, erreicht dann ein glockenkurvenförmiges Maximum und fällt schließlich ab. Darunter ist der zeitliche Verlauf des Volumenstroms beim Einströmen in den Zylinder 24 (Markierung II) der Atemgasfördereinheit 22 bei zurückfahrendem Kolben 23 gezeigt. Die Maxima der beiden Volumenstromverläufe fallen zumindest im Wesentlichen zusammen. Dies erklärt sich durch den im dritten Graphen (Markierung III) gezeigten Weg-/Zeitverlauf bei der Kolbenrückfahrt. Als Weg-/Zeitverlauf ergibt sich zumindest näherungsweise eine exponentielle Funktion und entsprechend ist auch die in 2 gezeigte Kolbenrückfahrgeschwindigkeit zumindest näherungsweise eine e-Funktion. Die Rückfahrgeschwindigkeit des Kolbens 23 ergibt sich entsprechend der Menge des während der Exspiration zurück in den Atemkreis 10 verlagerten Atemgasvolumens. Mit anderen Worten wird der Kolben 23 mit einer solchen Geschwindigkeit zurückgefahren, dass das zurück in den Atemkreis 10 verlagerte Atemgasvolumen vollständig vom Zylinder 24 aufgenommen wird. Die Kolbenrückfahrgeschwindigkeit ist also zumindest vom Volumenstrom im Exspirationszweig 34 des Atemkreises 10 abhängig (flowgesteuerte Kolbenrückfahrt).
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Die beiden unteren Graphen in 6 (Markierungen IV und V) zeigen den Druck-/Zeitverlauf am Atemgasfortleitungsventil (AGF-Ventil) 50 bzw. eine Abströmung von während der Exspiration in den Atemkreis 10 verlagertem Atemgas über das Atemgasfortleitungsventil 50. Erkennbar bleibt der Druck vor dem Atemgasfortleitungsventil 50 (Markierung IV) unterhalb eines durch eine gestrichelte Linie angedeuteten Schwellwerts. Der zu dem Schwellwert gehörige Druck ergibt sich aufgrund der eingestellten Vorspannung des Atemgasfortleitungsventils 50. Aufgrund des den Schwellwert nicht überschreitenden Drucks im Atemkreis 10 ergibt sich während der Exspiration auch keine Abströmung von in den Atemkreis 10 verlagertem Atemgas über das Atemgasfortleitungsventil 50 (Markierung V). Das während der Exspiration zurück in den Atemkreis 10 verlagerte Atemgasvolumen bleibt demnach vollständig im Atemkreis 10 erhalten und es ergibt sich kein Verlust von Atemgas, speziell kein Verlust von mit dem Atemgas vermischtem Narkosegas.
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Die Darstellungen in 7 zeigen die Situation bei der zweiten Betriebsart, also bei einer konstanten Kolbenrückfahrgeschwindigkeit (vergleiche 3). Die Abfolge der Darstellungen in 7 entspricht der Abfolge der Darstellungen in 6. Ganz oben ist demnach über der Zeit t der Volumenstrom (dV/dt) im Exspirationszweig 34 dargestellt, wie er mittels des Volumenstromsensors 52 (Markierung I) erfassbar ist und im Betrieb des Anästhesiegeräts 12 erfasst wird. Der Verlauf des Volumenstroms entspricht dem zuvor in Bezug auf 6 erläuterten Verlauf. Der Volumenstrom steigt also während der Exspiration zunächst an, erreicht dann ein glockenkurvenförmiges Maximum und fällt schließlich ab.
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Unterhalb des Verlaufs des Volumenstroms am Volumenstromsensor 52 ist auch in 7 der zeitliche Verlauf des Volumenstroms beim Einströmen in den Zylinder 24 (Markierung II) der Atemgasfördereinheit 22 bei zurückfahrendem Kolben 23 gezeigt. Hier ist ein deutlicher Unterschied zu der entsprechenden Darstellung in 6 und der ersten Betriebsart erkennbar. Der Volumenstrom ist während des Zurückfahrens des Kolbens 23 konstant. Dies erklärt sich durch den im dritten Graphen (Markierung III) gezeigten Weg-/Zeitverlauf bei der Kolbenrückfahrt. Als Weg-/Zeitverlauf ergibt sich eine Gerade. Entsprechend ist auch die in 3 gezeigte Kolbenrückfahrgeschwindigkeit konstant (die konstante Kolbenrückfahrgeschwindigkeit führt zu einem konstanten Volumenstrom in den Zylinder 24). Der tatsächliche Wert der konstanten Kolbenrückfahrgeschwindigkeit ist dabei von einer minimal notwendigen Kolbenrückfahrgeschwindigkeit abhängig. Die konstante Kolbenrückfahrgeschwindigkeit und der resultierende konstante Volumenstrom in den Zylinder 24 führen dazu, dass das während der Exspiration zurück in den Atemkreis verlagerte Atemgasvolumen aufgrund des dort nicht linearen Verlaufs des Volumenstroms (7, oberster Graph) nicht vollständig in den Zylinder 24 verlagert wird. Stattdessen ergibt sich (vierter und fünfter Graph in 7) ein zumindest kurzzeitiges Überschreiten (vierter Graph) des durch die Vorspannung des Atemgasfortleitungsventils 50 festgelegten Schwellwerts, so dass das Atemgasfortleitungsventil 50 öffnet und ein Teil des während der Exspiration zurück in den Atemkreis 10 verlagerten Atemgases über das Atemgasfortleitungsventil 50 abströmt (fünfter Graph). Auf diese Weise geht zwar das abströmende Atemgas, speziell das im abströmenden Atemgas enthaltene Narkosegas, verloren, allerdings wird aufgrund der während der gesamten Exspiration konstanten Kolbenrückfahrgeschwindigkeit nach dem Überschreiten des Maximums des zurück in den Atemkreis 10 verlagerten Atemgasvolumens und nach dem Schließen des Atemgasfortleitungsventils 50 Frischgas, nämlich Frischgas mit der neu eingestellten Anästhesiemittelkonzentration (Narkosegaskonzentration), in den Atemkreis gesaugt. Dies führt zu einer verkürzten Gaswechselzeit.
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Der beschriebene Ansatz zur Bestimmung der Kolbenrückfahrgeschwindigkeit erlaubt einen schnelleren Gaswechsel. Zusätzlich oder alternativ kann zur Verbesserung der Gaswechselzeit auch eine Nulllage des Kolbens 23 der Atemgasfördereinheit 22 beeinflusst werden.
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Dazu ist vorgesehen, dass mittels der Steuerungseinheit 54 einerseits am Ende jeder Inspiration ausgewertet wird, wie viel Volumen appliziert wurde und andererseits eine Einhaltung einer vorgegebenen oder vorgebbaren Volumenreserve im Zylinder 24 der Atemgasfördereinheit 22 gewährleistet wird. Ein mittels der Steuerungseinheit 54 numerisch verarbeitbarer Wert für das während einer Inspirationsphase applizierte Volumen ergibt sich aufgrund einer Erfassung einer Position des Kolbens 23 zum Beginn und zum Ende der Inspiration sowie einer bekannten Querschnittsfläche des Zylinders 24. Alternativ dazu ist ein solcher numerisch verarbeitbarer Wert als Messwert eines Volumenstromsensors im Inspirationszweig 30 erhältlich (nicht gezeigt; entsprechend dem Volumenstromsensor 52 im Exspirationszweig 34). Ein mittels der Steuerungseinheit 54 numerisch verarbeitbarer Wert für die Volumenreserve ergibt sich aufgrund der Kolbenposition am Ende der Inspiration.
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Das während einer Inspiration applizierte, also aus der Atemgasfördereinheit 22 zum Patienten 14 verlagerte Tidalvolumen wird mit dem Formelzeichen Va und die Volumenreserve mit dem Formelzeichen Vr bezeichnet. Am Ende jeder Inspiration wertet die Steuerungseinheit 54 das applizierte Tidalvolumen Va und die aktuell verfügbare Volumenreserve Vr aus. Daraus wird ein Zielwert für die Volumenreserve Vr der nächsten Inspiration berechnet. Zur Unterscheidung einzelner Inspirationsphasen werden die aktuelle Inspirationsphase mit dem diskreten Zeitindex z und die unmittelbar vorangehende Inspirationsphase mit z-1 bezeichnet. Dann wird als Basis für eine Fallunterscheidung eine Differenz - dV(z) - zwischen einer Volumenreserve der vorangehenden Inspiration - Vr(z-1) - und dem während der vorangehenden Inspiration applizierten Tidalvolumen - Va(z-1) - ermittelt:
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Abhängig von dem dabei ermittelten Wert wird die Volumenreserve für die aktuelle Inspiration - Vr(z) - mittels der folgenden Berechnungsvorschrift errechnet:
oder
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Damit resultiert eine inkrementelle Veränderung der Volumenreserve Vr und entsprechend eine inkrementelle Veränderung einer Nulllage des Kolbens 23 der Atemgasfördereinheit 22.
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Die Faktoren k1 und k2 bestimmen einen Umfang einer inkrementellen Veränderung der Volumenreserve Vr. Wenn die Faktoren k1 und k2 gleich groß sind (k1=k2) resultiert abhängig von der zur Fallunterscheidung ermittelten Differenz eine gleich große inkrementelle Verringerung oder Erhöhung der Volumenreserve Vr. Bei einer vorteilhaften Ausführungsform ist der zu einer Verringerung der Volumenreserve Verführende Faktor k1 kleiner als der zu einer Erhöhung der Volumenreserve Vr führende Faktor k2. Dies führt dazu, dass die Volumenreserve Vr nur bei einem langfristig stabilen Volumenüberschuss - dV(z) ≥ 0 - nennenswert verkleinert wird, während bei einem Volumendefizit - dV(z) < 0 - die Volumenreserve Vrvergleichsweise deutlich erhöht wird und das System damit ausreichend schnell auf Änderungen des zum Beispiel aufgrund veränderter Einstellungen oder veränderter Patientencompliance applizierten Tidalvolumens Va reagiert. Praktikable Werte für k1 und k2 sind zum Beispiel k1=0, 1 und k2=0,5. Dies bedeutet, dass bei einem Volumendefizit die Volumenreserve Vr um die Hälfte des ermittelten Volumendefizits erhöht wird. Im Vergleich dazu sind bei einem Volumenüberschuss fünf aufeinanderfolgende Beatmungszyklen mit einem Volumenüberschuss notwendig, um bei einem gleich großen Volumenüberschuss zu einer gleich großen Verringerung der Volumenreserve Vr zu kommen. Eine Implementation der obigen Berechnungsvorschrift in einem von der Steuerungseinheit 54 zur Ansteuerung des motorischen Antriebs des Kolbens 23 ausgeführten Steuerungsprogramm 66 mit k1<>k2, insbesondere k1<k2, wird dabei als asymmetrische Auslegung dieser Berechnungsvorschrift bezeichnet, denn bei Ausführung des Steuerungsprogramms 66 resultiert eine asymmetrische Veränderung der Nulllage des Kolbens 23 und entsprechend eine asymmetrische Veränderung der Volumenreserve Vr.
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Die Darstellung in
8 veranschaulicht dies anhand einer schematisch vereinfacht gezeigten Atemgasfördereinheit 22 in zwei beispielhaften Betriebszuständen. Der Kolben 23 ist dort mit durchgezogenen Linien in einer Position beim Beginn einer Inspirationsphase und gestrichelt am Ende einer Inspirationsphase gezeigt. Das mittels eines Kolbenhubs aus dem Zylinder 24 der Atemgasfördereinheit 22 verdrängte Volumen entspricht demnach dem zum Patienten 14 verlagerten Volumen, also dem applizierten Tidalvolumen Va. Ersichtlich verbleibt auch bei einer Position des Kolbens 23 am oberen Scheitelpunkt eines Kolbenhubs noch ein Restvolumen in dem Zylinder 24 der Atemgasfördereinheit 22. Dies ist die Volumenreserve Vr. Mittels der Steuerungseinheit 54 wird einerseits der motorische Antrieb des Kolbens 23 zum zyklischen Erzeugen eines Kolbenhubs während einer Inspirationsphase und einer anschließenden Exspirationphase gesteuert und andererseits eine Nulllage des Kolbens 23 gesteuert. Dafür ist der Kolben 23 mittels einer in der Darstellung in
8 nur extrem vereinfacht gezeigten Spindel 68 antreibbar. Die Darstellung in
9 zeigt das Ergebnis einer inkrementellen Veränderung der Nulllage des Kolbens 23 gemäß dem hier vorgeschlagenen Ansatz und die resultierende Veränderung - hier Reduktion - der Volumenreserve Vr. Als Nulllage des Kolbens 23 kann dabei gleichermaßen ein unterer oder oberer Scheitelpunkt der zyklischen Kolbenbewegung während einer Inspirations- und einer anschließenden Exspirationphase verstanden werden. Eine Reduktion der Volumenreserve Vrführt wegen der damit einhergehenden Verringerung des wirksamen Volumens des Zylinders 24 zu einer schnelleren Gaswechselzeit. Für weitere Details in Bezug auf einen Spindelantrieb des Kolbens 23 wird auf die
DE43 12 510 A1 und die
DE 28 22 030 A1 verwiesen, deren vollständiger Offenbarungsgehalte hiermit als in diese Anmeldung mit einbezogen gelten sollen.
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Die Darstellung in 10 zeigt über mehrere Beatmungszyklen 70 hinweg eine bei Anwendung der obigen Berechnungsvorschrift resultierende inkrementelle Veränderung der Volumenreserve Vr in Abhängigkeit von einem Volumenüberschuss - dV(z) ≥ 0 - oder einem Volumendefizit - dV(z) < 0 - am Ende der Inspirationsphase des jeweiligen Beatmungszyklus 70.
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Die Veränderung der Nulllage des Kolbens 23 und die resultierende veränderte Volumenreserve Vr sind durch zumindest einen vorgegebenen oder vorgebbaren Grenzwert beschränkt. Die Verwendung eines solchen Grenzwerts bewirkt, dass die Volumenreserve Vrauch bei Anwendung der Berechnungsvorschrift nicht unter den jeweiligen Grenzwert sinken kann. Ein solcher Grenzwert kann vom Bediener eingegeben werden. Zusätzlich oder alternativ kann vorgesehen sein, dass der Grenzwert von einer patientendemografischen Größe, wie zum Beispiel dem Alter, dem Gewicht usw. des Patienten 14 abhängt und im Betrieb des Anästhesiegeräts 12 automatisch mittels des Steuerungsprogramms 66 aufgrund einer solchen patientendemografischen Größe ermittelt wird. Praktikable untere Grenzwerte für die Volumenreserve Vr sind zum Beispiel 200 ml für Neugeborene, 450 ml für jugendliche Patienten 14 und 600 ml für adulte Patienten 14. Bei einer Implementation einer automatischen Grenzwertermittlung als Teilfunktion des Steuerungsprogramms 66 wird ein eingegebenes Alter oder Geburtsdatum des Patienten 14 betrachtet und anhand einer Tabelle der jeweilige Grenzwert ausgewählt. Genauso wie bei der Anwendung der Berechnungsvorschrift ein oder mehrere untere Grenzwerte beachtet werden können, können auch ein oder mehrere obere Grenzwerte beachtet werden, so dass die Volumenreserve Vr eine durch den jeweiligen Grenzwert definierte Größe nicht überschreitet. Darüber hinaus werden bei der Anwendung der Berechnungsvorschrift zumindest ein unterer und ein oberer Grenzwert betrachtet, so dass sichergestellt ist, dass die physikalisch mögliche Verstellbarkeit der Kolbenposition berücksichtigt wird.
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Einzelne wesentliche Aspekte der hier vorgelegten Beschreibung lassen sich abschließend kurz wie folgt zusammenfassen: Angegeben werden ein Verfahren zum Betrieb eines Anästhesiegeräts 12, eine Implementierung des Verfahrens in Form eines Steuerungsprogramms 66 sowie ein nach dem Verfahren arbeitendes Anästhesiegerät 12. Das Anästhesiegerät 12 umfasst eine Atemgasfördereinheit 22, welche zum Verlagern eines Atemgasvolumens in einem Atemkreis 10 mittels eines Kolbens 23 bestimmt ist. Bei dem Verfahren kann bei einem Zurückfahren des Kolbens 23 während einer exspiratorischen Phase zur Vorgabe einer jeweiligen Kolbenrückfahrgeschwindigkeit automatisch zwischen zumindest einer ersten und einer zweiten Betriebsart umgeschaltet werden, wobei bei der ersten Betriebsart die Kolbenrückfahrgeschwindigkeit von einem Volumenstrom in einem Exspirationszweig 34 des Atemkreises 10 abhängig ist und wobei bei der zweiten Betriebsart die Kolbenrückfahrgeschwindigkeit von einer minimal notwendigen Kolbenrückfahrgeschwindigkeit abhängig ist.
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BEZUGSZEICHENLISTE
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- 10
- Atemkreis
- 12
- Anästhesiegerät
- 14
- Patient
- 16
- Frischgasdosierung
- 18
- Frischgasleitung
- 20
- Frischgasstrom
- 22
- Atemgasfördereinheit
- 23
- Kolben (der Atemgasfördereinheit)
- 24
- Zylinder (der Atemgasfördereinheit)
- 26
- Rückschlagventil
- 28
- Rückschlagventil
- 30
- Inspirationszweig
- 32
- Inspirationspfeil
- 34
- Exspirationszweig
- 36
- Exspirationspfeil
- 38
- (frei)
- 40
- Atemgasfortleitung
- 42
- CO2-Absorber
- 44
- Rückschlagventil
- 46
- (erster) Teilstrom (zur Atemgasfortleitung)
- 48
- (zweiter) Teilstrom (Zirkulation im Atemkreis)
- 50
- Atemgasfortleitungsventil
- 52
- Volumenstromsensor
- 54
- Steuerungseinheit
- 56
- Geschwindigkeitsprofil
- 58
- Geschwindigkeitsprofil
- 60
- Geschwindigkeitsprofil
- 62
- (erster) Abschnitt (eines Geschwindigkeitsprofils)
- 64
- (zweiter) Abschnitt (eines Geschwindigkeitsprofils)
- 66
- Steuerungsprogramm
- 68
- Spindel
- 70
- Beatmungszyklus
- 100
- Handbeatmungsbeutel