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Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Schlupfregelung, insbesondere zur Antriebsschlupfregelung, eines Kraftfahrzeugs, bei dem in einem ersten Betriebsmodus auf jedes zum Durchdrehen neigende Antriebsrad zur Reduzierung seines Schlupfes individuell eine Bremskraft ausgeübt wird, und bei dem in einem zweiten Betriebsmodus bei Durchdrehneigung von zwei Antriebsrädern einer Achse zusätzlich eine Ausgangsgröße des Antriebsmotors reduziert wird. Sie betrifft weiter eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens.
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In einer Vorrichtung zur Schlupfregelung eines Kraftfahrzeugs werden üblicherweise zum Überwachen des Drehverhaltens der angetriebenen Räder die Geschwindigkeiten der angetriebenen Räder ermittelt und miteinander und/oder mit der Geschwindigkeit eines nicht angetriebenen Rades verglichen. Die Schlupfregelung kann dabei als reine Antriebsschlupfregelung ausgebildet sein, wie sie beispielsweise in dem SAE-paper 870337 ”ASR – Traction Control – A Logical Extension of ABS” beschrieben ist. Alternativ kann die Schlupfregelung aber auch im Rahmen einer Fahrdynamikregelung vorgesehen sein, mit der durch Eingriffe in die Bremsen und den Motor des Fahrzeugs die Gierrate des Fahrzeugs geregelt wird, und bei der ein Antriebsschlupfregler als untergelagerter Regler implementiert ist. Die grundlegenden Funktionen einer Fahrdynamikregelung können beispielsweise der in der Automobiltechnischen Zeitschrift (ATZ) 96, 1994, Heft 11, S. 674–689 erschienenen Veröffentlichung ”FDR – Die Fahrdynamikregelung von Bosch” entnommen werden.
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In der
DE 34 16 292 A1 wird eine Regelschaltung für die angetriebenen Räder eines Fahrzeugs beschrieben, bei der bei Auftreten einer Durchdrehneigung an einem Rad eine Momentenreduzierung an diesem Rad vorgenommen wird und normalerweise bei Auftreten einer Durchdrehneigung an beiden Rädern eine Momentenreduzierung für beide Räder vorgenommen wird. Bei kleinen Raddrehzahlen soll die Regelung jedoch so ausgelegt werden, dass das später Durchdrehneigung zeigende Rad zuerst einmal von der Regelung unbeeinflusst bleibt.
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Bei einer beispielsweise aus der
DE 29 14 165 A1 bekannten Vorrichtung zur Antriebsschlupfregelung eines Kraftfahrzeugs wird aus Abweichungen der Geschwindigkeiten ausgeschriebener und nicht angetriebener Räder auf eine Durchdrehneigung des betroffenen Antriebsrades geschlossen. Bei erkannter Durchdrehneigung wird das betroffene Antriebsrad individuell gebremst. Der Bremskraftaufbau kann dabei abhängig vom Drehverhalten des zum Durchdrehen neigenden Antriebsrades, insbesondere abhängig von seinem Schlupf. Dieser Betriebsmodus, bei welchem jedes zum Durchdrehen neigende oder bereits durchdrehende Antriebsrad unabhängig von den anderen Antriebsrädern mit einer individuellen Bremskraft beaufschlagt wird, wird auch select-high-Modus (SH) genannt.
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In einem weiteren, auch select-low-Modus (SL) genannten Betriebsmodus, der vor allem bei Durchdrehneigung von zwei Antriebsrädern einer Achse Anwendung findet, werden die betroffenen Antriebsräder nicht durch einen jeweils individuellen Bremseneingriff, sondern vielmehr durch einen synchronen Bremseneingriff, ergänzt um eine Drosselung des Motors, stabilisiert.
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Bei einem Anfahrvorgang findet also bei der bekannten Antriebsschlupfregelung bei Durchdrehneigung eines Antriebsrades zunächst ein Bremseneingriff auf dieses Antriebsrad statt, während bei Durchdrehneigung auch des zweiten Antriebsrades ein Wechsel von select-high auf select-low vorgenommen wird. Im select-low-Modus wird der Antriebsschlupf an den beiden Antriebsrädern zumindest zusätzlich durch eine Reduzierung des Antriebsmoments des Antriebsmotors des Kraftfahrzeugs gesteuert. Dabei wird das Antriebsmoment des Antriebsmotors soweit reduziert, bis zumindest eines der Antriebsräder wieder stabil läuft.
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Von besonderer Bedeutung bei einem Anfahrvorgang ist bei einer derartigen Antriebsschlupfregelung der Wechsel zwischen den Betriebsarten, insbesondere der Wechsel vom Betriebsmodus select-high zum Modus select-low. Befinden sich nämlich die Antriebsräder auf einer Fahrbahn mit unterschiedlichen Reibwerten (sogenannte μ-Split Fahrbahn), findet ein Wechsel vom select-high-Modus zum select-low-Modus auch bei einer nur kurzen Instabilität an dem Antriebsrad statt, das auf hohem Reibwert läuft.
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Insbesondere beim Anfahren auf μ-Split-Fahrbahnen wird nämlich Bremskraft am zuerst durchdrehenden Antriebsrad entsprechend des dort ermittelten Schlupfes aufgebaut. Ein hohes Antriebsmoment, welches das Rad zum Durchdrehen bringt, erzeugt einen großen Antriebsschlupf an diesem Rad, der im Rahmen der Antriebsschlupfregelung zu einer hohen Bremskraft an diesem Rad führt. Daraus kann auch eine Instabilität des Hochreibwertrades resultieren, wenn dieses das durch den Bremskraftaufbau am durchdrehenden Rad nunmehr übertragene Moment nicht mehr auf die Fahrbahn absetzen kann. Diese Instabilität ist jedoch in der Regel nur von kurzer Dauer. Eine Umschaltung in den select-low-Modus hätte dabei aber eine Reduzierung von Antriebsmoment zur Folge, so daß beim Anfahren ein deutlicher, unerwünschter Traktionseinbruch zu spüren wäre.
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Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Schlupfregelung, insbesondere zur Antriebsschlupfregelung, der oben genannten Art anzugeben, mit dem ein unerwünschter Wechsel vom ersten in den zweiten Betriebsmodus besonders zuverlässig vermieden ist. Zudem soll eine für die Durchführung des Verfahrens besonders geeignete Vorrichtung zur Schlupfregelung eines Kraftfahrzeugs angegeben werden.
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Bezüglich des Verfahrens wird diese Aufgabe erfindungsgemäß gelöst, indem eine Umschaltung vom ersten in den zweiten Betriebsmodus frühestens nach Ablauf einer proportional zur Differenz der auf die beiden zum Durchdrehen neigenden Antriebsräder ausgeübten Bremskräfte gewählten ersten Wartezeit nach Feststellung der Durchdrehneigung des zweiten Antriebsrades vorgenommen wird.
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Die Erfindung geht dabei von der Überlegung aus, daß ein unnötiger und somit unerwünschter Wechsel vom ersten in den zweiten Betriebsmodus besonders zuverlässig vermieden werden kann, indem die Verarbeitung der einen Wechsel auslösenden Ereignisse in geeigneter Weise gefiltert wird. Dabei sollten nur solche Ereignisse berücksichtigt werden, bei denen ein Wechsel der Fahrbahneigenschaften mit hinreichender Zuverlässigkeit festgestellt wurde. Auf besonders einfache Weise kann eine derartige Filterung über die Einführung einer Wartezeit erfolgen, während der noch im ersten Betriebsmodus oder select-high-Modus ein Bremseingriff auf beide zum Durchdrehen neigenden Antriebsräder erfolgt, bevor schließlich der Wechsel in den zweiten Betriebsmodus oder select-low-Modus vorgenommen wird. Die Wartezeit sollte dabei besonders auf die Erkennung typischer Fahrbahneigenschaften abgestimmt sein. Dabei ist berücksichtigt, daß bei stark unterschiedlichen Reibwerten der Fahrbahn an den beiden Antriebsrädern mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine μ-Split-Fahrbahn geschlossen werden kann, so daß eine nur kurzzeitige Instabilität beider Antriebsräder ohne erforderliche Umschaltung in den select-low-Modus vorliegen kann. Nur geringe Unterschiede in den Reibwerten an den beiden Antriebsrädern deuten hingegen eher auf eine Fahrbahn mit allgemein niedrigem Reibwert hin, was eine Umschaltung in den select-low-Modus eher erforderlich machen kann. Bei der Bemessung der Wartezeit ist daher die Differenz der auf die beiden Antriebsräder wirkenden Bremskräfte, die einen Rückschluß auf die Unterschiede in den Reibwerten ermöglicht, in geeigneter Weise berücksichtigt.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Im zweiten Betriebsmodus oder select-low-Modus kann als Ausgangsgröße des Antriebsmotors dessen Leistung, dessen Drehzahl oder eine andere geeignete Größe reduziert werden. Zweckmäßigerweise wird in diesem Betriebsmodus als Ausgangsgröße des Antriebsmotors jedoch dessen Antriebsmoment reduziert.
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Bei der Auswahl der ersten Wartezeit wird als für die wirkenden Bremskräfte charakteristische Größe vorteilhafterweise der Betrag der Differenz der auf die beiden zum Durchdrehen neigenden Antriebsräder wirkenden Bremsdrücke berücksichtigt. Diese Differenz, gemessen in bar, wird zur Bestimmung der ersten Wartezeit zweckmäßigerweise mit einem Umrechnungsfaktor von etwa 40 ms/bar multipliziert, so daß sich beispielsweise bei einer Druckdifferenz von 70 bar eine erste Wartezeit von etwa 280 ms ergibt.
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Ein besonders günstiges Verhalten der Antriebsschlupfregelung mit nur geringen Traktionsverlusten ist zudem erreichbar, indem nach erfolgter Umschaltung vom ersten in den zweiten Betriebsmodus so früh wie unter Berücksichtigung von Sicherheitsaspekten möglich eine Rückumschaltung in den ersten Betriebsmodus oder select-high-Modus vorgenommen wird. Dazu wird in besonders vorteilhafter Weiterbildung eine Umschaltung vom zweiten in den ersten Betriebsmodus frühestens nach Ablauf einer abhängig von der ausgeübten Bremskraft gewählten zweiten Wartezeit nach letztmaliger Feststellung der Durchdrehneigung eines Antriebsrades vorgenommen.
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Dabei ist für eine Rückumschaltung zunächst Voraussetzung, daß eine gewisse Mindestzeit im select-low-Modus verstrichen ist, ohne daß eine erneute Regelabweichung festgestellt wurde. Nach Ablauf dieser Sicherheitsfrist kann dann die Rückumschaltung erfolgen. Bei der Bestimmung der Sicherheitsfrist oder zweiten Wartezeit wird die im select-low-Modus aufgewandte Bremskraft und somit die verfügbare Information über die Fahrbahnbedingungen berücksichtigt. Als zweite Wartezeit wird zweckmäßigerweise eine vorgebbare Maximalzeit von beispielsweise etwa 1300 ms gewählt, die proportional zur ausgeübten Bremskraft vermindert wird. Die Maximalzeit wird dabei zweckmäßigerweise um den ausgeübten Bremsdruck, gemessen in bar und multipliziert mit einem Umrechnungsfaktor von etwa 20 ms/bar, vermindert, so daß sich beispielsweise bei einem Bremsdruck von 50 bar eine zweite Wartezeit von etwa 300 ms ergibt.
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Bezüglich der Vorrichtung zur Schlupfregelung eines Kraftfahrzeugs wird die genannte Aufgabe gelöst mit einer Steuereinrichtung, die in einem ersten Betriebsmodus Stellsignale zum Einstellen einer individuellen Bremskraft auf jedes zum Durchdrehen neigende Antriebsrad zur Reduzierung seines Schlupfes ausgibt, und die in einem zweiten Betriebsmodus bei Durchdrehneigung von zwei Antriebsrädern einer Achse zusätzlich Stellsignale zum Reduzieren einer Ausgangsgröße des Antriebsmotors ausgibt, und mit einem Umschaltmodul, das die Steuereinrichtung frühestens nach Ablauf einer proportional zur Differenz der auf die beiden zum Durchdrehen neigenden Antriebsräder ausgeübten Bremskräfte gewählten ersten Wartezeit nach Feststellung der Durchdrehneigung des zweiten Antriebsrades vom ersten in den zweiten Betriebsmodus umschaltet.
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Das Umschaltmodul gibt dabei zweckmäßigerweise als erste Wartezeit den Betrag der Differenz der auf die beiden zum Durchdrehen neigenden Antriebsräder wirkenden Bremsdrücke, gemessen in bar und multipliziert mit einem Umrechnungsfaktor von etwa 40 ms/bar, vor.
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In besonders vorteilhafter Ausgestaltung schaltet das Umschaltmodul die Steuereinrichtung frühestens nach Ablauf einer abhängig von der ausgeübten Bremskraft gewählten zweiten Wartezeit nach letztmaliger Feststellung der Durchdrehneigung eines Antriebsrades vom zweiten in den ersten Betriebsmodus um, wobei das Umschaltmodul in weiterer zweckmäßiger Ausgestaltung als zweite Wartezeit eine vorgebbare Maximalzeit, vermindert um den mit einem Umrechnungsfaktor von etwa 20 ms/bar multiplizierten ausgeübten Bremsdruck (bar), auswählt.
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Die mit der Erfindung erzielten Vorteile bestehen insbesondere darin, daß durch die in Abhängigkeit von den ausgeübten Bremskräften ausgewählte Wartezeit auf besonders einfache Weise eine zuverlässige Berücksichtigung der Fahrbahneigenschaften bei der Umschaltung zwischen den Betriebsmodi ermöglicht wird. Durch die Mitberücksichtigung des Bremsdruckniveaus des bereits in Regelung befindlichen Antriebsrades kann zudem auch auf die bisherige Reibwert-Differenz der Fahrbahn geschlossen werden.
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Die insbesondere bei μ-Split-Fahrbahnen auftretenden kurzzeitigen Instabilitäten beider Antriebsräder führen nicht unmittelbar zum Wechsel vom ersten (SH) Betriebsmodus in den zweiten (SL) Betriebsmodus. Vielmehr werden derartige Ereignisse, die gerade wegen der nur kurzzeitigen Instabilität keinen Wechsel in den select-low-Modus erfordern, durch die geeignete Wahl der ersten Wartezeit aus den möglichen Wechselauslösern herausgefiltert. Andererseits wird der Wechsel in den select-low-Modus aber auch nicht unnötig lange herausgezögert, da gerade bei Fahrbahnen mit gleichförmig niedrigem Reibwert, der eine Umschaltung in den select-low-Modus erfordert, nur eine zur Differenz der Bremskräfte proportionale und demzufolge geringe erste Wartezeit gewählt wird. Eine Umschaltung in den select-low-Modus kann dabei insbesondere auch erfolgen, nachdem eine Kurvenfahrt des Kraftfahrzeugs erkannt wurde. Ebenso erfolgt die Rückumschaltung in den ersten (SH) Betriebsmodus nach einer vergleichsweise kurzen, die Fahrbahnverhältnisse berücksichtigenden zweiten Wartezeit.
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Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung wird anhand einer Zeichnung näher erläutert. Darin zeigen:
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1 schematisch eine Vorrichtung zur Antriebsschlupfregelung eines Kraftfahrzeugs,
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2 ein Flußdiagramm eines Verfahrens zur Antriebsschlupfregelung eines Kraftfahrzeugs, und
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3 ein Zeitdiagramm zur Verdeutlichung der Wirkungsweise der nach dem Verfahren gemäß 2 betriebenen Vorrichtung gemäß 1.
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Die Vorrichtung 10 gemäß 1 ist im Ausführungsbeispiel zur Antriebsschlupfregelung eines nicht näher dargestellten Kraftfahrzeugs vorgesehen. Alternativ kann die Vorrichtung 10 aber auch in der Art einer Implementierung einer Antriebsschlupfregelung als untergelagerten Regler Teil einer Fahrdynamikregelung eines Kraftfahrzeugs sein. Sie umfaßt eine Eingangsschaltung 12 sowie einen Mikrocomputer 14 und eine Ausgangsschaltung 16. Diese Elemente sind über ein Kommunikationssystem 18 zum gegenseitigen Datenaustausch miteinander verbunden. Der Eingangsschaltung 12 sind über eine Anzahl von Signalleitungen 20, 24 Meßsignale zuführbar, die in an die Signalleitungen 20, 24 angeschlossenen Meßeinrichtungen 26, 30 ermittelt werden. Aus den Meßsignalen sind dabei direkt oder nach Umrechnung charakteristische Betriebsgrößen des Kraftfahrzeugs ableitbar. Bei den Betriebsgrößen handelt es sich insbesondere um die Geschwindigkeiten der Fahrzeugräder. Auf gleiche Weise werden der Eingangsschaltung auch weitere, die Fahrzeuggeschwindigkeit sowie die an jedem Rad wirkenden Bremskräfte, Bremsmomente und/oder Bremsdrücke repräsentierende Signale zugeführt.
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Über die Ausgangsschaltung 16 und die daran angeschlossenen Ausgangsleitungen gibt die Vorrichtung 10 Stellgrößen im Rahmen der von ihr vorgenommenen Regelungen ab. Beispielsweise führt eine Ausgangsleitung 32 zu einem Stellelement 34 zur Beeinflussung der Leistung der Antriebseinheit des Fahrzeugs. Bei diesem Stellelement 34 handelt es sich um eine Motorsteuereinrichtung, im Ausführungsbeispiel einer Brennkraftmaschine beispielsweise um eine Steuereinrichtung zur Betätigung einer elektrisch betätigbaren Drosselklappe. Ferner ist über eine Anzahl von Ausgangsleitungen 36, von denen lediglich eine gezeigt ist, die Bremsanlage 38 des Fahrzeugs ansteuerbar. Bei der Bremsanlage kann es sich um eine hydraulische, um eine pneumatische oder um eine Bremsanlage mit elektromotorischer Bremsenzuspannung handeln. Zur Durchführung der Antriebsschlupfregelung weisen diese Bremsanlagen nicht näher dargestellte Schaltmittel auf, die es erlauben, die Bremskraft am jeweiligen Rad über die vom Fahrer durch Betätigen des Bremspedals vorgegebene Bremskraft aufzubauen.
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Der Mikrocomputer 14 umfaßt eine Steuereinheit 40 und ein mit dieser zusammenwirkendes Umschaltmodul 42. Die Steuereinheit 40 ist dabei dafür ausgelegt, entweder in einem ersten oder select-high-Betreibsmodus oder in einem zweiten oder select-low-Betriebsmodus auf die Bremsanlage 38 und das Stellelement 34 einzuwirken. In beiden Betriebsmodi wird der jeweilige Radschlupf der Antriebsräder des Kraftfahrzeugs bestimmt, indem die Radgeschwindigkeit des jeweiligen Rades mit einem geeigneten Referenzwert verglichen wird. Als Referenzwert kann dabei die Radgeschwindigkeit eines anderen Rades, vorzugsweise eines nicht angetriebenen Rades, dienen.
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Übersteigt die Radgeschwindigkeit eines Antriebsrades einen aus dem Referenzwert abgeleiteten Schwellenwert, so wird eine Durchdrehneigung des betroffenen Antriebsrades erkannt. Das Ausmaß der Überschreitung des Schwellenwertes stellt dabei die Größe des Schlupfes dar. Tritt zunächst an nur einem Antriebsrad Schlupf auf, so wird die Steuereinheit 40 im ersten oder select-high-Betriebsmodus betrieben. In diesem Modus bestimmt das Hochreibwertrad die Regelung, wobei die Bremskraft am durchdrehenden Rad zur Schlupfreduzierung moduliert wird.
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Wird an beiden Antriebsrädern eine Durchdrehneigung erkannt, so kann es sich um ein beidseitiges Durchdrehen der Antriebsräder aufgrund eines zu hohen Antriebsmomentes auf einer Fahrbahn mit homogenem Niedrigreibwert handeln. In diesem Fall wird die Steuereinheit 40 im zweiten oder select-low-Betriebsmodus betrieben. Dabei bestimmt das Niedrigreibwertrad die Regelung, und das Antriebsmoment des Antriebsmotors wird soweit reduziert, bis mindestens ein Antriebsrad wieder stabil läuft.
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Das Umschalten vom ersten oder select-high-Betriebsmodus in den zweiten oder select-low-Betriebsmodus sowie auch das Umschalten vom zweiten in den ersten Betriebsmodus wird dabei vom auf die Steuereinheit 40 einwirkenden Umschaltmodul 42 gesteuert. Das Umschaltmodul 42 ist dabei für eine besonders günstige Betriebsweise auch im Hinblick auf die Auswahl des jeweiligen Betriebsmodus ausgelegt. Dabei ist berücksichtigt, daß zur möglichst weitgehenden Vermeidung von unerwünschten Traktionseinbrüchen insbesondere auch bei einem Anfahrvorgang das Fahrzeug möglichst lange im select-high-Betriebsmodus und möglichst wenig im select-low-Betriebsmodus betrieben werden sollte.
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Dazu arbeitet das Umschaltmodul 42, das auch in der Art eines Computerprogramms im Mikrocomputer 14 hinterlegt sein kann, in der durch das Flußdiagramm gemäß 2 skizzierten Weise.
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Nach einem Start des entsprechenden Programms oder Programmteils zu vorgegebenen Zeitpunkten, die beispielsweise in der Art einer zyklischen Abfrage in regelmäßigen Abständen vorgesehen sein können, werden in einem ersten Programmschritt 100 die Geschwindigkeiten Vx, Vy der Antriebsräder charakterisierende Signalwerte, ein die Fahrzeuggeschwindigkeit Vfz charakterisierender Signalwert und die Bremsdrücke px, py an den Antriebsrädern charakterisierende Signalwerte eingelesen. Aus den Geschwindigkeiten Vx, Vy werden durch Vergleich mit der Fahrzeuggeschwindigkeit Vfz die Schlupfgrößen lx, ly der Antriebsräder ermittelt. Im darauffolgenden Programmschritt 102 wird anhand der Schlupfgrößen lx, ly, beispielsweise durch Vergleich mit einem noch zulässigen Schlupfgrenzwert, übeprüft, ob und gegebenenfalls an welchem Antriebsrad Durchdrehneigung auftritt. Wird keine Durchdrehneigung festgestellt, so wird das Programm oder Teilprogramm beendet.
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Falls jedoch an einem Antriebsrad Durchdrehneigung festgestellt wird, so wird im folgenden Programmschritt 104 zunächst überprüft, ob auch am anderen Antriebsrad Durchdrehneigung auftritt. Ist dies nicht der Fall, so werden das durchdrehende Antriebsrad als Niedrigreibwertrad und das nicht durchdrehende Antriebsrad als Hochreibwertrad definiert. Daraufhin wird im Programmschritt 106 der Betriebsmodus select-high (SH) vorgegeben und ein Bremseneingriff am Niedrigreibwertrad abhängig vom Schlupf durchgeführt. Anschließend wird das Programm beginnend mit Programmschritt 100 wiederholt, solange Durchdrehneigung an einem Antriebsrad auftritt.
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Falls in Programmschritt 104 festgestellt wird, daß an beiden Antriebsrädern Durchdrehneigung herrscht, so wird in im Programmschritt 108 ein Zeitzähler gestartet. Daraufhin wird im Programmschritt 110 der Betriebsmodus select-high (SH) mit Bremseneingriff an beiden zum Durchdrehen neigenden Antriebsrädern aktiviert, wobei gegebenenfalls auch zur Sicherstellung der Stabilität des Fahrzeugs ein gezielter Abbau von Bremskraft am Niedrigreibwertrad stattfinden kann.
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Anschließend wird im Programmschritt 112 überprüft, ob seit dem Start des Zeitzählers eine Zeit von mehr als einer ersten Wartezeit t1 verstrichen ist. Die erste Wartezeit t1 wird gleich dem Betrag der Differenz der auf die beiden zum Durchdrehen neigenden Antriebsräder wirkenden Bremsdrücke px, py multipliziert mit einem Umrechnungsfaktor F gewählt. Bei einer Auswertung der Bremsdrücke px, py in bar beträgt dabei der Umrechnungsfaktor F im Ausführungsbeispiel etwa 40 ms/bar. Ist die seit dem Start des Zeitzählers verstrichene Zeit noch geringer als die erste Wartezeit t1, so werden im Programmschritt 114 aktualisierte Meßwerte für die Größen Vx, Vy, Vfz, px und py eingelesen und aktualisierte Schlupfgrößen lx, ly ermittelt. Daraufhin wird im Programmschritt 116 überprüft, ob immer noch Durchdrehneigung an beiden Antriebsrädern vorliegt. Ist dies der Fall, so wird Programmschritt 110 erneut ausgeführt. Mit anderen Worten: in der Art einer Schleife werden die Programmschritte 110, 112, 114 und 116 (unter kontinuierlichem jeweils individuellem Bremseingriff auf die Antriebsräder im select-high-Betriebsmodus) solange aufeinanderfolgend ausgeführt, bis entweder im Programmschritt 112 festgestellt wird, daß eine Zeit von mehr als der ersten Wartezeit t1 seit dem Start des Zeitzählers verstrichen ist, oder bis im Programmschritt 116 festgestellt wird, daß nicht mehr an beiden Antriebsrädern Durchdrehneigung herrscht.
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Im letztgenannten Fall, wenn also die Durchdrehneigung an mindestens einem Antriebsrad entfallen ist, wird das Verfahren mit Programmschritt 106, also mit individuellem Bremseneingriff auf das einzige noch zum Durchdrehen neigende Antriebsrad im select-high-Modus, fortgesetzt. In diesem Fall, der beispielsweise beim Anfahren auf einer μ-Split-Fahrbahn in der Art einer kurzzeitigen Instabilität auftreten kann, kann die Antriebsschlupfregelung somit bis zur endgültigen Stabilisierung der Fahrsituation vollständig im select-high-Betriebsmodus, also unter Vermeidung einer unnötigen Aktivierung des select-low-Betriebsmodus, arbeiten.
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Erst wenn im Programmschritt 112 festgestellt wird, daß seit dem Start des Zeitzählers eine Zeit von mehr als der ersten Wartezeit t1 verstrichen ist, ohne daß eine zwischenzeitliche Stabilisierung mindestens eines Antriebsrades eingetreten ist, wird das Verfahren in Programmschritt 118 durch Umschalten auf den select-low-Betriebsmodus fortgesetzt. In diesem Betriebsmodus erfolgt ein synchroner Bremseneingriff auf beide zum Durchdrehen neigenden Antriebsräder, unterstützt durch eine Reduktion des Antriebsmoments als Ausgangsgröße des Antriebsmotors.
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Nach der Aktivierung dieses Betriebsmodus werden im Programmschritt 120 aktualisierte Meßwerte für die Größen Vx, Vy, Vfz, px und py eingelesen und aktualisierte Schlupfgrößen lx, ly ermittelt. Daraufhin wird im Programmschritt 122 überprüft, ob immer noch Durchdrehneigung an beiden Antriebsrädern vorliegt. Ist dies der Fall, so wird das Verfahren in der Art einer Schleife mit Programmschritt 118 fortgesetzt, wobei im select-low-Betriebsmodus kontinuierliche Bremsen- und Motoreingriffe erfolgen. Dies geschieht, bis im Programmschritt 122 eine erfolgreiche Stabilisierung zumindest eines Antriebsrades festgestellt wird.
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In diesem Fall wird im Programmschritt 124 erneut ein Zeitzähler gestartet. Daraufhin werden im Programmschritt 126 aktualisierte Meßwerte für die Größen Vx, Vy, Vfz, px und py eingelesen und aktualisierte Schlupfgrößen lx, ly ermittelt. Daraufhin wird im Programmschritt 128 überprüft, ob erneut Durchdrehneigung an beiden Antriebsrädern aufgetreten ist. Falls dies der Fall ist, wird das Verfahren mit Programmschritt 118, also unter fortgesetztem Bremsen- und Motoreingriff im select-low-Betriebsmodus, weitergeführt.
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Falls aber keine erneute Durchdrehneigung auch des zweiten Antriebsrades festgestellt wurde, wird im Programmschritt 130 überprüft, ob seit dem Start des Zeitzählers eine Zeit von mehr als einer zweiten Wartezeit t2 verstrichen ist. Die zweite Wartezeit t2 wird gleich einer vorgebbaren Maximalzeit K von etwa 1300 ms, vermindert um den mit einem Umrechnungsfaktor G von etwa 20 ms/bar multiplizierten ausgeübten Bremsdruck (gemessen in bar), gewählt.
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Ist die seit dem Start des Zeitzählers verstrichene Zeit noch geringer als die zweite Wartezeit t2, so werden die Programmschritte 126, 128 erneut ausgeführt. Erst wenn eine Zeit von mehr als der zweiten Wartezeit verstrichen ist, ohne daß zwischenzeitlich eine erneute Durchdrehneigung an beiden Antriebsrädern auftrat, wird das Verfahren mit Programmschritt 106 fortgesetzt. Auf diese Weise ist gewährleistet, daß nach einmal erfolgter Aktivierung des select-low-Betriebsmodus dieser fortgeführt wird, bis eine vollständige Stabilisierung zumindest eines Antriebsrades erfolgt ist. Andererseits ist aber die vorgesehene zweite Wartezeit zur Rückumschaltung in den select-high-Betriebsmodus abhängig vom Bremsdruck und kann dabei auch vergleichsweise gering ausfallen, so daß die Rückumschaltung in den select-high-Betriebsmodus situationsabhängig vergleichsweise schnell erfolgen kann.
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Die Wirkungsweise des dargestellten Verfahrens ist im Zeitdiagramm in 3 gezeigt. Dabei sind als Funktion der Zeit aufgetragen (in der Reihenfolge von oben nach unten): 1. die Geschwindigkeit Vx des ersten Antriebsrades im Vergleich zur Fahrzeuggeschwindigkeit, 2. die Geschwindigkeit Vy des zweiten Antriebsrades im Vergleich zur Fahrzeuggeschwindigkeit, 3. der Bremsdruck px am ersten Antriebsrad, 4. der Bremsdruck py am zweiten Antriebsrad, 5. der Status des Betriebsmodus (1 = SH, 0 = SL), 6. die berechnete erste Wartezeit t1, 7. die berechnete zweite Wartezeit t2, 8. die nach Start eines Zeitzählers verstrichene Zeit.
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Folgendes zeitliche Verhalten der genannten Größen ist dem Zeitdiagramm entnehmbar:
Zeitpunkt T1: die Geschwindigkeit Vx des ersten Antriebsrades im Vergleich zur Fahrzeuggeschwindigkeit übersteigt einen Grenzwert: Schlupf des ersten Antriebsrades wird festgestellt. Somit wird im select-high-Betriebsmodus (Status gemäß Kurve 5.) der Bremsdruck px auf das erste Antriebsrad erhöht.
Zeitpunkt T2: auch die Geschwindigkeit Vy des zweiten Antriebsrades im Vergleich zur Fahrzeuggeschwindigkeit übersteigt einen Grenzwert: Schlupf auch des zweiten Antriebsrades wird festgestellt. Somit wird im select-high-Betriebsmodus (Status gemäß Kurve 5.) auch der Bremsdruck py auf das zweite Antriebsrad erhöht. Der Zeitzähler wird gestartet und die seitdem verstrichene Zeit erfaßt (Kurve 8.). Die erste Wartezeit (Kurve 6.) wird kontinuierlich neu aus den Bremsdrücken px, py ermittelt.
Zeitpunkt T3: die verstrichene Zeit (Kurve 8.) übersteigt die erste Wartezeit (Kurve 6.). Somit erfolgt ein Umschalten auf den zweiten oder select-low-Betriebsmodus (Status gemäß Kurve 5.).
Zeitpunkt T4: am zweiten Antriebsrad wird keine Durchdrehneigung mehr festgestellt und das Druckniveau ist kleiner als ein vorgebbarer Grenzwert. Der Zeitzähler wird erneut gestartet und die seitdem verstrichene Zeit erfaßt (Kurve 8.). Die zweite Wartezeit (Kurve 7.) wird kontinuierlich neu aus dem noch anliegenden Bremsdruck px ermittelt. Diese Wartezeit ist dabei umso kürzer, je höher der Druck px ist.
Zeitpunkt T5: die verstrichene Zeit (Kurve 8.) übersteigt die zweite Wartezeit (Kurve 7.), ohne daß zwischenzeitlich erneut eine Durchdrehneigung des zweiten Antriebsrades festgestellt wurde. Somit erfolgt ein Rückumschalten auf den ersten oder select-high-Betriebsmodus (Status gemäß Kurve 5.).
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Vorrichtung zur Antriebsschlupfregelung
- 12
- Eingangsschaltung
- 14
- Mikrocomputer
- 16
- Ausgangsschaltung
- 18
- Kommunikationssystem
- 20, 24
- Signalleitungen
- 26, 30
- Meßeinrichtungen
- 32, 36
- Ausgangsleitungen
- 34
- Stellelement
- 38
- Bremsanlage
- 40
- Steuereinheit
- 42
- Umschaltmodul
- 100–130
- Programmschritte
- Vx, Vy
- Geschwindigkeiten der Antriebsräder
- Vfz
- Fahrzeuggeschwindigkeit
- px, py
- Bremsdrücke an den Antriebsrädern
- lx, ly
- Schlupfgrößen der Antriebsräder