Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Halbzeug aus thermoplastischem Kunststoff, bei welchem ein Kunststoffgranulat mindestens partiell in eine elasto-viskose Schmelze übergeführt und die Schmelze einer Schenvirkung unterworfen wird.
Sie betrifft ferner das nach dem erfindungsgemässen Verfahren hergestellte Halbzeug und dessen Verwendung im Expansionsguss.
Geschäumte Kunststoffe werden bekanntlich als Schaumstoffe oder auch als expandierte Kunststoffe angesprochen. Sie haben ein geringes Raumgewicht und gute Wärmeisolationseigenschaften. Harte Schaumstoffe haben ausserdem ein günstiges Verhältnis zwischen Raumgewicht und Steifigkeit.
Man kann Gegenstände aus Schaumstoffen relativ einfach und preiswert nach dem Formschäumungsverfahren herstellen, welches vielseitig einsetzbar und auch zur Bildung recht grosser Gegenstände geeignet ist.
Duroplaste werden beim Formschäumen im sogenannten Reaktionsgussverfahren verarbeitet, bei welchem niedermolekulare Edukte mit Treibmitteln gemischt in die Form gegeben und dort unter Schäumung der Duroplastgegenstand gebildet wird.
Bei Thermoplasten erfolgt das Formschäumen im Expansionsgussverfahren, bei welchem das Kunststoffgranulat mit beigemischtem oder eingearbeitetem Treibmittel in der Form erhitzt wird. Die dabei entstehende elasto-viskose Schmelze wird von dem aus dem Treibmittel entstehenden Treibgas geschäumt, d. h. expandiert, wobei die geschäumte Schmelze unter dem Treibgasdruck die Form mehr oder weniger gleich mässig ausfüllt. Nachteilig ist dabei also, dass die elasto-viskose Schmelze dabei nicht alle Formhohlräume gleichermassen gut ausfüllt, wenn verschiedene Wandstärken des Produktes nötig sind, so dass ungleiche Materialverteilung, unregelmässige Formfüllung, Lunker und dergleichen entstehen können.
Ein weiterer sehr erheblicher Nachteil ist in den Nahtstellen, welche von den Granulatgrenzen herrühren, zu erblikken, welche eine sehr erhebliche mechanische Schwächung bedingen können.
Diese Nahtstellen treten bei extrudierten Produkten nicht auf, bei welchen der Schäumungsvorgang zwar im Extruder selbst eingeleitet wird, die Expansion aber erst stattfindet, wenn die Schmelze die Düse verlässt. Man kann aber mit dem Extruder die durch Formschäumung erhältlichen Formen in der Regel nicht herstellen.
Der Nachteil der Nahtstellen tritt auch beim Spritzguss nicht auf, bei welchem die Schäumung ebenfalls im Druckerzeuger eingeleitet wird und die Expansion beim Eintritt der Schmelze in die Form erfolgt, wobei es allerdings auch hier zu Formfüllungsunterschieden kommen kann, weil man ja den Druck nicht beliebig steigern darf, wenn ein Schaumstoff bestimmten Raumgewichtes erhalten werden soll. Der Spritzguss ist zudem teurer als der Expansionsguss und erfordert aufwendige Einrichtungen, so dass er nicht überall durchführbar ist, wo ein Expansionsguss möglich wäre. Auch hinsichtlich der Stückgrösse der Produkte kann der Spritzguss dem Expansionsguss unterlegen sein.
Der Erfindung liegt deshalb die Aufgabe zugrunde, dem Expansionsguss durch Vermeiden seiner Hauptnachteile weitere Gebiete zu erschliessen.
Zur Lösung dieser Aufgabe wird vorgeschlagen, das eingangs genannte Verfahren zur Herstellung von Halbzeug aus thern-,oplastischem Kunststoff dergestalt durchzuführen, dass das Treibmittel enthaltende Material unterhalb jener Temperatur gehalten wird, bei welcher eine vollständige Schäumung erfolgt.
Man erhält so das erfindungsgemässe Erzeugnis dieses Verfahrens, nämlich ein Halbzeug, welches dadurch gekennzeichnet ist, dass es durch Erhitzen expandierbar und frei von auf die Granulatgrenzen zurückzuführenden Nahtstellen ist.
Letzteres ist eine Folge der Schwerwirkung in der Schmelze.
Das erfindungsgemässe Halbzeug kann je nach seiner Zusammensetzung und je nach der bei seiner Herstellung angewandten Temperatur ganz ungeschäumt oder teilgeschäumt sein. Der Schäumungsgrad und somit der Expansionsgrad, damit aber auch die weitere Expandierbarkeit sind steuerbar und können zur Beeinflussung des später aus dem Halbzeug herzustellenden Produktes beitragen.
Die Scherwirkung in der Schmelze kann im erfindungsge mässen Verfahren auf beliebige Weise erzeugt werden, wobei Extrudieren oder Walzen, z. B. Kalandrieren, sehr geeignete Massnahmen sind, die auch der Formgebung des Halbzeugs dienen können. Man kann natürlich auch mehrere solche Behandlungen kombinieren, wie z. B. Extrudieren mit nachfolgendem Walzen.
Man kann bei der Herstellung des Halbzeugs auch noch Armierungsmaterial zugeben, welches in der Regel ein Faserstoff, sei es Glasfaser, Kunstfaser oder ein anderes Fasermaterial sein kann, welches als Flock, Stapelfaser, Faserzug, Rowing, Garn, Endlosfaser, Gewebe, Gewirk oder Vlies bzw. irgendein anderes Produkt vorliegen kann. Kurzes Material, wie Flock und Stapelfaser, können z. B. im Extruder oder beim Kalandrieren beigemischt werden. Garne, Endlosfasern, Gewebe Gewirke. Vliese und dergleichen können z. B. durch Ko-Extrusion oder Laminieren ein- bzw. aufgebracht werden. Dies war bei den bisherigen Ausgangsmaterialien des Expansionsgusses nicht möglich.
Die Erfindung betrifft ferner, zur Lösung der genannten Aufgabe, auch die Verwendung des erfindungsgemässen Halbzeugs im Expansionsguss, welche dadurch gekennzeichnet ist, dass mindestens ein Halbzeugstück in eine Expansionsgussform gegeben und durch Erhitzen darin expandiert wird.
Wenn es die Gestalt des Endproduktes erfordert, kann das in die Form gegebene Halbzeugstück entsprechend vorgebildet werden, so dass sich z. B. verschiedene Wandungsstärken und Formbedingungen nicht mehr im bisherigen Masse auf den Füllungsgrad und die Materialverteilung auswirken können.
Man kann die Gestalt des Endproduktes insbesondere dadurch vorformen, dass man beim Expansionsguss ein Stück eines z. B. beim Extrudieren vorgeformten Halbzeugs verwendet, wobei dann keinerlei Nahtstellen im Endprodukt auftreten.
Dort. wo dieses Vorformen in der gerade genannten Weise nicht möglich ist, kann man die Gestalt des Endproduktes aus Halbzeugstücken zusammengesetzt vorformen, wobei man allerdings der Lage der Nahtstellen dieser Stücke miteinander einige Beachtung schenken sollte, oder durch geeignete Behandlung dieser Stellen, z. B. Vorschweissen, Kleber usw., den Nahteffekt hinsichtlich seiner mechanischen NaChteile entschärfen kann.
Die Erfindung soll nachstehend anhand von Beispielen näher besprochen werden.
In den Beispielen wird der Schmelzindex nach der international gebräuchlichen Amerikanischen ASTM Norm D 1238-65T, Verfahren F angegeben, welcher nach dieser Norm bei 190 C und 21,6 kp Last in der Einheit g/10 min ermittelt wurde.
Beim in einigen Beispielen genannten ABS handelt es sich um ein Acrylnitril-Butadien-Styrol-Mischpolymer.
Beispiel 1
Ein Gemisch aus 100 Gewichtsteilen ABS (Schmelzindex 6) und 2 Gewichtsteilen Azodicarbonamid (Treibmittel) wird bei Temperaturen zwischen 145" C und maximal 155" C zu einem bandförmigen Strang extrudiert. Je nach der Temperaturführung des Extruders im genannten Bereich entsteht ein Flachstab eines Raumgewichtes von 0,8 0,5 g/cm3.
Dieses Halbzeug kann in einer geeigneten Expansionsguss form der Gestalt des Endproduktes entsprechend eingelegt werden, z. B. zur Herstellung eines Stuhles oder Tisches, und wird dann in der Form auf eine Temperatur von 190 bis 210 C erhitzt, wobei sich die restliche Schäumung vollzieht, welche bei der dafür zu niedrigen Extrudiertemperatur nicht erfolgen konnte. Es findet dementsprechend eine weitere Expansion statt. Beim Extrudieren des bei 145 bis 155 C elastoviskos geschmolzenen Kunststoffes wurde die Schmelze Scherkräften unterworfen, welche die Granulatgrenz-Nahtstelle zer störten.
Man hat also ein homogenes, expandierbares, teilexpandiertes und nahtstellenfreies Halbzeug und daraus ein hochwertiges Expansionsgussprodukt erhalten.
Durch Beigabe von Glasfasern beim Extrudieren kann die mechanische Beanspruchbarkeit des Endproduktes gesteigert werden.
Beispiel 2
Ein Gemisch aus 100 Gewichtsteilen ABS (Schmelzindex 6), 2 Gewichtsteilen Paratoluolsulfonylsemicarbazid (Treibmittel) und 30 Gewichtsteilen Glasfasern (kurzstaplig) wird bei 170 bis 1900 C zu einem Band extrudiert, so dass ein Halbzeug mit einem Raumgewicht von 1,0 bis 0,6 g/cm3 erhalten wurde, je nach der gefahrenen Temperatur.
Dieses Halbzeug konnte wie jenes des Beispiels 1 weiterverarbeitet werden, wobei allerdings zur vollen Schäumung Temperaturen von 210 bis 240 C in der Expansionsgussform nötig waren.
Das erhaltene Halbzeug war homogen ungeschäumt bis teilgeschäumt, je nach der Temperatur; es war expandierbar und frei von Nahtstellen.
Das Endprodukt war von im Expansionsguss bisher unerreichter Festigkeit bei weitgehender Nahtfreiheit und Homogenität.
Beispiel 3
Nach der Arbeitsweise der Beispiele 1 und 2 wurde in diesem Falle eine Mischung aus 100 Gewichtsteilen eines polystyrol-modifizierten Polyphenyloxydes und zwei Gewichtsteilen Paratoluolsulfonylsemicarbazid (Treibmittel) bei Temperaturen im Bereich von 180 bis 200 C extrudiert. Das flachstabförmige Halbzeug hatte je nach gefahrener Temperatur ein Raumgewicht von 0,9 bis 0,6, war also höchstens teilweise geschäumt, jedoch frei von Nahtstellen.
Es konnte bei 220 bis 250 C in einer Expansionsgussform voll expandiert werden, wobei Produkte von bislang aus solchen Polymeren im Expansionsguss unerreichten Eigenschaften erhalten wurden.
Auch hier hätten auf dem Extruder Glasfasern oder anderes Fasermaterial zugesetzt werden können.
Ähnlich wie in diesen Beispielen kann auch durch Kalandrieren ein für den Expansionsguss bestens geeignetes Halbzeug geschaffen werden. Die Form des Halbzeugs kann dabei in beiden Formgebungsfällen auf die Gestalt des Endproduktes abgestimmt werden.
Es ist noch zu bemerken, dass die für die Extrusion genannten Temperaturen am Extruder selbst und nicht an der Schmelze gemessen werden konnten, so dass Temperaturabweichungen an der Schmelze möglich sind. Es wurde aber die wesentliche Verfahrensbedingung eingehalten, dass keine volle Expansion bzw. Schäumung bei der Halbzeugherstellung stattfand. Mand kann hier keine absoluten Temperaturen vermitteln, weil sie zu sehr von Maschine zu Maschine schwanken.
Es sei auch festgehalten, dass es sich bei den Mischungen sowohl um solche handeln kann, bei denen das Granulat (es kann auch pulverförmig sein) das Treibmittel eingearbeitet enthält, als auch um solche, bei denen das Treibmittel selbst als Körnchen oder Pulver zum Kunststoffgranulat gesetzt wird. Man kann aber auch so vorgehen, dass man das Treibmittel erst zur Schmelze beimischt.
Diese und die anderen Verfahrensbedingungen hängen, wie geschildert, stark von den vorhandenen Einrichtungen und den beabsichtigten Verwendungen ab.
PATENTANSPRUCH 1
Verfahren zur Herstellung von Halbzeug aus thermoplastischem Kunststoff, bei welchem ein Kunststoffgranulat mindestens partiell in eine elasto-viskose Schmelze übergeführt und die Schmelze einer Scherwirkung unterworfen wird, dadurch gekennzeichnet, dass das Treibmittel enthaltende Material unterhalb jener Temperatur gehalten wird, bei welcher eine vollständige Schäumung erfolgt.
UNTERANSPRÜCHE
1. Verfahren nach Patentanspruch I, dadurch gekennzeichnet, dass das Treibmittel enthaltende Material unterhalb jener Temperatur gehalten wird, bei welcher die Schäumung einsetzt.
2. Verfahren nach Patentanspruch I, dadurch gekennzeichnet, dass das Material, um der Scherwirkung unterworfen zu werden, im Extruder und/oder mit Walzen bearbeitet wird.
3. Verfahren nach Patentanspruch I oder einem der Unteransprüche 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, dass Armierungsmaterial, insbesondere Faserstoff, zugegeben wird.
PATENTANSPRUCH II
Nach dem Verfahren gemäss Patentanspruch I hergestelltes Halbzeug, dadurch gekennzeichnet, dass es durch Erhitzen expandierbar und frei von auf die Granulatgrenzen zurückzuführenden Nahtstellen ist.
UNTERANSPRÜCHE
4. Halbzeug nach Patentanspruch II, dadurch gekennzeichnet, dass es teilexpandiert ist.
5. Halbzeug nach Patentanspruch II oder Unteranspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass es Armierungsmaterial, insbesondere Faserstoff, enthält.
PATENTANSPRUCH III
Verwendung des Halbzeugs gemäss Patentanspruch II im Expansionsguss, dadurch gekennzeichnet, dass mindestens ein Halbzeugstück in eine Expansionsgussform gegeben und durch Erhitzen darin expandiert wird.