Nichtrostender, schweissbarer, martensitischer Stahl und Verwendung desselben
Es ist bekannt, dass die Schweissbarkeit von nichtrostenden martensitischen Chromstählen durch Legierung mit Nickel und durch Reduzieren des Kohlenstoffgehaltes unter etwa 0,10 0/0 verbessert werden kann. Die Stähle sind luftgehärtet. Das durch Härten erhaltene martensitische Gefüge wird durch Vergüten in ein gemischtes Gefüge umgewandelt, bestehend aus Martensit und neu gebildetem Austenit, wobei der Gehalt an Martensit überwiegt.
Derartige Stähle werden deshalb als martensitische-austenitische Stähle bezeichnet.
Im Zustand des martensitischen-austenitischen Gefüges weisen die Stähle hohe Zug- und Streckfestigkeit, gute Dehnbarkeit und hohe Schlagfestigkeit auf. Die Schweissbarkeit ist sehr gut, die gemäss einer Theorie vom relativ hohen Gehalt an Austenit herrührt. Die Stähle können ohne vorherige und nachherige Wärmebehandlung geschweisst werden. Sie besitzen gute Warmfestigkeit.
Ein auf dem Markt befindlicher Stahl dieser Art besteht aus: 0,05 0/0 C, 12,5 0/0 Cr, 3,8 % Ni, 0,5 0/0 Mo.
Ein anderer Stahl hat folgende Zusammensetzung: 0,08 /0 C, 13 % Cr, 6 0/0 Ni, 1,5 0/0 Mo.
Die vorliegende Erfindung betrifft eine Verbesserung der erwähnten Stahlart. Der nichtrostende, schweissbare, martensitische Stahl weist neben Fe und C noch mindestens folgende Legierungselemente auf: 11-15 01oCr max. 3,5 % Mo max. 8 0/0 Mn max. 7 % Ni wobei der Gesamtgehalt an Mn + Ni zwischen 3-12 0/0 liegt, ist dadurch gekennzeichnet, dass der Kohlenstoffgehalt weniger als 0,02 % beträgt. Vorzugsweise kann er max. 0,015 % betragen.
Bei einer bevorzugten Ausführungsart sollen bei den einzelnen Legierungselementen beispielsweise folgende Verhältniszahlen berücksichtigt werden: 1,1 Crcqu. Nitqo. beträgt max. 11, wobei Cr = % Cr + % Mo + 15 % Si und Ni,,, = 0/o Ni + 03 % Mn + 30 (0/0 C + 0/0 N).
Versuche haben ergeben, dass dieser erfindungsgemässe äusserst niedrige Kohlenstoffgehalt unerwartet gute Resultate bezüglich der Streckfestigkeit des Stahls im vergüteten Zustand ergibt. Darüber hinaus weist der Stahl im unvergüteten Zustand eine solch gute Härte auf, dass er sehr wohl in diesem Zustand verwendet werden kann. Dies ist besonders wichtig, da die durch den Schweissvorgang behandelte Hitzezone hauptsächlich aus unvergütetem Martensit besteht. Bei einem höheren Kohlenstoffgehalt wäre dieser Stahl relativ spröde; folglich müsste eine zusätzliche Wärmebehandlung erfolgen, was beim erfindungsgemässen Stahl mit niedrigem Kohlenstoffgehalt nicht notwendig ist. Zufolge des niedrigeren Kohlenstoffgehaltes ist der Stahl auch widerstandsfähiger gegen Korrosion.
Ein weiterer Vorteil des speziell niedrigen Kohlenstoffgehaltes besteht darin, dass der Stahl von einer relativ niedrigen Temperatur aus ( > 770 "C) gehärtet werden kann, ohne dass eine Ausfällung von Karbid stattfindet. Ausserdem besteht kein Risiko von Ausfällung in den Korngrenzen oder Ausscheidung von Chromkarbid durch Luftkühlung bei grösseren Dicken, was bei Stählen mit Kohlenstoffgehalten über 0,03 % der Fall sein kann.
Durch solche Korngrenzenausscheidungen büsst der Stahl von seiner Härte und seiner Korrosionssicherheit ein.
Die Verwendung des beschriebenen Stahls zeichnet sich erfindungsgemäss dadurch aus, dass ein ungehärteter und unvergüteter Stahl der genannten Zusammensetzung bei einer Temperatur über 770 "C gehärtet (normalisiert) und bei einer Temperatur zwischen 500 "C und 700 "C vergütet wird.
In bezug auf die in dieser Stahlart enthaltenen zusätzlichen Elemente kann folgendes gesagt werden.
Chrom hat keinen bemerkbaren Einfluss auf die Festigkeitseigenschaften des Martensits, aber es muss vorhanden sein in Gehalten von über 11 % zum Zwecke der Korrosionswiderstandsfähigkeit. Zu hohe Gehalte an Chrom führen zur Bildung von Delta-Ferrit, was vermieden werden sollte, infolge der daraus entstehenden Anisotropie in den Eigenschaften von gewalzten Materialien, insbesondere in bezug auf die Schlagfestigkeit.
Nickel hat einen Einfluss auf den Austenitgehalt, haupt sächlich durch seine Wirkung auf die Acl-Temperatur. Nikkel erniedrigt das ACI und je höher die Nickelgehalte sind, desto grösser wird bei längerem Glühen der Gehalt an neu gebildetem Austenit. Zusätzlich sei erwähnt, dass diese Tatsache die Streckgrenze erniedrigt. Ausgehend vom Wunsche einen hohen Chromgehalt (und möglicherweise auch einen hohen Molybdängehalt) u. a. für die Korrosionssicherheit zu haben, ohne Bildung von Delta-Ferrit oder Resten von Austenit, wird in der Praxis der Nickelgehalt in der Grössenordnung zwischen 3-7 0/0 begrenzt, wenn andere Austenit bildende Elemente nur in geringen Gehalten vorhanden sind.
In gewissen Grenzen kann Nickel durch Mangan substituiert werden, aber es kann den Austenit nicht in demselben hohen Masse stabilisieren in bezug auf die Bildung von Delta-Ferrit. Mangan erniedrigt das Acs auch nicht in demselben Mass wie Nickel. Wenn jedoch das Ferrit bildende Element im Stahl, insbesondere Chrom und Molybdän, in geringer Menge vorhanden ist, kann das Nickel fast ganz durch Mangan ersetzt werden. Da das Ael in Mangan-Legierungsstählen nicht so stark erniedrigt wird wie in Nickel enthaltenden Stählen, wird bei normalen Anlasstemperaturen weniger neuer Austenit gebildet und aus diesem Grund können höhere Härtegrade erreicht werden.
In vergütetem Zustand erhöht Molybdän sowohl die Streckgrenze als auch die Zugfestigkeit. Molybdän erhöht auch die Anlassbeständigkeit, insofern als insbesondere die Streckgrenze beim Anlassen bei zunehmendem Molybdänprozentsatz langsamer abnimmt. Es gibt Gründe anzunehmen, dass ein Gehalt an Molybdän erforderlich ist, um die Festigkeitszunahme zu bewirken, was bei den extrern niedrigen Kohlenstoffgehalten schwer zu erklären ist. Tatsächlich konnte eine entsprechende Wirkung in bekannten, kein Molybdän enthaltenden Stählen nicht beobachtet werden, welche Stähle jedoch in ihrer Zusammensetzung dem Stahl der Erfindung entsprachen.
Stickstoff erhöht die Festigkeit und vermindert die Härte des Stahls in gehärtetem Zustand.
Der Stahl nach der Erfindung kann auch andere Legierungselemente in mässigen Gehalten enthalten, die die eine oder andere Eigenschaft des Stahls verbessern.
Durch Zusatz von Bor in Gehalten von 0,001-0,01 % kann eine Steigerung der Zug- und Streckfestigkeit mit einer gleichzeitigen Verbesserung der Schlagfestigkeit erzielt werden. In gehärtetem Zustand sind sowohl Zug- und Streckfestigkeit als auch Dehnungs- und Kontraktionswerte erhöht.
Niob und Vanadium ergeben eine Steigerung der Festigkeitseigenschaften und können beigemischt werden in Gehalten von je max. 0,5 %. Ihre kornverfeinernde Wirkung kann erfolgreich verwendet werden, da zufolge des äusserst niedrigen Kohlenstoffgehaltes des Stahls das Härten bei niedriger Temperatur (bis zu 770 "C hinunter) durchgeführt werden kann. Dies ergibt eine weitere Verbesserung der Festigkeit.
Elemente wie reines Aluminium und Titan scheinen keine oder nur eine unbedeutende Wirkung auf die Festigkeitseigenschaften zu haben. Aluminium beeinflusst jedoch das Vergüten im Fällbad zwecks Alterung bei 450 "C.
Stähle gemäss der beschriebenen Art sollen ganz oder fast ganz frei von Delta-Ferrit sein. Aus diesem Grunde können die Legierungselemente vorzugsweise sich so zueinander verhalten, dass 1,1 Crcqu. - Nu,,, max. 11 beträgt, wobei Crcqu. = /o Cr + % Mo + 1,5 % Si und Niequ.
= % Ni f 03 % Mn $ 30 (% C + % Nr
Ein zu hoher Gesamtprozentsatz von speziellen Legierungselementen Cr, Ni, Mo, Mn, C oder N kann zu unerwünschter Bildung von Resten von Austenit nach dem Härten führen. Um imstande zu sein, eine Stahlzusammensetzung zu wählen, die beim Härten ein martensitisches Gefüge ergibt ( < 10 0/0 Austenit), ist es vorteilhaft, die nachstehende Richtzusammensetzung zu verwenden:
77 - 3 (% Cr) - 4,3 (% Ni + O/o Mn - 0,40) - 0,9 (% Mo) - 72 ( /0 C) - 53 (% N) > 0 wobei /0 Cr den Chromgehalt in Gew.-0/o, % Ni den Nickelgehalt in Gew.-0/o angibt, usw.
Der erfindungsgemässe Stahl ist beispielsweise besonders da verwendbar, wo gute Korrosionssicherheit und hohe Festigkeitseigenschaften kombiniert mit guter Schweissbarkeit verlangt werden. Aus diesem Stahl können alle bekannten Typen von Platten, Blechen, Rohren,
Kabeln oder Drähten und auch Formstücke hergestellt werden. Als weitere Anwendungsmöglichkeiten seien u. a.
genannt:
Platten- und Blechbauteile wie Druckbehälter, Turbinengehäuse, Transportcontainer und Lagertanks.
In den nachstehenden Tabellen werden Beispiele von Stählen verschiedener Zusammensetzung und Behandlung aufgeführt. Die erfindungsgemässe Wirkung, wonach niedriger Kohlenstoffgehalt die Streckfestigkeit des Stahls verbessert, und die unerwartete Charakteristik dieser Wirkung geht aus Fig. 1 hervor, deren Diagramm den Einfluss des Kohlenstoffgehalt auf die Streckgrenze von bei 600 "C angelassenen Stählen oder ähnlicher Wärmebehandlung mit ungefähr der gleichen Weise die Abhängigkeit der
Härte vom Kohlenstoffgehalt der Stähle in gehärtetem Zustand ersichtlich.
In Tabelle 1 sind eine Anzahl von Probeversuchen wichtiger Stähle aufgeführt, auf welche die Erfindung basiert.
Tabelle 1 Stahl Charge Grösse Gewichtsprozente No. C Si Mn Cr Ni Mo N 1 Q 5567 20 mm .021 .26 .40 14.3 6.0 1.0 .027 3 Q 5569 20 mm iZi .020 .25 .42 13.3 5.9 1.0 .077 5 Q 5596 20 mm .065 .32 .42 14.0 5.8 1.0 .029 6 Q5572 20 mm .091 .20 .42 12.6 5.8 1.0 .018 12 Q 5583 20 mm .007 .36 .45 14.5 6.0 1.0 .069 13 Q 5585 20 mm $ .039 .08 .01 14.4 6.0 1.0 .058 14 Q 5597 20 mm $ .041 .43 .78 15.9 4.9 1.0 .035 21 Q5669 22 mm .018 .18 2.70 13.0 3.2 1.0 .025 A Q 5677 10 mm $ .007 .30 .38 12.8 6.1 1.53 .020 B Q 5678 10 mm $ .008 .34 .40 12.8 6.1 1.55 .020 C Q5679 10 mm .021 .33 .46 13.4 6.0 1.61 .027
Tabelle 2 zeigt die Streckgrenzwerte und die Austenitgehalte
von Stählen für verschiedene Wärmenachbehandlungen sowie die Schlagfestigkeitswerte von Stählen in unvergütetem Zustand.
Tabelle 2 Stahl Streckgrenzwerte und Austenit- Schlagfestigkeit Nr. % C Gehalte bei Vergütungstemperaturen von Charpy V 560 ob 580 ob 600 C unvergütet kplmm % kp/mm O/o kplrnrn- kpm 1 .021 75.5 4.5 69.8 13.5 59.0 32.0 8.1 3 .020 76.6 4.0 69.4 10.5 58.7 26.0 4.3 5 .065 83.1 12.5 75.0 21.5 63.7 32.0 4.6 12 .007 81.6 2.5 76.0 9.0 66.1 25.0 10.6 13 .039 81.3 11.2 73.2 14.0 61.6 29.0 4.8 14 .041 81.8 13.0 73.0 21.0 62.4 33.5 7.1 21 .018 80.2 4.0 62.7 17.0 11.1 A .007 67.5 19.5 B .008 67.3 18.5 C .021 56.0 26.5
Für die Stähle 1-14 wurden die Festigkeitseigenschaften nach drei Stunden Vergüten bei 560, 580 und 600 C untersucht.
Alles dem Vergüten bei ein und derselben Temperatur unterworfene Material wurde gleichzeitig wärmebehandelt und die Proben wurden willkürlich im Ofen verteilt. Die Schlagfestigkeit (Charpy V) wurde in gehärtetem Zustand bestimmt. Das Härten erfolgte bei 1050 C mit Abschrecken in Öl.
Die Stähle 21 und A-C wurden bei 850 C luftgehärtet und drei Stunden bei 600 C luftvergütet; Stahl 21 ausserdem bei 580 "C. Dabei wurden die Stähle A-C gleichzeitig behandelt, während Stahl 21 bei einer anderen Gelegenheit behandelt wurde. Stahl 21 wurde ebenfalls bei 450 C alterungsbehandelt und ergab eine sehr hohe Festigkeit, gleichzeitig aber auch eine niedrige Härte (1,0 % Austenit).
Alle Stähle wurden doppelt getestet in bezug auf Festigkeit, während für die Bestimmung der Schlagfestigkeit dreifache Tests durchgeführt wurden. Die in Tabelle 2 aufgeführten Werte sind Mittelwerte. Die mittlere Streuung zwischen den Streckgrenzwerten in den Doppeltests für alle in Tabelle 2 aufgeführten Stähle im vergüteten Zustand ist 0,7 kp/mm2.
Das Diagramm der Fig. 1 zeigt die Abhängigkeit der Streckgrenze vom Kohlenstoffgehalt für gehärtete und bei 600 C vergütete Proben, wobei alle Proben nur einer Wärmebehandlung unterworfen wurden. Die Wärmebehandlung ergab auch, dass die Stähle in bezug auf die vorbestimmten Austenitgehalte mässig variieren, welche alle innerhalb der Grössenordnung von 15-40 0/0 liegen und somit dem vorher erwähnten Kriterium entsprechen.
Aus dem Diagramm ist ersichtlich, dass der Trend der abnehmenden Festigkeit mit abnehmendem Kohlenstoffprozentsatz bei einem Kohlenstoffgehalt von ca. 0,2 % plötzlich abbricht und stattdessen, ganz unerwartet, in einen steilen Aufwärtstrend übergeht.
Dass die steigende Festigkeit nicht auf Kosten einer schlechteren Härte erhalten wird, kommt in Fig. 2 zum Ausdruck, welches Diagramm die Abhängigkeit der Schlagfestigkeit vom Kohlenstoffprozentsatz des Stahls in gehärtetem aber unvergütetem Zustand zeigt.
Bei allen Prozentangaben bezüglich der Legierungselemente handelt es sich um Gew.-0/o.
PATENTANSPRUCH 1
Nichtrostender, schweissbarer, martensitischer Stahl, der neben Fe und C noch mindestens folgende Legierungselemente aufweist: 11-15 % Cr; max. 3,50/0 Mo; max. 8 /O Mn; max. 7 /0 Ni wobei der Gesamtgehalt an Mn und Ni zwischen 3-12 % liegt, dadurch gekennzeichnet, dass der Kohlenstoffgehalt weniger als 0,02 /O beträgt.
UNTERANSPRÜCHE
1. Stahl nach Patentanspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Kohlenstoffgehalt max. 0,015 % beträgt.
2. Stahl nach Unteranspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Kohlenstoffgehalt ca. 0,007 % beträgt.
3. Stahl nach Patentanspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Legierungselemente im nachstehenden Verhältnis zueinander stehen, dass 1,1 Crqu - Nie(ll, max. 11 beträgt, wobei Crequ. = % Cr + /0 Mo + 1,5 % Si und Ni,,,,, = % Ni + 03 % Mn f 30 (% C + % N).
4. Stahl nach Patentanspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass er 3-7 % Ni enthält.
5. Stahl nach Patentanspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass er 0,5-3 /o Mo, vorzugsweise mind. 1 /0 Mo, enthält.
6. Stahl nach Patentanspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass er 2-8 /0 Mn enthält.
7. Stahl nach Patentanspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass seine Zusammensetzung folgende Bedingung erfüllt:
77 - 3 ( /o Cr) - 4,3 (% Ni + % Mn - 0,40) - 0,9 (% Mo) - 72 (% C)- 53 (% N) > Q wobei die Prozentzahlen den Gehalt des Elementes in Gew.-0/o angeben.
PATENTANSPRUCH 11
Verwendung des Stahls nach Patentanspruch I zur Herstellung von Werkstücken mit hoher Härte und Streckfestigkeit, dadurch gekennzeichnet, dass ein ungehärteter und unvergüteter Stahl der genannten Zusammensetzung bei einer Temperatur über 770 OC gehärtet und bei einer Temperatur zwischen 500 C und 700 C vergütet wird.