Verfahren zur Herstellung halogenierter primärer aromatischer Amine
Die katalytische Reduktion von halogenierten Nitroaromaten wie o-, m- oder p-Chlornitrobenzol, o-, m- oder p-Bromnitrobenzol, 2,3-, 2,5-, 3,4-Dichlornitrobenzol, 2,4,5-Trichlornitrobenzol usw. mit Wasserstoff und handelsüblichem Raney-Nickel zu den entsprechenden halogenierten aromatischen Aminen bereitet in der Technik Schwierigkeiten.
Bei Raumtemperatur und niedrigen Wasserstoffdrukken (bis 100 atü) ist die Reaktionsgeschwindigkeit so gering, dass das Verfahren wegen der geringen Zeitausbeuten unwirtschaftlich ist. Bei höheren Wasserstoffdrucken und höheren Temperaturen, insbesondere über 500 C, verlaufen die katalytischen Hydrierungen von halogenierten Nitroaromaten zwar ausreichend schnell, dabei treten aber Nebenreaktionen, vor allem Halogenabspaltung [P. Sabatier und A. Mailhe, Compt. rend., 138, 245 (1904)] in so starkem Masse auf, dass die schlechte Qualität und die schlechten Ausbeuten der so erhaltenen halogenierten aromatischen Amine der Einführung dieses Verfahrens in die Technik bisher im Wege stand.
Es wurde nun ein Verfahren zur Herstellung halogenierter primärer aromatischer Amine durch katalytische Hydrierung halogenierter Nitroaromaten gefunden, dadurch gekennzeichnet, dass man halogenierte Nitroaromaten unter Verwendung eines Raney-Nickels unter Zusatz von 0,1 bis 20 Gew.-% eines Rhodanids der Formel M(SCN)x worin x 1 oder 2 ist.
M für ein Alkali- oder Erdalkalimetall steht, weiterhin Wasserstoff oder NH4 sein kann ferner für einen geradkettigen oder verzweigten gegebenenfalls ungesättigten Alkylrest mit 1 bis 18 Kohlenstoffatomen (vorzugsweise 1 bis 6 Kohlenstoffatomen) steht, und gegebenenfalls ein durch niederes Alkyl substituierter Arylrest mit bis zu 10 Kohlenstoffatomen (vorzugsweise Phenyl) oder Aralkylrest mit bis zu 12 Kohlenstoffatomen (vorzugsweise Benzyl) ist, (gegebenenfalls in Anwesenheit eines inerten organischen Lösungsmittels) im Temperaturbereich von 20 bis 180 OC (vorzugsweise etwa 50 bis etwa 1000 C) bei einem Wasserstoffdruck von 1 bis 100 atü (vorzugsweise etwa 5 bis etwa 10 atü) hydriert.
Als Rhodanide seien vorzugsweise Methylrhodanid, Äthylrhodanid, Butylrhodanid, Sekundärbutylrhodanid, Tertiärbutylrhodanid, Amyl- Isoamylrhodanid, Propyl lsopropylrhodanid, Phenylrhodanid, o-m-p-Tholyl-Rhodanid, Xenylrhodanid sowie die Rhodanide der Alkali- u.
Erdalkalimetalle wie NH4SCN, LiSCN, NaSCN, KSCN, Ca(SCN)2, Sr(SCN)y aber auch verdünnte Rhodanwasserstoffsäure genannt.
Grundsätzlich lassen sich alle halogenierten aromatischen Nitroverbindungen nach dem erfindungsgemässen Verfahren durch Hydrierung in die entsprechenden primären Amine überführen. Als Beispiele für Ausgangsverbindungen seien insbesondere genannt: Mono bis perhalogenierte Derivate des Nitrobenzols und dessen Substitutionsprodukte wie z.
B. o-, m-, p-Chlornitrobenzol, o-, m-, p-Bromnitrobenzol, p-Fluornitrobenzol, 2,3-, 2,4-, 2,5- oder 3 ,4-Dichlornitrobenzo1, 2,5-Dibromnitrobenzol, 2,3,5- oder 2,4.5-Trichlornitrobenzol, 3-Brom-, 3-Chlorbzw. 3 -Fluor-4-nitrophenol, 2,3 -Dichlor-4-nitrophenol, 3-Chlor-5-nitro-phenol sowie Nitro-4-chlordiphenyläther, -2Nitro-4,6-dichlor-diphenyläther, 4,4'-Dichlor-2-nitro-dipehnyläther; halogenierte Nitro-diphenyl wie 4-Fluor-, 4-Chlor- oder 4-Brom-3-nitrodiphenyl, 3-Chlor-3'-nitrodiphenyl, 3,5-, 4'-, 5'-Tetrachlor-3'-nitro-diphenyl; halogenierte Alkylnitrobenzole wie 4-Fluor-methylnitrobenzol, 4-Chlor-2-methyl-nitrobenzol, 3-Chlor-5-tert.-butylnitrobenzol, 2-Brom-6-tert.amyl-nitrobenzol, 3,4-Dichlor-6 -äthylnitrobenzol und ähnl.
Verbindungen; halogenierte Nitrodiphenylsulfone wie z. B. 4-Chlor-2-nitro-diphenylsulfon; halogenierte Nitrobenzolcarbonsäure wie 2-Chlor -4-nitrobenzoesäure, 3-Brom-5-nitrobenzoesäure, 2,6-Di chlor-3 -nitrobenzoesäure, 4-Chlor-2-nitrophenylessigsäu- re, 3 ,4-Dichlor-6-nftroanilin und ähnliche Verbindungen.
Die katalytische Hydrierung der halogenierten Nitroaromaten kann in bekannter Weise mit oder ohne Lö sungsmittel. kontinuierlich oder diskontinuierlich. im Temperaturbereich von etwa 20 bis etwa 1800 C, bevorzugt 50 bis 1000 C, und Wasserstoffdrucken von 1 bis 100 Atm.. bevorzugt 5 bis 10 Atm., durchgeführt werden.
Bevorzugte Lösungmittel sind Methanol und die niederen aliphatischen Alkohole, aromatische Kohlenwasserstoffe wie Benzol, Toluol und die Xylole oder andere inerte Lösungsmittel wie Diäthyl-, Diisopropyl oder Diphenyläther, Tetrahydrofuran, Dioxan und ähnliche. Das Raney-Nickel wird in Mengen von 0,01 bis 20 Gew.-%, vorzugsweise 0,1 bis 5 Gew.- 2Sc, bezogen auf halogenierte Nitroverbindungen, eingesetzt.
Der Rhodanidkohlenwasserstoff bzw. das Metallrhodanid wird in Mengen von etwa 0,1 bis etwa 20 Gew-% vorzugsweise 1 bis 15 Gew.- ,gc, bezogen auf eingesetztes Raney-Nickel, unmittelbar vor der Hydrierung zugegeben.
Selbstverständlich können aber auch Gemische von Rhodanidkohlenwasserstoffen und Metallrhodaniden verwendet werden. Die Vorteile des erfind.ungsgemässen Verfahrens gegenüber den Hydrierungen ohne Promotorzusatz sind aus den folgenden Beispielen ersichtlich. Hierbei werden die Ergebnisse von Hydrierungen ohne/mit Metall-, Alkyl-, bzw. Arylrhodenidzusatz unter gleichen Bedingungen gegenübergestellt.
Das in den nachfolgenden Beispielen verwendete 95C;cige Methanol enthält 5% Wasser.
Beispiel I p-A minoofilorbenzol a) 100 g (0,635 Mol) techn. p-Nitrochlorbenzol (enthält 0.4cd o-Nitrochlorbenzol), 300 ml 95%iges Methanol, 7 g Raney-Nickel und 1 g Kaliumrhodanid wurden in einen eisernen Rührautoklaven mit 0,7 1 Inhalt gegeben und die Luft mit Wasserstoff verdrängt. Der Inhalt des Druckgefässes wird dann unter Rühren auf 900 C erwärmt und bei dieser Temperatur 10 atü Wasserstoff aufgedrückt. Die Hydrierung setzt unmittelbar ein und der Innendruck fällt rasch auf 5 atü. Gleichzeitig erhöht sich infolge exothermer Reaktionswärme die Tempera tur des Autoklaveninhalts auf 1000 C. Bei dieser Temperatur wird der Wasserstoff fortlaufend immer auf 10 atü Innendruck ergänzt. Die Wasserstoffaufnahme ist nach etwa 4 Stunden beendet.
Eine kleine Probe des in Methanol gelösten Reaktionsproduktes zeigt mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnt einen pH-Wert von 8.
Nach dem Abfiltrieren des Raney-Nickels wird das Methanol und Wasser abdestilliert. Das zurückbleibende Rohprodukt von 79,3 g (=980,ZG d.Th.) hat einen Erstarrungspunkt von 69,10 C und enthält laut Dünnschichtchromatographie 0,3 o-Chloranilin und 0,08 ,Zo Anilin.
b) Vergleichsversuch Hydrierung mit Raney-Nickel ohne Zusatz
100 g (0,635 Mol) technische p-Nitrochlorbenzol (mit t).4%, o-Nitrochlorbenzol), 300 ml 95%iges Methanol und 7 g handelsübliches Raney-Nickel wurden in einem eisernen Rührautoklaven mit 0,7 1 Inhalt gegeben und die Luft mit Wasserstoff verdrängt. Der Inhalt des Druckgefässes wird dann unter Rühren auf 900 C erwärmt und bei dieser Temperatur 10 atü Wasserstoff aufgedrückt.
Der Innendruck fällt rasch auf 5 atü. Infolge exothermer Reaktionswärme steigt die Temperatur auf 1000 C an.
Bei dieser Temperatur, die eventuell durch Aussenkühlung konstant gehalten werden muss, wird der Innendruck des Wasserstoffs fortlaufend immer auf 10 atü ergänzt. Die Reaktion ist nach ca. 6 Stunden mit einer Wasserstoffaufnahme von 170 atü beendet. Eine kleine Probe der Reaktionslösung zeigt mit derselben Menge Wasser verdünnt einen pH-Wert von 3-4. Die nach 1 a erfolgte Aufarbeitung des Reaktionsgemisches ergibt 66,1 g eines Gemisches von 26% Anilin und 75% p Chloranilin (It. dünnschichtchromatographischer Analyse). Der Erstarrungspunkt dieses Rohproduktes liegt bei ca. 48D C.
Beispiel 2 a) 130 g (0,825 Mol) technisches o-Nitrochlorbenzol (mit 0,15% p-Nitrochlorbenzol) wurden in 270 ml (95%) Methanol und 7 g Raney-Nickel als Katalysator unter Zusatz von 1 g Kaliumrhodanid bei 1000 C wie unter 1 a beschrieben hydriert. Die Reaktionsdauer beträgt nach einer Wasserstoffaufnahme von 207 atü 8,15 Stdn.
Eine kleine Probe der Reaktionslösung zeigt mit derselben Menge Wasser verdünnt einen pH-Wert von 7.
Die Aufarbeitung des Reaktionsgemisches ergibt eine Rohausbeute von 104 g (98,9% d.Th.) bestehend aus 0,12% Anilin, 0,1% p-Chloranilin und 99,so o-Chloranilin It. dünnschichtchromatographischer Analyse.
b) Vergleichsversuch Raney-Nickel ohne Zusatz
130 g (0,825 Mol) technisches o-Nitrochlorbenzol (mit 0,15% p-Nitrochlorbenzol werden in 270 ml (95%) Methanol und 7 g Raney-Nickel als Katalysator wie unter 1 a bei 1000 C mit Wasserstoff umgesetzt. Eine Ideine Probe der Reaktionslösung zeigt mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnt, einen pH-Wert von 4.
Nach der Aufarbeitung ergibt die dünnschichtchromatographische Analyse des Rohproduktes eine Zusammensetzung von 36% Anilin und 64 ,7c o-Chloranilin.
Beispiel 3 a) 80 g (0,417 Mol) technisches 2,5-Dichlornitroben- zol (mit 0,2% 2,3-Dichlornitrobenzol und 0,15% 3,4-Dichlorbenzol) werden in 320 ml (95%) Methanol und 6 g Raney-Nickel unter Zusatz von 1 g Kaliumrhodanid bei 1000 C wie unter 1 a beschrieben hydriert. Die Reaktionsdauer beträgt nach einer Wasserstoffaufnahme von 90 atü 2.25 Stunden. Eine kleine Probe der Reaktionslösung zeigt mit derselben Menge Wasser verdünnt einen pH-Wert von 9.
Die Aufarbeitung des Reaktionsgemisches ergibt eine Ausbeute an Rohprodukt von 66,1 g (979wo d.Th.), das It. dünnschichtchromatographischer Analyse aus 99,1% 2,5-Dichloranilin, 0,2% 2,3-Dichloranilin, 0.15% 3,4-Dichloranilin und mit Spuren von m-Chloranilin und Anilin besteht.
Der Erstarrungspunkt des rohen 2,5-Dichloranilins beträgt 47,60 C.
b) Vergleichsversuch Raney-Nickel ohne Zusatz
80 g (0,417 Mol) technisches 2,5-Dichlornitrobenzol (mit 0,2% 2,3-Dichlornitrobenzol und 0,15% 3,4-Dichlo nitrobenzol werden in 320 ml (95%) Methanol und 5 g Raney-Nickel als Katalysator bei 1000 C wie unter 1 a beschrieben mit Wasserstoff (10 < 5 atü) hydriert.
Die Reaktionsdauer beträgt nach einer Wasserstoffaufnahme von 110 atü ca. 3 Stunden. Eine kleine Probe der Reaktionslösung zeigt mit demselben Volumen von Wasser verdünnt einen pH-Wert von 4-5.
Die Aufarbeitung des Reaktionsgemisches ergibt ein Rohrprodukt von 55,9 g (82,8% d.Th.), das It. dünnschichtchromatographischer Analyse aus 91% 2,5-Di chloranilin, 2% m-Chloranilin, 4% Anilin, 0,5% o-Chloranilin 0,1% 2,3-Dichloranilin und 0,08% 3,4-Dichloranilin besteht.
Beispiel 4 a) 100 g (0,52 Mol) techn. 3,4-Dichlornitrobenzol (mit 0,15% 2,3-Dichlornitrobenzol) werden in 300 ml (95%) Methanol und 7 g Raney-Nickel unter Zusatz von 1 g Kaliumrhodanid, wie unter 1 a bei 1000C mit Wasserstoff reduziert. Die Hydrierung ist nach einer Wasserstoffaufnahme von 117 atü in 3,25 Stunden beendet.
Eine kleine Probe der methanolischen Lösung zeigt mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnt einen pH-Wert von 8.
Nach dem Abfiltrieren der Reaktionslösung vom Raney-Nickel wird das Lösungsmittel und das gebildete Wasser abdestilliert.
Der Rückstand besteht aus 82,5 g (97,7 g der Theorie) rohem 3,4-Dichloranilin und hat einen Erstarrungspunkt von 70,50 C. Es enthält laut dünnschichtchromatographischer Analyse 0,15% 2,3-Dichloranilin, 0,08% p-Chloranilin und 0,05% Anilin.
b) 100 g (0,52 Mol) techn. 3,4-Dichlornitrobenzol (mit 0,25% 2,3-Dichlornitrobenzol) werden in 300 ml (95%) Methanol und 7 g Raney-Nickel unter Zusatz von 1 g Ammoniumrhodanid wie unter 1 a bei 1000 C mit Wasserstoff reduziert. Die Hydrierung ist nach einer Wasserstoffaufnahme von 140 atü in 5 Stunden beendet. Eine Probe an Reaktionslösung zeigt mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnt einen pH-Wert zwischen 7 bis 8.
Das nach der üblichen Aufarbeitung übrigbleibende rohe 3,4-Dichloranilin wiegt 82,1 g (97,2% der Theorie) und hat einen Erstarrungspunkt von 700 C. Laut dünnschichtchromatographischer Analyse enthält das Rohprodkut 0,3% p-Chloranilin, 0,25% 2,3-Dichloranilin und 0,1% Anilin.
c) Vergleichsversuch: Raney-Nickel ohne Katalysator
100 g (0,52 Mol) techn. 3,4-Dichlornitrobenzol (mit 0,25% 2,3-Dichlornitrobenzol) werden in 300 ml (95%) Methanol und 7 g Raney-Nickel unter denselben Bedingungen wie unter 1 b beschrieben bei 1000 C hydriert.
Eine kleine Probe der Reaktionslösung zeigt mit demselben Volumen an Wasser verdünnt einen pH-Wert von 4 bis 5. Nach der Aufarbeitung werden 81,8 g (96,9% der Theorie) rohes 3,4-Dichloranilin vom Erstarrungspunkt 680 C erhalten. Es enthält laut dünnschichtchromatographischer Analyse ca. 3% p-Dichloranilin, c.a 2% Anilin, 0,1% m-Chloranilin und 0,2% 2,3-Dichloranilin.