Verfahren und Vorrichtung zur Entgiftung von Cyanide und Nitrite enthaltenden Abwässern Abwässer, die in Salzbadhärtereien anfallen; enthal ten häufig in wässriger Lösung Cyanide und Nitrite. Die Entgiftung solcher Abwässer bereitet erhebliche Schwie rigkeiten. Es ist üblich, die in den Abwässern enthaltenen Cyanide mit Hilfe von Oxydationsmitteln, wie z.B. Was serstoffperoxyd, Chlorkalk, Chlorgas oder Hypochlorit- bleichlaugen, aufzuoxydieren und dadurch in weniger schädliche Verbindungen überzuführen.
Ein wesentliches Erfordernis für diese Oxydationsverfahren ist jedoch die Aufrechterhaltung eines alkalischen pH-Wertes > 9, um die Umwandlung des intermediär bei der Oxydation der Cyanide gebildeten Chlorcyans in Cyanate zu gewähr leisten. Bekannt ist andererseits die Möglichkeit, Nitrite mit Hilfe von starken Oxydationsmitteln, wie z.B. Hypo- chloritbleichlaugen, zu Nitraten zu oxydieren. Diese Oxy dation muss jedoch in saurer Lösung bei etwa pH = 3 vorgenommen werden.
Die Oxydation von Abwässern, die Cyanid- und Nitritionen nebeneinander enthalten, muss demgemäss so erfolgen, dass zuerst die Cyanide in alkalischer Lösung und anschliessend die Nitrite in sau rer Lösung oxydiert werden. Von wesentlicher Bedeutung ist hierbei, dass vor dem Ansäuern der Lösung sämt liche Cyanide in der Lösung zu Cyanat oxydiert worden sind.
Die bisher bekannten Verfahren zur Entgiftung von Abwässern, die Nitrit und Cyanid nebeneinander enthal ten, erfordern eine laufende analytische Überwachung und ständige Kontrolle des Cyanidgehaltes.
Bekannt ist die durch eine Elektrodenkette vollauto matisch gesteuerte Einstellung der für die Nitrit- bzw. Cyanidoxydation erforderlichen pH-Bereiche im Reak tionsbecken. Es ist üblich, dass ein solches pH-Anzeige- und Regelgerät ein Magnetventil steuert, das so lange je nach dem gewünschten pH-Bereich - Säure bzw. Lauge aus einem Dosiergerät zudosiert, bis der reaktions kinetisch günstige pH-Bereich erreicht worden ist.
Be kannt ist auch der Einsatz von potentiometrischen An zeige- und Regelgeräten für die Dosierung der Oxyda tionsmittel, um einerseits stets die erforderliche Menge an Oxydationsmittel zuzusetzen, andererseits einen zu grossen Überschuss an Oxydationsmitteln im zu be handelnden Abwasser zu vermeiden. Diese Mess- und Regeleinrichtungen haben jedoch für die gekoppelte Ent giftung von Cyaniden und Nitriten den Nachteil, dass sie einen verhältnismässig hohen Aufwand an Bedienungs vorgängen erfordern und wegen der oben geschilderten Gefahr des Freisetzens von Chlorcyan einer ständigen Kontrolle durch das Überwachungspersonal bedürfen.
Es wurde nun gefunden, dass sich der Aufwand an Bedienungspersonal und Kontrollmassnahmen wesentlich durch eine vollautomatische Steuerung des Entgiftungs vorganges verringern lässt. In vielen Salzbadhärtereien ist der Anfall der Abwässer bei gleichbleibender Produktion ziemlich regelmässig, so dass unter diesen Umständen beispielsweise die Ansäuerung der zur Cyanidoxydation aufalkalisierten Abwässer in gleichbleibenden Zeitabstän den erfolgen kann.
Gegenstand des vorliegenden Patents ist ein Verfah ren zur Entgiftung von Cyanide und Nitrite enthaltenden Abwässern durch Behandlung der Abwässer mit Oxyda tionsmitteln, zuerst im alkalischen und anschliessend im sauren Medium, das dadurch gekennzeichnet ist, dass die Behandlung chargenweise in einem oder mehreren Reak tionsbecken durchgeführt und der zeitliche Ablauf der Verfahrensvorgänge nach einem Programm gesteuert wird. Die Erfindung umfasst weiterhin eine für die Durchfüh rung des Verfahrens geeignete Vorrichtung.
Gemäss der vorliegenden Erfindung wird im allge meinen eine besondere Baugruppe verwendet, die aus einem oder zwei Entgiftungsbecken besteht, in denen nacheinander sowohl die Cyanidoxydation als auch die Nitritoxydation durchgeführt werden können.
Die Steue rung des Entgiftungsvorganges erfolgt zweckmässig der art, dass im Chargenbetrieb zunächst das Cyanid in einem ersten Entgiftungsbecken bei einem pH-Wert > 9 voll ständig zu Cyanat oxydiert wird und anschliessend in ein zweites Becken abläuft oder gepumpt wird. In diesem zweiten Becken erfolgt nach Einstellung eines pH-Wer tes von ca. 3 die Oxydation des Nitrites zu Nitrat.
Die Entgiftung kann aber auch in einem einzigen Becken durchgeführt werden, wobei die zu entgiftende Charge nach Ablauf einer bei einem pH-Wert > 9 liegenden an gemessenen Reaktionszeit angesäuert und anschliessend das Nitrit durch weiteren Zusatz von geeigneten Oxyda tionsmitteln zu Nitrat oxydiert wird.
Es wurde weiterhin gefunden, dass die Ansäuerung der bei pH - 9-11 gehandelten Abwassercharge mit gros- sem Vorteil mit Hilfe von Schwefelsäure erfolgen kann.
Die Verwendung von Schwefelsäure zur Ansäuerung auf einen pH-Wert von 3 bewirkt nämlich eine mit der Nitrit oxydation gleichzeitig verlaufende Ausfällung der in Salz- badhärtereien sehr häufig auftretenden Barium- und ge gebenenfalls auch Strontiumsalze. Lösliche Bariumver- bindungen sind bekanntlich ebenfalls giftig und müssen deshalb aus dem Abwasser entfernt werden.
Ein solches Reaktionsbecken, in dem gleichzeitig die Oxydation des I X, litrits und die Ausfällung von Barium- und Strontium- sulfat vorgenommen werden soll, wird zweckmässig mit einem trichterförmigen oder schrägen Boden versehen, der die Entfernung des einfallenden Schlammes erleich tert.
Eine andere Ausführungsform eines solchen Oxyda- tions- und Fällungsbeckens sieht einen vertieften Schlammsumpf im Boden des Beckens vor, aus dem der sich ansammelnde Schlamm mit Hilfe einer Tauchpumpe abgezogen werden kann. Ein solcher Schlammsumpf kann natürlich auch mit einer Ableitung nach unten versehen sein, die normalerweise durch einen Schieber oder ein Ventil verschlossen ist. Ausführungsform solcher Reak tionsbecken zeigen die Fig. 1-3.
Aus Sicherheitsgründen ist es zweckmässig, ein sol ches Reaktionsbecken mit einer Randabsaugung und einem sogenannten Katastrophenüberlauf zu versehen, d.h. also mit einer überlaufrinne, die die im Becken be findlichen Abwässer beim Überfüllen eines Beckens oder beim Undichtwerden eines Ventils in eine Sammelgrube oder einen Pufferbehälter zurückfliessen lässt. Die Vor richtung kann mit einem Hand-Automatik-Umschalter versehen sein.
Die Apparatur zur Programmsteuerung des Entgif tungsvorganges kann bei der Verwendung von einem und von mehreren Reaktionsbecken eingesetzt werden. Eine solche Programmsteuerung kann z.B. mit Hilfe eines an sich bekannten Zeitplanreglers oder eines entspre chenden anderen Gerätes zur Regelung von Arbeitsvor gängen bzw. Schaltvorgängen erfolgen. Das Steuergerät sorgt für die vollautomatische Programmsteuerung der nacheinander ablaufenden Arbeitsvorgänge entsprechend dem vorgegebenen Programm, das nach den jeweiligen Betriebsbedingungen der Härterei eingestellt werden kann.
Eine Funktion des Programmsteuergerätes besteht z.B. darin, ein Magnetventil zu steuern, durch dessen öffnung jeweils eine bestimmte Menge von Abwässern in das erste Reaktionsbecken eingelassen wird. Dann kann mit Hilfe einer an sich bekannten pH-Mess- und Regelanlage und eines weiteren Magnetventiles die Auf- alkalisierung dieser Charge von Abwässern eingeleitet werden.
Nach Ablauf einer vorgegebenen Aufalkalisie- rungszeit, die in allgemeinen einen gewissen Sicherheits zeitraum einschliessen muss, sorgt das Programmsteuer gerät zweckmässig durch ein ebenfalls an sich bekanntes Mess- und Regelgerät mit angeschlossenem Magnetventil für die Einleitung der Cyanidoxydation. Nach Verstrei chen der am Programmsteuergerät einstellbaren Reak tionszeit, in der die Oxydation des Cyanids zu Cyanat erfolgt, wobei auch hier zweckmässig ein gewisser Sicher heitszeitraum eingeschlossen wird,
kann das elektronische pH-Anzeige- und Regelgerät auf Ansäuerung umgeschal tet werden. Zugleich mit der Ansäuerung beginnt bei Ver wendung von Schwefelsäure die Ausfällung der in den Abwässern enthaltenen Barium- und Strontiumsalze als Sulfate. Anschliessend an die Ansäuerung kann die Nitrit oxydation, wiederum gesteuert durch ein an sich bekann tes potentiometrisches Regel- und Anzeigegerät mit an geschlossenem Magnetventil, eingeleitet werden.
Nach einer am Programmsteuergerät einstellbaren hinreichend langen Reaktionszeit, in der die Nitritentgiftung erfolgt ist, schaltet das Programmsteuergerät z.B. eine Pumpe ein, welche die nunmehr sauren und entgifteten Abwäs ser in ein Absetzbecken, einen Pufferbehälter oder in die Abwasserleitung fördert. Figur 4 zeigt das Verfahrens- fliessschema der gekoppelten Cyanid- und Nitritoxyda- tion.
Bei der Durchführung des Entgiftungsvorganges in zwei verschiedenen Becken kann jedes der beiden Reak tionsbecken für sich mit einer gesonderten pH-Mess- und Regelanlage ausgerüstet werden. Es kann aber auch eine auf zwei verschiedene Elektrodenketten umschaltbare pH-Mess- und Regelanlage zu Einsatz gelangen.
Eine Elektrodenkette besteht im allgemeinen aus einer unangreifbaren Messelektrode und einer gleichfalls un angreifbaren Bezugselektrode. Als Material für derartige unangreifbare Elektroden dienen im allgemeinen Edelme talle, wie z.B. Platin, Platin-Iridium, Gold, Goldamalgam oder Silber. Bei der Verwendung derartiger Edelmetalle als Material für die Messelektroden können bei der Mes sung und Steuerung von Entgiftungsvorgängen erhebliche Schwierigkeiten auftreten.
Die Elektroden können näm lich durch die Einwirkung aggressiver Bestandteile in der zu messenden Lösung Oberflächenschichten ausbilden, welche die zu messenden Redoxpotentiale verfälschen und damit eine falsche Einstellung der Magnetventile hervor rufen können. Darüber hinaus können sich auf den Ober flächen der Elektroden Schwebstoffe und andere Ver schmutzungen, die in den Abwässern enthalten sind, ab lagern und die wirksame Oberfläche der Elektroden be decken. Es besteht hierbei die Gefahr, dass sich die Magnetventile der Dosiergeräte zu spät schliessen.
Dies ist bei der Nitritentgiftung in saurem Medium besonders unangenehm. da die im allgemeinen als Oxydationsmittel verwendete Natriumhypochloritbleichlauge selbst giftig ist und nicht in den Vorfluter oder eine städtische Kanali sation gelangen darf. Darüber hinaus besteht bei einem Überschuss von Natriumhypochlorit in saurem Medium die Gefahr, dass sich gasförmiges Chlor entwickelt, wel ches die Umgebung belästigen kann und zu schweren Korrosionsschäden Anlass gibt.
Gemäss einer Ausführungsform der Erfindung können die eben ausgeführten Schwierigkeiten vermieden wer den, wenn die Messelektroden mit einer an sich aus der Technik der pH-Messung mit Antimonelektroden be kannten Reinigungsvorrichtung ausgerüstet werden. Eine derartige Reinigungsvorrichtung kann z.B. aus einer Apparatur bestehen, die mit Hilfe eines kleinen Elektro motors oder eines anderen Antriebs eine Bürste mit Glas- oder Kunststoffasern oder einen Schaber auf der Elek- trodenoberfläche hin- und herbewegt.
Mit Hilfe einer sol chen Bürste bzw. Schabers werden die störenden Ober flächenschichten und andere Verunreinigungen von der Elektrodenoberfläche entfernt, so dass ein einwandfreies reproduzierbares Verhalten der Messelektrode gewähr leistet ist. Eine andere Ausführungsform einer solchen Reinigungseinrichtung sieht eine Anordnung vor, bei der eine oder mehrere kleine Kugeln aus Glas oder anderem korrosionsbeständigem Material laufend in gewissen pe riodischen Abständen gegen die Elektrodenoberfläche prallen und auf diese Weise ein Abplatzen der angesetz ten Verunreinigungen bewirken.
Hierbei kann z.B. eine derartige Kugel an einer Feder befestigt sein, wobei die Bewegung der Kugel gegen die Elektrode durch ständiges Spannen und Entspannen dieser Feder bewirkt wird.
Möglich ist auch der Einsatz der Baugruppe von Pro grammsteuergerät und elektronischen Steuerungselemen ten zur Kontrolle und Regelung der vollständigen über führung des Cyanids in den Abwässern in freie Kohlen säure und Stickstoff.
In den Zeichnungen werden Vorrichtungen gezeigt, die für die Ausführung des Verfahrens gemäss der Er findung geeignet sind.
Die Fig. 1-3 zeigen Entgiftungsbecken. 1 zeigt eine Randabsaugung. 2 zeigt eine überlaufrinne. 3 bedeu tet einen Schieber oder ein Ventil, durch das der sich am schrägen Boden des Entgiftungsbeckens ansammelnde Schlamm abgelassen werden kann. 4 zeigt eine Tauch pumpe, mit der der sich am Boden des Entgiftungsbek- kens ansammelnde Schlamm abgezogen werden kann.
Fig. 4 zeigt eine schematische Darstellung des Ab laufs des Verfahrens und der Anordnung der Anlage.
In Figur 4 bedeuten: CN- die cyanidhartige Lösung N02 die nitrithaltige Lösung CN--Oxydation bedeutet den Teil des Verfahrens, in dem die Cyanid-Oxydation durchgeführt wird.
NO, --Oxydation bedeutet denjenigen Teil des Verfah rens, in dem die Nitrit-Oxydation durchgeführt wird.
EMI0003.0021
Die chargenweise Entgiftung von Abwässern, die ne beneinander Cyanide und Nitrite enthalten, bietet den be sonderen Vorteil, dass die den jeweiligen Betriebsbedin gungen und der analytischen Zusammensetzung der Ab wässer entsprechenden günstigsten Reaktionsbedingun gen und Reaktionszeiten eingehalten werden können. Hierdurch kann der Verbrauch an Entgiftungsmitteln auf ein Minimum gesenkt werden.