Verfahren zur Herstellung von Carbodiimiden
Carbodiimide gewinnen in letzter Zeit immer grö ssere Bedeutung als Kondensationsmittel. So können beispielsweise mittels Carbodiimiden in schonender Weise aus Aminosäuren Peptide oder aus Säuren und Alkoholen Ester hergestellt werden. Die Carbodiimide binden das bei der Reaktion entstehende Wasser unter Bildung von Harnstoffen.
Die Herstellung von Carbodiimiden erfolgt in den meisten Fällen durch Abspaltung von Schwefelwasserstoff aus Thioharnstoffen, z. B. mittels Schwermetalloxyden oder mit Hypochloriten. In fast allen Fällen entstehen bei diesen Synthesen als Nebenprodukte Harnstoffe, welche ihre Bildung der Anlagerung von Wasser an die Carbodiimide verdanken.
Es wurde nun gefunden, dass man aliphatische und cycloaliphatische Carbodiimide ohne Harnstoffneben- produkt erhalten kann, wenn man Thioharnstoffe mit einem Alkaliamid, Alkalihydrid oder Alkalialkoholat in inerten Lösungsmitteln auf höhere Temperaturen erhitzt:
EMI1.1
Durch diese Arbeitsweise wird gewährleistet, dass sich die entstehende Verbindung HX nicht an das Carbodiimid addieren kann. In der obigen Gleichung bedeuten R und R' aliphatische oder cycloaliphatische Reste, die zusammen weniger als drei Wasserstoffatome an den einer Thioharnstoffgruppe benachbarten Kohlenstoffatomen tragen.
Das bedeutet, dass R und R' a) ein primärer Alkyl- und ein tertiärer Alkyl- bzw. Cycloalkylrest oder b) zwei sekundäre Alkylreste oder c) ein sekundärer Alkyl- und ein tertiärer Alkyl- bzw. Cycloalkylrest oder d) zwei tertiäre Alkyl- bzw. Cycloalkylreste sein können. Die Länge der Kohlenstoffkette unterliegt, da es sich um eine für aliphatisch und/oder cycloaliphatisch substituierte Carbodiimide prinzipiell durchführbare Umsetzung handelt, keiner Beschränkung.
Als Alkaliverbindungen Me-X kommen vorzugsweise die Kalium- und wegen ihrer billigeren Zugänglichkeit die Natriumverbindungen in Betracht. Beispielsweise seien genannt: Natriumamid, Natriumhydrid, Natrium-tert.-butylat, Kalium-tert.-butylat und Natriumisopropylat.
Als Lösungsmittel können aromatische Kohlenwasserstoffe, wie Benzol, Toluol, Dekahydronaphthalin, ferner Chlorbenzol und Anisol verwendet werden. Sofern überschüssige Mengen der Alkaliverbindungen durch Zugabe von Wasser zu vernichten sind, empfiehlt sich der Einsatz von mit Wasser mischbaren Lösungsmitteln, beispieIsweise Dioxan oder Tetrahydrofuran. Im allgemeinen wird man Lösungsmittel verwenden, deren Siedepunkt etwa 1000 C oder mehr beträgt.
Als besonders ertragreich erwies sich die Umsetzung von aliphatischen und cycloaliphatischen Thioharnstoffen mit Natriumhydrid in siedendem Dioxan. Selbst auf andere Weise schwierig zugängliche Carbodiimide sind so in guter bis sehr guter Ausbeute erhältlich.
Die Anwendung von Natriumamid empfiehlt sich nur bei der Herstellung stabiler symmetrischer Carbodiimide. Unter den AlkohoIaten eignen sich besonders die jenigen von sekundären oder tertiären Alkoholen. So erwies sich das Natrium-tert.-butylat als günstig, da wegen der sterischen Blockierung eine Addition an das. Carbo diamid nicht zu befürchten ist. Ausserdem ist es vorteilhaft, dass das entstehende tert. Butanol mit Benzol oder Toluol laufend als azeotropes Gemisch aus dem Reaktionsmedium entfernt wird. Alkaliisopropylat ist ebenfalls verwendbar, dagegen Alkalimethylat nur in den Fällen, in denen der Thioharnstoff selber sterisch stark blockiert ist, z. B. durch zwei tertiäre Kohlenstoffatome.
Bei der Herstellung von aliphatischen Carbodiimiden empfiehlt sich die Anwendung von Alkaliamid und besonders von Alkalisalzen sekundärer oder tertiärer Alkohole im allgemeinen für die Umsetzung von symmetrischen Thioharnstoffen, während es beim Einsatz unsymmetrischer aliphatischer Thioharnstoffe gelegent lich zu Umlagerung unter Bildung stabiler, symmetrischer Carbodiimide kommt. Zur Darstellung unsymmetrischer Carbodiimide ist Natriumhydrid besser ge eignet.
Unter stabilen Carbodiimiden sollen solche aliphatischen oder cycloaliphatischen oder aliphatisch-cycloaliphatischen Produkte verstanden werden, die sich in Gegenwart von alkalisch reagierenden Substanzen nicht verändern. Eine derartige Stabilität tritt dann auf, wenn die Carbodiimide in der bereits diskutierten Weise zu- sammen weniger als 3 Wasserstoffatome an den einer Thioharnstoffgruppe benachbarten Kohlenstoffatomen tragen (vgl. Ber. dtsch. chem. Ges. 74 [1941], Seite 1285; Liebigs Ann. Chem. 560 [1948], Seite 223).
Die nach dem Verfahren der Erfindung erhältlichen Substanzen können - neben den am Anfang beschriebenen Verwendungszwecken - zur Nachbehandlung von Textilfasern, z. B. vor Färbungen mit sauren Farbstoffen, und als Vernetzer für polymere Substanzen Verwendung finden.
Beispiel 1
10,0 g Dicyclohexylthioharnstoff, 2,0 g Natriumamid (techn.) und 80 cm3 trockenes Toluol werden vier Stunden unter Rückfluss gekocht. Man lässt das Reaktionsgemisch abkühlen, verrührt es mit aktiver Tonerde, filtriert und engt das Filtrat ein. Es werden 5,2 g rohes Carbodiimid erhalten. Die Destillation liefert 3,9 g (45 % der Theorie) Dicyclohexylcarbodiimid vom Kp0.7 123 bis 1260 C.
Beispiel 2
7,3 g N-Cyclohexyl-N'-(t-butyl)-thioharnstoff und 1,8 g Natriumamid (techn.) werden in 80 cm3 trockenem Toluol dreieinhalb Stunden lang unter Rückfluss gekocht.
Man lässt die Mischung abkühlen, versetzt sie mit aktiver Tonerde, filtriert und engt ein. Es wird ein schwach gelbes Öl erhalten, das von 0,3 g Dicyclohexylthioharnstoff (Schmelzpunkt 1830 C) durchsetzt ist. Bei der Destillation des Öles erhält man bei Kp2.7 126 bis 1280 C 4,0 g (65 % der Theorie) N-Cyclohexyl-N'-(t-butyl)carbodiimid.
Beispiel 3
12,0 g Dicyclohexylthioharnstoff und 8,0 g Natrium-t-butylat (66% NaOC[CHiJa) werden in trockenem Toluol am absteigenden Kühler insgesamt vier Stunden lang gekocht, wobei ein azeotropes Gemisch von Toluol und Butanol abdestilliert. Das verbrauchte Toluol wird laufend ersetzt. Man lässt erkalten, gibt etwas aktive Tonerde zu der Mischung, filtriert und engt ein.
Es werden 4,6 g (45 % der Theorie) rohes Carbodiimid erhalten. Die Destillation (Kpl 125 bis 1300 C) liefert das Dicyclohexylcarbodiimid in Form farbloser Blättchen.
Beispiel 4
12 g Dicyclohexylthioharnstoff, 8 g Natriumisopropylat und 100 cm3 trockenes Toluol werden am absteigenden Kühler viereinhalb Stunden lang gekocht.
Ein azeotropes Gemisch aus Toluol und Isopropanol destilliert ab. Das abdestillierte Toluol wird laufend ersetzt. Man filtriert und engt die Toluolphase ein. Es werden 8,7 g rohes Carbodiimid erhalten. Die Destillation (Kp3 4 136 bis 1390 C) liefert 5,0 g (48,5 % der Theorie) reines Dicyclohexylcarbodiimid.
Beispiel 5
12 g Dicyclohexylthioharnstoff und 2,8 g Natriumhydrid (techn., enthaltend 86,4% NaH) werden in 80 cm3 trockenem Dioxan in Stickstoffatmosphäre eine Stunde lang unter Rückfluss gekocht. Man giesst die erkaltete Lösung in Eiswasser, äthert aus, wäscht die Ätherlösung mit Wasser nach, trocknet und engt ein.
Man erhält 8,5 g rohes Carbodiimid in Form eines hell- gelben Öles. Die Destillation (apo'5 124 bis 1260 C) liefert 7,2 g (70 % der Theorie) reines Dicyclohexylcarbodiimid.
Beispiel 6
21,4 g N-Cyclohexyl-N'-(t-butyl)-thioharnstoff und 4,2 g Natriumhydrid (86,4% NaH) werden in Stickstoffatmosphäre in 120 cm3 trockenem Dioxan eine Stunde lang unter Rückfluss gekocht. Die erkaltete Lösung wird in Eiswasser gegossen. Das ausgeschiedene Carbodiimid wird ausgeäthert und, wie in Beispiel 5 beschrieben, aufgearbeitet. Man erhält 16,7 g Rohprodukt. Die Destillation liefert 12,9 g (72% der Theorie) reines N-Cyclohexyl-N'-(t-butyl)-carbodiimid vom Kpoo 150-1540 C.
Beispiel 7
17,4 g N-(tert.-butyl)-N'-isopropylthioharnstoff und 5,6 g Natriumhydrid (80 % NaH) werden in 100 cm3 trockenem Dioxan eine Stunde lang am Rückfluss gekocht. Nach Abkühlen wird in Wasser gegossen und ausgeäthert. Die getrocknete Atherlösung hinterlässt beim Einengen 12,6 g (90% der Theorie) rohes Carbodiimid als gelbliches Ö1. Nach Destillation erhält man 8,2 g (59 % der Theorie) reines N-(tert.-butyl)-N'-isopropylcarbodiimid vom Kp 156-1590 C.
Beispiel 8
18,8 g Bis-(tert.-butyl)-thioharnstoff werden mit 4,0 g Natriumhydrid (86,4 % NaH) in 80 cm3 trockenem Dioxan innerhalb von 15 Minuten zum Siedepunkt aufgeheizt und 30 Minuten am Rückfluss gekocht Man lässt erkalten, giesst in Eiswasser und äthert aus. Nach Einengen der getrockneten Atherlösung erhält man 13,7 g (89 % der Theorie) rohes Carbodiimid. Die fraktionierte Destillation liefert 11,1 g (72% der Theorie) Bis-(tert.-butyl)-carbodiimid vom Kp45 78-81 C.
In analoger Weise erhält man das N-Isobutyl-N' (tert.-butyl)-carbodiimid vom Kp80 110-1120 C.
Beispiel 9
16,0 g N-Äthyl-N'-tert.-butyl-thioharnstoff werden in 60 cm3 trockenem Dioxan gelöst. Hierzu gibt man 20 cm3 Natriumhydriddispersion (20 % ig in Xylol) und spült mit 40 cm3 trockenem Dioxan nach. Man lässt die Wasserstoffentwicklung bei etwa 20 bis 300 C unter Stickstoffatmosphäre etwas abklingen, heizt langsam zum Sieden hoch und kocht 30 Minuten lang unter Rückfluss. Nach Abkühlen wird in Eis gegossen und die ausgeschiedene Substanz ausgeäthert. Die mit Wasser nachgewaschene und getrocknete Ätherlösung hinterlässt nach dem Einengen ein Gemisch aus Xylol und N Sithyl-N'-tert.-butyl-carbodiimid, das destillativ nur unzureichend zu trennen ist. Es kann für weitere Umsetzungen direkt verwendet werden. Der Carbodiimidgehalt wurde durch Umsetzung des Destillates mit Oxalsäure (vgl.
Zetsche, Ber. dtsch. chem. Ges. 71B, 2095 [1938]), Einengen zur Trockne und Zurücktitrieren der unverbrauchten Oxalsäure zu 7,2 g = 57 % der Theorie ermittelt.
Beispiel 10
15,0 g N-Stearyl-N'-tert.-butyl-thioharnstoff, 12 cm3 Natriumhydriddispersion (20 % ig in Xylol) und 240 cm3 trockenes Dioxan werden unter Stickstoffatmosphäre zusammengegeben. Nach Beendigung des starken Schäu mens wird 20 Minuten lang unter Rückfluss gekocht, dann die erkaltete Lösung auf Eis gegossen, ausgeäthert und die getrocknete Ätherlösung eingeengt. Der ölige Rückstand liefert bei der Destillation (Kpo2 172 bis 1790 C) 9,1 g (66,5% der Theorie) N-Stearyl-N'-tert.butyl-carbodiimid als farblose Flüssigkeit.