Sitz, insbesondere Arbeitssitz Die Erfindung bezieht sich auf Sitze, z. B. Hok- ker, Stühle, Sessel und dergleichen ; sie löst die Auf gabe, den Aufbau von Sitzen so zu gestalten, dass sie den anatomischen, orthopädischen und physiolo gischen Anforderungen, die für den sitzenden Men schen zu erfüllen sind, gerecht werden. Die bisher bekannten Sitze genügen diesen Anforderungen nicht oder nur mangelhaft.
Für die Lösung der Erfindungsaufgabe ist die Erkenntnis wesentlich, dass es beim Sitzen sehr dar auf ankommt, dass das Becken stabil abgestützt wird ; das Becken ist nämlich von Natur aus beim Sitzen labil auf den Sitzbeinhöckern gelagert, indem es um diese Sitzbeinhöcker herum schwenkbar ist. Unter der Last des Oberkörpers, vor allem mit zu nehmender Ermüdung der Haltemuskulatur, neigt es dazu z. B. bei längerem Sitzen unter Aufrichtung des Schambeins nach hinten abzukippen, um sich eine stabile Auflage zu schaffen. Bei diesem Abkippen krümmt sich zwangsläufig die Wirbelsäule. Diese Krümmung ist dabei umso stärker, je weiter das Becken nach hinten abkippt.
Mit dem Masse des Abkippens steigern sich auch die Mängel, die mit einer schlechten Sitzhaltung verbunden sind, z. B die Rundrückenbildung mit allen ihren Folgen ortho pädischer und physiologischer Art. Es kommt daher gemäss der der Erfindung zugrundeliegenden Er kenntnisse darauf an, dem Becken beim Sitzen eine solche stabile Lage zu geben, dass die Rückenkrüm mung möglichst klein ist oder mit anderen Worten, dass das Becken vor dem Abkippen bzw. vor einem zu weiten Abkippen bewahrt wird. Dies wird gemäss der Erfindung dadurch erreicht, dass die Sitzfläche ein schräg nach hinten ansteigendes Stützelement nach Art eines Keiles aufweist.
Die Vorderkante des Keiles liegt dabei mit Vorteil etwa 15 cm vor dem hinteren Rand der Sitzfläche, was einer Lage un mittelbar hinter dem Sitzbeinhöckern des Sitzenden entspricht ; dabei kann es unter Umständen zweck- mässig sein, den Keil verschiebar anzuordnen ; da bei kann auch die Länge der Oberschenkelauflage mit berücksichtigt werden. Der Anstieg des Keiles oder mit anderen Worten der Keilwinkel ist durch die Stützungsfunktion bestimmt und kann durch Probe ermittelt werden ; dabei ist die Geradestellung der Wirbelsäule ein brauchbares Mass.
Der Winkel ist sodann wesentlich von der Sitzhaltung abhängig ; der Keilwinkel wird umso grösser sein müssen, je. mehr sich der Mensch, z. B. in seiner Arbeitsstel lung, nach vorn neigt (vordere Sitzhaltung) ; er wird umso kleiner sein, je mehr der Mensch eine mittlere oder gar hintere Sitzhaltung einnimmt. Im allgemei nen werden gute Resultate mit Anstiegswinkeln zwi schen 15 und 30 Grad erreicht.
Ein nach diesen Prinzipien eingerichteter Sitz hat die Vorteile, die ein richtiges Sitzen mit sich bringt. Es wird jede unnötige und ungünstige Beanspru chung des Muskel-, Band- und Knochensystems im Bereich des Beckens, der Hüftgelenke und Ober schenkel vermieden. Der Körper nimmt eine er wünschte Ruhelage ein, so dass auch vorzeitige Organabnutzung und ein unnötiger Energieverbrauch vermieden werden. Weiter stellen sich eine bessere Haltung des Bauch- und Brustraumes ein.
Das Stützelement kann ein selbständiges Ele mente sein, welches. nachträglich an einen Sitz ange bracht wird. Es ist aber auch möglich, das Stütz element und den Sitz so auszubilden, dass sie eine Einheit darstellen ; eine solche Einheit kann vorteil haft als Auflage für einen Sitz, z. B. Stuhl, ausgebil det sein. Das Stützelement besteht in seinem Grund aufbau bevorzugt aus festem Material, z. B. Holz. Das Stützelement kann jedoch vorteilhaft mit nach giebigen Überzügen versehen sein. Es ist unter Um ständen vorteilhaft, ausser der Beckenbewegung auch noch die Bewegung des Oberkörpers zu be- rücksichtigen, insbesondere mit Hinblick auf die Sonderstellungen bei Arbeitssitzen.
Eine solche Son derstellung beeinflusst nicht nur den Keilwinkel des Stützelementes, sondern auch die Stellung einer Lehne, die den Oberkörper abfangen soll. Es ist da her vorteilhaft, die Lehne in Stellung und/oder Form an die Gegebenheiten anzupassen. Es wird hierzu die Lehne zweckmässig mit dem Stützelement verbunden und die Anordnung so getroffen, dass beide Teile um die Vorderkante des Stützelementes verstellbar sind. Auf diese Weise kann unter Berücksichtigung der jeweiligen körperlichen Verhältnisse eine An passung an die Arbeitsstellung vorgenommen wer den. Es kann unter Umständen aber schon zweck- mässig sein, das Stützelement allein für sich um seine Vorderkante schwenkbar anzuordnen.
An einigen Beispielen in den Abbildungen 1-6 sollen das Wesen der Erfindung sowie besondere Einzelheiten erläutert werden.
Abb. 1 zeigt einen gewöhnlichen Hocker. Auf den 4 Beinen. B 1-B 4 ruht die Sitzfläche F, beste hend aus einer Holzplatte. Auf dieser Holzplatte ist erfindungsgemäss ein keilförmiges Stützelement S aus Holz angeordnet, das nachträglich auf der Fläche F, z. B. durch Kleben oder Verschrauben be festigt ist. Der Keilwinkel beträgt ca. 200 und liegt so, dass das Stützelement von vorne nach hinten schräg ansteigt. Dort, wo die Sitzbeinhöcker sich beim Sitzen befinden, liegt die Vorderkante des Keiles, und zwar möglichst unmittelbar dahinter.
Die Breite des Stützelementes S, also seine Abmessung quer zum Sitz, richtet sich nach der Körperbreite und kann sich in einfacher Anpassung an die Sitzbreite über die Breite des Sitzes erstrecken. Die Ausdeh nung der Stützfläche in Richtung senkrecht dazu und damit die Keillänge ist an sich nicht so sehr kritisch. Diese Ausdehnung wird zweckmässig nur so weit ge wählt, dass das Becken am äusseren Ende des Stütz elementes praktisch nur lose anliegt oder mit ande ren Worten, dass die Abstützung des Beckens in der Fläche des Stützelementes stattfindet. Es soll da durch erreicht werden, dass sich der Druck des Beckens möglichst gleichmässig über die ganze Stütz fläche verteilt. Das Stützelement braucht nicht aus vollem Material gemacht zu sein.
Abb. 2 zeigt eine abgewandelte Form der Anord nung des Stützelementes S auf der Sitzfläche F eines Stuhles. In dieser Abbildung sind entsprechende Teile mit der gleichen Bezeichnung versehen wie in Abb. 1. Das Stützelement S ist aus der Fläche F herausgeschnitten und mit der Sitzfläche F mit Scharnieren verbunden, wie dies Abb. 2a in ver- grössertem Ausschnitt zeigt. Das Stützelement S ist ein Teil der Sitzfläche F oder mit anderen Worten ein Brettstück. Im vorderen Teil hat es eine Boh rung, durch welche eine Stange A hindurchgesteckt ist, die ihrerseits in der Sitzfläche gelagert ist.
Um diese Stange kann die Stützfläche S herumgeklappt werden, so dass sie in der Ruhestellung die Öffnung O in der Sitzfläche F praktisch ausfüllt. Um den Drehpunkt herum- ist das Stützelement abgerundet, so dass es die Klappbewegung gegenüber der Öff nung O machen kann. Ein an der Sitzfläche F befe stigter Knebel K, zweckmässig auf beiden Seiten des Stützelementes angeordnet, dient als Auflage in der Ruhestellung. In der Funktionsstellung wird das Stützelement S herausgeklappt und dann in seiner Sollage arretiert. Zu diesem Zweck ist das Stütz element S mit einer Führungsschiene.
H ausgerüstet, welche in passenden Abständen mit Löchern M ver sehen ist, in die ein Zapfen Z einrasten kann, der an der Sitzfläche F so befestigt ist, dass er ein kleines Stück in die Öffnung O hineinragt. Diese Anord nung kann natürlich auf beiden Seiten der Stütz fläche vorgesehen sein. Sie ermöglicht nicht nur die Arretierung sondern auch gleichzeitig eine Einstel lung der Höhenlage und damit des Anstiegswinkels der Stützfläche. Dabei wird die Stützfläche insgesamt nach denselben Prinzipien angeordnet, wie sie be reits bei Abb. 1 beschrieben sind.
Es kann auch unter Umständen genügen, eine in der Mitte der Stützfläche angeordnete Verstellschiene vorzusehen, die dann beispielsweise durch einen Zapfen auf der Rückseite der Öffnung O zur Einstellung und Arre tierung des Stützelementes dient. Anstatt einer Stange A kann auch ein anderes Gelenk, z. B. ein Scharnier, gewählt werden.
Abb. 3 zeigt einen lehnelosen Sitz. An der Sitz fläche F sind zwei Ansätze E auf der Rückseite be festigt. Diese Ansätze sichern das Stützelement S gegen das Abrutschen von der Sitzfläche. Das Stütz element ist also als Auflage ausgebildet. Auch hier sind Keilwinkel und Lage der Vorderkante des Stützelementes so zu wählen, wie es schon vorher beschrieben ist, und dementsprechend auch die Aus dehnung der Sitzfläche selbst, welche in dem vom Stützelement nicht eingenommenen vorderen Teil die Oberschenkel abstützt. In weiterer Ausgestaltung der Erfindung kann das Stützelement eine Einheit mit einer Sitzauflage bilden, so wie es in dem beschrie benen Beispiel die Sitzfläche selbst zusammen mit dem Stützelement sein kann.
In der Praxis kann das so erreicht werden, dass das Stützelement, z. B. be stehend aus einem genügend harten Polsterkeilkissen, mit einer nachgiebigen oder aus dem gleichen Ma terial bestehenden Unterlage verbunden ist, die ge eignet ist, als Auflage für einen Sitz zu dienen. Beide Teile können dabei von dem gleichen überzug um geben sein und können so als Einheit auf eine Sitz fläche eines Stuhles oder dergleichen aufgelegt wer den. In Abb. 4 ist das Stützelement S mit Ansätzen N versehen und die Sitzfläche F mit entsprechenden Bohrungen P. Wenn die Ansätze N mit Löchern P in Eingriff sind, so liegt das Stützelement fest.
Bei der vorgesehenen Anbringung einer Mehrzahl von Löchern in Richtung des Sitzes ist es möglich, das Stützelement in dieser Richtung zu verstellen, um die Oberschenkelauflage zu berücksichtigen.
In Abb. 5 ist ein Stuhl mit einer Lehne darge stellt. Wie in den vorhergehenden Abbildungen sind auch hier die einander entsprechenden Teile mit den gleichen Buchstaben versehen. Das Stützelement S ist mit der Lehne fest verbunden und drehbar um die Achse A gelagert, welche durch seine Vorderkante hindurchgeht.
Die Lehne weist im unteren Teil ihrer beiden Holme Öffnungen Q auf, in welche zweiseitig ange ordnete Zapfen Z eingreifen können. Mit dieser An ordnung ist es möglich, die Lehne auf- und abzuver- stellen und damit auch gleichzeitig das Stützelement S um die Achse A zu schwenken. Zur Vergrösserung des Schwenkbereiches nach unten ist die Sitzfläche F im Bereich des Stützelementes F ausgespart. Es ge nügt aber unter Umständen, dass das Stützelement mit der Lehne nur nach oben verstellbar verbunden ist. Dann kann die Öffnung in der Sitzfläche entfal len.
Diese Gestaltung des Sitzes gestattet es vor al lem, ungewöhnliche Arbeitsstellungen zu berück sichtigen, vor allen Dingen solche, bei denen der Mensch betont nach vorne geneigt ist. Zur weiteren Anpassung kann auch hier sowohl der Keilwinkel noch einstellbar sein als auch die Lage der Lehne zum Stützelement selbst. Sodann kann es vorteil haft sein, auch die Form der Lehne, gegebenenfalls in Verbindung mit ihrer Stellung, in die Anpassung einzubeziehen ; die Form wird dabei zweckmässig so gewählt, dass die Funktion des Stützelementes un terstützt wird. Die praktische Erprobung ergibt auch hier unschwer die besten Ergebnisse, wenn dabei das Ziel der Erfindung berücksichtigt wird. Im allgemei nen wird es nützlich sein, die Lehne möglichst ge rade und gerade stehend auszubilden.
Es ist zweckmässig, das Stützelement möglichst aus formfestem Material zu machen, z. B. aus un nachgiebigem Material zu fertigen. Es kann aber statt aus dem Vollen aus Brettchen zusammengebaut werden. Das Stützelement kann vorteilhaft eine Auf lage aus nachgiebigem Material, wie z. B. Schaum gummi bekommen. Unter Umständen kann es aber auch genügen, das Stützelement aus Polster materialien aufzubauen. Es ist dabei zu beachten, dass die Polsterung dann so wenig nachgiebig ge wählt wird, dass das Stützelement der Erfindungs aufgabe genügt. Es muss also so hart sein, dass es eine echte Unterstützung des Beckens bildet. Bei sehr unnachgiebigem Material des Keiles kann es unter Umständen zweckmässig sein, im Bereich der Sitzbeinhöcker Aussparungen vorzusehen bzw. be sonders nachgiebige Stellen.
Für die Einstellung des Keilwinkels kann das Stützelement auch nach Art eines Blasebalgs ausgebildet sein, so dass durch Ein blasen von Luft oder durch Ablassen von Luft sich der Winkel vergrössert oder verkleinert. Wenn bei einer solchen Ausführung die Stützfläche selbst auch aus formfestem Material z. B. Holz ist, so kann über das Luftpolster doch eine gewisse wünschenswerte Nachgiebigkeit erzielt werden. Das Stützelement kann auch eine andere als die in den Abbildun gen dargestellte rechteckige Form aufweisen, z. B. eine ovale oder runde. Das in dieser Erfindung behandelte Stützprinzip ist für alle Sitze brauchbar.
Es ist besonders zweck- mässig anzuwenden bei Arbeitssitzen, also beispiels weise bei Schreibmaschinenstühlen, Schulsitzen, Sitzen für Industrie- und landwirtschaftliche Maschi nen und dergleichen, ferner auch bei Autositzen ; weiterhin bei Sitzen, die für eine Vielzahl von Per sonen bestimmt sind, wie z. B. in Verkehrsmitteln.