Verfahren zur Herstellung eines Mittels zur Bestimmung der Magensäure
Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Herstellung eines Mittels für die qualitative und quantitative Bestimmung der Magensäure. Das erfindungsgemäss hergestellte Mittel kann speziell zum Nachweis einer Magenanacidität verwendet werden. Die Bestimmung der Magenanacidität besitzt eine praktische Bedeutung für die Entdeckung des Magenkrebses. Es wurde nämlich festgestellt, dass Magenkrebs häufiger bei an Magen anacidität leidenden Individuen als bei der Bevölkerung als Ganzes angetroffen wird.
In Proc. Soc. Exp. Biol. and Med. (1950), 74, 218, beschrieben Segal, Miller und Morton eine Methode für die Bestimmung der Magensäure ohne Magenausheberung. Um über den Mageninhalt ohne Beiziehung der Magensonde Aufschluss zu erhalten, wählen die Autoren eine indirekte Methode unter Einbezug einer Urinanalyse.
Die von Segal und Mitarbeitern ausgearbeitete Untersuchungstechnik beruhte darauf, dass man der Versuchsperson ein Mittel verabreichte, aus welchem im Magen bei Anwesenheit von freier Säure eine Substanz freigesetzt wird, die nach Eintritt ins Blut durch die Nieren ausgeschieden und schliesslich mit dem Urin entleert wird. Die verwendete Verbindung war ein Chinin-Kationenaustauscherharz-Komplex.
Das Chinin wurde dabei nach der Einnahme des Chinin-Harz-Komplexes im Magen durch die Magensalzsäure freigesetzt. Die Chininmenge im Urin bestimmte man durch Extrahieren des Urins mit Äther und anschliessendes Extrahieren der ither- fraktion mit 0,1 n-Schwefelsäure. Die saure wässrige Chininlösung wurde sodann mit Ultraviolettlicht bestrahlt und die Fluoreszenz der Lösung in einem Fluorophotometer gemessen. Dieses Vorgehen war ziemlich kompliziert und erforderte die Verwendung eines Fluorophotometers, welches Spezialinstrument nicht zur Standardausrüstung eines klinischen Laboratoriums gehört.
Ferner fand Segal, dass von der verabreichten Gesamtdosis von 20-40 mg Chinin nur rund 1 0/o oder noch weniger mit dem Urin ausgeschieden wurde. Die Bestimmung derart kleiner Chininmengen bereitete natürlich Schwierigkeiten.
Ein weiterer Nachteil der Untersuchungsmethode bestand darin, dass die Messungen durch die gleichzeitige Anwesenheit einer Reihe von Substanzen verfälscht wurden, wobei hauptsächlich Chininlieferanten sowie fluoreszierende Stoffe störend wirkten.
Daher musste man vor der Durchführung der Untersuchung mit dem Chinin-Harz-Komplex während, mehreren Tagen die Verabreichung von Vitaminen und einer Reihe von Medikamenten an den Patienten, unterlassen.
Das erfindungsgemässe Verfahren zur Herstellung eines oral applizierbaren Mittels für die Bestimmung der Magensäure ist dadurch gekennzeichnet, dass man ein Kationenaustauscherharz in der H-Form mit 2,6-Diamino-3-phenylazopyridin umsetzt.
Zur Bestimmung der Magensäure mit dem erfindungsgemäss hergestellten Mittel sind weder kostspielige Einrichtungen noch besondere technische Geschicklichkeit erforderlich.
Weiter tritt der genannte Farbstoff im Urin in solcher Menge auf, dass er mit Leichtigkeit kolorimetrisch nachweisbar ist.
Ferner wird die Untersuchung durch die Anwesenheit von Fremdstoffen nicht gestört.
Als Kationenaustauscherharz wird vorzugsweise Amberlite IRC-50 (eingetragene Marke) ein durch Acrylsäure vernetztes, Carboxylgruppen enthaltendes Harz, das von Rohm & Haas, Philadelphia, Pennsylvania, hergestellt wird, oder Permutit H-70 (eingetragene Marke), ein Corboxylgruppen enthal tendes Harz, das von der Permutit Company, New York, N. Y., erzeugt wird. Von der grossen Zahl der geprüften Kationenaustauscherharze scheinen Amberlite IRC-50 (Qualität pro Analysi) und Permutit H-70 eindeutig die besten Ergebnisse zu liefern. Die beiden genannten Harze sind dabei einander in jeder Beziehung gleichwertig. Die Harze dieses Typus haben sich ferner in der Humanmedizin bereits einen festen Platz erorbert, indem sie dort in massiven Dosen zwecks Ausscheidung von Elektro lyten aus dem Organismus verabreicht wurden.
Daher besteht auch keine Gefahr nachteiliger Wirkung nach oraler Einnahme von 2 g des Harzes, wie dies zur Bestimmung der Magensäure vorgesehen ist.
2, 6-Diamino-3 -phenylazo-pyridin wird von der Merck Inc., Rahway, New Jersey, unter der eingetragenen Marke Pyridium und von der Mallinckrodt Chemical Works, St. Louis, Missouri, unter der eingetragenen Marke Mallophene in den Handel gebracht. Dieser Farbstoff ist im Arzneimittelschatz schon seit längerer Zeit als Analgeticum der Harnwege eingeführt und besitzt daher mit Sicherheit keine unerwünschten Nebenwirkungen.
Man bereitet den Harzkomplex des oben beschriebenen Farbstoffes zweckmässig wie folgt: Man schüttelt das Harz in der H-Form rund dreissig Minuten lang mit einer Lösung des Farbstoffes. Darauf wird das Produkt auf einem Saugfilter gesammelt und der überschüssige Farbstoff ausgewaschen. Es wurde gefunden, dass der erhaltene Harzkomplex 25 bis 30 mg Farbstoff pro Gramm des Komplexes enthält. Da die Dosis des genannten Farbstoffes zur Schmerzbekämpfung (Urogenitalwege) dreimal täglich 200 mg beträgt, so kann angesichts der Menge von 30 mg pro g Harzkomplex keine Gefahr toxischer Nebenwirkungen bestehen, wenn für die Untersuchung eine Gabe von 2 g des Harzes verwendet wird.
Bei der Durchführung von Eluierversuchen mit Amberlite IRC-50 und Permutit H-70 wurde gefunden, dass das 2,6-Diamino3-phenylazo-pyridin aus seiner Harzkomplexverbindung mit hoher Ausbeute wieder freigesetzt wird. Beim Eluieren der Harzkomplexe mit Salzsäure verschiedener Konzentrationen, wie sie einerseits bei normalen Individuen und anderseits bei Individuen mit Anacydität vorkommen können, zeigt sich, dass im Salzsäurekonzentrationsbereich 0,01-0,1 n aus 1 g Harzkomplex 22-25,5 mg des Farbstoffes in Freiheit gesetzt werden. Von gleich grosser Bedeutung ist ferner das Ergebnis aus früher unternommenen und hier bestätigten Versuchen, wonach 50750/o einer oral verabreichten Menge des Farbstoffes im Urin ausgeschieden werden.
Bei den erwähnten Eluierversuchen ging man allgemein wie folgt vor:
100 mg des Harzkomplexes wurden mit 10 cm3 der Eluierflüssigkeit (Salzsäure in Konzentrationen von 0,1, 0,01, 0,001 und 0,0001 n) 10 Minuten lang geschüttelt. Sodann wurde die Lösung mit einer Pipette abgetrennt und die Eluierung weitere neun Male wiederholt. Die Lösungen mit dem eluierten Farbstoff wurden analysiert, indem man bei den mit 100/oiger Salzsäure auf 1 : 10 oder 1:100 verdünnten Lösungen die optische Dichte bei 500 me ermittelte.
Die Eluierung mit 0,01 und 0,1 n HC1 ergab für beide Harze annähernd übereinstimmende Resultate, indem nach zehn Eluierungen jeweils 22 bis 28,5 mg des Farbstoffes pro g Harzkomplex freigesetzt wurden.
Weiter wurden die Bestimmung der Magen säure mit der erfindungsgemäss hergestellten Mittel auch in vivo erprobt. Dabei verabreicht man einer Versuchsperson oral eine festgesetzte Menge des Harzkomplexes, worauf die Umwandlungsprodukte des Farbstoffes sowie etwa unveränderter Farbstoff innert relativ kurzer Zeit im Urin erscheinen. Das 2,6-Diamino-3-phenylazo-pyridin und dessen Umwandlungsprodukte lassen sich im Urin leicht durch Zufügen einer Säure zum Urin nachweisen, da die erwähnten Stoffe sich alsdann orangerot verfärben.
Die Menge der gefärbten Stoffe kann im Spektrophotometer bei 500 m,, bestimmt werden. Anderseits benutzte man aber auch eine einfache Farbfleckprobe, wie sie nachfolgend beschrieben ist, um die blosse Anwesenheit oder Abwesenheit des Farbstoffes und seiner Umwandlungsprodukte im Urin festzustellen.
Die Prüfung des Harzkomplexes erfolgte sowohl bei Personen mit normaler Magenacidität wie bei solchen Personen, bei denen eine Anacidität nachgewiesen war; dabei verwendete man verschiedene Magenstimulantien, wie Äthylalkohol, Coffein, Natriumbenzoat und Kaffeetrockenextrakt Nescafe (eingetragene Marke). Bei Benutzung von Nescafe als Stimulans für den Magensäurefluss ging man wie folgt vor: a) Die Versuchsperson entleerte im nüchternen Zustand den Urin, der verworfen wurde, und nahm sodann 5 g löslichen Kaffee-Extrakt Nescafe in einem halben Glas heissem Wasser ein. b) Nach Ablauf einer Stunde entleerte die Versuchsperson den Urin, der als Kontrollprobe aufbewahrt wurde.
Darauf nahm die Person 2 g 2,6-Di- amino-3-phenylazo-pyridin-Harz-Komplex ein, der in einem Viertelglas Wasser aufgeschlämmt war, und trank anschliessend ein weiteres Viertelglas Wasser zum Nachspülen. c) Eine Stunde nach dem Einnehmen des Farbstoff-Harz-Komplexes wurde von der Versuchsperson eine Urinprobe gesammelt. d) Zwei Stunden nach dem Einnehmen des Farbstoff-Harz-Komplexes wurde von der Versuchsperson eine weitere Urinprobe gesammelt.
Verwendet man eine Dosis von 2 g des Farbstoff Harz-Komplexes, so kann dann auf Magenanacidität geschlossen werden, wenn die ausgeschiedene Menge des Farbstoffes und seiner Umwandlungsprodukte nach Ablauf einer Stunde weniger als rund 0,3 mg beträgt, oder wenn die Totalausscheidung nach Ablauf von 2 Stunden weniger als rund 0,8 mg beträgt.
Dies erklärt sich daraus, dass der Farbstoff aus den genannten Harzkomplexen bei einem PH unter 4 freigesetzt wird, während diese Harzkomplexe bei einem PH über 4 den Farbstoff nur in ganz geringfügigem Mass freigeben.
Die oben erwähnte Farbstoffprobe zum Nach- weis des Farbstoffes im Urin kann so ausgeführt werden, dass man eine kleine Menge der Urinprobe so ansäuert, dass die Farbänderung abgegrenzt erfolgt und leicht beobachtet werden kann. Vorzugs- weise bringt man hierzu fünf Tropfen des Urins auf eine aufsaugende Unterlage, z. B. aus Fasercellulose oder Asbest oder Mischungen der beiden Materialien. Darauf wird auf den benetzten Bezirk der aufsaugenden Unterlage eine Tablette mit der folgenden oder einer vergleichbaren Zusammensetzung gelegt:
Sulfosalicylsäure, kristallin 126,6 mg
Natriumbikarbonat, gepulvert 17,7 mg
Borsäure, trockenes Pulver 17,7 mg
162,0 mg
Diese Tablette wird sodann mit z. B. zwei Tropfen Wasser befeuchtet.
Wenn der untersuchte Urin 2,6-Diamino-3-phenylazopyndin oder dessen Umwandlungsprodukte enthält, so nimmt der Bezirk auf der Unterlage rings um die Tablette alsbald eine rote Färbung an.
Eine Tablette der oben angegebenen Zusammensetzung liefert bei normalem Magensäuregehalt sehr deutliche Färbungen; indessen sind die Mengen der Komponenten in der Tablette nicht kritisch, solange genügend Säure anwesend ist, um eine Acidität im pH-Bereich 4 oder darunter zu erzeugen.
Ferner kann man auch andere feste starke Säuren, wie Zitronensäure, Weinsäure und Maleinsäure verwenden. Um eine genügende Berührung zwischen der Urinprobe und dem aktiven Tablettenbestandteil zu gewährleisten, kann der Tablette eine kleine Menge Natriumbikarbonat einverleibt werden, wodurch die Auflösung der Tablette erleichtert wird; ferner kann eine kleine Borsäuremenge zugesetzt werden, um die Tablettierung zu erleichtern. Bei der Ausführung der Probe wird alsdann aus dem Natriumbikarbonat durch Umsatz mit der Säure Kohlendioxyd freigesetzt, welches das Zerbröckeln und Auflösen der Tablette beschleunigt, worauf die Anwesenheit oder Abwesenheit des Farbstoffes im Urin durch die einfache Farbfleckreaktion nachgewiesen werden kann.