Verfahren zur Darstellung eines neuen Herzglucosids. Kristallisierte Herzglucoside sind bisher meistens aus Strophantus, Digitalis, Oleander, Convallaria oder Scilla gewonnen worden. Die Gattung Adenium wurde bisher zur Her stellung von Herzglucosiden nur wenig ver wendet.
Dies beruht offenbar darauf, dass nur in einem einzigen Falle ein kristallisiertes Glucosid erhalten werden konnte. Perrot & Leprince haben aus Adenium Hongkel (Comp- tes rendus 1909, 149, 1393) einen amorphen Stoff isoliert, dem sie Ilerzglucosideigen- schaften zuerkannten, den sie aber nicht weiter zu reinigen vermochten.
Krause (Berl. Klin. Wchschr. 47, 1699 [1910]) beschreibt einen rohen amorphen Extrakt aus Adenium coetaneum, dem Herzwirksamkeit zukommt, den er jedoch als "schmierige harzige Sub stanz" schildert. Boehm (A. Pth. 26, 165 [1890]) gelang die Darstellung einer kristal lisierten Substanz aus Adenium Boehmianum Schinz, die er "Echujin" nennt.
In der ge nannten Arbeit sind die Eigenschaften des Echujins recht eingehend beschrieben. Echujin wird als eine in Wasser sehr leicht und in Chloroform vollkommen unlösliche Substanz geschildert mit einem Schmelzpunkt von 120-18511. Bei der Säurehydrolyse liefert Echujin ein Aglucon Echujetin und Glucose.
Es wurde nun gefunden, dass man zu einem neuen kristallisierten Herzglucosid ge langen kann, wenn man Adenium somalense Balf. fil. als Ausgangsmaterial verwendet.
Bei dem erfindungsgemässen Verfahren zur Herstellung des neuen Herzglucosids, dem der Name Somalin gegeben wurde (Helvetica Chimica Acta 23, 548 [1940]), werden aus einem wässerigen Konzentrat aus Adenium somalense Bal. fil., z.
B. aus einem durch erschöpfende Extraktion des getrockneten Wurzelfleisches mit wässerigem Methylalko hol und anschliessende Entfernung des Alko hols erhältlichen wässerigen Konzentrat ist, Nebenprodukte durch Umsetzung mit Blei salzlösungen entfernt, dann wird die wässe rige, an Herzglucosid gesättigte Lösung mit Hilfe eines mit Wasser nicht mischbaren Lipoidlösungsmittels, wie z. B. Chloroform, extrahiert, der Lipoidlösungsmittelextrakt mit einem wässerigen Alkohol, wie z. B.
Methyl alkohol, ausgewaschen und der so gereinigte Lipoidlösungsmittelextrakt eingedampft. Durch LTmkristallisieren des Eindampfrücksta,ndes aus Äthanol kann man das neue Glucosid mit dem Schmelzpunkt 19w-197 und der opti schen Drehung von [a];; _ + 9,5 erhalten.
Es besitzt die Bruttoformel C3oHis0; und die Konstitution eines Cymaroseäthers des Digit- oxyg enins. Im Gegensatz zu Echujin kommt dem neuen Glucosid geringere Wasserlöslichkeit und sehr viel höhere Chloroformlöslichkeit zu. Das neue Herzglucosid kristallisiert aus 31e- thylalkohol in Nadeln oder Tafeln vom T. 195-198 , aus Essigester-absolutem Äther in Tafeln vom gleichen Schmelzpunkt.
Die Legalreaktion ist positiv, die Keller-Kiliani- reaktion zeigt einen braunen Ring in kon zentrierter Schwefelsäure und eine pracht volle Blaufärbung des Eisessigs. Das Genin ist nicht wie beim Echujin an Glucose, son dern an einen Desoxyzucker, nämlich C.yma- rose, gebunden. Durch vorsichtige Säurehydro lyse wird das neue Herzglucosid in Cyma- rose und Digitoxigenin gespalten.
Das neue Herzglucosid ist auch in pharmakologischer Hinsicht wesentlich verschieden von den bis her bekannten Herzglucosiden. Es ist unge fähr zehnmal weniger toxisch als Ouabain, obgleich systolischer Stillstand des Frosch herzens bei gleicher Dosis wie beim Oua- bain eintritt.
Das neue Glucosid soll. therapeutische Verwendung finden. Beispiel: 4,38 kg getrocknetes Wurzelfleisch von Adenium somalense werden mit etwa 70 0;'0 iLNIethylalkohol erschöpfend percoliert und der Extrakt weitgehend vom Methylalkohol durch Destillation im Vakuum befreit. Das wässe rige Konzentrat wird mit einer basischen Bleiacetatlösung versetzt, bis kein weiterer Niederschlag mehr erfolgt.
Nach dem Zentri fugieren des Niederschlages werden die über schüssigen Bleisalze durch sorgfältige Zugabe von Dinatriumphosphat gefällt. Nach Ent fernung des entstandenen Bleiphosphats durch Zentrifugieren wird die hellgelbe, wässerige Lösung der Glucoside im Vakuum teilweise eingedampft und dann noch mit Ammonium sulfat versetzt. Die wässerige Lösung wird nun mit Chloroform ausgeschüttelt und die Chloroformlösung mit wässerigem Methyl alkohol (1 : 5) gewaschen.
Die wässerige Lö sung liefert beim Eindampfen 2,3 gr eines braunen, öligen Rückstandes mit starken (-u'liicosidreaktionen. Die Chloroformlösung hin terlässt nach dein Eindampfen im Vakuum 26 gr eines Hellgelben Körpers mit sehr starken (1lucosidreaktionen und Herzwirk samkeit. 2 gr dieses Rohproduktes werden in 20 cm3 absolutem Äthylalkohol gelöst, filtriert und dann ganz sorgfältig mit Wasser, bis eben eine Trübung bestehen bleibt, ver setzt und der Kolben zur Kristallisation nun einige Tage im Dunkeln sich selbst über lassen.
Nach kurzer Zeit kristallisiert das neue Glucosid in prachtvollen Platten aus. Dieses wird am besten aus absolutem 31ethyl- alkohol umkristallisiert, aus dem man es bei hohen Konzentrationen als verfilzte Nadeln, bei geringeren Konzentrationen als Platten erhält. Der Schmelzpunkt liegt bei 195 bis 197 0, nachdem bei 133 bis 135 vorüber- gellendes Sintern und Abgabe von Kristal lösungsmittel stattfindet.