Verfahren zur Herstellung von Formlingen aus Vinylpolymeren.
Bei der Herstellung von Röhren, Stäben oder Profilstücken aus Vinylpolymeren, als deren wichtigste Vertreter die Polymerisate und Mischpolymerisate der Vinylhalogenide, des Vinylacetats, der Ester, Amide, Nitrile der polymerisationsfähigen, ungesättigten Mono-oder Poly-Carbonsäure, der Vinyläther und des Styrols genannt werden, bedient man sich überwiegend der aus der Zelluloidindustrie bekannten Arbeitsweise. Hiernach wird das meist pulverförmige Polymere ohne Benutzung von Lösungs-und Quellungsmitteln plastifiziert und das Rohplastifikat ananschliessend in Pressen je nach der Art des verwendeten Mundstückes zum Rohr, Stab, Plastifikat, Band usw. verformt.
Die bei dieser Verfahrensstufe benutzten Temperaturen und Drucke hängen von der Art der zu verarbeitenden Polymeren ab und betragen beispielsweise beim Polyvinylchlorid 160-210¯ und 50-150 Atmosphären Kolbendruck. Da es bekannt ist, da° die Eigenschaften eines aus einem Vinylpolymeren geformten Plastifikates, sei es nun ein Flächengebilde oder ein Rohr, stark von der Verformungstemperatur abhän- gen, wurde es im allgemeinen für zweckmϯig gehalten, innerhalb der Presse vom Füllungs- ende bis zum Mundstück eine allmählich ansteigende Temperatur aufrecht zu erhalten.
Es hatte sich jedoch gezeigt, dass trotz dieser Massnahme die Bescllaffenheit der Oberflache eines Rohres oder dergleichen sehr starken Schwankungen unterworfen war. Aus ein und demselben Rohstoff liessen sich nacheinander Rohrlängen herstellen, bei denen eine vollkommen glatte und einwandfreie Oberfläche mit einer runzligen abwechselte. Parallel mit diesem äusserlich sichtbaren Wechsel der Ober flachenbeschaffenheit geht nun eine Beein- flussung der mechanischen Eigenschaften des Rohres in dem Sinne, dass gleichzeitig mit dem Auftreten der runzligen Oberfläche die Festigkeitseigenschaften sich erheblich verschlechtern.
So erniedrigt sich die Schlag- biegefestigkeit von 85 cm kg/cm2 bei Rohren mit einwandfreier OberflÏche auf 33 cm kg/cm2 bei Rohren mit runzliger Oberflache. Bei Anwendung der sogenannten Zangenprobe- diese besteht darin, dass man an dem Rohr an einem Ende mit einer Kneifzange nach oben biegt-ist der Unterschied in den mechani- schen Eigenschaften dieser beiden Rohrarten besonders auffallend. Ein Rohr mit runztiger Oberfläche zersplittert knallend, während ein glattes Rohr sich geschmeidig aufbiegen lässt.
Der gleiche Unterschied ergibt sich beim Prüfen der Röhren auf Kaltbeständigkeit. Bringt man in ihnen eingeschlossenes Wasser zum Gefrie- ren, so zerspringt das runzlige Rohr in kurzer Zeit, wahrend das glatte Rohr diese Beanspru- chung sicher aushält. Ebenso deutlich lässt sich der Unterschied in den elastischen Eigenschaf- ten der beiden Rohre zeigen, wenn man sie von etwa 2 m Hohe auf den Boden fallen lässt.
Das Rohr mit glatter OberflÏche ist elastisch federnd, während das Rohr mit runzliger Ober fliiche zersplittert. Es ist ferner nicht mög- lich, ein solches runzliges Rohr nachträglich durch Wärme irgendwie zu biegen, da hierbei meistens Aufplatzen der Längsseite auftritt.
Es ist nun bereits vorgeschlagen, die mechanischen Eigenschaften von Flächeugebilden, Fäden, Bändern oder dergleichen aus Vinyl- polymeren dadurch zu erhohen, dass man diese Formlinge einer nachträglichen Reckung unter- wirft. Die Anwendung dieser Arbeitswelse auf die Riilirenherstellung gibt zwar eine kleine Erh¯hung der Sehlagbiegefestigkeit der Riihren, jedoch ist es nicht möglich, dadurch die runzlige Oberfläche wieder zu glätten. Da der Verkaufswert einer Röhre aber neben diesen mechanischen Eigenschaften wesentlich durch das Aussehen bedingt ist, so bringt die Anwendung dieser bekannten Iethode keinen Vorteil.
Man war also bei der grosstechnischen Herstellung von Rohren aus Vinylpolymeren immer auf ein gewisses zufälliges Ergebnis angewiesen ; es ist klar, dass hierunter die Wirtschaftlichkeit der Röhrenherstellung litt.
Überraschenderweise wurde nun gefunden, dass die Herstellung von Formlingen, z. B.
Rohren, Stäben oder Profilstücken, aus Vinylpolymeren mit einwandfreier glatter OberflÏche und demgemäss auch guten mechanischen Eigenschaften stets dann gelingt, wenn man die Vinylpolymeren zuerst einer thermischen Plastifizierung auf über den Erweichungspunkt der Polymeren angewärmten Walzen unterwirft, deren OberflÏchengeschwindigkeit 7, 5 m pro Minute nicht iiberschreitet, und dann anschliessend dieses Rohplastifikat in einer Presse zum endgültigen Formling verformt. Die Ober flächengescliwindigkeit der Walzen eines Walzenstuhls kann hierbei untereinander gleich sein, sie kann aber auch voneinander abweichen. Im letzteren Falle darf die Ober flachengeschwindigkeit der schneller laufenden Walze den sogenannten H¯chstbetrag nicht überschreiten.
Die bei diesem Vorwalzen ein zuhaltende Temperatur richtet sich nach dem Rohmaterial. Fiir Polyvinylchlorid liat sich ein Temperaturgebiet von 150-180 als optimal er-wiesen, während die Mischpolymeri- sate des Vinylchlorids mit Acrylsäureestern nur Temperaturen von 125-160 erfordern.
Nun gilt es zwar als Regel bei der Verwalzung der Vinylpolymeren zu Folien, da¯ die mechanischen Eigenschaften dieser Flächengebilde um so besser sind, je höher die Walztemperatur bei sonst gleicher Walzgeschwindigkeit gewesen ist. Die Geschwindigkeit der Walzen betrug hierbei, wie dies auch bei der Zelluloidherstellung der Fall ist, etwa 20-28 m pro Minute OberflÏchengeschwindigkeit.
Es hat sich jedoch gezeigt, da¯ die aus solchen bei versehiedenen Temperaturen gewalzten Rohformlingen hergestellten Röhren stets eine runzlige Oberfläche aufweisen. Erst die Verringerung der Umlaufzahl der Walzen auf eine Oberflachengeschwindigkeit von höchstens 7, 5 m pro Minute ermöglicht die Herstellung von R¯hren mit glatter, einwandfreier OberflÏche und guten Festigkeitseigenschaften aus ein und demselben Rohstoff.
Dies musste um so mehr überraschen, als bisher bei der Herstellung von Folien aus Vinylpoly- meren der versehiedensten Art niemals auch nur andeutungsweise beobachtetwerden konnte, dass die Festigkeitseigenschaften der Folien in Abhängigkeit von der Oberflächengeschwin- digkeit des Walzwerkes bei für das Vinyl- polymer jeweils optimaler Walztemperatur sich andein. Fernerhin wurde hierbei festgestellt, dass die Walztemperatur hierbei an der untern Grenze der Verarbeitungstemperatur eingestellt werden kann. Hierin liegt ein weiterer Vorteil des neuen Verfahrens, da so thermische Zersetzungen so gut wie ganz ausgeschaltet werden.
Das bei niedriger OberflÏchengeschwindigkeit vorgenommene Vorwalzen bietet bei der eigentlichen Rohren- herstellung den weiteren Vorteil, dass zur Erzeugung gleicher Leistung einer Presse ein nicht unbedeutend kleinerer Druck beim Pressen eingestellt werden kann, als wenn ein Rohplastifikat zur Verarbeitung gelangt, das auf schnell laufenden Walzen (Oberflächen- geschwindigkeit 20-28 mm pro Minute) plastifiziert ist. Hierin liegt eine erhebliche Steigerung der Betriebssicherheit.
Der überragende Einfuss der Oberfläehengeschwindigkeit der Walzen beim ersten Plastifizieren der Vinylpolymeren auf die Ober flächenbeschaiEenheit und mechanischen Eigenschaften der Rohren bleibt auch dann beste hen, wenn als Gleitmittel wirkende Substanzen, wie Wachsalkohole, Polymerisate des Octodecyl-Vinyläthers oder Oleyl-Vinyläthers, gegebenenfalls im Gemisch miteinander, zugesetzt werden. Trotz Anwendung dieser Substanzen werden beim ¯berschreiten der obengenannten obern Grenze der Oberflächen- geschwindigkeit die Rohren runzlig und spröde, so da° eine gewerbliche Verwendung nicht möglich ist.
Vor oder während des Vorwalzens des zur Rohrenherstellung dienenden Polymeren können ihnen gegebenenfalls Füll- mittel und ; oder Farbstoffe zugesetzt werden.
Die Wandstärke des Rohres richtet sich nach dem jeweiligen Verwendungszweck, der in erster Linie von dem chemischen Charakter des Vinylpolymeren abhängig wird. Es seien als Verwendungsgebiete genannt : Bau von Wasserleitungen, Säureleitungen und Treib stoffleitungen. Die beispielsweise für die Herstellung von Rohren geschilderte. Arbeitsweise findet in gleicher Weise Anwendung bei der Herstellung von runden oder viereckigen Stäben, Profilstücken, Bändern oder Fäden, denn hierzu ist, wie bekannt, lediglich die Verwendung eines entsprechend gestalteten Mundstückes der Presse notwendig.