<Desc/Clms Page number 1>
Die Erfindung betrifft ein hydrometallurgisches Verfahren zur Aufarbeitung von Anoden- schlamm aus der Kupferelektrolyse u. ähnl. Rohstoffe, die ausser Silber eines oder mehrere der Elemen- te Pb, Au, Platinmetalle, Se, Te, Sb, Sn, As, Bi, Cu, Ni, Zn, Fe sowie Sulfat, Chlorid, Kieselsäu- re u. a. enthalten können, bei dem Natriumhypochlorit in Anwesenheit von Salzsäure zum Einsatz gelangt.
Der bei der elektrolytischen Kupferraffination anfallende Anodenschlamm enthält je nach der
Herkunft der Anoden wechselnde Mengen an Silber, Gold, Platin, Palladium, Selen, Tellur, Arsen,
Antimon, Kupfer, Nickel, Blei u. a. Der Hauptzweck der Anodenschlamm-Aufbereitung ist die Ab- trennung und Gewinnung der wertvollen Metalle. Gegenwärtig werden verschiedene Verfahren zur
Aufbereitung angewendet.
Bei den herkömmlichen Verfahren werden die Schlämme in einem Flammofen pyrometallurgisch aufgeschlossen (Treibherd-Verfahren) und das erhaltene Anodensilber elektrochemisch weiterbehan- delt. Diese Verfahren besitzen eine Reihe von wesentlichen Nachteilen. Besonders das arbeit-, zeit-und energieaufwendige Flammofenschmelzen mit den vielen Schlackenchargen, die viel Edel- metall aufnehmen und zur Aufarbeitung innerer Kreisläufe bedürfen. Erst neuere Verfahren kombinie- ren nasschemische und pyrometallurgische Verfahrensschritte.
So wird z. B. nach einem neueren Verfahren (US-PS Nr. 4, 002, 544 bzw. DE-AS 2543027) der entkupferte Anodenschlamm bei zirka 160 bis 300 C sulfatisierend geröstet, um die Kupfer- und
Silberselenide und-telluride zu zersetzen. Es werden dabei in der heissen Schwefelsäure nur Ag, Se und Te gelöst, u. zw. zirka 95% des eingesetzten Ag, Se und Te.
Aus dem filtrierten Salzschlamm wird durch eine Laugung mit heissem Wasser Ni herausgelöst und aus dem Restschlamm das Au, Pt und Pd nach bekannten Verfahren gewonnen. Aus dem schwefelsauren Filtrat scheidet man nach Verdünnung durch Elektrolyse das Ag, Se und Te kathodisch ab, schmilzt das erhaltene Metallpulver unter Luftzufuhr ein (Se02 und Te02 verflüchtigen) und führt das Metall als Anodensilber der Silberelektrolyse zu. Dieses Verfahren umgeht wohl die Schmelzarbeit im Flammofen, erfordert aber eine zusätzliche Gewinnungselektrolyse für die Abscheidung von Ag, Se und Te. Ausserdem ist mit der sulfatisierenden Röstung keine exakte Trennung der Komponenten möglich.
In einem andern Verfahren (DD-PS Nr. 146712) wird der von Se und Te befreite Anodenschlamm zur Abtrennung von Ag, Cu und Pb einer salpetersauren Laugung unterworfen, wobei Ag, Cu und Pb als Nitrate in Lösung gehen und über eine Silberelektrolyse weiterverarbeitet werden, während im Schlammrückstand das gesamte Au, Pt und Pd nach einem der bekannten pyro- oder hydrometallurgischen Verfahren gewonnen werden kann. Das in der salpetersauren Lösung enthaltene Silber wird als Hauptmenge durch eine Gewinnungselektrolyse abgeschieden und der Restsilbergehalt durch Zementation mit Cu gewonnen.
Aus der entsilberten Lösung wird das Pb mit HSO als PbSO ausgefällt, abfiltriert, das Filtrat zur Trennung von Salpetersäure und Schwefelsäure destilliert und rektifiziert und der im Destillationssumpf verbleibende Kristallbrei mit H20 aufgenommen und zu Cu oder Kupfersalz verarbeitet.
Bei Anwesenheit von Pd im Anodenschlamm ist dieses Verfahren nicht anwendbar, weil Pd in Salpetersäure zum grössten Teil löslich ist und ein eigener Arbeitsgang zur Entfernung dieses Wertmetalles erst entwickelt werden muss. Ein weiterer Nachteil ist, dass infolge des hohen Pdund Cu-Gehaltes ständig eine überaus kostspielige Elektrolytaufbereitung durchgeführt werden muss.
Als weiteres Verfahren wurde die direkte Chlorierung des Anodenschlammes vorgeschlagen, ohne vorherige Pb-Abtrennung (DE-OS 2117513). Der Anodenschlamm wird mit verdünnter Salzsäure zu einem dünnflüssigen Brei angerührt, in den unter Rühren gasförmiges Chlor bei einer Temperatur um zirka 100 C eingeleitet wird, um alle im Schlamm enthaltenen Metalle mit Ausnahme von Silber, zu lösen. Es muss heiss filtriert und auch heiss nachgewaschen werden, um die Hauptmenge des Pb als PbCl2 zu entfernen.
Anschliessend erfolgt die Extraktion des AgCl mit Ammoniak, wobei Ag von den restlichen Begleitelementen Sb, Sn und Si02 u. a. getrennt wird. Die Gewinnung des Silbers aus der ammoniakalischen Lösung erfolgt durch das Verdampfen des Ammoniaks, Digerieren des AgCl-Niederschlages in einer NaOH-Lösung und Reduktion des entstandenen Ag20 durch reduzierende Zucker zu reinem, pulverförmigen Silbermetall, das in eine handelsübliche Form umgeschmolzen werden muss.
<Desc/Clms Page number 2>
Nachteilig sind bei diesem Verfahren die Anwendung von Clz-Gas in stark salzsaurer Lösung (bis 12 n = 432 g HC1/1) bei zirka 100 C, das schwierig zu beherrschende Sicherheit-un Korrosionsprobleme bringt, den Einsatz von Rückflusskühlern für HCl-Gas/Dampf notwendig macht, und ausserdem ist die Abtrennung von PbCl : aus Schlämmen grosstechnisch wegen der Temperaturabfälle in den Filterpressen und Ableitungen (Verstopfungen) kaum beherrschbar. Es ist auch hier mit einer exakten Trennung von Pb und Ag nicht zu rechnen.
In der DD-PS Nr. 201920 wird die Auflösung von Gold und Silber aus Silbererzen mit geringen Edelmetallgehalten mit wässerigen NaCl-Lösungen (200 bis 250 g/l) vorgeschlagen, wobei das Erz entweder vor der Laugung oder während der Laugung"belüftet"wird, zum Teil auch unter Zusatz von Cu. Unterstützt wird diese Laugung bei Anwesenheit von Gold durch Zugabe von Hypochlorit-
EMI2.1
von NaOCl, wobei die Laugung durchgeführt wird durch Versetzen der Erze mit Lösungen, die neben 500 g NaOCl/1 zirka 20 ml HCI/l aufweisen. Der Zusatz der Salzsäure dient hier lediglich der Einstellung des PH-Wertes der Lösung auf zirka 4 bis 5.
Die Oxydationswirkung ist ebenfalls wie oben durch den Zerfall von NaOCl in NaCl und 0 gegeben.
Demgegenüber ist das Ziel der Erfindung ein hydrometallurgisches Verfahren zur Aufarbeitung von Anodenschlamm aus der Kupferelektrolyse u. ähnl. Rohstoffe, die ausser Silber eines oder mehrere der Elemente Pb, Au, Platinmetalle, Se, Te, Sb, Sn, As, Bi, Cu, Ni, Zn, Fe sowie Sulfat, Chlorid und Kieselsäure enthalten können, bei dem Natriumhypochlorit in Anwesenheit von Salzsäure zum Einsatz gelangt, derart, dass eine möglichst vollständige Abtrennung des Silbers von den Begleitstoffen auf kurzem Wege und mit hohem Ausbringen (zirka 99%) erfolgt.
Das erfindungsgemässe Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, dass das vom säurelöslichen Kupfer und Nickel sowie vom Blei befreite Ausgangsprodukt mit Salzsäure aufgeschlämmt, durch Zuleiten einer Natriumhypochlorit-Lösung und das dabei entstehende, in statu nascendi wirkende Chlor chloriert wird, das Filtrat mit den gelösten Metallen abfiltriert wird, während das in AgCl
EMI2.2
gefällt und nach dem Filtrieren, Waschen und Trocknen zu Ag-Metall verschmolzen wird, während das Filtrat mit Kalziumhydroxyd versetzt wird, der dabei freigesetzte Ammoniak durch Destillation wiedergewonnen und der nach dem Filtrieren des Destillationsrückstandes erhaltene Filterkuchen in den Hüttenprozess zurückgeführt wird.
Der durch eine, dem Stand der Technik entsprechende, nasschemische Behandlung von Kupfer, Nickel und Blei befreite Anodenschlamm wird demnach zur Zerstörung der sehr stabilen Selenide, Telluride u. a. schwer löslicher Verbindungen einer Chlorierung in salzsaurer Lösung unterworfen.
Zum Unterschied von andern Verfahren, die auch eine Chlorierung durchführen, wird bei dieser Neuentwicklung die Chlorierung mit Natriumhypochlorit derart durchgeführt, dass in die kalte, salzsaure Schlammsuspension eine konzentrierte NaOCI-Lösung eingeleitet wird. Dabei entsteht direkt an der Eintrittsstelle des NaOCl Chlor, das in statu nascendi äusserst reaktiv ist und in relativ kurzer Zeit die vorhandenen stabilen Verbindungen von Selen und Tellur aufspaltet, die Metalle Au, Pt, Pd, Se und Te u. a. in Lösung bringt und das Ag quantitativ in AgCl umwandelt.
Reaktionsgleichungen :
EMI2.3
<Desc/Clms Page number 3>
EMI3.1
Der Vorteil gegenüber der"Direktchlorierung"mit Cl -Gas ist neben der Bildung von in statu nascendi sehr reaktivem Chlor die unproblematische Manipulation mit NaOCl gegenüber dem Clz-Gas.
Das NaOCl ist nicht nur besser dosierbar, sondern hat auch grosse Vorteile in bezug auf die Arbeitssicherheit und den Umweltschutz und ist auch günstiger in den Investitions- und Betriebskosten.
Eine weitere Verbesserung gegenüber andern Chlorierverfahren ist der Umstand, dass bei diesem Verfahren die Chlorierung bei Zimmertemperatur durchgeführt werden kann. Nach der Filtration der chlorierten Suspension erhält man ein Au-, Pd-, Pt-, Se- und Te-hältiges Filtrat, das in einer andern Verfahrensstufe in bekannter Weise weiterbehandelt wird.
Der AgCl-hältige Filtrationsrückstand wird unter Zuhilfenahme eines Extraktions- und Filterhilfsmittels mit einer Ammoniak-Lösung bei Zimmertemperatur und unter guter Rührung gelaugt, das AgCl als Ag (NH3) 2C1 extrahiert, während man den nach dem Filtrieren und Waschen zurück- bleibenden Filterkuchen wieder in den Schachtofen zurückführt.
Das Ag-hältige Filtrat versetzt man in einem gasdichten Reaktor unter Rühren mit einer
EMI3.2
EMI3.3
EMI3.4
in neutraler, saurer oder in ammoniakalischer Lösung erfolgen.
Das abgeschiedene Silber wird abfiltriert, gewaschen, getrocknet und zu metallischem Silber verschmolzen.
Die Reinheit des so hergestellten Ag-Metalles : 99, 98% Ag. Aus dem Fitrat der Ag-Fällung wird durch Zusatz einer genügend grossen Menge an Kalziumhydroxyd und anschliessender Destillation die Hauptmenge des eingesetzten NH3 wiedergewonnen. Als Destillationsrückstand wird ein mit etwas Kalk verunreinigtes Kupferoxychlorid erhalten, das in den Betrieb zurückgeführt wird. Das Filtrat kann in den Vorfluter eingeleitet werden.
Reaktionsgleichung :
EMI3.5
Bei der Anwendung eines grossen Überschusses an Kalziumhydroxyd kann an Stelle von Kupferoxychlorid auch CuO entstehen.
Aus Fig. 1 ist das Verfahrensschema ersichtlich.
Beispiel :
100 kg Anodenschlamm (zirka 4% Ag, 40% Pb, 8% Cu, 6% Ni) wurden in einem Rührkessel mit 500 l H2SO 4 (10%) unter Lufteinleiten bei zirka 90 bis 100 C zirka 2 bis 3 h gelaugt und dadurch das säurelösende Kupfer und Nickel aus dem Schlamm herausgelöst. Das Reaktionsgemisch wurde filtriert und der Filterkuchen gut gewaschen (Fig. 1, 1).
69, 5 kg von dem Filterkuchen wurden in einem Reaktor mit Wasser auf 350 1 aufgerührt,
EMI3.6
wandelt. Der abfiltrierte und sulfatfrei gewaschene Schlamm wurde wieder im Reaktor aufgeschlämmt und durch Zusatz einer verdünnten Salpetersäure bis zum PH-Wert von 2, 0 des Reaktionsgemisches das Blei als PbtNOa) in Lösung gebracht, das durch Filtration vom Schlamm abgetrennt wurde (Fig. l, 2).
Der so vom Blei, Cu und Ni befreite Anodenschlamm wurde in einem gasdichten Reaktor (Fig. l, 3) mit verdünnter Salzsäure zu einem Volumen von 50 l suspendiert. In diese Suspension wurde bei Zimmertemperatur und unter Rühren langsam eine konzentrierte NaOCI-Losung eingeleitet.
<Desc/Clms Page number 4>
In zirka 1 1/2 h war die Suspension vollständig chloriert, die Temperatur stieg von 22 auf 350C an. Das Reaktionsgemisch wurde über eine gasdichte Filterpresse ab filtriert (Fig. 1, 4), gut gewaschen und die Lösung, das gesamte Au, Pd, Pt, Se und einen Teil des Te enthaltend, einer getrennten Aufarbeitung zugeführt.
Der Filterkuchen, das gesamte Silber als AgCl enthaltend, wurde (Fig. 1, 5) mit 10 kg Kalziumcarbonat (Kreide) als Extraktions- und Filterhilfsmittel versetzt und dann mit 10%igem Ammoniak
EMI4.1
und gut gewaschen. Der Filterkuchen wurde wieder in den Schachtofen eingesetzt.
Das Ag+-hältige Filtrat wurde (Fig. 1, 7) mit einem kleinen Überschuss einer neutralen NaCuClz-Lösung versetzt und dabei das Ag quantitativ zu Ag-Metall gefällt. Nach dem Filtrieren, Waschen und Trocknen (Fig. 1, 8, 11) wurde das Silberpulver in einem Graphittiegel zu Reinstsilber verschmolzen. Ag-Gehalt : 99, 98%.
Das Filtrat wurde zunächst mit zirka 5 kg Kalziumhydroxyd versetzt, das freie NH3 (Fig. 1, 9) vollständig abdestilliert, der dabei anfallende Destillationsrückstand abfiltriert und in den Betrieb zurückgeführt, während das Filtrat in den Vorfluter geleitet wurde.
PATENTANSPRÜCHE :
1. Hydrometallurgisches Verfahren zur Aufarbeitung von Anodenschlamm aus der Kupferelektolyse u. ähnl. Rohstoffe, die ausser Silber eines oder mehrere der Elemente Pb, Au, Platinmetalle, Se, Te, Sb, Sn, As, Bi, Cu, Ni, Zn, Fe sowie Sulfat, Chlorid, Kieselsäure u. a. enthalten können, bei dem Natriumhypochlorit in Anwesenheit von Salzsäure zum Einsatz gelangt, dadurch gekennzeichnet, dass das vom säurelöslichen Kupfer und Nickel sowie vom Blei befreite Ausgangsprodukt mit Salzsäure aufgeschlämmt, durch Zuleiten einer Natriumhypochlorit-Lösung und das dabei entstehende, in statu nascendi wirkende Chlor chloriert wird, das Filtrat mit den gelösten Metallen abfiltriert wird, während das in AgCl umgewandelte Ag im Restschlamm verbleibt, aus dem dann
EMI4.2
wird, wobei das Ag quantitativ als Ag-Metall gefällt und nach dem Filtrieren,
Waschen und Trocknen zu Ag-Metall verschmolzen wird, während das Filtrat mit Kalziumhydroxyd versetzt wird, der dabei freigesetzte Ammoniak durch Destillation wiedergewonnen und der nach dem Filtrieren des Destillationsrückstandes erhaltene Filterkuchen in den Hüttenprozess zurückgeführt wird.