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Verfahren zur Verbesserung allseitig verstreckter Folien aus makromolekularen thermoplastischen Kunststoffen
Es sind zahlreiche Verfahren zur Herstellung von Folien aus thermoplastischen Kunststoffen bekannt, bei denen die hergestellten Folien die gleichen mechanischen Eigenschaften aufweisen wie das Ausgangs- material. Solche Verfahren sind z. B. Kalandrieren, Blasen, Strangpressen.
Durch Verfahren, die die bekannte Tatsache ausnutzen, dass sich das Ausgangsmaterial durch Rekkung in zwei zueinander senkrecht stehenden Richtungen verbessern lässt, erhält man Folien, die eine etwas höhere Festigkeit aufweisen als das Ausgangsmaterial. Diese Reckung bewirkt lediglich eine Straffung der Makromoleküle, denn es können nur Reckbeträge von 50 bis 10010 erreicht werden.
Aus der belgischen Patentschrift Nr. 553, 096 ist ferner ein Verfähren zur allseitigen Verstreckung thermoplastischer Kunststoffe bekanntgeworden, das neuartige, ganz besonders hochwertige Folien ergibt. Hiebei werden Rohre aus diesen Stoffen bei Temperaturen unterhalb des Kristallitschmelzpunktes bzw. Erweichungspunktes des Rohrmaterials durch Innendruck zu Schläuchen derart aufgeweitet, dass man eine kugelförmige Aufweitung, ausgehend von dem hinteren halbkugelförmigen Übergang zwischen Rohr und Kugel durch fortlaufende halbkugelförmige Aufweitung des gesamten Rohres zu der gewünschten Schlauchfolie verstreckt. Der Verstreckungsgrad Ist bei diesem Verfahren wesentlich höher, denn es findet bei diesen Temperaturen nicht nur eine Straffung, sondern eine Umlagerung und Ausrichtung der Kettenmoleküle statt.
Das Flächenverstreckverhältnis beträgt hiebei 1 : 8, 3 - 1 : 250. woraus sich das lineare Verstreckungsverhältnis zu 1-V8,-3-1 : V2-5-0 = 1 : 2, 9-1-15, 8 errechnet. Dies bedeutet, dass diese Folie in jeder Richtung um 190 - 1480 % verstreckt wird.
Die Art der Herstellung ist also von ausschlaggebender Bedeutung für die Eigenschaften der Folien.
Am Beispiel des Niederdruckpolyäthylens sollen die bestehenden Unterschiede näher erläutert werden : Eine ungereckte Folie hat im einachsigen Zerreissversuch bei 50 mm/min Zerreissgeschwindigkeit eine Reissfestigkeit von 200 bis 250 kg/cm bei einer Reissdehnung von etwa 1000 0/0. Durch die Reckung in zwei zueinander senkrecht stehenden Richtungen lässt sich die Reissfestigkeit um höchstens 100 - 150 % steigern, wobei die Reissdehnung abnimmt. Die allseitige Verstreckung gemäss den Verfahren des belgischen Patentes Nr. 533, 096 bewirkt eine mit dem Grad der Verstreckung zunehmende Verfestigung, so dass Festigkeitswerte bis zu 3000 kg/cm2 erreicht werden können.
Diese zunehmende Verfestigung bedingt jedoch eine starke Abnahme der Reissdehnung ; so hatte eine Folie mit 1100 kg/cmZ Reissfestigkeit eine Reissdehnung von nur 880/0, eine stärker verstreckte Folie mit 2000 kg/cm2 ReiBfestigkeit eine Reissdehnung von nur 280/0.
Trotz der weiten Verbreitung des Zugversuches hat es sich für die Beurteilung von Folien als nicht ausreichend erwiesen, lediglich die Werte der einachsigen Prüfung bei relativ geringer Prüfgeschwindigkeit heranzuziehen. Die in der Praxis auftretenden Beanspruchungen sind in sehr vielen Fällen dynamisch (stossartig), d. h. sie erfolgen bei Geschwindigkeiten, die um Zehnerpotenzen höher liegen als beim Zerreissversuch. Ausserdem wirken sie nicht einachsig, sondern flächenhaft auf das Material ein. So wird z. B. die äussere Folienhülle eines Beutels beim Aufprall nach einem Fall durch den Inhalt schlagartig und flä-
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chenhaft beansprucht.
Für die Prüfung der dynamischen Eigenschaften der Folien ist bisher noch kein Prüfverfahren genormt worden. In Nachahmung der in der Praxis auftretenden Beanspruchungen wurde der sogenannte "Beutel- falltest"entwickelt, der für die Prüfung von Verpackungsfolien weit verbreitet ist. Bei ihm werden aus dem Prüfmaterial Beutel mit definierten Abmessungen hergestellt, die mit einer bestimmten Menge Me- tallkugeln gefüllt und dann fallengelassen werden. Es wird dann bei vorgegebener Fallhöhe die Zahl der überstandenen Fälle ermittelt, oder es wird die Mindesthöhe bestimmt, bei der die Hälfte der Beutel zehn Fälle ohne Schaden überstanden hat.
In der Ergänzung zu dieser konventionellen Prüfung gibt ein neues Prüfverfahren ("F olientester") Kenn- grössen, die physikalisch deutbar sind. Bei diesem Verfahren werden membranförmig eingespannte Folien auf einen Messkopf fallengelassen und unter flächenhafter Beanspruchung zerrissen. Das dazu entwickelte
Messsystem gestattet es, während des nur Millisekungen dauernden Zerreissvorganges einvollkommenes Kraft-Deformationsschaubild der zerrissenen Folie mit elektronischen Mitteln aufzunehmen. Die Fig. 1 zeigt ein solches Diagramm. Aus ihm sind als physikalische Kenngrössen die Stosskraft P und die Deformation As abzulesen sowie durch Ausplanimetrieren die zum Zerstören erforderliche Energie ER zu bestimmen.
Für das Beispiel des Niederdruckpolyäthylens ergeben sich als Mass für die Beurteilung der dynamischen Eigenschaften folgende Werte : Im Beutelfalltest hält bei normalem (ungerecktem) Material weniger als die Hälfte der Beutel aus 100p starker Folie einen Fall aus 0, 5 m Höhe aus, während von Beuteln aus-nur 3011 starkem allseitig verstrecktem Material mindestens die Hälfte. einen Fall aus 1, 0 m Höhe übersteht.
Diese starke Verbesserung des allseitig verstreckten Materials gegenüber dem normalen Material zeigt sich auch in den Ergebnissen von Prüfungen mit dem oben erwähnten Folientester : Die Stosskraft steigt von 5kg auf 40 -45 kg, die Deformation von 10 mm auf 14-16 mm und die zur Zerstörung notwendige Energie von 2, 5cmkg auf 20 - 25 cmkg.
Bedingt durch die Herstellung weist die allseitig verstreckte Folie einen hohen Grad durch Abkühlung fixierter molekularer Orientierung auf. Setzt man diese Folien einer Wärmeeinwirkung bei Temperaturen unterhalb ihres Kristallitschmelzpunktes aus, so war zu erwarten, dass sich mit zunehmender Temperatur die inneren Spannungen mehr und mehr auswirken können. Dies bedeutet, dass der verstreckte Zustand zunehmend abgebaut wird, und dass die Folie sich unter Einwirkung der freiwerdenden Spannungen zusammenzieht (schrumpft). Der Zugversuch muss dann ausweisen, dass die Reissfestigkeit unter Zunahme der Reissdehnung wieder abgebaut wird. Versuche haben diese Überlegungen bestätigt.
Fig. 2 und 3 zeigen für einige Niederdruckpolyäthylenfolien mit verschiedenem Verstreckungsgrad (Kristallitschmelzpunkt bei 125 -1270C) den Einfluss der Wärmebehandlung (Temperung) auf die Reissfestigkeit a und Reissdehnung 6.
Damit wird die in der Fachwelt anerkannte Ansicht bewiesen, dass eine Temperung und eine damit verbundene Schrumpfung die durch eine Verstreckung erzielte Veränderung der Eigenschaften wieder rück- gängig macht. Da bei Temperaturen von 1200C die Schrumpfung in der Grössenordnung von10 bis 25 0/0 liegt, bleibt die Folie unter entsprechender Dickenzunahme als solche erhalten. Erst eine Erwärmung bis an den Kristallitschmelzpunktoderüber diesen hinaus führt sehr rasch bis zum völligen Abbau der Molekülorientierung, d. h. die Folie schrumpft zu einem Materialklumpen zusammen.
Das gleiche wurde allgemein auch für die dynamischen Eigenschaften vorausgesetzt : wenn allseitige Verstreckung, d. h. allseitige Orientierung der Moleküle, eine Steigerung von Stosskraft und Stosszähigkeit sowie eine höhere Beutelfallzahl bewirkt, dann war von einer Temperung ein Abbau der Orientierung zu erwarten. Durch diesen Abbau müssten sich dann die Eigenschaften wieder in Richtung auf das unverstreckte Material hin entwickeln, d. h. sie müssten sich wieder verschlechtern.
Eswurde nun gefunden, dass allseitig verstreckte Folien (Verstreckungsbeträge 190-1480%) aus thermoplastischen Kunststoffen, vorzugsweise Niederdruckpolyolefinen, hinsichtlich ihres Verhaltens bei stossartigen mechanischen Beanspruchungen dadurch verbessert werden können, dass die Folien kurzzeitig
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konnte auf Grund. der vorher geschilderten bekannten Tatsachen nicht erwartet werden. Durch die erfindungsgemässe Temperung der allseitig verstreckten Folien erhält man ein Material, dessen Stosskraft bis zu der erwähnten oberen Temperaturgrenze nicht oder nicht nennenswert abfällt. Völlig überraschend steigt dabei die Deformation weiter erheblich an. Dies ist insofern besonders bedeutungsvoll, als in erster Linie die Deformation eines Materials für das Stossverhalten massgebend ist.
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Die für die erfindungsgemässe Temperung der Folie angewandten Temperaturen dürfen in der Spitze nur bis einige Grad unterhalb des Kristallitschmelzpunktes betragen, d. h. die Folie darf höchstens eine Temperatur erreichen, die noch 1 - 200C unterhalb des Kristallitschmelzpunktes des Materials liegt. Bei- spielsweise beträgt im Falle eines Niederdruckpolyäthylens, dessen Kristallitschmelzpunkt bei 125-127 C liegt, die günstigste Temperatur für die erfindungsgemässe Temperung etwa 115-1200C.
Die Temperung der Folie erfolgt zweckmässig in einem Flüssigkeitsbad, z. B. in Glykol, da hiebei die erforderliche Durchwärmung sehr rasch eintritt. Die Temperung kann selbstverständlich auch auf jede andere erdenkliche Weise, z. B. durch heisse Luft oder andere Gase oder durch Berührung mit erwärmten
Platten, durch Strahlungs- und/oder Induktionswärme bewirkt werden. Bei der Temperung mit einem er- wärmten Gas muss wegen des schlechteren Wärmeüberganges von diesem auf die Folie eine längere Ver- weilzeit gegenüber der Flüssigkeitstemperung in Kauf genommen werden. Um bei der Temperung mit einem Gas mit kürzeren Verweilzeiten auszukommen, ist es denkbar, dass das verwendete Gas eine über der oben angegebenen Grenze liegende Temperatur aufweist.
Entscheidend für die Verweilzeit ist dabei, dass die Temperatur der Folie die genannte obere Temperaturgrenze nicht überschreitet.
DieTemperungsdauersoll ausreichen, um die vollständige Durchwärmung der Folie auf die gewünschte Temperatur zu gewährleisten. Im Falle der Anwendung eines Flüssigkeitsbades genügt es, die Folie je nach ihrer Dicke etwa 1 - 40 sec im Bad zu belassen. Entsprechend der angewandten Temperatur ergibt sich ein bestimmtes Mass an Temperung (Schrumpfung), das durch längere Verweilzeiten im Bad (z. B. bis zu 3000 sec) nicht nennenswert erhöht wird. Bei Temperung in einem Gas ist die erforderliche Mindestverweilzeit grösser, wie schon oben erläutert wurde.
Folienmaterialien, die für die erfindungsgemässe Behandlung in Frage kommen, sind alle solchen, die einer allseitigen Verstreckung zugänglich sind. Hiezu sind vor allem die Polyolefine, insbesondere Polyäthylen, Polypropylen, Polybutylene und Polymere höherer a-Olefine, wie Penten-1, Hexen-1, Hepten-1, Methylpentene, Dimethylpentene, zu rechnen. Ganz besonders geeignet sind unter diesen solche Polymeren, die nach einem Niederdruckverfahren, z. B. unter Verwendung der sogenannten Zieg- ler-Katalysatoren. wie sie in den belgischen Patentschriften Nr. 533, 362, Nr. 534,792, Nr. 534,888 und Nr. 540,459 und in zahlreichen andern Veröffentlichungen beschrieben sind, hergestellt werden.
Ferner eignen sich für das erfindungsgemässe Behandlungsverfahren Folien aus Fluorolefin-polymeren wie Polymerisaten aus Tetrafluoräthylen, Chlortrifluoräthylen, Vinylidenchlorid ; weiterhin solche aus Polyamiden, Polyvinylverbindungen mit Polyvinylchlorid, Acrylnitril oder solche Ester der Acrylsäure. Selbstverständlich können auch Folien aus Mischpolymerisaten mehrerer der genannten Monomeren oder Mischungen aw verschiedenen Polymeren als Werkstoffe für die erfindungsgemäss zu behandelnden Folien in Frage kommen.
Die Dicke der Folien hat naturgemäss auf den erfindungsgemässen Effekt keinen Einfluss. Es können daher Folien jeder beliebigen Dicke dem Verfahren unterworfen werden. Zweckmässig jedoch beträgt die Dicke der zu behandelnden Folie nicht mehr als 600J. l, weil dickere Folien für die meisten Verwendungszwecke aus Gründen, die nichts mit dem vorliegenden Verfahren zu tun haben, nicht so gut geeignet sind. Vorzugsweise sollte die Foliendicke etwa 5p-300p betragen. Beispiel 1 :
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ten Folien hinsichtlich ihrer Deformation (As) und der Zerreissenergie (ER) mit Hilfe des eingangs er- wähnten "Folientesters" lieferte die aus den Kurven der Fig. 4 und 5 ersichtlichen Ergebnisse.
Entsprechend der grösseren Bedeutung der Stosszähigkeit weist der Beutelfalltest aus, dass das getemperte Material bis zu 7 x mehr Fälle als das ungetemperte Ausgangsmaterial überstanden hat.
Beispiel 2 :
Eine durchschnittlich 38bol dicke allseitig verstreckte Folie aus Polypropylen wurde in einem Glykolbad 30sec bei 1400C getempert. An dieser Folie wurden folgende Werte gemessen :
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<tb>
<tb> ungetempert <SEP> getempert
<tb> Reissfestigkeit <SEP> (kg/cm) <SEP> längs <SEP> 1476 <SEP> quer <SEP> 1667 <SEP> längs <SEP> 1437 <SEP> quer <SEP> 1408
<tb> Reissdehnung <SEP> (0/0) <SEP> längs <SEP> 58, <SEP> 9 <SEP> quer <SEP> 33,5 <SEP> längs <SEP> 72 <SEP> quer <SEP> 69
<tb> Deformation <SEP> (mm) <SEP> 18, <SEP> 1 <SEP> 24,2
<tb> Zerreissenergie <SEP> (cmkg) <SEP> 42, <SEP> 0 <SEP> 59, <SEP> 6 <SEP>
<tb>