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Verfahren zum Patentieren von Stahldraht
Stahldrähte hoher Festigkeit, wie sie z. B. für Drahtseile, Federn, Klaviersaiten, vorgespannte Betonbewehrungen u. dgl. benötigt werden, stellt man meist durch sogenanntes Patentieren"und nachfolgendes Ziehen auf den gewünschten Endquerschnitt her.
Meist wird der warmgewalzte Draht überdies auch vor dem Patentieren gezogen und in manchen Fällen werden mehrere Patentierbehandlungen mit zwischengeschalteten Ziehoperationen angewandt. Als Patentieren" bezeichnet man hiebei eine Wärmebehandlung, bei der der Draht über den oberen Umwandlung- punkt (Ac3), unter Umständen weit über diesen, erhitzt, dann auf eine im allgemeinen zwischen
400 C und 550 0 C liegende Temperatur abgekühlt wird und bis zur vollständigen oder zumindest annähernd vollständigen Umwandlung in diesem
Temperaturgebiet verbleibt, worauf Abkühlung auf Raumtemperatur erfolgt.
Praktisch erfolgt das
Patentieren im allgemeinen so, dass der aus unlegiertem Stahl höheren C-Gehaltes, meist 0, 35-1, 35% C bestehende Draht in einem Arbeitsgang mit einstellbarer Geschwindigkeit durch einen geeigneten Ofen, in dem er auf eine Temperatur über Ac3, z. B. 9200 C, gebracht wird, und durch ein daran anschliessendes Blei- oder
Salzbad gezogen wird, welches sich auf Patentiertemperatur, z. B. 480 C, befindet. Es wurde auch bereits vorgeschlagen, durch örtliche Kühlung die Badtemperatur an der Eintrittsstelle des Drahtes tiefer zu halten als im übrigen Teil des Bades, um eine möglichst schnelle Angleichung an die Patentiertemperatur zu erhalten. Nach dem Patentierbad wird der Draht, eventuell nach Durchlaufen einer Kühlstrecke, aufgehaspelt.
Zweck des Patentierens ist es, durch Verlegung der y-x-Umwandlung in den unteren Teil der Perlitstufe ein fein lamellares, perlitisches Gefüge zu erhalten, das zur weiteren Kaltverformung durch Ziehen besonders geeignet ist und im fertig gezogenen Draht sehr günstige mechanischtechnologische Eigenschaften, insbesondere genügende Zähigkeit (Biegefähigkeit, Torsionsfähigkeit) bei hoher Festigkeit ergibt. Für eine Reihe von Verwendungszwecken sind patentierte Drähte daher geeigneter als z. B. vergütete.
Die Eigenschaften des patentierten Drahtes hängen von der Zusammensetzung des Stahles, seinem Umwandlungsverhalten, dem Querschnitt des zur Patentierung gelangenden Drahtes, der
Austenitisierungstemperatur und-zeit, der Ab- kühlungsgeschwindigkeit von der Austenitisie- rungstemperatur auf die Temperatur, bei der die y-x-Umwandlung vor sich gehen soll, von der Temperatur des Patentierbades und von der
Verweilzeit in demselben ab. Die Eigenschaften des Drahtes nach dem letzten Patentiervorgang und die darauf folgende Kaltverformung bestim- men die Gütewerte des patentierten und gezogenen Drahtes. Vor allem kommt es bei der Herstellung von patentierten Drähten darauf an, dass ein Anlaufen der Umwandlung bei höheren als den erwünschten Temperaturen, z. B. eine Vorausscheidung von Ferrit oder die Bildung von zu grob lamellarem Perlit unterbunden wird.
Den dazu bisher zur Verfügung stehenden Massnahmen, wie Auswahl von Stählen mit geeigneter Umwandlungscharakteristik, erhöhte Austenitisierungstemperatur, rasche Überführung vom Ofen in das Patentierbad, sind jedoch enge Grenzen gesetzt. Bei der für die übliche Patentierbehandlung ansonsten geeignetsten Stahlgruppe, nämlich Kohlenstoffstählen mit etwa 0, 35-1, 35% C und höchstens etwa 0, 60% Mn, besteht z. B. die Gefahr, dass die Abkühlung von der Austenitisierungstemperatur auf die Patentiertemperatur nicht schnell genug vor sich geht und dadurch die Umwandlung in einem höheren Temperaturbereich anläuft, was zu unerwünschter Gefügeausbildung (z. B.
Ferritausscheidungen, Bildung von grob lamellarem Perlit) führt und damit die mechanisch-technologischen Eigenschaften im patentierten Zustand ungünstig beeinflusst, sodass auch nach dem Ziehen nicht die optimalen Eigenschaften erreicht werden. Dies ist besonders bei grösserem Drahtdurchmesser der Fall, da das grössere Volumen solcher Drähte einen grösseren Wärmeinhalt bedingt und die grössere Wärmemenge nicht rasch genug abgeführt werden kann.
Es wurde daher bereits vorgeschlagen, den Draht beim Eintritt in das Patentierbad etwas unter die Patentiertemperatur zu unterkühlen, um die Angleichung an die Patentiertemperatur zu beschleunigen ; dadurch werden zwar unter Umständen Umwandlungen des Austenits über der Temperatur des Patentierbades in gewissem Masse vermieden, meist aber nicht vorbereitende Umlagerungen des Austenits in diesem Temperatur-
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gebiet vermieden. Diese letzteren können zu
Inhomogenitäten führen und die Eigenschaften des patentierten Drahtes ungünstig beeinflussen.
Die Erfindung zielt nun darauf ab, ein solches
Verfahren zum Patentieren von Stahldrähten, wobei der Draht nach einer die Austenitisierung bewirkenden Erwärmung zunächst auf eine unter- halb der Patentiertemperatur liegende Temperatur unter Vermeidung einer Austenitumwandlung vorabgeschreckt und sodann auf Patentiertem- peratur gebracht, bis zur vollständigen Umwand- lung darauf gehalten und schliesslich beliebig auf
Raumtemperatur abgekühlt wird, zu verbessern.
Die Erfindung besteht hiebei darin, dass die Vor- abschrecktemperatur mindestens 100-150 C, vor- zugsweise 200 C unterhalb der Patentiertempe- ratur, insbesondere innerhalb eines Temperatur- bereiches höchster Austenitbeständigkeit, liegt.
Auf diese Weise wird die Gefahr einer unerwünschten Umwandlung, aber auch die Gefahr unerwünschter vorbereitender Umlagerungen im Austenit bei Temperaturen über der Temperatur des Patentierbades vermieden.
Versuche haben ergeben, dass eine beachtliche Verbesserung der mechanischen und technologischen Eigenschaften von Drähten erreicht werden kann, wenn der Draht in der erfindungsgemässen Weise zunächst in einem Warmbad abgeschreckt wird, dessen Temperatur weit unter der üblichen Temperatur des Patentierbades liegt und dann in ein zweites Warmbad von üblicher Patentiertemperatur übergeführt wird, in dem die rus- Umwandlung abläuft.
Besondere Vorteile bietet die Anwendung des erfindungsgemässen Verfahrens auf Drähte aus unlegiertem Stahl mit Durchmessern von mehr als 10 mm. Bei solchen starken Stahldrähten wird trotz des grossen Querschnittes derselben durch das erfindungsgemässe Abschrecken aus der Austenitisierungstemperatur eine schnelle Abkühlung gewährleistet, wobei günstigere Bedingungen für das Patentieren geschaffen werden. Überraschenderweise hat sich jedoch gezeigt, dass nicht nur bei Drähten, z. B.
Drähten grösseren Durchmessers, bei denen infolge der Patentierbedingungen nach üblicher Patentierung eine unerwünschte Gefügeausbildung festgestellt werden kann, mit dem erfindungsgemässen Verfahren bessere mechanische und technologische Eigenschaften erzielt werden können, sondern dass auch bei Drähten, wie Drähten kleineren Durchmessers, beispielsweise unter 10 mm, die nach üblicher Patentierung ein einwandfreies Patentiergefüge zeigten, durch die erfindungsgemässe Wärmebehandlung bei hoher Festigkeit besonders gute Verformung-un Zähigkeitseigenschaften erhalten werden, obwohl man bisher bei diesen Drähten die mit dem üblichen Patentierverfahren erzielten Eigenschaften als optimal angesehen hatte.
Die Verbesserung der mechanischen und technologischen Eigenschaften durch das erfindungsgemässe Verfahren kann also nicht nur auf ein günstigeres Gefüge (Vermeidung von Ferritausscheidungen, günstigste Lamellenbreite des Zementits) zurückzuführen sein. Es muss vielmehr angenommen werden, dass die Vermeidung von vorbereitenden Umlagerungen bei höheren Temperaturen im noch nicht umgewandelten Austenit, die zu Konzentrationsunterschieden führen können, und anders geartete vorbereitende Umlagerungen bei tieferen Temperaturen für die besseren Verformung-un Zähigkeitseigenschaften bei hoher Festigkeit massgebend sind.
Im allgemeinen erhält man bei der erfindunggemässen Einschaltung einer Abschreckbehandlung zwischen der Austenitisierung und dem eigentlichen Patentiervorgang ohne Änderung der übrigen Verfahrensstufen eine wesentlich höhere Zugfestigkeit des Drahtes bei gleichen oder leicht erhöhten Zähigkeitseigenschaften. Dies ermöglicht es anderseits, zur Erzielung einer bestimmten Zugfestigkeit bei dem erfindungsgemäss patentierten Draht eine geringere Kaltverformung vorzusehen als bei einem in üblicher Weise patentierten. Es zeigt sich die Verbesserung dann bei gleicher Zugfestigkeit in erhöhten Zähigkeitswerten.
Das erfindungsgemässe Verfahren ist nicht nur auf die normalerweise zur Herstellung patentierter Drähte verwendeten unlegierten Stähle mit etwa 0, 35-1, 35% C und höchstens etwa 0, 60% Mn anwendbar. Zur Erzielung günstiger Ergebnisse sollen jedoch die Bedingungen erfüllt sein,
1. dass die erzielbare Geschwindigkeit der Abschreckung von der Austenitisierungstemperatur ausreicht, um eine Umwandlung des Austenits bei Temperaturen über Temperatur des Patentierbades zu unterbinden ;
2. dass der Stahl bei der Temperatur des Ab- schreckbades, also bei einer Temperatur zwischen der Patentiertemperatur und der Temperatur der beginnenden Martensitbildung, ein Gebiet so hoher Austenitbeständigkeit aufweist, dass er sich nicht während des Haltens im Abschreckbad und während des Überführens in das Patentierbad in der Zwischenstufe umwandelt ;
3. dass die Umwandlungsgeschwindigkeit des im Abschreckbad vorabgeschreckten Stahles bei der Temperatur des Patentierbades gross genug ist, um die Umwandlung vor Verlassen des Patentierbades vollständig oder zumindest annähernd zu beenden.
Beispiele :
Ein Draht von 12 mm Durchmesser aus einem unlegierten Kohlenstoffstahl mit 0, 80% C, . 0, 48% Mn, 0, 13% Si, 0, 009% P und 0, 016% S erreichte nach üblichem Patentieren (Austenitisierungstemperatur 9200 C, Temperatur des Patentierbades 480 C, Dauer des Verweilens im Patentierbad 5 Minuten) und einer nachfolgenden Querschnittsverminderung von 75% durch Ziehen eine Zugfestigkeit von 181 kgfmm2. Nach erfindungsgemässem Patentieren (Austenitisierungstemperatur 9200 C, Temperatur des Abschreckbades 280 C, Verweilzeit im Abschreckbad 2 Minuten, Temperatur des Patentierbades 480 C, Verweilzeit im Patentierbad 4 Minuten) und der
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gleichen Kaltverformung wie oben,
betrug die Zugfestigkeit eines Drahtes aus der gleichen Stahlschmelze 203 kgjmm 2. Die Zähigkeitseigenschaften waren nach beiden Behandlungen gleich.
Nach einer Kaltverformung von 95% nach dem Patentieren wurde mit dem in üblicher Weise patentierten Draht eine Zugfestigkeit von 246 kg/ mm 2 erreicht, während der gemäss der Erfindung patentierte Draht eine weit höhere Zugfestigkeit von 300 kgjmm2 aufwies. Auch hier waren die Zähigkeitseigenschaften trotz des Festigkeitsunterschiedes gleich.
Weiterer Draht aus der gleichen Stahlschmelze wurde auf einen Durchmesser von 5, 5 mm vorgezogen, patentiert und nach dem Patentieren durch Ziehen um 75% kalt verformt. Der in üblicher Weise patentierte Draht erreichte dabei eine Zugfestigkeit von 185kg/mm2, die Zähigkeitsprüfung ergab eine Biegezahl von 11 und eine Verwindezahl von 32. Der erfindungsgemäss patentierte Draht hatte bei einer Zugfestigkeit von 210 kg/mm2 eine Biegezahl von 12 und eine Verwindezahl von 36.
Bei Kaltverformung um 95% waren die Werte für den in üblicher Weise patentierten Draht : Zugfestigkeit 267 kgfmm2, Biegezahl 20, Verwindezahl 48 ; bei dem erfindungsgemäss patentierten Draht wurde bei der gleichen Kaltverformung die wesentlich höhere Festigkeit von 303 kg/nun sowie eine Biegezahl von 23 und eine Verwindezahl von 54 erreicht.