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Verfahren zur Herstellung von Kalkstickstoff aus Karbid in Gegenwart von Verdünnungsmitteln und unter dauernder Bewegung des Reaktionsgutes.
Der Einfluss der Verdünnung auf den Reaktionsverlauf bei der Herstellung von Kalkstickstoff ist bekannt und beschrieben, beispielsweise in den östeir. Patenten Nr. 135050 und 148700. Bei allen bekannten Verfahren wird das zu azotierende Karbid mit einem inerten Verdünnungsmittel, vorzugsweise mit fertigem Kalkstickstoff, vermischt und diese Mischung in den Azotierofen eingetragen, oder wenn Karbid und Verdünnungsmittel voneinander getrennt in den Ofen kommen, wird die Mischung der beiden Komponenten direkt am Ofeneingang vorgenommen. Das Verdünnungsmittel wird meistens in kaltem Zustand zu dem. Karbid zugegeben.
Zweck der Verdünnung ist eine mechanische Trennung der Karbidteilchen voneinander, um deren Zusammenbacken bei hohen und höchsten Reaktionstemperaturen zu verhindern und um dauernd eine genügende Abkühlung des Karbides bei diesen Temperaturen zu erreichen. Das zugegebene Verdünnungsmittel soll durch Absorption von Wärme die Überschreitung der Höchsttemperatur verhindern.
Diese Kühlung durch das Verdünnungsmittel an den Stellen höchster Temperatur ist jedoch gering.
Denn da das Verdünnungsmittel immer dieselbe Temperatur hat wie das reagierende Karbid, kann es Wärme nur in dem Masse aufnehmen, in dem es sich weiter erhitzt. An den Stellen lebhafter Reaktion kann nun schon eine nur geringe Temperatursteigerung von wenigen Graden die Masse zum Zusammensintern bringen. Bei dieser geringen Temperaturspanne vermag das Verdünnungsmittel aber nur eine geringe Wärmemenge aufzunehmen, während die Reaktion bzw. die freiwerdende Wärme, bei hohen Temperaturen sich ausserordentlich schnell steigert. Dadurch ist also da, wo die Steigerung der Wärmeentwicklung am grössten ist, die Kühlung durch das Verdünnungsmittel relativ am geringsten.
Anders dagegen liegen die Verhältnisse an der Eingangsseite des Ofens. Auch bei Verwendung heissen Verdünnungsmaterials ist die Eingangstemperatur immer entsprechend der zugegebenen Karbidmenge wesentlich niedriger als die Höchsttemperatur in der Ofenmitte. Das verdünnte Karbid muss also eine Temperaturzone von mehreren hundert Grad durchlaufen, um auf volle Reaktionsgeschwindigkeit zu kommen, und dabei auch das Verdünnungsmaterial aufheizen. Karbid und Verdünnungsmittel verbrauchen so lange Wärme, bis die mit der Temperatur steigende Reaktionswärme des Karbids ausreicht, die Temperatur der Mischung entsprechend der Durchsatzgeschwindigkeit und dem Temperaturanstieg zu steigern. Es ist einleuchtend, dass ein reines Karbid leichter in Reaktion kommt als ein verdünntes Karbid. Das Verdünnungsmittel verzögert also den Eintritt der Reaktion.
Für die Praxis ist es aber erwünscht, ohne ausserhalb des Ofens angebrachte, umständliche, variable Heiz-oder Kühlmassnahmen, vor allem ohne fremde Wärmezufuhr, den Ofenbetrieb aufrechtzuerhalten und lediglich durch Variation der im Innern des Ofens stattfindenden Vorgänge die Reaktion zu leiten. Diese Aufgabe ist durch die Verfahren der oben genannten österr. Patente gelöst, doch nur für Karbid von bestimmter Körnung. Bei Versuchen, dieses Verfahren zur Verarbeitung grösserer Staubmengen zu benutzen, haben sich die oben angeführten Schwierigkeiten herausgestellt.
Es hat sich nun gezeigt, dass ganz andere Reaktionsbedingungen vorliegen, wenn das Verdünnungsmittel erst dort zu dem Karbid gegeben wird, wo die Reaktion schon so weit fortgeschritten ist, dass sie überschüssige Wärme entwickelt. Das Karbid, welches die üblichen Katalysatoren enthalten kann, tritt bei diesem Verfahren unverdünnt in den Ofen ein und wird von der Reaktionszone her
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durch strahlende Wärme aufgeheizt. Erst wenn die Reaktion überschüssige Wärme erzeugt und die Temperatur schnell anzusteigen droht, wird das Verdünnungsmittel zugegeben. Man hat es dabei in der Hand, Temperatur und Menge des Verdünnungsmittels so zu bemessen, dass Verdünnungsgrad und Wärmeentzug der jeweiligen Reaktionsgeschwindigkeit angepasst sind.
Die Zugabe des Verdünnungsmittels kann von der Eingangs-oder Ausgangsseite her erfolgen, zweckmässig von beiden Seiten gleichzeitig. Das Hineinschleudern des Verdünnungsmittels in die Reaktionszone erfolgt am besten durch Förderung mit dem zur Reaktion benötigten Stickstoff nach Art der normalen pneumatischen Fördermethoden. Die Reichweite des Verdünnungsmittels wird durch den Druck des Förderstickstoffs und die Richtung des in den Ofen ragenden Endes der Förderleitung bestimmt. Wird für die Azotierung ein Karbid verwandt, das auch gröbere Bestandteile enthält, so ist es zweckmässig, das Fertigprodukt über eine Sichtvorrichtung laufen zu lassen und die Verdünnung im Ofen vorwiegend mit den feinen Anteilen vorzunehmen, weil das feine Material infolge seiner grösseren Oberfläche stärker verdünnend wirkt als das grobe.
Bei dieser Verdünnungsweise wird auch die sonst zur Ausbildung einer sogenannten Temperaturspitze neigende Hauptazotierungszone in die Länge gezogen und damit die Hauptreaktion über einen grösseren Raum verteilt. Es ist so möglich, die Ofentypen länger zu bauen als nach den alten Verfahren und dadurch grössere Leistungen pro Ofeneinheit zu erzielen.
Bei dieser Azotierungsart ist man unabhängig von der Mahlfeinheit des Karbids, denn derselbe Temperaturanstieg, der bei den Verfahren gemäss den beiden oben genannten österr. Patenten durch geeignete Wahl der Körnung infolge der mit wachsender Korngrösse verzögerten Reaktionsgeschwindigkeit erzielt wird, wird bei dem neuen Verfahren durch einen der jeweiligen Reaktionsgeschwindigkeit angepassten Verdünnungsgrad erreicht. Durch die Variationsmöglichkeit der Menge des Verdünnungsmittels ist man in der Lage, den Ofengang weit schneller beeinflussen zu können als durch Variieren der Stickstoffmenge. Die Stickstoffmenge kann nach dem neuen Verfahren konstant gehalten werden, während sie bei den bekannten Verfahren den Gang des Ofens mitbestimmt.
Der wesentliche Unterschied zwischen den Verfahren der heilen oben erwähnten österr. Patente und dem neuen Verfahren liegt darin, dass die Regelung der bekannten Verfahren auch mit Hilfe ehemischer Massnahmen durchgeführt wird (geeignete Körnung und angepasste Stickstoffzufuhr), während bei dem neuen Verfahren die rein mechanische Massnahme einer der jeweiligen Azotiergesehwindigkeit angepassten Verdünnung allein ausschlaggebend ist.
Die Vorteile des neuen Verfahrens bestehen in der Verwendungsmöglichkeit von Karbid in beliebiger Mahlfeinheit, in der schnellen Beeinflussung des Ofenganges. und der dadurch erleichterten Ofenführung und in einer Steigerung der Ofenleistung.
Man kann die Umsetzung zweckmässig in einem Drehrohrofen bei Temperaturen, wie sie in der österr. Patentschrift Nr. 135050 angegeben sind, durchführen. Ausser staubförmigem Karbid kann auch gekörntes Karbid der Korngrösse von ungefähr 0'3 mm bis etwa 4 mm verwendet werden, entweder allein oder im Gemisch mit staubförmigem Karbid. Als indifferentes Verdünnungsmittel können Materialien verwendet werden, die bei den Reaktionsbedingungen nicht mit dem Stickstoff und dem
Karbid sowie dem Endprodukt reagieren, beispielsweise Kalkstickstoff, ferner Kalk oder Magnesium- oxyd.