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Flüssigkeit und Verfahren zur Schnellprilfting von Schriftstücken durch Hervorhebung der auf dem Schriftstücl stattgehabten Veränderungen.
Das von Jahr zu Jahr zunehmende Fälscherunwesen hat Wissenschaft und Technik wetteifern lassen, um sichere und empfindliche Methoden aufzufinden, mit welchen man Fälschungen von Geld, Bildern, Kunstgegenständen, Briefmarken, Dokumenten, Wertpapieren, Schriften usw. feststellen und nachweisen kann. Die Anwendung der Photographie und insbesondere des filtrierten Quarzlampenlichtes hat in dieser Beziehung grosse Fortschritte gemacht. Auch chemische Methoden finden Anwendung, insbesondere, wenn das zu untersuchende Material Papier ist. So werden z. B. Briefmarken mit Benzindämpfen, Tintenschriften nach ganz besonders ausgearbeiteten Analysevorschriften untersucht ; Radierungen und Ausbesserungen werden wieder besser mit ultravioletten Strahlen festgestellt.
Alle diese Methoden sind Laboratoriumsmethoden und erfordern nicht nur spezielle, in der Regel ziemlich kostspielige Einrichtungen, sondern auch geschulte Fachleute. In den meisten Fällen ist die Untersuchung auch zeitraubend. Da erfahrungsgemäss der überwiegende Teil aller Fälschungen Objekte auf Papier betreffen (Banknoten, Marken, Stempel, Dokumente, Reisepässe, Wertpapiere, Schecks, Einlagebüeher, Briefe, Schriften, Handelsbücher, Rechnungen u. dgl. m.
), so entstand das Bedürfnis nach einem Verfahren, welches wenigstens für den Grossteil derartiger Fälschungen, die hauptsächlich in Radierungen, Ausbesserungen oder Hinzufügungen bestehen, die Möglichkeit gibt, auf einfache und schnelle Weise diese Merkmale auf dem Papier oder auch gegeneinander deutlich hervorzuheben, ohne hiezu die Tätigkeit von Fachleuten zu bedürfen.
Es wurde nun gefunden, dass sich eine Flüssigkeit, die freies Halogen oder Verbindungen mit leichtabspaltbarem Halogen und Mineralsalze mit oder ohne Gegenwart hygroskopischer Substanzen enthält, zur'Hervorhebung von Merkmalen der erwähnten Verfälschungen besonders eignet. Flüssigkeiten oder Reagenzien ähnlicher oder gleicher Art wurden bereits zur Hervorhebung von Geheimschriften auf Papier verwendet, doch wurde nicht erkannt, dass die Flüssigkeiten auch in der Lage sind, technologisch z. B. durch Radierung, Eindrücken usw. beeinflusste Papierstellen erkennbar und voneinander unterscheidbar zu machen, u. zw. auch so, dass mehrere aufeinanderfolgende ausgeführte übereinanderliegende Beeinflussungen derselben Stelle, z. B. Schrift, Radierung, Druck usw. ihrer Art nach erkennbar sind.
Diese Reagenzstoffe waren bei ihrer Wirkung darauf berechnet, dass die geheime Beschriftung auf der Oberfläche des Papiers eine Verletzung hervorgerufen hat und die verletzte Stelle mit papierfremden Chemikalien imprägniert war, was eine leichte Hervorhebung der Geheimschrift durch die Reagenzlösung ermöglichte.
Versuche aber ergaben, dass entgegen dieser Annahme die technologische Veränderung des Papiers, die aus einer Kniekung, Dehnung, Verschiebung oder Verletzung, auch aus einer Quellung bestehen kann, verschiedene Schattierungen des Papiers zur Folge hat, welche die Art der Beeinflussung, ja sogar die Aufeinanderfolge ihrer Vornahme erkennen lässt. So wird beispielsweise eine von der Papieroberfläche auf chemischem oder mechanischem Wege wegradierte Schrift die Radierung und gegebenenfalls auch die zur Unsiehtbarmachung dieser Radierung getroffene Papierveränderung sichtbar sein.
Versuche haben aber auch weiter ergeben, dass ein Grossteil der technologischen Veränderungen des Papiermaterials nicht nur auf der Oberfläche des Papiers, sondern auf dessen Rückseite sichtbar gemacht werden können. Besonders die Sichtbarmachung mechanisch wegradierter Schrift jeder Art kann mit Vorteil durch Untersuchung der Rückseite des Papiers sichtbar gemacht werden.
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Die Erfindung besteht somit in der Verwendung einer Flüssigkeit, welche freies Halogen oder Verbindungen mit leicht abspaltbarem Halogen und Mineralsalze mit oder ohne Gegenwart hygroskopischer Substanzen enthält, zum Hervorheben von z. B. durch Radieren, Drücken u. dgl. auf Papier hervorgerufenen Veränderungen. Ähnliche Reagenzflüssigkeiten von der Art, wie sie bisher zur Kenntlichmachung von Geheimschriften bekannt geworden sind, sind auch tatsächlich zur Hervorhebung von Radierungen, Durchdrücken und andern Verfälschungen wenig geeignet. Diese Reagenzflüssigkeiten zeigen, wie schon oben dargelegt, Papierveränderungen durch abweichende Anfärbung an. Aber die Abweichung verschwindet nach kurzer Zeit, die Ränder werden unscharf und die Anfärbung dunkelt nach.
Da eine solche Flüssigkeit auf die geringsten Änderungen der Papieroberfläche reagiert, wie sie sich beispielsweise durch starkes Abgreifen, durch Auffallen von Gegenständen, Knittern u. dgl. mehr ergeben, so sind die entstandenen Reagenzbilder unrein, fleckig und zweideutig. Diese Umstände schliessen eine allgemeine Verwendung der Reagenzflüssigkeit durch nichtgeübte Fachleute aus. Auch können genauere Feststellungen nur im Laboratorium getroffen werden. Der Verkehr benötigt aber ein Verfahren, durch welches jedermann ohne Laboratoriumsarbeit in die Lage versetzt wird, die Merkmale auf dem Papier genau unterscheiden zu können. Es muss die Reaktion eindeutig rein und scharf sehen können, und um Zweifel auszuschliessen, muss die Anfärbung genügend lang sichtbar bleiben, um die Untersuchung genau durchführen zu können.
Schliesslich darf durch die Anwendung der Untersuchungslösung die Möglichkeit weiterer anderer Untersuchungsmethoden im Laboratorium, insbesondere die Untersuchung mit der Quarzlampe nicht gestört oder unmöglich gemacht werden. Es muss auch vermieden werden, dass bei Untersuchung von Bankschecks, welche leicht lösliche Unterdrucke haben oder auf sogenanntem Sicherheitspapier hergestellt sind, Flecken entstehen oder der lösliche Unterdruck durch Aufbringen der Reagenzlösung gelöst und verwischt und hiedurch das zu untersuchende Material geschädigt werde. Zu diesem Zwecke hat das oberwähnte Verfahren eine Verbesserung dahin erfahren, dass eine Flüssigkeit von im wesentlichen gleicher Art, jedoch von hohem Konzentrationsgrade Verwendung findet.
Die Reagenzflüssigkeit enthält neben einem Halogen in freier oder leicht abspaltbarer gebundener Form, vorzugsweise Brom und Jod, besonders aber Jod und Mineralsalze. Es hat sich gezeigt, dass die Anwesenheit hygroskopischer Substanzen vorteilhaft, aber nicht unbedingt notwendig ist. Hingegen ist der Konzentrationsgrad der Lösung von ausschlaggebender Bedeutung für den Erfolg. Je konzentrierter die Lösung an Mineralsalz ist, um so deutlicher erscheint die Abweichung der Papierveränderungen, um so länger ist sie sichtbar, um so reiner und klarer ist das Bild, um so weniger stören durch andere Einflüsse hervorgerufene Merkmale, z. B. Fingerabdrücke u. dgl. m. Es entstehen harte, kontrastreiche Bilder. Die besten Erfolge werden bei Anwendung gesättigter Lösungen erzielt.
Je grösser auch der Salzgehalt der Lösung ist, um so weniger greift sie Sicherheitspapier, lösliche Sicherheitsunterdrucke oder Druck, kopierfähige Schrift oder Druck, Papierfärbungen u. dgl. m. an. Demnach ist es vorteilhaft, möglichst leichtlösliche, mineralische Salze zu verwenden, also solche, die von der Flüssigkeit in grosser Menge aufgenommen werden. Als Salze sind zu nennen : Magnesiumchlorid, welches seinen Sättigungsgrad in der Kälte von 365 Teilen in 100 Teilen Wasser, in der Wärme von 558 Teilen in 100 Teilen Wasser und Kalziumchlorid, welches einen Sättigungsgrad von 400 Teilen in der Kälte und gar 650 Teilen in der Wärme in 100 Teilen Wasser erreicht. Aus den gleichen Gründen eignen sich Kalziumjodid, Kalziumjodat, Litiumchlorid, Litiumchlorat, Aluminiumchlorid, Zinkchlorid usw.
Als nicht hygroskopisches Salz sei beispielsweise Zinksulfat, als hygroskopisch, nicht mineralische Substanz Glycerin als Beispiel angeführt. Je nach der Art des angewendeten Salzes ist die Farbe der Reaktion verschieden. Vom Blaugrau über alle Abstufungen, von grau und braun bis rotbraun oder gelbbraun. Dies ist von wesentlicher Bedeutung, weil man es durch die Wahl des Salzes in der Hand hat, die Farbe der Reaktion so zu bestimmen und bei etwa notwendigem Photographieren des Reaktionsbildes die für diesen Zweck günstigste Farbe auszusuchen. Die besten Ergebnisse erhält man, wenn man als Mineralsalz Magnesiumchlorid verwendet.
Dies dürfte vielleicht auch darauf zurückzuführen sein, dass vielfache Zusatzstoffe im Papier geeignet sind, aus der Magnesiumchloridlösung Spuren von kolloidalem Magnesiumhydroxyd zu bilden, welches bekanntlich eine besondere Absorptionsfähigkeit gegenüber freiem Jod besitzt. Das freie Halogen kann beispielsweise auf folgende Weise der Lösung einverleibt werden : man setzt zu der Mineralsalzlösung eine Auflösung von Jodkalium oder Jodnatrium und fügt einige Tropfen Brom oder Bromwasser zu. Gut eignet sich auch die bekannte Preglsehe Jodlösung (als Beispiel einer Substanz, welche leicht abspaltbares Halogen enthält). In 10 Teilen Pregl-Lösung werden 30 Teile Magnesiumchlorid gelöst und etwas Kaliumjodid zugefügt : nach einigem Stehen färbt sich die Lösung braungelb.
Die Verwendung der hochkonzentrierten Lösung für die Hervorhebung und Erkennung von Merkmalen, die durch die Veränderung der technologischen Beschaffenheit der Papieroberfläche entstanden sind, hat auch die Möglichkeit geschaffen, nachträgliche Hinzufügungen von Schrift, also verschiedenalterige Tintenschrift auf Papier unterscheiden zu können. So kann man durch Aufstreichen einer an Mineralsalzen hochkonzentrierten Jod-Jodkalium-Lösung auf verschiedenartigen
Schriftzügen nach einer bis mehreren Minuten beobachten, dass z. B. die jüngere Schrift dunkler, die ältere heller erscheint. Zur Beseitigung der Untersuchungsspuren (des Reaktionsbildes) werden die untersuchten Papiere mit Lösungen behandelt, welche die durch das Halogen entstandenen Färbungen
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