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Verfahren zur Herstellung plastisch verformbarer Legierungen von Drei-und Mehrstoffsystemen.
In der Legierungstechnik sind eine Reihe von Vergütungsverfahren bekannt, bei denen die Legierungen bei Temperaturen unterhalb der Soliduskurve geglüht, abgeschreckt und darauf entweder bei gewöhnlicher oder bei erhöhter Temperatur gealtert werden. Das bekannteste dieser Verfahren ist die Vergütung nach Wilm, bei dem magnesium-und gewöhnlich kupferhaltige Aluminiumlegierungen in dieser Weise behandelt werden. Weiterhin ist in neuerer Zeit ein ähnliches Verfahren für die Vergütung von silwumhaltigen Kupferlegierungen bekanntgeworden.
All diesen Verfahren liegt das Prinzip zugrunde, Verbindungen der Metalle entweder mit dem Basismetall oder mit einem zusätzlichen Element im Bereich der thermisch bedingten variablen Löslichkeit der Verbindung im Basismetall durch die thermische Behandlung feinkörnig auszuscheiden und dadurch die Legierung zu veredeln.
Gegenstand der Erfindung ist nun die technische Auswertung der Erkenntnis, dass sich auch bei Drei-und Mehrstofflegierungen, bei denen eine Mischungslücke im binären System jeweils zweier Komponenten untereinander besteht, die durch Hinzutreten eines dritten Elementes, das mit jedem der beiden ersten Elemente völlige oder weitgehende Mischkristallbildung zeigt, im wesentlichen geschlossen wird, Verschiebungen der Löslichkeiten der Mischkristalle ineinander in Abhängigkeit von der Temperatur vorfinden. Diese Erkenntnis lässt sich in zwei Richtungen auswerten.
Zunächst besteht die Erfindung darin, eine Reihe von Drei-und Mehrstofflegierungen von bisher nur als inhomogen und nicht walzbar angesehenen Legierungen mit an sich wertvollen Eigenschaften, z. B. bezüglich Festigkeit, Härte, Korrosionsbeständigkeit usw., in einen Zustand zu überführen, der eine mechanische Verformung, d. h. insbesondere ein Walzen, ermöglicht. Hiedurch wird eine Verwendung derartiger Legierungen zu den verschiedensten industriellen Zwecken erschlossen, für die sie bisher nicht zugänglich waren.
Die. Erfindung betrifft weiterhin ein Verfahren, derartige Legierungen im Bereich gewisser Zusammensetzungen zu vergüten und damit neue Wege zur Verbesserung auch an sich bekannter Legierungen zu weisen.
Es ist bekannt, dass in Systemen von Metallen, die Mischungslücken aufweisen, durch Zusatz eines Elementes, das mit jedem der untereinander nur begrenzt oder gar nicht löslichen Metalle völlige oder weitgehende Mischkristallbildung zeigt, eine mehr oder weniger vollständige Schliessung der Mischunglücke im ternären oder mehrstoffigen System erreicht werden kann. So zeigt z. B. das Diagramm KupferEisen eine Mischungslücke in weiten Grenzen (vgl. z. B. die Erstarrungskurven dieses Systems nach Ruer und Goerens"Ferrum", 14. Band, S. 49, in Fig. 1). Durch Zusatz von Nickel, das sowohl mit Eisen wie mit Kupfer eine völlige Mischkristallbildung eingeht, kann die Mischungslücke im ternären System ziemlich geschlossen werden.
Das in der Fig. 2 niedergelegte Diagramm des Systems Kupfer-Nickel-Eisen zeigt diese Verhältnisse. Die Linie A, K, B trennt hiebei das Diagramm in zwei Felder, von denen das rechte alle Legierungsreihen mit homogenem Aufbau, das linke solche mit unter gewöhnlichen Verhältnissen heterogenem Gefüge umfasst. Von derartigen Legierungen gelten nun im allgemeinen nur die des homogenen, in der Figur gestrichelten Feldes als gut walzbar.
Es wurde nun überraschenderweise gefunden, dass die Lage dieser die beiden Felder trennenden Linie A, K, B eine Funktion der jeweiligen Temperatur ist. Wenn die Linie die bei gewöhnlicher Temperatur stabilen Verhältnisse angibt, so verschiebt sich bei erhöhter Temperatur diese Grenzlinie
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unter Verkleinerung des inhomogenen Feldes nach links. Bei 10000 wird der nunmehrige Grenzbereich des heterogenen Feldes durch die Linie Al, Zi, Bi angegeben. In gleichem Masse erhöht sich die Zahl der walzbaren Legierungen, da nunmehr auch eine Reihe, d. s. die in das Zwischengebiet A, K, B- Al'1 (1' BI fallenden Legierungen, durch Glühen homogenisiert werden können.
Die dergestalt homogenisierten Legierungen können dann bei oder dicht unter der Homogenisierungstemperatur, d. h. bei Temperaturen über 8000 Wärme, gewalzt oder abgeschreckt und im kalten Zustande verformt werden.
Durch das Abschrecken wird dabei die bei höherer Temperatur beständige Phase im Gebiet gewöhnlicher Temperatur erhalten.
Werden nun die warm verformten und dann abgeschreckten oder die abgeschreckten und dann kalt verformten Werkstücke einem Anlassen bei Temperaturen von 400 bis 6000 unterzogen, so wurde überraschenderweise eine weitere Steigerung der Härte erzielt. Daraus ergibt sich, dass die mit ihrer Zusammensetzung in das Verschiebungsgebiet fallenden Legierungen vergütbar sind.
Die in der Literatur vorhandenen Angaben über das System Kupfer-Nickel-Eisen (vgl. insbesondere die Untersuchungen von Vogel in der Zeitschrift für anorganische und allgemeine Chemie, Band 67, 1910) geben eine Lage der Trennungslinie des homogenen und heterogenen Feldes an, die den wirklichen Verhältnissen nicht gerecht wird. Bei genügend langer Temperung lässt sich nämlich ein Vergütungeffekt auch für eine Reihe von Legierungen nachweisen, die noch in dem von Vogel angegebenen "homogenen"Felde liegen.
Die der Erfindung zugrunde liegende Erkenntnis betrifft nun nicht nur Legierungen des Systems Kupfer-Nickel-Eisen, sondern betrifft alle Systeme, die nach ähnlichen Gesichtspunkten aufgebaut sind.
Setzt man an Stelle von Kupfer-Nickel-Eisen die Buchstaben A, B und C,'so müssen nur folgende Bedingungen gewahrt bleiben : a) Die Elemente A und B dürfen miteinander in wesentlichen Mengen feste Lösungen nicht eingehen.
Hiebei spielen eine besondere Rolle solche Systeme, die miteinander auch im flüssigen Zustande teilweise unmischbar sind. b) Das Metall C muss befähigt sein, sowohl mit dem Metall A wie mit dem Metall B in wesentlichem Ausmass Mischkristalle, d. s. feste Lösungen, zu bilden, ohne dass jedoch intermetallische Verbindungen auftreten. c) Das ternäre System weist infolgedessen eine Trennungslinie auf, wobei ein homogenes Feld besteht, d. h. ein Feld, innerhalb dessen völlige Mischbarkeit der drei Elemente im festen Zustand vorhanden ist.
Diesen Bedingungen entsprechen z. B., abgesehen von den oben beispielsweise erwähnten, auch die Diagramme Kupfer-Nickel-Chrom und Kupfer-Nickel-Molybdän. An Stelle des Nickels kann in den obenerwähnten Systemen auch das Mangan treten. An Stelle des Eisens, Chroms bzw. Molybdäns kann das Kobalt, Vanadium, Wolfram oder Platin gesetzt werden. Zur näheren Erläuterung sind in den Fig. 3 und 4 die Systeme Kupfer-Nickel-Chrom und Kupfer-Nickel-Molybdän dargestellt.
Zur Erläuterung der praktischen Bedeutung der Erfindung seien die Verbesserungen, die sieh auf Grund der entwickelten Regel ergeben, an Hand eines praktischen Beispiels dargestellt.
Eine Legierung aus 34% Kupfer, 55% Nickel, 10-3% Chrom, Rest kleinere Verunreinigungen, wurde erschmolzen und gewalzt. Es ergab sich hiebei, dass das Material beim Walzen riss, so dass lediglich unbrauchbare Fabrikate hergestellt wurden. Daraufhin wurde die Legierung bei 11000 geglüht bis zur Homogenisierung des Gefüges und abgeschreckt. Die Legierung wies hiebei eine Härte von etwa 136 Brinell auf und war nunmehr vorzüglich walzbar. Nach dem Walzen wies das Material eine Härte von etwa 240 Brinell auf. Wurde nun die Probe bei Temperaturen von 400 bis 6000 geglüht, so stieg die Härte auf 300 Brinell.
Wenn die Glühbehandlung ohne vorheriges Walzen unmittelbar an das Abschrecken angeschlossen wurde, konnte eine Härtesteigerung von 136 auf 200 Brinell durch Glühen bei etwa 700 erzielt werden.
Ganz unabhängig von der durch die. Homogenisierung erreichten Verformbarkeit der bei gewöhnlicher Temperatur inhomogenen Legierungen wurde überraschenderweise gefunden, dass auch noch eine zweite Methode der Warmbehandlung Verformbarkeit in kaltem Zustande ergibt. Falls man nämlich Legierungen mit einer in dem Versehiebungggebiet liegenden Zusammensetzung bei Temperaturen dicht unter der Homogenisierungstemperatur während längerer Zeit glüht und dann abkühlt, ergab sich eine gute Walzbarkeit von aus diesen Legierungen hergestellten Werkstücken. Die wissenschaftliche Erklärung für diesen Vorgang lässt sich mit Sicherheit nicht angeben. Es wird vermutet, dass sich die ursprünglich dispers ausgeschiedenen heterogenen Gefügebestandteile zu grösseren kugelförmigen Konglomeraten verdichten.
Die. längere Glühzeit ermöglicht also die Bildung eines Gefüges von zwei nebeneinanderliegenden Mischkristallen, die durch das Glühen eine Form angenommen haben, die sich walzen
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im homogenen Zustand befinden.
Beispielsweise wurde eine Legierung aus 34% Kupfer, 8-2% Chrom, Rest Nickel, 24 Stunden bei 800 C geglührt und langsam abgekühlt : Die Stücke besassen die relativ hohe Härte von etwa 170 Brinell, liessen sich jedoch verwalzen.
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Legierungen, wie sie auf Grund der Erfindung hergestellt werden, u. zw. insbesondere hochchromhaltige Kupfer-Nickel-Legierungen, besitzen eine ausgezeichnete Korrosionsbeständigkeit ; sie widerstehen in hervorragender Weise den Angriffen von Säuren, Laugen und sonstigen aggressiven Stoffen.
Sie eignen sich daher zur Herstellung von einer ganzen Reihe von Gegenständen, bei denen gute Bearbeitbarkeit, gute Festigkeit, hohe Härte und hohe Korrosionsbeständigkeit verlangt werden. Beispielsweise nennen wir hiezu Kochgeräte, Förderseile, Nadeln aller Art, medizinische Instrumente, Ziehdüsen für die Kunstseideindustrie, Schiffstaue, Federn, gehärtete Schreibfedern, elektrische Widerstandsdrähte, Klavierdrähte, Webedrähte, Ventilkegel und-ringe, Geldschrankmaterial, Speichen, hoehbeanspruchte Maschinenteile u. dgl.
Zur weiteren Verbesserung einzelner Eigenschaften können den Legierungen, die in ihrem grundsätzlichen Aufbau dem obenbeschriebenen Schema entsprechen, gelegentlich auch noch weitere Legierungsbestandteile zugesetzt werden. So ermöglicht z. B. ein geringer Kohlenstoffzusatz eine weitere Härtung, so dass ein Material zur Herstellung von Messerklingen geeignet wird. Abgesehen von Kohlenstoff können u. a. Silizium oder Silber zugesetzt werden.
PATENT-ANSPRÜCHE :
1. Verfahren zur Herstellung plastisch verformbarer Legierungen von Drei-und Mehrstoffsystemen, bei denen jeweils zwei Komponenten miteinander keine oder nur geringe Löslichkeit zeigen, dagegen für sich mit einem weiteren Metall völlige oder doch wesentliche Mischkristallbildung auch im festen Zustande eingehen, ohne dass eine Verbindungsbildung erfolgt, so dass die Mischungslücken im System der beiden ersten Komponenten weitgehend geschlossen werden, dadurch gekennzeichnet, dass die Legierungen von einer Zusammensetzung, die in dem Verschiebungsfeld der Löslichkeiten liegt, durch Erhitzen auf hohe Temperaturen homogenisiert und dann entweder bei der Homogenisierungstemperatur oder nach Abschrecken im kalten Zustand der mechanischen Verformung unterworfen werden.