Legierung mit feinskaligem eutektischen, insbesondere nanoeutektischem, Gefüge und Herstellung derselben
Die Erfindung betrifft eine Legierung, insbesondere Leichtmetalllegierung, aufweisend eine Legierungszusammensetzung mit mindestens drei Komponenten und ein
eutektisches Gefüge, welches durch Abkühlen aus einem flüssigen Zustand in einen festen Zustand der Legierung erhalten ist.
Weiter betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Herstellung einer Legierung, insbesondere einer Leichtmetalllegierung, mit einem eutektischen Gefüge, wobei die Legierung eine Legierungszusammensetzung mit mindestens drei Komponenten aufweist und wobei die Legierung zur Bildung des eutektischen Gefüges ausgehend von einem flüssigen Zustand in einen festen Zustand der Legierung abgekühlt wird.
Es ist bekannt, dass es vorteilhaft sein kann, wenn ein Anteil eines Gefüges einer Legierung mit einem eutektischen Gefüge ausgebildet wird, um Gießeigenschaften oder Festigkeitseigenschaften einer Legierung zu beeinflussen. Als technische
Anwendungslegierungen werden häufig binäre Gusslegierungen, also Legierungen mit zwei Komponenten, welche eutektische Gefügestrukturen aufweisen, eingesetzt. Diese zeichnen sich in der Regel durch einen eutektischen Punkt in deren Phasendiagramm aus, an welchem eine Flüssigphase der Legierung sowie zwei Festphasen der Legierung miteinander im thermodynamischen Gleichgeweicht stehen bzw. bei einem Abkühlen der Legierung aus der Flüssigphase ein direkter Übergang von einem flüssigen Zustand in einen festen Zustand stattfindet, wobei ein eutektisches Gefüge gebildet wird. Gemäß Gibbsscher Phasenregel für Feststoffe mit konstantem Druck f = N - P +1 mit einer Anzahl von thermodynamischen Freiheitsgraden f, einer Anzahl von Komponenten N und einer Anzahl von Gleichgewichtsphasen P entspricht dies einer Anzahl von
Freiheitsgraden f = 0. Der direkte Übergang von flüssiger Phase zu festen Phasen führt dabei häufig zu einer Bildung eines feinen und lamellenartigen Gefüges.
Auch in Bezug auf ternäre Legierungssysteme sind in analoger Weise Versuche bekannt geworden, Legierungen mit Zusammensetzungen nahe an einem ternären eutektischen Punkt zu bilden, um mit einer Ausbildung eines eutektisches Gefüges
Festigkeitseigenschaften zu verbessern. Gemäß Gibbsscher Phasenregel f = N - P +1
entspricht dies in analoger Weise mit drei Komponenten und vier Phasen ebenfalls einem Freiheitsgrad von f = 0. Zur Bildung solcher Legierungen sind jedoch in der Regel hohe Abkühlraten erforderlich, um ein eutektisches Gefüge mit ausgeprägter Feinheit bei anwendungsnutzbaren Legierungsmengen zu erzeugen und ist häufig eine abgestimmte zusätzliche Kombination mit weiteren Elementen zur Ausscheidungshärtung erforderlich, um eine Festigkeit der Legierung deutlich zu erhöhen. Meist wird hierzu mit Abkühlraten in einem Bereich von 50 K/s bis 200 K/s gearbeitet. Insbesondere das Erfordernis hoher Abkühlraten beschränkt jedoch eine technische Nutzbarkeit derartiger Legierungen auf kleinskalige Bauteile.
Hier setzt die Erfindung an. Aufgabe der Erfindung ist es, eine Legierung mit mindestens drei Komponenten anzugeben, welche hohe Festigkeit und gute Umformbarkeit aufweist.
Weiter ist es ein Ziel der Erfindung, ein Verfahren zur Herstellung einer solchen Legierung anzugeben.
Die Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst, wenn bei einer Legierung der eingangs genannten Art das eutektische Gefüge mit der Maßgabe erhalten ist, dass eine
Zusammensetzung der Legierung in einem Gebiet um einen pseudoeutektischen Punkt eines Phasendiagrammes der Legierung liegt, sodass in der Legierung mindestens 85 Mol-% bzw. At.-% eutektisches Gefüge vorliegen.
Grundlage der Erfindung ist die Erkenntnis, dass sich bei einer Zusammensetzung einer Legierung mit zumindest drei Komponenten bzw. Elementen, welche im Phasendiagramm der Legierung an einem bzw. in der Nähe eines pseudoeutektischen Punktes liegt, ein besonders feinskaliges bzw. feinstrukturiertes eutektisches Gefüge ausbildbar ist, welches im Besonderen eine feinere eutektische Struktur aufweisen kann als eine Legierung mit einer gewählten Zusammensetzung, welche im Phasendiagramm am„gewöhnlichen“ eutektischen Punkt liegt. Im Besonderen können auf diese Weise charakteristische Strukturabstände des eutektischen Gefüges im niedrigen Mikrometerbereich und insbesondere Nanometer-Bereich umgesetzt werden, auch als nanoeutektisches Gefüge bezeichnet. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass das dabei gebildete eutektische Gefüge in der Regel eine Wesentliche bzw. dominante Gefügestruktur darstellt und insbesondere in der Nähe bzw. einem Gebiet um einen, insbesondere am, eutektischen
Punkt häufig nur eine geringe oder vernachlässigbar kleine oder gar keine Primärerstarrungsphase und/oder Resterstarrungsphase auftritt. Diese Kombination von außergewöhnlich feiner Gefügestruktur des eutektischen Gefüges und dessen
dominanten Vorhandenseins in der Legierung ermöglicht eine Ausbildung der Legierung mit sowohl hoher Festigkeit, insbesondere Druckfestigkeit, als auch ausgeprägte
Umformbarkeit. Der pseudoeutektische Punkt wird in Darstellungen üblicherweise mit„e“ oder„pE“ abgekürzt und der eutektische Punkt mit„E“ abgekürzt bezeichnet.
In einem ternären Phasendiagramm korrespondieren fachwissentlich die aus dem binären Phasendiagramm bekannte Liquiduslinie und Soliduslinie üblicherweise jeweils zu gekrümmten Oberflächen und binäre Phasenflächen korrespondieren zu Phasenvolumen. Die Schnittlinien von Liquidusflächen bilden im ternären Phasendiagramm üblicherweise eutektische Rinnen, auch als Liquidusgrenzlinien bzw. monovariante Linien bezeichnet, welche in einen ternären eutektischen Punkt des Phasendiagrammes münden. Der pseudoeutektische Punkt stellt dabei einen Punkt auf der Liquidusgrenzlinie dar, welcher einen Sattelpunkt bildet, also ein lokales Extremum entlang der Liquidusgrenzlinie sowie ein Minimum perpendikulär dazu - in Bezug auf die begrenzenden Einphasengebiete - darstellt.
Manchmal werden in Darstellungen von zwei-komponentigen Randsystemen bzw.
Gehaltsschnitten von, insbesondere ternären, Phasendiagrammen auch binäre Eutektika uneinheitlich als pseudoeutektische Punkte bezeichnet. Eine solche begriffliche
Bezeichnung ist jedoch nicht im Sinne des vorliegenden Konzeptes und explizit nicht mit der Nomenklatur pseudoeutektischer Punkt in diesem Dokument gemeint bzw. bezeichnet bzw. von dieser umfasst. Im Besonderen ist der pseudoeutektische Punkt dadurch charakterisiert, dass dessen Existenz eine Zugabe bzw. ein Vorhandensein zumindest einer dritten Komponente bzw. eines dritten Elementes erfordert.
In Bezug auf die Gibbssche Phasenregel stellt der pseudoeutektische Punkt pE im ternären Legierungssystem ein lokales Extremum entlang der Liquidusgrenzlinie dar, welcher gegenüber dem ternären Eutektikum E eine um 1 erhöhte Anzahl von
Freiheitsgraden und gegenüber einer einphasigen Erstarrung MK eine um 1 reduzierte Anzahl von Freiheitsgraden aufweist. Mit der Gibbsschen Phasenregel f = N - P +1 mit
einer Anzahl von thermodynamischen Freiheitsgraden f, einer Anzahl von Komponenten N und einer Anzahl von Gleichgewichtsphasen P entspricht dies:
/(M/O = 3— 2 + 1 = 2
Dieser höhere Freiheitsgrad von 1 am pseudoeutektischen Punkt pE gegenüber dem Freiheitsgrad von 0 des ternären eutektischen Punktes E wird als Ursache für die
Ausbildung der, häufig um bis zu mehrere Größenordnungen, feineren eutektischen Gefügestruktur im Bereich des pseudoeutektischen Punktes im Vergleich zur am eutektischen Punkt gebildeten Gefügestruktur angesehen.
Bei einer Legierung mit vier Komponenten korrespondiert die Liquidusgrenzlinie entsprechend zu einer zweidimensionalen Fläche und der pseudoeutektische Punkt zu einer pseudoeutektischen Linie. Für entsprechend höherkomponentige Legierungen mit mehr als vier Komponenten steigt eine Dimensionalität von entsprechenden
Zustandsbereichen in analoger Weise an. In Rahmen dieses Dokumentes soll deshalb die Bezeichung pseudoeutektischer Punkt im Besonderen als generischer Begriff verstanden werden, welcher sowohl einen pseudoeutektischen Punkt in einem Phasendiagramm einer ternären Legierung als auch eine dazu korrespondierende pseudoeutektische Linie in einem Phasendiagramm einer Legierung mit vier Komponenten bzw. einen dazu korrespondierenden pseudoeutektischen mehrdimensionalen Bereich in einem
Phasendiagramm einer Legierung mit mehr als vier Komponenten bezeichnet. Es wird somit in diesem Zusammenhang im Besonderen die Bezeichung pseudoeutektischer Punkt und pseudoeutektischer Bereich synonymial verwendet. Es versteht sich, dass dabei ein pseudoeutektischer Punkt eines ternären Legierungssystems eine spezielle Ausführungsvariante darstellt.
Entsprechend dieser Erklärung, insbesondere für das ternäre Legierungssystem, gilt somit für einen pseudoeutektischen Punkt eines Phasendiagrammes einer ternären Legierung bzw. für einen pseudoeutektischen Punkt, insbesondere einer
pseudoeutektischen Line bzw. einen pseudoeutektischen Bereich, eines
Phasendiagrammes mit mehr als drei Komponenten gemäß Gibbsscher Phasenregel:
/(£) < f(pE ) < /(M/0,
also:
0 < f(pE) < N - 1.
Die Legierungszusammensetzung am pseudoeutektischen Punkt bzw. der
pseudoeutektische Punkt des Phasendiagrammes der Legierung mit zumindest drei Komponenten N charakterisiert sich somit im Besonderen, indem gemäß Gibbsscher Phasenregel die Anzahl der Freiheitsgrade f zwischen 0 und N-1 liegt.
Es hat sich gezeigt, dass es für sowohl hohe Festigkeit als auch ausgeprägte
Umformbarkeit der Legierung ausreichend ist, wenn die Legierungszusammensetzung in der Nähe bzw. in einem Gebiet um den, insbesondere am, pseudoeutektischen Punkt bzw. den durch diesen darstellenden Sattelpunkt liegt, sodass in der Legierung mindestens 85 Mol-% bzw. At.-% (angegeben in Mol-Prozent bzw. Atomprozent) eutektisches Gefüge vorliegt. Bevorzugt ist es, wenn in der Legierung mindestens 90 Mol-% bzw. At.-%, besonders bevorzugt mindestens 95 Mol-% bzw. At.-%, eutektisches Gefüge vorliegt. Dadurch können die vorteilhaften Eigenschaften von hoher Festigkeit bei gleichzeitig guter Umformbarkeit besonders stark ausgeprägt werden.
Häufig können dabei im Speziellen bis zu 98 Mol-% bzw. At.-% erreicht werden, sodass die mechanischen Eigenschaften der Legierung praktisch nur noch durch die eutektische Gefügestruktur bestimmt werden. Das eutektische Gefüge bildet sich üblicherweise bei einer Flüssig-Fest-Phasenumwandlung bzw. bei einem Erstarren der Legierung.
Hohe Festigkeit und ausgeprägte Umformbarkeit der Legierung sind sowohl erreichbar, wenn die Legierung eine ternäre Legierung ist, als auch, wenn die Legierung vier Komponenten oder zumindest fünf Komponenten aufweist. Insbesondere kann die Legierung eine Vielzahl an Komponenten aufweisen, je nach Anwendungszielsetzung beispielsweise in Form von weiteren hinzugefügten Komponenten zur Mischkristallhärtung und/oder Ausscheidungshärtung. Besonders einfach und praktikabel ist die Legierung mit hoher Festigkeit und Umformbarkeit ausbildbar, wenn die Legierung eine ternäre
Legierung oder quaternäre Legierung ist.
Das eutektische Gefüge weist in der Regel durchschnittliche charakteristische
Strukturabstände bzw. einen durchschnittlichen Abstand deren Phasenanteile,
insbesondere Lamellen, von kleiner als 3 pm auf. Eine besonders ausgeprägte Festigkeit und Umformbarkeit ist erreichbar, wenn der durchschnittliche Abstand dabei kleiner als 2 pm, insbesondere kleiner als 1 pm, ist. Dies ist beispielsweise erreichbar, wenn die Legierungszusammensetzung der Legierung in größerer Nähe an der stöchiometrischen Zusammensetzung des pseudoeutektischen Punktes gewählt wird. Besonders hohe Festigkeiten sind dabei erreichbar, wenn der durchschnittliche Abstand kleiner als
800 nm, insbesondere kleiner als 600 nm, ist. Zusätzlich oder alternativ kann der durchschnittliche Abstand der Phasenanteile durch Variieren einer Abkühlgeschwindigkeit der Legierung beim Erstarren der Legierung beeinflusst werden.
Von Vorteil ist es, wenn die Legierung eine Resterstarrung mit einem Anteil von maximal 5 Mol-% bzw. At.-%, bevorzugt maximal 3 Mol-% bzw. At.-%, insbesondere bevorzugt maximal 2 Mol-% bzw. At.-%, aufweist. Dadurch werden die durch das eutektische Gefüge vorteilhaft erreichten vorgenannten Eigenschaften nur unwesentlich bzw. nicht von dem Anteil der Resterstarrung beeinflusst. Der Resterstarrungsanteil kann durch Wahl der Legierungszusammensetzung in größerer Nähe an der stöchiometrischen Zusammensetzung des pseudoeutektischen Punktes eingestellt werden. Resterstarrung bezeichnet üblicherweise jenen Gefügestrukturanteil, in welchen ein Restanteil flüssiger Phase nach Bildung des eutektischen Gefüges in Form eines nicht mehr eutektischen Gefüges erstarrt bzw. sich am Ende der eutektischen Erstarrung die Anzahl bzw. Art der bildenden Phase ändert. Der Anteil von Resterstarrung stellt üblicherweise einen die durch das gebildete eutektische Gefügte bewirkten Eigenschaften beeinträchtigenden Faktor dar, weshalb es günstig ist, wenn die Resterstarrung möglichst klein gehalten ist. Günstig hierzu ist es insbesondere, wenn die Resterstarrung nicht netzwerkartig bzw. mit einer Form einer Netzwerkstruktur ausgebildet, sondern bevorzugt, soweit vorhanden, in Form von voneinander separierten Inseln bzw. Einheiten, ausgebildet ist. In der Regel ist die Resterstarrung mit einem Anteil von zumindest 1 Mol-% bzw. At.-% ausgebildet, kann aber vorzugsweise auch geringer sein.
Zweckmäßig für eine ausgeprägte Festigkeit und Umformbarkeit ist es, wenn die
Legierung eine Primärerstarrung mit einem Anteil kleiner als 10 Mol-% bzw. At.-%, insbesondere kleiner als 5 Mol-% bzw. At.-%, bevorzugt kleiner als 3 Mol-% bzw. At.-%, aufweist. Dies ermöglicht eine sehr dominante Ausbildung des eutektischen Gefüges bzw. eine Ausbildung des eutektischen Gefüges mit hohem Gefügeanteil mit entsprechend
vorteilhaft zu erreichenden vorgenannten Eigenschaften. Die Primärerstarrung, welche jenen Teil der erstarrten Gefügestruktur bezeichnet, welcher unmittelbar vor Bildung des eutektischen Gefüges nicht in Form eines eutektischen Gefüges erstarrt, ist zwar in Bezug auf eine Beeinträchtigung der mit Ausbildung des eutektischen Gefüges zu erzielenden Eigenschaften weniger relevant als vorgenannte Resterstarrung, sollte jedoch ebenfalls bevorzugt möglichst klein gehalten werden. In der Regel ist die Primärerstarrung mit einem Anteil von zumindest 1 Mol-% bzw. At.-% ausgebildet, kann aber vorzugsweise auch geringer sein.
Für eine Ausbildung von hoher Festigkeit und besonders ausgeprägter Umformbarkeit ist es günstig, wenn die Primärerstarrung mit bzw. aus einer Mischkristallphase und insbesondere nicht mit bzw. nicht aus intermetallischer Phase gebildet ist. Dies scheint ein Legierungssysteme übergreifendes vorteilhaftes Kriterium zu sein, um besonders anwendungsfreundliche Festigkeits- und Umformbarkeitseigenschaften zu erreichen.
Der Anteil von vorgenannter Resterstarrung und/oder Primärerstarrung kann in
fachüblicher Weise mit einer thermodynamischen Berechnung gemäß Scheil-Gulliver kontrolliert bzw. vorherbestimmt werden. Die Scheil-Gulliver-Berechnung bzw. -Gleichung, manchmal auch nur Scheil-Berechnung bzw. -Gleichung genannt, beschreibt eine
Verteilung eines Legierungsanteiles in einer Legierung während einer Erstarrung, wobei in der Regel ein lokales Gleichgewicht an einer fortschreitenden Erstarrungsfront sowie eine vernachlässigte Diffusion in fester Phase angenommen wird. Eine solche Berechnung stellt ein fachübliches Werkzeug bzw. Lehrbuchwissen im Bereich der Metallurgie dar, welche dem Fachmann als bekannt vorausgesetzt wird. Beispielsweise veranschaulicht im Lehrbuch„Solidification“ von J. A. Dantzig et al., (ISBN: 978-2-940222-17-9).
Günstig ist es, wenn die Legierung eine Dichte kleiner als 8,0 g/cm3, insbesondere kleiner als 7,5 g/cm3, bevorzugt kleiner als 6 g/cm3, aufweist. Dadurch kann die Legierung in Bezug auf eine Anwendung, insbesondere als Strukturbauteil, ein besonders vorteilhaftes Festigkeits-Gewichts-Verhältnis aufweisen. Im Besonderen ist es günstig, wenn die Legierung als Leichtmetalllegierung ausgebildet ist. Dadurch ist eine besonders hohe Anwendungseignung der Legierung erreichbar. Vorteilhaft ist es, wenn die Legierung hierzu weniger als 5,0 g/cm3, insbesondere weniger als 3,0 g/cm3, aufweist.
Für einen praktikablen Einsatz als Anwendungsmaterial, ist es günstig, wenn die
Legierung eine Magnesiumbasislegierung, Aluminiumbasislegierung,
Lithiumbasislegierung oder Titanbasislegierung ist.
Von Vorteil ist es, wenn die Legierung eine Gusslegierung ist. Dies ermöglicht eine besonders praktikable Herstellung, insbesondere von Strukturbauteilen mit insbesondere vorgenannten Eigenschaften.
Es hat sich bewährt, wenn die Legierung eine Al-Mg-Legierung ist. Je nach konkretem Einsatzzweck kann die Legierung weitere Legierungskomponenten aufweisen. Auf diese Weise sind besonders praxisrelevante Anwendungsbauteile, insbesondere
Strukturbauteile, mit bzw. aus der Legierung herstellbar. Besonders günstig ist es hierbei, wenn die Legierung eine Al-Mg-Si-Legierung ist. Mit Vorteil kann die Legierung außerdem Zink (Zn), insbesondere mit einem Anteil von mehr als 0,01 Gew.-%, üblicherweise mehr als 1 Gew.-%, aufweisen. Dadurch kann eine Druckfestigkeit der Legierung optimiert werden. Meist weist die Legierung dabei weniger als 15 Gew.-%, insbesondere weniger als 10 Gew.-%, bevorzugt zwischen 1 ,0 Gew.-% und 5,0 Gew.-%, besonders bevorzugt etwa 3,0 Gew.-%, Zink auf.
Eine hohe Anwendungseignung, für welche sowohl Festigkeit als auch ausgeprägte Umformbarkeit besonders vorteilhaft ist, ist erreichbar, wenn die Legierung eine Al-Cu-Li- Legierung, Al-Cu-Mg-Legierung, Mg-Li-Al-Legierung, Mg-Cu-Zn-Legierung, Al-Cu-Mg-Zn- Legierung oder Al-Mg-Si-Zn-Legierung ist.
Eine Legierung mit hoher Anwendungseignung, insbesondere in Form eines
Strukturbauteiles, welche besonders hohe Festigkeit und Umformbarkeit zeigt, ist erreichbar, wenn die Legierung eine Magnesiumbasislegierung ist, aufweisend, insbesondere bestehend aus, (in At.-%)
15,0 % bis 70,0 % Lithium,
mehr als 0,0 %, insbesondere mehr als 0,01 %, bevorzugt mehr als 0,05 %, Aluminium,
Rest Magnesium und herstellungsbedingte Verunreinigungen,
wobei ein Verhältnis von Aluminium zu Magnesium (in At.-%) 1 :6 bis 4:6 beträgt
Eine solche Mg-Li-Al-Legierung weist eine Legierungszusammensetzung in einem Gebiet um bzw. in der Nähe bzw. an einer Legierungszusammensetzung eines
pseudoeutektischen Punktes im Mg-Li-Al-Phasendiagramm dar, sodass eine
feinstrukturierte bzw. mikroskalige eutektische Gefügestruktur erreichbar ist. Die feinskalige Gefügestruktur ist mit einer hohen Festigkeit, insbesondere einer hohen Druckfestigkeit verbunden, wobei gleichzeitig eine gute Umformbarkeit der
Magnesiumlegierung bei entsprechenden vorgenannten Anteilen von Lithium in der Magnesiumlegierung gegeben ist. Orientierungszusammensetzung bzw.
Orientierungslinie im Phasendiagramm ist dabei im Besonderen ein Verhältnis von Aluminium zu Magnesium (in Atomprozent, abgekürzt mit At.-%) von ca. 3:6, da sich bei diesem Verhältnis eine besonders homogene feinskalige bzw. homogene feine lamellare Gefügestruktur bzw. Morphologie findet. In einem Bereich um dieses Verhältnis, vor allem bei einem Verhältnis von Aluminium zu Magnesium (in At.-%) von 1 :6 bis 4:6, findet sich die feine, insbesondere feine lamellare, Gefügestruktur bzw. Morphologie weiterhin mit unterschiedlich starker Ausprägung, was in der Regel entsprechend mit unterschiedlichen Ausprägungen einer Höhe einer Festigkeit, insbesondere einer Höhe einer
Druckfestigkeit, sowie Umformbarkeit bzw. Duktilität der Magnesiumlegierung verbunden ist. Aufgrund dieses besonderen morphologischen Verhaltens im angegebenen
Zusammensetzungsbereich ist damit eine Bildung einer Magnesiumlegierung ermöglicht, welche sowohl eine hohe Festigkeit, insbesondere Druckfestigkeit, als auch eine gute Umformbarkeit aufweist. Diese Magnesiumlegierung sowie ein Verfahren zu deren Herstellung sowie eine Umsetzung als Vormaterial, Halbzeug oder Bauteil sowie spezielle Ausführungsvarianten dieser wurden im Rahmen der europäischen Patentanmeldung mit der Anmeldenummer 19184999.1 sowie außerdem im Rahmen der internationalen Anmeldung mit dem internationalen Aktenzeichen PCT/EP2020/058280 beim
Europäischen Patentamt eingereicht bzw. offenbart, deren Offenbarungen hiermit vollinhaltlich in die Offenbarung dieses Dokumentes einbezogen sind. Dies gilt besonders, wenn wie in diesen Anmeldungen dargelegt, die Mg-Al-Li-Legierung (in At.-%) 30,0 % bis 60,0 %, insbesondere 40 % bis 50 %, bevorzugt 45 % bis 50 %, besonders bevorzugt 45 % bis 48 %, Lithium aufweist. Vorteilhaft ist es weiter, wenn die Mg-Al-Li-Legierung (in At.- %) mehr als 0,05 %, insbesondere mehr als 0,1 %, in der Regel mehr als 1 % Aluminium aufweist. Dabei hat sich gezeigt, dass die Mg-Al-Li-Legierung mit einer, insbesondere lamellaren, Gefügestruktur mit hoher Feinheit ausbildbar ist, wenn das Verhältnis von Aluminium zu Magnesium (in At.-%) 1 ,2:6 bis 4:6, insbesondere 1 ,4:6 bis 4:6, bevorzugt 1 ,5:6 bis 4:6, beträgt. Günstig für eine ausgeprägte Feinheit bzw. feine, insbesondere lamellare, Gefügestruktur ist es, wenn das Verhältnis von Aluminium zu Magnesium (in
At.-%) 1 ,8:6 bis 3,5:6, insbesondere 2:6 bis 3,5:6, bevorzugt 2,5:6 bis 3,5:6, beträgt. Dadurch ist eine besonders hohe Festigkeit, insbesondere Druckfestigkeit, erreichbar. Dies gilt besonders bei einem Verhältnis von Aluminium zu Magnesium (in At.-%) von 2,8:6 bis 3,3:6, vorzugsweise etwa 3:6, bei welchem eine sehr homogene feine
Morphologie bzw. Gefügestruktur erhältlich ist. Vorteilhaft ist es hierzu insbesondere, wenn die Magnesiumlegierung (in At. %) 30,0 % bis 60,0 % Lithium und ein Verhältnis von Aluminium zu Magnesium (in At.-%) von 2,5:6 bis 3,5:6, insbesondere 2,8:6 bis 3,3:6, vorzugsweise etwa 3:6, beträgt. In diesem Zusammenhang darf insbesondere auf die Fig. 1 der vorgenannten Anmeldungsschriften verwiesen werden, in welcher eine entsprechende Anordnung in einem Mg-Li-Al-Phasendiagramm schematisch dargestellt ist, und deren Offenbarung sowie zugehörige Beschreibung entsprechend ebenfalls als Teil dieses Dokumentes anzusehen sind. Eine besonders ausgeprägte Homogenität ist zudem erreichbar, wenn die Magnesiumlegierung (in At. %) dabei 40,0 % bis 60,0 % Lithium aufweist. Wie in vorgenannten Anmeldungen dargelegt und entsprechend in die vorliegende Offenbarung mit aufgenommen, können die Eigenschaften der Mg-Al-Li- Legierung weiter optimiert werden, wenn zudem Anteile von Calcium, Seltenerdmetalle, insbesondere Yttrium, Zink und/oder Silizium entsprechend vorgenannten Anmeldungen mit entsprechenden in vorgenannten Anmeldungen angegebenen Gehaltsbereichen vorhanden sind. Beispielsweise kann eine solche Legierung als Mg-20%Li-15%AI-1%Ca- 0,5%Y (in Gew.-%) oder Mg-20%Li-24%AI-1%Ca-0,5%Y (in Gew.-%) ausgebildet sein.
Das weitere Ziel der Erfindung wird durch ein Verfahren der eingangs genannten Art mit einer Maßgabe erreicht, dass die Zusammensetzung in einem Gebiet um einen pseudoeutektischen Punkt eines Phasendiagrammes der Legierung liegend bereitgestellt wird, sodass sich beim Abkühlen in die feste Phase bzw. bei einem Erstarren der Legierung das eutektische Gefüge mit einem Anteil von mindestens 85 Mol-% bzw. At.-% ausbildet. We vorgenannt dargestellt, kann dadurch die Legierung mit hoher Festigkeit und ausgeprägter Umformbarkeit ausgebildet werden. Durch die Wahl der
Legierungszusammensetzung in einem Gebiet um den pseudoeutektischen Punkt findet beim Abkühlen der Legierung vom flüssigen in den festen Zustand bzw. beim Flüssig- Fest-Übergang eine eutektische Phasenreaktion bzw. Phasenumwandlung statt, welche die eutektische Gefügestruktur mit besonders hoher Feinheit bzw. Feinstrukturierung als wesentlichen Gefügestrukturanteil der Legierung ausbildet.
Es versteht sich, dass das erfindungsgemäße Verfahren entsprechend bzw. analog den Merkmalen, Vorteilen, Umsetzungen und Wirkungen, welche im Rahmen einer
erfindungsgemäßen Legierung, insbesondere vorstehend, beschrieben sind, ausgebildet sein kann. Analoges gilt auch für die erfindungsgemäße Legierung im Hinblick auf ein erfindungsgemäßes Verfahren.
Mit Vorteil ist ein Vormaterial, Halbzeug oder Bauteil mit, insbesondere aus, einer erfindungsgemäßen Legierung oder erhältlich nach einem erfindungsgemäßen Verfahren zur Herstellung einer erfindungsgemäßen Legierung umgesetzt. Entsprechend den vorstehenden Ausführungen, Merkmalen und Wrkungen der erfindungsgemäßen
Legierung bzw. einer mit einem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten Legierung weist auch ein mit einer Legierung gebildetes Vormaterial, Halbzeug oder Bauteil eine vorteilhaft hohe Festigkeit und gute Umformbarkeit auf. Weitere Merkmale, Vorteile und Wrkungen ergeben sich aus den nachfolgend
dargestellten Ausführungsbeispielen. In den Zeichnungen, auf welche dabei Bezug genommen wird, zeigen:
Fig. 1 und Fig. 2 Phasendiagramm-Darstellungen eines Al-Mg-Si-Systems, in welcher Legierungszusammensetzungen von Legierungsbeispielen angegeben sind;
Fig. 3 bis Fig. 12 optische Mikroskopieaufnahmen von Legierungsbeispielen der Fig. 1 bzw. Fig. 2;
Fig. 13 bis Fig. 20 Fließspannungsdiagramme von Legierungsbeispielen der Fig. 1 bis Fig. 12;
Fig. 21 eine Phasendiagramm-Darstellung eines Al-Cu-Mg-Systems mit eingezeichneter Legierungszusammensetzung eines Legierungsbeispiels;
Fig. 22 optische Mikroskopieaufnahmen des Legierungsbeispiels der Fig. 21 ;
Fig. 23 ein Fließspannungsdiagramm des Legierungsbeispiels der Fig. 21 bzw. Fig. 22; Fig. 24 eine Phasendiagramm-Darstellung eines Mg-Al-Li-Systems, in welcher
Legierungszusammensetzungen von Legierungsbeispielen angegeben sind;
Fig. 25 und Fig. 27 optische Mikroskopieaufnahmen von Legierungsbeispielen der Fig. 24; Fig. 28 und Fig. 29 Fließspannungsdiagramme von Legierungsbeispielen der Fig. 24 bis Fig. 27;
Fig. 30 eine Phasendiagramm-Darstellung eines Mg-Cu-Zn-Systems mit eingezeichneter Legierungszusammensetzung eines Legierungsbeispiels;
Fig. 31 und Fig. 32 optische Mikroskopieaufnahmen des Legierungsbeispieles der Fig. 30; Fig. 33 ein Fließspannungsdiagramm des Legierungsbeispiels der Fig. 30 bis Fig. 32; Fig. 34 Elektronenmikroskopieaufnahmen eines Legierungsbeispiels eines Al-Cu-Mg-Zn- Systems;
Fig. 35 ein Fließspannungsdiagramm des Legierungsbeispiels der Fig. 34;
Fig. 36 ein Phasenanteilsdiagramm eines Legierungsbeispiels eines Al-Mg-Si-Zn- Systems;
Fig. 37 ein Festanteilsdiagramm einer Scheil-Gulliver-Berechnung des
Legierungsbeispiels der Fig. 36.
Im Rahmen einer Entwicklung der erfindungsgemäßen Legierung wurden
Versuchsreichen mit unterschiedlichen Legierungszusammensetzungen von
unterschiedlichen Legierungssystemen durchgeführt. Dabei wurden jeweils Legierungen mit einer Legierungszusammensetzung im Gebiet eines bzw. um einen
pseudoeutektischen Punkt eines jeweiligen zugehörigen Phasendiagrammes gewählt und durch Abkühlen der Legierung von einem flüssigen Zustand in einen festen Zustand ein eutektisches Gefüge gebildet. Die Gefügestruktur wurde anschließend mittels Mikroskopie untersucht. Außerdem wurden diverse dilatometrische Versuchsreihen bzw.
Druckversuche, standardmäßig bei Raumtemperatur, etwa 20°C, durchgeführt, wobei als Ergebnis Fließkurven ermittelt wurden, welche eine Fließspannung, in MPa, als Funktion eines Verformungsgrades, dargestellt als Anteil einer Längenänderung AL relativ zu einer
Ausgangslänge L0, also—, und entsprechend dimensionslos, darstellen.
i-0
Im Folgenden werden repräsentativ Versuchsergebnisse für Legierungsbeispiele aus den Legierungssystemen Al-Mg-Si, Al-Cu-Mg, Mg-Li-Al, Mg-Cu-Zn, Al-Cu-Mg-Zn und Al-Mg- Si-Zn gezeigt, um das vorgenannte Konzept auf breiter Basis zu verdeutlichen. Al-Mg-Si-System:
Fig. 1 und Fig. 2 zeigen Darstellungen eines ternären Phasendiagrammes eines Al-Mg-Si- Systems, wobei Fig. 2 eine Ausschnittsdarstellung des Phasendiagrammes ist, um den relevanten Legierungszusammensetzungsbereich detailliert darzustellen. Es wurden zehn
Legierungsbeispiele des Al-Mg-Si-Systems hergestellt und untersucht. Die Legierungszusammensetzungen der Legierungsbeispiele des Al-Mg-Si-Systems sind in Tabelle 1 als Legierungsbeispiel 1 bis Legierungsbeispiel 10 jeweils in Gewichtsprozent und Atomprozent angegeben und korrespondieren zu den Bezugszeichen 1 bis 10, welche insbesondere im Phasendiagramm der Fig. 1 bzw. Fig. 2 die jeweilige
Legierungszusammensetzung bezeichnen.
Tabelle 1 : Zehn Legierungsbeispiele aus dem Al-Mg-Si-Legierungssystem.
Wie im Phasendiagramm der Fig. 1 bzw. Fig. 2 ersichtlich weisen die Legierungsbeispiele 8 bis 10 jeweils Zusammensetzungen auf, welche in einem Gebiet um einen
pseudoeutektischen Punkt pE angeordnet sind, wobei die Legierungsbeispiele 8 und 9
sehr nahe am pseudoeutektischen Punkt und das Legierungsbeispiel 10 in etwas größerer Entfernung zum pseudoeutektischen Punkt pE positioniert sind. Die
Legierungszusammensetzung des Legierungsbeispiels 9 liegt dabei praktisch am pseudoeutektischen Punkt pE. Der pseudoeutektische Punkt pE ist in Fig. 2 mit einer eingezeichneten Referenzlinie verdeutlicht, wobei sich der pseudoeutektische Punkt pE am Schittpunkt der monovarianten Linie in Richtung AhMg2 und der Referenzlinie befindet. Weiter ist in Fig. 2 ersichtlich, dass die Legierungsbeispiele 3 bis 5 in einem Gebiet um einen eutektischen Punkt E des Phasendiagrammes angeordnet sind. Weiter sind als Vergleiche die Legierungsbeispiele 6 und 7 vorgesehen, deren
Zusammensetzungen sich in großer Entfernung zum pseudoeutektischen Punkt pE befinden, ersichtlich in Fig. 2, sowie die Legierungsbeispiele 1 und 2, welche zwar in unmittelbarer Nähe einer Liquidusgrenzlinie, jedoch in größerer Entfernung sowohl zum pseudoeutektischen Punkt pE als auch eutektischen Punkt E positioniert sind, ersichtlich in Fig. 1.
In Fig. 3 bis Fig. 12 sind optische Mikroskopieaufnahmen der Legierungsbeispiele 1 bis 10 dargestellt, um eine jeweilige Gefügestruktur zu veranschaulichen. In Fig. 13 bis Fig. 20 sind Fließspannungsdiagramme als Ergebnisse von dilatometrischen Versuchsreihen der Al-Mg-Si-Legierungsbeispiele dargestellt, welche bei Raumtemperatur, etwa 20°C, durchgeführt wurden. Gezeigt sind Fließspannungskurven, wobei eine Fließspannung, in MPa, als Funktion des Verformungsgrades dargestellt ist. Jedes der
Fließspannungsdiagramme zeigt mehrere Fließspannungskurven von Legierungsproben mit einer Legierungszusammensetzung entsprechend der Legierungszusammensetzung einer der Legierungsbeispiele 1 bis 10. Jedes Fließspannungsdiagramm repräsentiert also eine Legierungszusammensetzung einer der Legierungsbeispiele 1 bis 10.
Wie in Fig. 10 bis Fig. 12 ersichtlich zeigen die Mikroskopieaufnahmen der
Legierungsbeispiele 8 bis 10, welche Legierungszusammensetzungen in der Nähe bzw. einem Gebiet um den pseudoeutektischen Punkt pE aufweisen, ein dominantes feinstrukturiertes bzw. feinskaliges eutektisches Gefüge. Im Vergleich dazu können in Fig. 6 und Fig. 7 Mikroskopieaufnahmen der Legierungsbeispiele 4 und 5, welche eine Legierungszusammensetzungen in der Nähe des eutektischen Punktes E aufweisen, betrachtet werden. Diese zeigen eine Ausprägung eines eutektischen Gefüges, welches im Vergleich zu den Gefügestrukturen der Legierungsbeispiele 8 und 9 eine grobe
Struktur aufweist. Vergleicht man diese mit den in Fig. 3 und Fig. 4 dargestellten
Mikroskopieaufnahmen der Legierungsbeispiele 1 und 2, deren
Legierungszusammensetzungen sich in großer Entfernung, jedoch im Bereich einer Liquidusgrenzlinie befinden, ist erkennbar, dass diese eine noch gröbere eutektische Gefügestruktur zeigen. In Fig. 8 und Fig. 9 sind außerdem Mikroskopieaufnahmen der Legierungsbeispiele 6 und 7, welche Legierungszusammensetzungen in einem
Fernbereich des pseudoeutektischen Punktes pE bzw. in großer Entfernung zu diesem aufweisen, gezeigt. Ersichtlich ist, dass zwar bereits ein eutektisches Gefüge vorhanden ist, jedoch mit einer relativ groben Struktur und bedeutend weniger dominant bzw. mit geringerem Anteil. Weiter ersichtlich sind außerdem hohe Anteil von Resterstarrungen, erkennbar in Fig. 8 und Fig. 9 in Form von hellen Kanälen.
Fig. 13 und Fig. 14 zeigen Fließspannungsdiagramme der Legierungsbeispiele 8 und 9, welche Legierungszusammensetzungen in der Nähe bzw. einem Gebiet um den pseudoeutektischen Punkt pE aufweisen. Ersichtlich ist, dass sowohl Legierungsbeispiel 8 als auch Legierungsbeispiel 9 hohe Festigkeit, insbesondere Druckfestigkeit, und ausgeprägte Umformbarkeit mit Fließspannungen zwischen 300 MPa und 400 MPa aufweisen, wobei insbesondere Legierungsbeispiel 8, dargestellt in Fig. 13,
Fließspannungen von bis zu 400 MPa zeigt. Im Vergleich dazu können in Fig. 15 und Fig. 16 Fließspannungsdiagramme der Legierungsbeispiele 4 und 5 betrachtet werden, welche Legierungszusammensetzungen in der Nähe des eutektischen Punktes E aufweisen. Auch die Legierungsbeispiele 4 und 5 zeigen hohe Festigkeit und zumindest einzelprobenabhängig eine hohe Umformbarkeit, wobei Fließspannungen unterhalb jener der Legierungsbeispiele 8 und 9 bei etwa 300 MPa oder in Bezug auf
Legierungsbeispiel 5, dargestellt in Fig. 16, durchwegs darunter liegt. Dieses Ergebnis korreliert mit der Feststellung, dass Legierungsbeispiele mit einer
Legierungszusammensetzung im Gebiet des pseudoeutektischen Punktes pE eine besonders hohe Feinstrukturierung deren eutektischen Gefüges insbesondere auch im Vergleich zum eutektischen Gefüge von Legierungsbeispielen mit
Legierungszusammensetzungen im Gebiet eines eutektischen Punktes E aufweisen, wodurch sich auch die höhere Festigkeit bzw. ausgeprägte Dehnbarkeit von Legierungen im Gebiet des pseudoeutektischen Punktens erklärt.
Weiter ist in Fig. 20 ein Fließspannungsdiagramm des Legierungsbeispiels 10, dessen Legierungszusammensetzung in etwas größerer Entfernung vom pseudoeutektischen Punkt pE angeordnet ist, gezeigt. Ersichtlich sind etwas geringerer Fließspannungswerte sowie insbesondere eine höhere Streuung zwischen den einzelnen Messergebnissen. Weiter ist in Fig. 17 und Fig. 18 gezeigt, dass im Vergleich dazu Legierungsbeispiel 1 und Legierungsbeispiel 2 mit Legierungszusammensetzungen im Bereich einer
Liquidusgrenzlinie, jedoch sowohl entfernt von der Legierungszusammensetzung des pseudoeutektischen Punktes pE als auch eutektischen Punktes E, bedeutend schlechtere Festigkeits- und Umformeigenschaften aufweisen. In Fig. 19 ist außerdem ein
Fließspannungsdiagramm korrespondierend zu der Legierungszusammensetzung der Legierungsbeispiele 6 und 7, deren Legierungszusammensetzung in relativ großer Entfernung zu jener des pseudoeutektischen Punktes pE im Phasendiagramm positioniert ist, gezeigt. Die entsprechenden Fließspannungskurven zeigen deutlich verringerte Fließspannungen im Vergleich zu Fließspannungen einer Legierungszusammensetzung näher am pseudoeutektischen Punkt pE, wie etwa jener der in Fig. 13 gezeigten des Legierungsbeispiels 8.
Es ist ersichtlich, dass eine Legierungszusammensetzung in einem Gebiet um einen pseudoeutektischen Punkt pE mit einer feinstrukturierten eutektischen Gefügestruktur bzw. entsprechend hoher Festigkeit und ausgeprägter Umformbarkeit korrespondiert.
In einer detaillierten Betrachtung ist zu sehen, dass das Legierungsbeispiel 8 im
Phasendiagramm der Fig. 2 relativ zur monovarianten Linie bzw. Liquidusgrenzlinie in Richtung AhMg2 oberhalb dieser im Mg2Si-Bereich liegt, weshalb eine Erstarrung bei einem Abkühlen der Legierung aus dem Flüssigen mit insbesondere unerwünschter Bildung von Mg2Si beginnt bzw. eine Primärerstarrung mit einer intermetallischen Phase Mg2Si gebildet wird. Es hat sich gezeigt, dass eine mit einer intermetallischen Phase gebildete Primärerstarrung negative Auswirkungen für eine Ausbildung von sowohl hoher Festigkeit als auch Umformbarkeit hat. Zur Erreichung von besonders vorteilhafter Festigkeit und Umformbarkeit wird deshalb meist angestrebt, eine Primärerstarrung mit bzw. aus intermetallischer Phase möglichst klein zu halten bzw. zu vermeiden. Allerdings ist die Primärerstarrung bei Legierungsbeispiel 8 so gering ausgeprägt, dass diese praktisch keine Hemmung von mechanischen Eigenschaften nach sich zieht. Die
Mikroskopieaufnahmen des Legierungsbeispiels 8 in Fig. 10 zeigen großflächige Bereiche
mit feinem eutektischen Gefüge, in diesem Fall gebildet mit Al-Mischkristall und Mg Si. Vorteilhaft ist auch eine Resterstarrung aus Al-Mischkristall nur sehr gering ausgeprägt bzw. kaum vorhanden. Um eine Unterminierung der mit dem eutektischen Gefüge erreichbaren vorteilhaften Festigkeits- und Umformbarkeitseigenschaften zu vermeiden, wird angestrebt, eine Resterstarrung möglichst klein zu halten bzw. zu vermeiden. Im Besonderen ist die Resterstarrung nicht netzwerkartig verbunden bzw. ist in Form von voneinander separierten Einheiten ausgebildet, was ebenfalls eine vorteilhafte Ausbildung von hoher Festigkeit und ausgeprägter Umformbarkeit fördert. Das Legierungsbeispiel 8 erweist sich somit sowohl hinsichtlich geringer Resterstarrung als auch geringer
Primärerstarrung als gut geeignet, um Festigkeitseigenschaften bzw. Umformbarkeit auf Basis des feinen eutektischen Gefüges zu kontrollieren. Dies ist noch weiter optimierbar, wenn die Legierungszusammensetzung derart gewählt wird, dass die Primärerstarrung mit bzw. aus einer Mischkristallphase und nicht mit einer intermetallischen Verbindung bzw. Phase gebildet ist, also sich die Primärerstarrung im Fall des Legierungsbeispiels 8 im Al-Mischkristall-Bereich befindet.
Diese Betrachtung des Legierungsbeispiels 8 bzw. zugehörige Erläuterungen gelten in analoger Weise für das Legierungsbeispiel 9. Das Legierungsbeispiel 9 weist eine Legierungszusammensetzung praktisch am pseudoeutektischen Punkt pE liegend auf. Ebenso zeigt das Legierungsbeispiel 9, wie in Fig. 11 ersichtlich, ein feines eutektisches Gefüge mit kaum Resterstarrung und kaum Primärerstarrung. Die etwas geringere Festigkeit im Vergleich zum Legierungsbeispiel 8 erklärt sich durch den geringeren gelösten Anteil von Mg in der Al-Mischkristallphase. Eine Festigkeit kann vorteilhaft mit Variation eines Anteils von gelösten Elementen in der Mischkristallphase erreicht werden, wobei die Primärerstarrung jedoch, wie vorgenannt ausgeführt, bevorzugt im
Mischkristallbereich und nicht im Bereich einer intermetallischen Phase liegt.
Im Vergleich dazu zeigt auch das Legierungsbeispiel 10, ersichtlich in Fig. 12, ein feines eutektisches Gefüge, jedoch mit einem höheren Anteil von Resterstarrung, in Form von Al-Mischkristall und Si, welche zudem netzwerkartig ausgeprägt ist. Aufgrund des geringen Mg-Gehaltes ist das meiste Mg in Form von Mg Si gebunden, sodass eine Mischkristallhärtung der Al-Mischkristallphase sehr gering ausgeprägt ist. Dies korrespondiert zu geringeren Fließspannungen im Fließspannungsdiagramm der Fig. 20.
Bei weiterer detaillierter Betrachtung der in Bezug auf eine Legierungszusammensetzung entfernt vom pseudoeutektischen Punkt pE angeordneten Legierungsbeispiele ist zu sehen, dass die Legierungsbeispiele 4 und 5, welche im Gebiet des eutektischen Punktes E liegen, dargestellt in Fig. 6 und Fig. 7, einen geringen Anteil von Primärerstarrung aufweisen, um welche ein relativ grobes eutektisches Gefüge, gebildet mit zwei Phasen, angeordnet ist. Ein übriger überwiegender Anteil von eutektischem Gefüge ist als ternäres Eutektikum, gebildet mit Mischkristall, AI2Si und Si, ausgebildet. Die mechanischen Eigenschaften, insbesondere Festigkeit bzw. Umformbarkeit, werden im Besonderen durch das grobe binäre eutektische Gefüge bzw. Phase negativ beeinflusst. Lokal liegt teilweise ein feines eutektisches ternäres Gefüge vor, welches stellenweise in stark vergröberte Strukturen übergeht. Die Unterschiede zwischen den Gefügestrukturen von Legierungsbeispielen mit Legierungszusammensetzungen am bzw. im Gebiet des pseudoeutektischen Punktes pE im Vergleich zu jenen am bzw. im Gebiet des eutektischen Punktes E korrelieren mit der Feststellung von entsprechend verbesserten Festigkeits- bzw. Umformbarkeitseigenschaften von Legierungszusammensetzungen am bzw. im Gebiet um den pseudoeutektischen Punkt pE.
Weiter ist zu sehen, dass die Legierungsbeispiele 6 und 7 mit zugehörigen in Fig. 8 und Fig. 9 dargestellten Mikroskopieaufnahmen grobe, polygonförmige Primärerstarrungen aufweisen. Dies erklärt sich durch die Positionierung der zugehörigen
Legierungszusammensetzungen im Mg2Si-Bereich des Phasendiagrammes, sodass sich eine ausgeprägte Mg2Si-Primärerstarrung bildet. Zwischen dieser ist ein grobes eutektisches Gefüge erkennbar sowie ein hoher Anteil von Resterstarrung, ersichtlich an den hellen Bereichen bzw. Kanälen in der Fig. 8 bzw. Fig. 9. Aufgrund dieser
Gefügemorphologie weisen das Legierungsbeispiel 6 bzw. 7 deutlich reduzierte
Festigkeiten bzw. Fließspannungen auf, welche insbesondere mit Rissinitiierung und Sprödbruch verbunden sind.
In Fig. 2 ist als grauer, flächiger Bereich ein besonders vorteilhafter Bereich zur
Ausbildung einer Al-Mg-Si-Legierung eingezeichnet. Dieser kennzeichnet bzw. entspricht im Wesentlichen einer vorgenannten Legierungszusammensetzung der
Legierungsbeispiele 8 und 9, jedoch mit einer Variation in der
Legierungszusammensetzung derart, dass sich als Primärerstarrung eine
Mischkristallphase und insbesondere keine intermetallische Phase ausbildet. Dies
ermöglicht eine Ausbildung von besonders hohen Festigkeiten mit ausgeprägter
Umformbarkeit. Ein besonders vorteilhafter Umsetzungsbereich für eine solche Al-Mg-Si- Legierung ist also gegeben, wenn die Al-Mg-Si-Legierung im Al-Mg-Si-Phasendiagramm in einem Gebiet um den pseudoeutektischen Punkt angeordnet ist, wobei die
Legierungszusammensetzung im Phasendiagramm ausgehend vom vorgenannten pseudoeutektischen Punkt des Phasendiagramms der Fig. 2 an einer einem
zunehmenden Al-Anteil zugewandten Seite der korrespondierenden monovarianten Linie angeordnet ist.
Al-Cu-Mg-System:
Fig. 21 zeigt eine Darstellung eines ternären Phasendiagrammes eines Al-Cu-Mg- Systems. Es wurde ein Legierungsbeispiel des Al-Cu-Mg-Systems hergestellt und untersucht. Die zugehörigen Legierungszusammensetzung ist in Tabelle 2 als
Legierungsbeispiel 13 in Gewichtsprozent und Atomprozent angegeben und
korrespondiert zum Bezugszeichen 13, welches insbesondere im Phasendiagramm der Fig. 21 die Legierungszusammensetzung bezeichnet.
Tabelle 2: Legierungsbeispiel aus dem Al-Cu-Mg-Legierungssystem.
Wie im Phasendiagramm der Fig. 21 ersichtlich weist das Legierungsbeispiel 13 eine Legierungszusammensetzungen auf, welche in einem Gebiet um einen
pseudoeutektischen Punkt pE angeordnet ist. Anhand von optischen
Mikroskopieaufnahmen ist in Fig. 22 eine zugehörige Gefügestruktur veranschaulicht. Ersichtlich ist eine sehr feinskalige eutektische Gefügestruktur sowie eine geringe Menge von mit Mischkristall gebildeter Primärerstarrung. In Fig. 23 ist ein
Fließspannungsdiagramm als Ergebnis von dilatometrischen Versuchsreihen des Al-Cu- Mg-Legierungsbeispiels 13 dargestellt, wobei wieder eine Fließspannung, in MPa, als Funktion des Verformungsgrades dargestellt ist. Ersichtlich ist, dass sehr hohe
Festigkeiten bzw. Fließspannungen erreicht werden. Auch die Bruchdehnung liegt im technologisch relevanten Bereich für dieses Legierungssystem. Festigkeit bzw.
Umformbarkeit korrespondieren zur feinen eutektischen Gefügestruktur und insbesondere geringen Menge von Primärerstarrung.
Mg-Al-Li-System:
Fig. 24 zeigt eine Darstellung eines ternären Phasendiagrammes eines Mg-Al-Li-Systems. Es wurden drei Legierungsbeispiele des Mg-Al-Li-Systems hergestellt und untersucht. Die Legierungszusammensetzungen der Legierungsbeispiele des Mg-Al-Li-Systems sind in Tabelle 3 als Legierungsbeispiel 14, 15 bzw. 16 jeweils in Gewichtsprozent und
Atomprozent angegeben und korrespondieren zu den Bezugszeichen 14, 15 und 16, welche insbesondere im Phasendiagramm der Fig. 24 die jeweilige
Legierungszusammensetzung bezeichnen.
Tabelle 3: Drei Legierungsbeispiele aus dem Mg-Al-Li-Legierungssystem.
Wie im Phasendiagramm der Fig. 24 ersichtlich weisen die Legierungsbeispiele 14 bis 16 jeweils eine Legierungszusammensetzung auf, welche in einem Gebiet um einen pseudoeutektischen Punkt pE angeordnet sind. Der pseudoeutektische Punkt pE ist in Fig. 24 mit einer eingezeichneten Referenzlinie verdeutlicht, wobei sich der
pseudoeutektische Punkt pE am Schittpunkt der monovarianten Linie bzw.
Liquidusgrenzlinie und der Referenzlinie befindet. Mit Beimengungen von CaY, insbesondere etwa 1 Gew.-% Ca und etwa 0,5 Gew.-% Y, können praktikabel
Oxidationseigenschaften der Legierungsbeispiele des Mg-Al-Li-Systems stabilisiert werden ohne dabei eine Gefügeausprägung negativ zu beeinflussen.
Die Legierungsbeispiele 14 und 15 liegen im Phasendiagramm etwas näher in einem Nahbereich des pseudoeutektischen Punktes, das Legierungsbeispiel 16 etwas weiter entfernt, wobei die Legierungszusammensetzung des Legierungsbeispiels 14 in etwa am
pseudoeutektischen Punkt pE positioniert ist. Die Legierungsbeispiele 14 bis 16 liegen nach aktueller Datenlage in einem Mischkristallbereich, insbesondere ein kubisch raumzentriertes Gitter, bcc, bildend, vor.
Anhand von Mikroskopieaufnahmen sind in Fig. 25 bis Fig. 27 jeweils Gefügestrukturen ersichtlich gemacht. Die Gefügemorphologie der Fig. 25 und Fig. 26 indiziert eine
Ausbildung eines extrem feinskaligen Gefüges, welches im verwendeten Lichtmikroskop, nicht mehr auflösbar ist. Die dabei erkennbaren Korngrenzen sind auf oxidische
Verunreinigungen zurückzuführen. Die Gefügestruktur des Legierungsbeispiels 16 wurde mittels Rasterelektronenmikroskopie untersucht, dargestellt in Fig. 27. Ersichtlich in Fig. 27 sind einerseits helle Korngrenzphasen (in weißlich-grau), welche als Al-Ca identifiziert wurden, und andererseits ausgeprägte feine Kristall Strukturen bzw.
Morphologien in einem von Korngrenzphasen umschließenden Bereich, insbesondere in einem Zentrumsabschnitt dieses Bereiches, bzw. im Inneren des Mischkristalles, gut ersichtlich insbesondere im rechten Bild der Fig. 27. Im Phasendiagramm der Fig. 24 scheint die Legierungszusammensetzung des Legierungsbeispiels 16 relativ weit von der monovarianten Linie bzw. dem pseudoeutektischen Punkt pE entfernt zu liegen. In diesem Fall ist allerdings zu beachten, dass entsprechend bekanntem Fachwissen die Steigung im Bereich des kubisch raumzentrierten Gitters, bcc, - in welchem auch das
Legierungsbeispiel 16 angeordnet ist - im Phasendiagramm sehr flach ist und zudem die drei Elemente Mg, AI und Li eine große Löslichkeit ineinander aufweisen. Damit ist erklärbar, weshalb sich ein entsprechend ausgedehntes Gebiet um den
pseudoeutektischen Punkt ergibt, in welchem eine vorteilhafte feinskalige eutektische Gefügestruktur mit hohem Anteil ausbildbar ist.
Fig. 28 und Fig. 29 zeigen Fließspannungsdiagramme der Legierungsbeispiele 15 und 16 als Ergebnisse von dilatometrischen Versuchsreihen, wobei wieder eine Fließspannung, in MPa, als Funktion des Verformungsgrades dargestellt ist, wobei Fig. 28
Fließspannungskurven betreffend das Legierungsbeispiel 15 und Fig. 29
Fließspannungskurven betreffend das Legierungsbeispiel 16 zeigt. Ersichtlich ist, dass beide Legierungsbeispiele hohe Festigkeiten bzw. Fließspannungen sowie ausgeprägte Umformbarkeiten aufweisen, korrespondierend zu den ermittelten feinen eutektischen Gefügestrukturen. In Fig. 29 betreffend das Legierungsbeispiel 16 ist außerdem eine Möglichkeit einer weiteren Eigenschaftsoptimierung mittels Wärmebehandlung dargestellt.
Fig. 29 zeigt Fließkurven von Legierungsproben unmittelbar nach einer Herstellung des Legierungsbeispiels 16 (as-cast), dargestellt in Fig. 29 als durchgezogene Linien, gekennzeichnet mit Bezugszeichen 16-1 , sowie darüber hinaus Fließkurven von
Legierungsbeispielproben nach durchgeführter Wärmebehandlung (aged) des
Legierungsbeispiels 16, dargestellt in Fig. 29 als gestrichelte Linien, gekennzeichnet mit Bezugszeichen 16-2. Hierzu wurden Proben des Legierungsbeispiels 16 einer
Wärmebehandlung bei 330°C für 3 Stunden unterzogen und anschließend Fließkurven mittels Druckversuchen ermittelt. Ersichtlich ist ein deutlicher Einfluss der
Wärmebehandlung auf Festigkeit, insbesondere Druckfestigkeit, und Umformbarkeit, wodurch das Potential gegeben ist, Druckfestigkeit und Umformbarkeit optimiert, insbesondere auf einen späteren Einsatzzweck hin, durch Wärmebehandlung
einzustellen.
Wie obig im Dokument bereits erläutert, hat es sich zur Umsetzung einer Legierung mit hoher Anwendungseignung als günstig erweisen, wenn die Legierung eine
Magnesiumbasislegierung ist, aufweisend, insbesondere bestehend aus, (in At.-%)
15,0 % bis 70,0 % Lithium,
mehr als 0,0 %, insbesondere mehr als 0,01 %, bevorzugt mehr als 0,05 %, Aluminium, Rest Magnesium und herstellungsbedingte Verunreinigungen,
wobei ein Verhältnis von Aluminium zu Magnesium (in At.-%) 1 :6 bis 4:6 beträgt. Das Legierungsbeispiel 16 kann als repräsentatives Beispiel für diese Legierungsdefinition gesehen werden, wie im Rahmen der europäischen Patentanmeldung mit der
Anmeldenummer 19184999.1 sowie außerdem im Rahmen der internationalen
Anmeldung mit dem internationalen Aktenzeichen PCT/EP2020/058280, welche beim Europäischen Patentamt eingereicht wurden, gezeigt ist. Hierbei darf insbesondere wiederum auch auf die jeweilige Fig. 1 dieser Anmeldungen verwiesen werden. In Fig. 24 ist ein entsprechendes Verhältnis von Aluminium zu Magnesium (in At.-%) von 1 :6 als strichlierte Linie eingezeichnet. Der vorgenannte Verhältnisbereich von Aluminium zu Magnesium (in At.-% bzw. Mol-%) von 1 :6 bis 4:6 befindet sich dabei im Phasendiagramm der Fig. 24 links von dieser Linie und stellt im Besonderen eine spezielle
Ausführungsvariante im Gebiet um den pseudoeutektischen Punkt pE dar.
Ein besonders vorteilhafter Umsetzungsbereich für eine Mg-Li-Al-Legierung, welche als Anwendungslegierung, insbesondere für ein Strukturbauteil, einsetzbar ist, ist gegeben,
wenn die Mg-Li-Al-Legierung im Mg-Li-Al-Phasendiagramm in einem Bereich zwischen der ein Verhältnis von Aluminium zu Magnesium (in At.-%) von 1 :6 indizierenden Linie und der monovarianten Linie bzw. Liquidusgrenzlinie, insbesondere mit einem vorgenannte Li-Gehaltsbereich, angeordnet ist. Ein solcher Bereich ist im
Phasendiagramm der Fig. 24 als grauer, flächiger Bereich gekennzeichnet.
Es zeigt sich, wie schon zuvor im Rahmen der Legierungsbeispiele des Al-Si-Mg- Systems, dass vorzugsweise eine Legierungszusammensetzung derart gewählt ist, dass die Legierungszusammensetzung im Gebiet des pseudoeutektischen Punktes pE liegt und bevorzugt darüber hinaus eine Primärerstarrung mit bzw. aus Mischkristallphase aufweist, also die entsprechende Legierungszusammensetzung im Phasendiagramm in einem Mischkristallbereich positioniert ist.
Mg-Cu-Zn:
Fig. 30 zeigt eine Darstellung eines ternären Phasendiagrammes eines Mg-Cu-Zn- Systems. Es wurde ein Legierungsbeispiel des Mg-Cu-Zn-Systems hergestellt und untersucht. Die zugehörigen Legierungszusammensetzung ist in Tabelle 4 als
Legierungsbeispiel 17 in Gewichtsprozent und Atomprozent angegeben und
korrespondiert zum Bezugszeichen 17, welches insbesondere im Phasendiagramm der Fig. 30 die Legierungszusammensetzung bezeichnet.
Tabelle 4: Legierungsbeispiel aus dem Mg-Cu-Zn-Legierungssystem.
Legierungszusammensetzungen auf, welche in einem Gebiet um einen
pseudoeutektischen Punkt pE angeordnet ist. Anhand von optischen
Mikroskopieaufnahmen ist in Fig. 31 und Fig 32 eine zugehörige Gefügestruktur veranschaulicht. Ersichtlich ist eine sehr feinskalige eutektische Gefügestruktur, welche sich an einer Grenze einer lichtmikroskopischen Auflösbarkeit befindet. Ersichtlich ist hierbei ein relativ großer Anteil von Primärerstarrung. Vorteilhaft für eine hohe Festigkeit und Umformbarkeit ist es daher, wenn eine Legierungszusammensetzung noch näher am
pseudoeutektischen Punkt pE bzw. näher an der monovarianten Linie bzw.
Liquidusgrenzlinie gewählt wird.
Fig. 33 zeigt ein Fließspannungsdiagramm als Ergebnisse von dilatometrischen
Versuchsreihen des Legierungsbeispiels 17, wobei wieder eine Fließspannung, in MPa, als Funktion des Verformungsgrades dargestellt ist. Ersichtlich ist, dass hohe Festigkeiten bzw. Fließspannungen erreicht werden, welche jedoch angesichts des ausgeprägten Anteiles von in den Mikroskopaufnahmen ersichtlicher Primärerstarrung durch Wahl einer Legierungszusammensetzung noch näher am pseudoeutektischen Punkt pE weiter verbessert werden können. In Fig. 33 sind dabei Fließkurven des Legierungsbeispiels 17 unmittelbar nach einer Herstellung des Legierungsbeispiels 17 (as-cast) gezeigt, gekennzeichnet mit Bezugszeichen 17-1 , sowie darüber hinaus Fließkurven des
Legierungsbeispiels 17 nach durchgeführter Wärmebehandlung, gekennzeichnet mit Bezugszeichen 17-2. Hierzu wurden Proben des Legierungsbeispiels 17 einer
Wärmebehandlung bei 350°C für 4 Stunden unterzogen und anschließend Fließkurven mittels Druckversuchen ermittelt. Ersichtlich ist ein deutlicher Einfluss der
Wärmebehandlung auf Festigkeit und Umformbarkeit, wodurch das Potential gegeben ist, Festigkeit und Umformbarkeit mittels Wärmebehandlung weiter zu optimieren.
In weiterer Folge wurden außerdem Untersuchungen von quaternären
Legierungssystemen bzw. quaternären Eutektika durchgeführt. Hierzu wurden
insbesondere die Legierungssysteme Al-Cu-Mg-Zn sowie Al-Mg-Si-Zn betrachtet.
Al-Cu-Mg-Zn:
In Bezug auf das Legierungssystem Al-Cu-Mg-Zn wurde ein im Gebiet eines
pseudoeutektischen Punktes pE gelegenes Legierungsbeispiel hergestellt und untersucht. Die Legierungszusammensetzung ist in Tabelle 5 als Legierungsbeispiel 18 in
Gewichtsprozent und Atomprozent angegeben und korrespondiert zum
Bezugszeichen 18.
Tabelle 5: Legierungsbeispiel aus dem Al-Cu-Mg-Zn-Legierungssystem.
Zur Untersuchung der eutektischen Gefügestruktur wurden Elektronenmikroskopie- Aufnahmen des Legierungsbeispiels 18 durchgeführt, dargestellt in Fig. 34. Ersichtlich ist ein feinstrukturiertes eutektisches Gefüge, insbesondere mit Strukturabmessungen im Nanometerbereich, gut ersichtlich in der rechten Aufnahme der Fig. 35 als ausgedehnter körniger Bereich im Zentrum des Bildes.
Es handelt sich hierbei um ein binäres eutektisches Gefüge in einem System mit vier Komponenten bzw. Elementen, somit um eine Steigerung des eingangs erklärten thermodynamischen Freiheitsgrades f von 1 auf 3 (quaternäres Eutektikum).
In Fig. 34 sind in den Primärbereichen (in grau) Substrukturen erkennbar, wobei es sich um Artefakte einer isostöchiometrischen Strukturumwandlung (bcc zu fcc) im festen Zustand handelt. In Bezug auf eine unmittelbare Beeinflussung von Festigkeit und
Umformbarkeit sind diese unbeachtlich. Weiter ersichtlich ist ein relativ großer Anteil von Primärerstarrung in Form einer Mischkristallphase (in hellgrau bis weißlich) sowie eine intermetallische Sekundärphase (in schwarz), insbesondere in Form einer Laves-Phase.
Fig. 35 zeigt ein Fließspannungsdiagramm als Ergebnis von dilatometrischen
Versuchsreichen mit dem Legierungsbeispiel 18. Dargestellt sind Fließkurven vor durchgeführter Wärmebehandlung, bezeichnet mit Bezugszeichen 18-1 , und Fließkurven nach durchgeführter Wärmebehandlung, bezeichnet mit Bezugszeichen 18-2, wobei wieder eine Fließspannung, in MPa, als Funktion des Verformungsgrades dargestellt ist. Ersichtlich ist, dass das Legierungsbeispiel 18 eine sehr hohe Festigkeit bei gleichzeitig vorhandener Bruchdehnung aufweist, wobei eine Umformbarkeit mittels
Wärmebehandlung variierbar ist.
Die vorhandene ausgeprägte Primärerstarrung sowie Sekundärphase sind als
sprödheitssteigernde Faktoren einzuschätzen, weshalb es vorteilhaft wäre diese Anteile weiter zu reduzieren, um Festigkeit bzw. Umformbarkeit weiter zu verbessern,
beispielsweise durch Verringerung des Abstandes zum bzw. weiterer Annäherung der Legierungszusammensetzung im Phasendiagramm an den pseudoeutektischen Punkt pE.
Al-Mg-Si-Zn:
In Bezug auf das Legierungssystem Al-Mg-Si-Zn wurde ein im Gebiet eines
pseudoeutektischen Punktes pE gelegenes Legierungsbeispiel mittels Simulation untersucht. Die Legierungszusammensetzung ist in Tabelle 6 als Legierungsbeispiel 19 angegeben und korrespondiert zum Bezugszeichen 19.
Tabelle 6: Legierungsbeispiel aus dem Al-Mg-Si-Zn-Legierungssystem.
Als Ergebnis der Simulation sind in Fig. 36 Phasenanteile als Funktion der Temperatur des Legierungsbeispiels 19 dargestellt. Ersichtlich ist ein unmittelbarer Übergang von fester zu flüssiger Phase korrespondierend mit einer Ausbildung eines eutektischen Gefüges. In Fig. 35 ist korrespondierend dazu eine mittels Scheil-Gulliver- Erstarrungsberechnung ermittelte Darstellung des Festanteiles in Abhängigkeit von der Temperatur dargestellt. Die gezeigten Equilibriums- und Scheil-Gulliver- Erstarrungskurven zeigen ein Legierungssystem, welches bei vier Komponenten bzw. Elementen eine binär-eutektische Erstarrung zeigt. Entsprechend liegt also wiederum eine Steigerung des thermodynamischen Freiheitsgrades von 1 auf 3 vor. Die Scheil-Gulliver- Berechnung zeigt in Fig. 37 einen sehr geringen Anteil von Primärerstarrung in Form eines Mischkristalles mit einem Anteil von weniger als 3 Mol.-% bzw. At.-% sowie außerdem eine praktisch nicht vorhanden Resterstarrung.
Es zeigt sich somit in analoger Weise, dass vorteilhaft neben einer Positionierung der Legierungszusammensetzung im Gebiet des pseudoeutektischen Punktes pE außerdem ein Anteil von Primärerstarrung und/oder Resterstarrung klein gehalten werden kann, um Festigkeitseigenschaften bzw. Umformungseigenschaften weiter zu steigern bzw. zu verbessern.
Eine erfindungsgemäße Legierung mit mehr als drei Komponenten mit einem durch Abkühlen aus dem flüssigen Zustand in den festen Zustand erzeugten eutektischen Gefüge ist somit vorteilhaft mit einem feinstrukturierten eutektischen Gefüge,
insbesondere mit einer Feinstruktur im Nanometerbereich, ausbildbar, welches einen
dominanten bzw. Wesentlichen Phasenanteil bzw. Gefügeanteil in der Legierung bildet, wenn eine Legierungszusammensetzung der Legierung im Phasendiagramm im Gebiet eines bzw. um einen pseudoeutektischen Punkt angeordnet ist. Auf diese Weise ist die Legierung mit vorteilhaft hoher Festigkeit und ausgeprägter Umformbarkeit ausbildbar. Dies gilt im besonderen Maße, wenn eine Primärerstarrung und/oder Resterstarrung sehr gering ausgebildet ist. Im Speziellen ist es hierfür günstig, wenn die Primärerstarrung mit bzw. aus einem Mischkristall, insbesondere nicht mit bzw. aus einer intermetallischen Phase, gebildet ist bzw. die Legierungszusammensetzung in einem entsprechenden Bereich im Phasendiagramm gewählt ist. Eine derart gebildete Legierung bietet damit ein Potenzial, robuste und widerstandsfähige Bauelemente, insbesondere
Konstruktionsbauelemente, im Besonderen für eine Einsatzzweck in der
Automobilindustrie, Flugzeugindustrie und/oder Weltraumindustrie, bevorzugt
zweckabhängig, umzusetzen.