Verfahren zum Herstellen eines Stahlformteils mit einem überwiegend ferritisch-bainitischen Gefüge
DJ e Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen eines Stahlformteils mit einem überwiegend ferritisch- bainitischen Gefuge.
Um die sich im modernen Karosseriebau bestehende Forderung nach geringem Gewicht bei gleichzeitig maximaler Festigkeit und Schutzwirkung zu erfulien, werden heutzutage in solchen Bereichen der Karosserie, die im Fall eines Crashs besonders hohen Belastungen ausgesetzt sein können, warmpressgeformte Bauteile eingesetzt, die aus hochfesten Stahlen erzeugt sind. A] s Beispiele für solche Stahlformteile sind die A- und B- Saule, die Stoßfanger und Turaufpralltrager eines Personenkraftfahrzeugs zu nennen.
Beim Warmpressharten von Stahlplatinen, die von kalt- oder warmgewalztem Stahlband abgeteilt sind, werden die betreffenden Blechzuschnitte auf eine in der Regel oberhalb der Austenitisierungstemperatur des jeweiligen Stahls liegende Verformungstemperatur erwärmt und im erwärmten Zustand in das Werkzeug einer Umformpresse gelegt. Im Zuge der anschließend durchgeführten Umformung erfahrt der Blechzuschnitt bzw. das aus ihm geformte Bauteil durch den Kontakt mit dem kühlen Werkzeug eine
schnelle Abkühlung, durch die sich im Bauteil Hartegefuge ergibt. Dabei kann es ausreichend sein, wenn das Bauteil ohne aktxve Kühlung alleine durch den Kontakt mit dem Werkzeug abkühlt. Unterstutzt werden kann eine schnelle Abkühlung jedoch auch dadurch, dass das Werkzeug selbst aktiv gekühlt wird.
Wie im Artikel "Potenziale für den Karosserieleichtbau" , erschienen in der Messezeitung der ThyssenKrupp Automotiv AG zur 61. Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt, 15.-25. Sept. 2005, berichtet, wird das Warmpressharten in der Praxis insbesondere für die Herstellung von hochfesten Karosseriebauteilen aus borlegierten Stahlen angewendet. Ein typisches Beispiel für einen solchen Stahl ist der unter der Bezeichnung 22MnB5 bekannte Stahl, der im Stahlschlussel 2004 unter der Werkstoffnummer 1.5528 zu finden ist.
Em mit dem Stahl 22MnB5 vergleichbarer Stahl ist aus der JP 2006104526 A bekannt. Dieser bekannte Stahl enthalt neben Fe und unvermeidbaren Verunreinigungen (xn Gew.-%) 0,05 - 0,55 % C, max. 2 % Si, 0,1 - 3 % Mn, max . 0,1 % P und max. 0,03 % S. Zur Hartesteigerung können dem Stahl zusatzlich Gehalte von 0,0002 - 0,005 % B und 0,001 - 0,1 % Ti zugegeben werden. Der jeweilige Ti- Gehalt dient dabei zum Abbinden des in dem Stahl vorhandenen Stickstoffs. Auf diese Weise kann das im Stahl vorhandene Bor seine festigkeitssteigernde Wirkung möglichst vollständig entfalten.
Gemäß der JP 2006104526 A werden aus dem derart zusammengesetzten Stahl zunächst Bleche gefertigt, die
dann auf eine oberhalb der ÄC3-Temperatur, typischerweise im Bereich von 850 - 950 0C, liegende Temperatur vorgewärmt werden. Bei der anschließend im Presswerkzeug erfolgenden, von diesem Temperaturbereich ausgehenden schnellen Abkühlung bildet sich im aus dem jeweiligen Blechzuschnitt pressgeformten Bauteil das die angestrebten hohen Festigkeiten gewahrleistende martensitische Gefuge. Gunstig wirkt sich dabei aus, dass sich die auf das genannte Temperaturniveau erwärmten Blechteile bei relativ geringen Umformkraften zu komplex geformten Bauteilen umformen lassen. Dies gilt insbesondere auch für solche Blechteile, die aus hochfestem Stahl gefertigt und mit einer Korrosionsschutzbeschichtung versehen sind.
Die auf die voranstehend erläuterte Weise aus borlegierten Stahlen erzeugten Bauteile erreichen Festigkeiten von über 1.500 MPa. Allerdings hat das dazu benotigte vollständig martensitische Gefuge der Bauteile zur Folge, dass die Bauteile eine für viele Anwendungen unzureichende Restbruchdehnung von 5 - 6 % besitzen. Die relativ geringe Restbruchdehnung geht mit einer geringen Zähigkeit einher. Diese führt bei Anwendungen, bei denen es auf ein gutes Verformungsverhalten im Falle eines Crashs ankommt, dazu, dass aus borlegierten Stahlen in der bekannten Weise hergestellte Bauteile, diese Anforderungen häufig nicht mehr erfüllen. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich bei den herzustellenden Bauteilen um Teile für eine Automobilkarosserie handelt.
In der DE 10 2005 054 847 B3 ist vorgeschlagen worden, durch eine nachgeschaltete Wärmebehandlung das
Crashvcrhalton von durch Warmpressharten erzeugten Stahlbauteilen zu verbessern, die neben Eisen und unvermeidbaren Verunreinigungen (m Gew.-%) 0,18 - 0,3 % C, 0,1 - 0,7 % Si, 1,0 - 2,50 % Mn, max. 0,025 % P, 0,1 - 0,8 % Cr, 0,1 - 0,5 % Mo, max. 0,01 % S, 0,02 - 0,05 % Ti, 0,002 - 0,005 % B und 0,01 - 0,06 % Al enthalten. Im Zuge der Wärmebehandlung werden die warmpressgeharteten Bauteile bei 320 - 400 0C gehalten. Abgesehen davon, dass ein solcher Warmebehand] ungsschritt nur mit großem Aufwand in die für die Herstellung von warmpressgeharteten Stahl bauten len etablierte Prozesskette eingegliedert werden kann, haben praktische Untersuchungen gezeigt, dass die Bruchdehnung von auf diese Weise warmebehandelten Bauteilen sich deutlich verschlechtert .
Eine andere Möglichkeit der Herstellung eines geharteten metalli sehen Bauteils ist aus der DE 102 08 216 Cl bekannt. Bei diesem bekannten Verfahren wird eine Platine oder ein vorgeformtes Formbauteil, die jeweils aus einem Stahl der voranstehend angegebenen Art bestehen, in einer Erwarmungseinrichtung auf eine Austenitisierungstemperatur erwärmt und anschließend über einen Transportweg einem Harteprozess zugeführt. Wahrend des Transports werden Teilbereiche erster Art der Platine oder des Formbauteils, die im Endbauteil höhere Dukti litatseigenschaften aufweisen sollen, von einer vorbestimmten Abkuhl-Starttemperatur abgeschreckt, die oberhalb der γ-α-Umwandlungstemperatur liegt. Dieses Abschrecken wird beendet, wenn eine vorgegebene Abkuhl-Stopptemperatur erreicht ist, und zwar bevor eine Umwandlung in Ferrit und/oder Perlit stattgefunden hat oder nachdem erst eine geringe Umwandlung
in Ferrit und/oder Perlit stattgefunden hat. Anschließend wird die Platine oder das jeweilige Formteil isotherm zur Umwandlung des Austenits in Ferrit und/oder Perlit gehalten. Währenddessen wird m den Bereichen zweiter Art, die im Endbauteil im Verhältnis geringere Duktili tatseigenschaften aufweisen sollen, die Hartetemperatur gerade so hoch gehalten, dass eine ausreichende Martensitbildung in den Bereichen zweiter Art wahrend eines Harteprozesses stattfinden kann. Abschließend wird dann die Abkühlung durchgeführt. Dazu wird das erhaltene Formteil in einem separaten Arbeitsgang in ein Abschreckbecken oder desgleichen getaucht, um das gewünschte martensitische Hartegefuge auszubilden. Auch diese Verfahrensweise bedingt eine Prozessfuhrung, die nur mit großem Aufwand in einen modernen Produktionsbetrieb eingegliedert werden kann. Darüber hinaus besteht auch bei den nach diesem bekannten Verfahren hergestellten Bauteilen das Problem, dass sie zwar eine hohe Festigkeit besitzen, gleichzeitig aber so spröde sind, dass sie den in der Praxis sich stellenden Anforderungen an ihre Verformbarkeit nicht gerecht werden.
Vor dem Hintergrund des voranstehend erläuterten Standes der Technik bestand die Aufgabe der Erfindung darin, ein Verfahren anzugeben, mit dem es möglich ist, auf prozesstechnisch einfache Weise Stahlformtei Ie herzustellen, bei denen eine hohe Festigkeit mit einer guten Restbruchdehnung kombiniert ist.
Diese Aufgabe ist erfi ndungsgemaß durch das in Anspruch 1 angegebene Verfahren gelost worden. Vorteilhafte
Ausgestaltungen dieses Verfahrens sind in den auf Anspruch 1 ruckbezogenen Ansprüchen angegeben.
Gemäß der Erfindung wird ein Stahlformteil mit einem überwiegend ferritisch-baimtischen Gefuge hergestellt.
Dazu wird ein Vormaterial in Form einer Stahlplatine oder eines vorgeformtes Stahlteils bereitgestellt. Wird eine bis dahin noch unverformte Stahlplatine als Vormaterial verarbeitet, wird der Gesamtprozess als "einstufiges" Verfahren bezeichnet. Wird dagegen ein vorgeformtes Stahlteil verarbeitet, spricht man von einem zweistufigen Prozess, wobej in der ersten Stufe eine bis dahin noch unverformte Platine so verformt wird, dass das dabei erhaltene Stahlbauteil seine Endform noch nicht erreicht hat.
Das jeweilige Vormaterial besteht erfindungsgemaß aus einem Stahl an sich bekannter Zusammensetzung, der neben Eisen und unvermeidbaren herstellungsbedingten Verunreinigungen (in Gew.-%) C: 0,02 - 0,6 %, Mn: 0,5 - 2,0 %, Al: 0,01 - 0,06 %, Si: bis zu 0,4 %, Cr: bis zu 1,2 %, P: bis zu 0,035 %, S: bis zu 0,035 % sowie optional eines oder mehrere Elemente aus der Gruppe "Ti, B, Mo, Ni, Cu, N" enthalt, wobei - sofern jeweils vorhanden - Ti in einem Gehalt von bis zu 0,05 %, Cu in einem Gehalt von bis zu 0,01 %, B in Gehalten von 0,0008 - 0,005 %, Mo in Gehalten von bis zu 0,3 %, Ni in Gehalten von bis zu 0,4 %, N m Gehalten von bis zu 0,01 %, enthalten sind. Besondere Bedeutung im Hinblick auf die Festigkeit erfindungsgemaß erzeugte Bauteile kommt dabei dem jeweiligen C-Gehalt zu, wogegen insbesondere die Gehalte an Si, Mn, Cr und B so
eingestellt sind, dass die Bildung des Bainits gefordert und die Entstehung größerer Martensitmengen im Gefuge des Bauteils vermieden werden.
Das derart zusammengesetzte Vormaterial (S tahlplatα ne bzw, vorgeformtes Stahlteil) wird bei einer zwischen der AcI- und der Ac3-Temperatur des Stahls liegenden Erwarmungstemperatur derart durcherwarmt , dass eine unvollständige Austenitisierung des Vormaterials eintritt. Am Ende der Austenitisierungsphase besteht das Gefuge des Vormaterials dementsprechend aus Ferrit und Austenit .
Anschließend wird das Vormateπal in ein Pressformwerkzeug eingelegt und darin zu dem Stahl formteil geformt. Das Pressharten erfolgt dabei in einem Temperaturbereich, in dem sich das Gefuge des Vormaterials im Zweiphasengebiet aus Ferrit und Austenit befindet .
Wesentlich für die Erfindung ist nun, dass das Stahlformteil auf eine Bainitbildungstemperatur gebracht wird, die oberhalb der Martensitstarttemperatur, jedoch unterhalb der Perlitumwandlungstemperatur des Stahls liegt, aus dem die Stahlplatine oder das vorgeformte Stahl teil jeweils hergestellt sind.
Ebenso wichtig ist, dass, sobald diese
Bainitbildungstemperatur erreicht ist, das Stahlformteil erfindungsgemaß über eine Bainitisierungszeit im Wesentlichen isotherm auf der Bainitbildungstemperatur gehalten wird, bis sich in dem Stahlformteil ein Gefuge eingestellt hat, das zum überwiegenden Teil aus Ferrit
und Bainit besteht. Die jeweils einzustellende Bainitisierungstemperatur richtet sich nach der Bainitumwandlungstemperatur , welche jeweils nach der chemischen Zusammensetzung des angereicherten Austenits durch die Martensitstarttemperatur nach unten und Perlitumwandlungstemperatur nach oben abgegrenzt ist.
Die Abkühlgeschwind! gkeit beim Pressharten wird von der Austenitisierungs- und Werkzeugtemperatur maßgeblich beemflusst. Diese muss so schnell sein, dass die Platine umwandlungsfrei auf die Bainitumwandlungstemperatur abgekühlt und bei dieser Temperatur konstant gehalten wird. Durch diese Vorgehensweise wird erreicht, dass am Ende der Bamitisierungszeit in dem Stahlformteil ein Gefuge vorliegt, das neben den ferritischen und baimtischen Gefugeanteilen untergeordnete Mengen an Restaustenit und allenfalls unterhalb von 5 % liegende Gehalte an Martensit aufweist. Die vom im Wesentlichen vom Kohlenstoffgehalt bestimmten Restaustenitgehalte im erhaltenen Bauteil können bis zu 10 % betragen.
Nach dem Ende der Bamitisierungszeit wird das Stahlformteil auf Raumtemperatur abgekühlt.
Gemäß der Erfindung wird also die Temperaturfuhrung im Hinblick auf den Austenitisierungsprozess und das anschließende Pressharten so gesteuert, dass sich ein Mischgefuge aus Ferrit, Bainit und einem Anteil von Restaustenit im Bauteil einstellt . Das erfmdungsgemaße Verfahren liefert somit ein Stahlbauteil, dessen Gefuge durch eine ferπtisch-bainitische Mikrostruktur gekennzeichnet ist. Diese bainitische Mikrostruktur
verleiht einem erfxndungsgemaß erzeugten Bauteil verbesserte Verformungsei genschaften, insbesondere eine verbesserte Restbruchdehnung. Damit einhergehend weisen erfindungsgemaß erzeugte Stahlformtei Ie ein verbessertes Crashverhalten auf, ohne dass es dazu einer gesonderten Anlassbehandlung bedarf, da Bainit als eine Art von angelassenem Martensit angesehen werden kann.
Darüber hinaus erlaubt es das erfmdungsgemaße Verfahren, das Stahlbauteil langsamer abzukühlen als bei den konventionellen Verfahren, bei denen die Abkühlung im Werkzeug mit dem Ziel erfolgt, martensitisches Hartegefuge zu erzeugen. Daher ist bei einem erf i ndungsgemaßen Verfahren die Gefahr der Entstehung von Bauteilverzug minimiert und die erfindungsgemaß erzeugten Bauteile zeichnen sich durch eine besonders hohe Maßhaltigkeit aus . Um eine langsame Abkühlung des Stahlbauteils sicherzustellen, kann zur Durchfuhrung des erfi ndungsgemaßen Verfahrens das Presswerkzeug auch gezielt erwärmt werden.
Neben den voranstehend genannten Vorteilen bestehen weitere Vorteile der Erfindung in der durch die vergleichbar niedrigen Ofentemperatur bei der Austemtisierung möglichen Energieeinsparungen, in der reduzierten thermischen Belastung der gegebenenfalls vorhandenen Oberflachenbeschichtung, in dem durch die abgesenkte Ofentemperatur bei der Austemtisierung möglichen Einsatz von Zn-beschichtetem Vormaterial sowie darin, dass es bei erfmdungsgemaßer Vorgehensweise möglich ist, durch Variation der Austemtisierungs- und Werkzeugtemperatur die mechanischen Kennwerte nach der
Baut ej Iforderung variabel einzustellen. Schließlich zeichnen sich erfindungsgemaß erzeugte Stahlformteile auch durch ein hohes Bake-Hardening Potenzial nach dem Pressharten aus.
Um die mit der Erfindung erzielten vorteilhaften Eigenschaften besonders sicher nutzen zu können, sollten die Ferrit- und Baimtanteile im Gefuge des Stahlformteils am Ende der Bainitisierungszeit Jn Summe mindestens 90 % betragen, wobei der Ferrit- und der Bainitanteil jeweils mindestens 30 % betragen sollten.
Da die Martcnsα tbildung erfindungsgemaß möglichst vollständig verhindert wird, ist es grundsätzlich vorteilhaft, wenn am Ende der Bainitisierungszeit der Martensitanteil des Stahlformteils weniger als 1 % betragt, insbesondere nur auf Spuren beschrankt ist.
Von der Legierung des Stahls, aus dem das erfindungsgemaß zu verarbeitende Vormaterial besteht, sind konventionelle
MnB-Stahle und Vergütungsstähle gleichermaßen umfasst. Eine für die Durchfuhrung des erfindungsgemaßen Verfahrens besonders geeigneter Vergütungsstahl weist neben Eisen und unvermeidbaren Verunreinigungen (in Gew.-%) C:
0,25 - 0,6 %, Si: bis zu 0,4 %, Mn: 0,5 - 2,0 %, Cr: bis zu
0,6 %, P: bis zu 0,02 %, S: bis zu 0,01 %, Al:
0,01 - 0,06 %, Ti: bis zu 0,05 %, Cu: bis zu 0,1 % und
B: 0,008 - 0,005 % auf. Für das erfindungsgemaße Verfahren in Frage kommende MnB-Stahle weisen dagegen C: 0,25 - 0,6
%, Si: bis zu 0,4 %, Mn: 0,5 - 2,0 %, Cr: bis zu 1,2 %, P: bis zu 0,035 %, S: bis zu 0,035 %, Mo: bis zu 0,3 %, Ni: bis zu 0,4 % und Al: 0,01 - 0,06 % auf.
Typischerweise liegt die Austenitisierungstemperatur der Stahle, aus denen erfindungsgemaß verarbeitetes Vormaterial hergestellt ist, im Bereich von 750 - 810 0C. Die für das Durcherwarmen bei der Erwarmungstemperatur vorgesehene Erwärmungszeit liegt dabei üblicherweise im Bereich von 6 - 15 Minuten.
Insbesondere bei der Herstellung von Stahlformteilen, die zum Bau von Karosserien für Fahrzeuge, insbesondere Automobile, bestimmt sind, ist es gunstig, wenn das Vormaterial mit einem vor Korrosion schutzenden metallischen Überzug versehen ist. Dieser Überzug schützt das jeweilige Vormaterial (Stahlplatine, vorgeformtes Stahlteil) auch beim Transport von dem Ofen, in dem es auf die Austenitisierungstemperatur vorerwarmt wird, zum Pressformwerkzeug. Die Korrosionsschutzbeschichtung kann dabei so ausgelegt werden, dass sie eine Oxidation des heißen Stahl Substrats mit dem Umgebungssauerstoff auch bei einem Transport an Luft schützt.
Eine besonders praxisgerechte Variante des erfmdungsgemaßen Verfahrens ist dadurch gekennzeichnet, dass die Pressformgebung und die Bainitisierung des im Zuge der Pressformgebung erzeugten Stahlbauteils im Pressformwerkzeug erfolgt. Dementsprechend sieht eine besonders vorteilhafte Variante der Erfindung vor, dass nach dem Pressformen des Vormaterials das dann erhaltene Stahlformteil in dem Pressformwerkzeug verbleibt und dort auf die Bamitbildungstemperatur gebracht und für die Bamitisierungszeit gehalten wird. Dabei ist das Pressformwerkzeug bevorzugt so temperiert, dass das Vormaterial ausgehend von einer über der
Bainitisi erungstemperatur liegenden Temperatur berexts wahrend ihrer Pressverformung zu dem Stahlbauteil auf die Ba Lnitisierungstemperatur abgekühlt werden. Die Werkzeugschließzeit des Presswerkzeugs, innerhalb der die Formgebung, Abkluhlung und Bainitisierung des Stahlformteils erfolgt, betragt in diesem Fall üblicherweise 5 - 60 Sekunden, insbesondere 20 - 60 Sekunden.
Im Fall , dass die Abkühlung auf die
Bainitisierungstemperatur und die Bainitisierung in einem Werkzeug absolviert werden, ist die Bainitisierungszeit jeweils um die Zeitdauer kurzer als die
Werkzeugschließzeit, die benotigt wird, um das jeweilige Vormaterial auf die Bainitisierungstemperatur zu bringen.
Alternativ zu einer Bainitisierung im Pressformwerkzeug ist es auch denkbar, nach dem Pressformen das aus dem Vormaterial pressgeformte Stahlformteil aus der Pressform zu entnehmen und in einem separaten Arbeitsgang auf die Bainitbildungstemperatur zu bringen und auf dieser über die Bainitj SD erungszeit zu halten. Eine solche Vorgehenswei se kann angezeigt sein, wenn eine entsprechende Anlagentechnik zur Verfugung steht. So lasst sich eine solche Vorgehensweise beispielsweise dann anwenden, wenn zum Erwarmen auf und Halten bei der Bainitisierungstemperatur ein SaI z- oder ein Bleibad zur Verfugung stehen, in die das Stahlbauteil nach der Pressformgebung verbracht werden kann.
Der typische Bereich der Bainitisierungstemperatur, bei der die erfindungsgemaße Baintisierung mit dem Ziel der
Ausbildung eines ferritisch/bainitischen Gefuges bevorzugt durchgeführt wird, ist nach unten typischerweise durch Martensitstarttemperatur der [jeweiligen Stahlzusammensetzung des Vormaterials begrenzt, wahrend sie nach oben hin jeweils niedriger als 500 0C eingestellt werden kann, um die Perlitbildung zu vermeiden .
Der mit der Durchfuhrung des erfindungsgemaßen Verfahrens verbundene verfahrenstechnische Aufwand kann auch dadurch auf ein Minimum reduziert werden, dass nach dem Ende der Bainiti sierungszeit die Abkühlung des erhaltenen Stahlformteils auf einfache Weise an Luft durchgeführt wird.
Für die Durchfuhrung des erfindungsgemaßen Verfahrens eignen sich Stahlplatinen, die von einem warmgewalzten oder kaltgewalzten Flachprodukt, wie Band oder Blech, abgeteilt worden sind. Ebenso ist es möglich, das erfindungsgemaße Verfahren auf ein Stahlteil anzuwenden, das in einem vorangegangenen Arbeitsschritt vorgeformt worden ist. Letzteres bietet sich beispielsweise dann an, wenn die Formgebung des herzustellenden Stahlbauteils so komplex ist, dass für ihre Herstellung mehrere Formgebungsschritte erforderlich sind.
Aufgrund ihres Eigenschaftsprofils eignen sich erfmdungsgemaß erzeugte Stahlbauteile besonders für eine Verwendung als crashrelevante Teile einer Automobilkarosserie. Das erfindungsgemaße Verfahren eignet sich dabei insbesondere für die Herstellung von
Längs- und Bodenquertragern, die in der Praxis exn besonders gutes Energieaufnahmevermogen aufweisen sollen.
Nachfolgend wird die Erfindung anhand von Äusfuhrungsbeispielen naher erläutert.
In Fig. 1 ist ein typischer bei der Durchfuhrung eines erfindungsgemaßen Verfahrens eingehaltener Verlauf der Temperatur T über die Zeit t aufgezeichnet. Demnach wird als Vormaterial eine jeweils zu einem Stahlbauteil zu verformende, beispielsweise mit einer vor Korrosion schutztenden AlSi-Beschichtung versehene Stahlplatine zunächst auf eine Austenitisierungstemperatur TA erwärmt, die unterhalb der Ac3-Temperatur jedoch oberhalb der AcI Temperatur des Stahls liegt, aus dem die Stahlplatine jeweils hergestellt ist. Bei der dieser
Austenitisierungstemperatur TA wird die Stahlplatme für eine Zeit tA gehalten, bis die Stahlplatine vollständig durcherwarmt ist, so dass in ihr ein aus Austenit und Ferrit bestehendes Mischgefuge vorliegt. Der Bereich, in dem der Stahl ein Gefuge aufweist, ist in Fig. 1 mit A gekennzeichnet, wahrend der Bereich des Mischgefuges aus Ferrit und Austenit mit "A+F" gekennzeichnet ist.
Nach Ende der Austenitisierungszeit tA wird die Stahlplatine zu einem Pressformwerkzeug transportiert. Die bis zum Schließen des Pressformwerkzeugs benotigte Transferzeit ist in Fig. 1 mit tT bezeichnet. Die Temperatur TW, mit der die Stahlplatine in das Pressformwerkzeug gelangt, liegt immer noch innerhalb des Temperaturbandes Ac3 - AcI.
Das Pressformwerkzeug ist mit einer Temperiereinrichtung ausgestattet, die es auf einer konstanten Temperatur halt, die der Ba mitisierungstemperatur TB entspricht. Das aus der Stahlplatine geformte, mit dem Pressformwerkzeug unmittelbar in Kontakt kommende Stahlformteil wird dementsprechend über eine Abkuhlzeit tK auf die Bainitisierungstemperatur TB gekühlt. Die Bainitisierungstemperatur TB liegt dabei oberhalb der Martensitstarttemperatur Ms, jedoch unterhalb der Perlitumwandlungstemperatur . Das Gebiet, in dem es zur Bildung von Perlit kommt, ist m Fig. 1 mit P gekennzeichnet. Zusätzlich ist in Fig. 1 mit F das Gebiet, in dem reiner Ferrit vorhanden ist, und mit M das Gebiet gekennzeichnet, in dem Martensit vorliegt.
Sobald die Bainitisierungstemperatur TB erreicht ist, wird das nach wie vor in dem Pressformwerkzeug sitzende Stahlbauteil über eine Baimtisierungszeit tB isotherm auf der Bainitisierungstemperatur TB gehalten. Die Baimtisierungszeit tB ist dabei so bemessen, dass an ihrem Ende das Gefuge des Stahlbauteils im Wesentlichen vollständig baimtisch ist.
Die ΛbkuhLung der Stahlplatine im temperierten Presswerkzeug erfolgt dabei innerhalb der Abkuhlzeit tK so schnell, dass der Stahl das Zweiphasenmischgebiet A+F durchlauft und eine Umwandlung im Martensitbereich M und Perlitbereich P verhindert wird, wobei die Martensitbildung möglichst vollständig vermieden wird.
Nach Erreichen des Endes der Baimtisierungszeit tB wird das Werkzeug geöffnet und das Stahlbauteil an ruhender Luft
auf Raumtemperatur abgekühlt. Die die Abkuhlzeit tK und die Bainitisi erungszeit tB umfassende Werkzeugschließzeit tW betragt abhangig von der Komplexität der Formgebung des herzustellenden Stahlbauteils und der Blechdicke der jeweils verarbeiteten Stahlplatine 5 - 60 Sekunden.
Für zwei Versuche sind aus einem Warmband von 3 - 4 mm Dicke durch Kaltwalzen zwei 1,5 - 2 mm dicke Stahlplatme SPl, SP2 erzeugt worden, die aus einem 27MnCrB5-2 Stahl mit der in Tabelle 1 in Gew.-% angegebenen Zusammensetzung bestanden.
Die erste Stahlplatine SPl ist dann auf eine Austenitisierungstemperatur TA von 780 0C erwärmt und auf dieser Temperatur TA für eine Austenitisierungszeit tA von 6 min gehalten worden.
C Si Mn P S o, 294 0 ,24 1,13 o, 01 7 o, 002
Al N Cr Ti B
0 ,035 o, 0038 0,43 0 , 033 0, 0010
Rest Ei sen und unvermeidbare Verunreinigungen
Tabelle 1
Anschließend ist die Stahlplatine SPl in einer 6 bis 12 s betragenden Transferzeit tT an Luft in ein Pressformwerkzeug transportiert worden, das auf eine Bainitisierungstemperatur TB von 400 0C aufgeheizt und bei dieser Temperatur TB konstant gehalten worden ist. In dem
Presswerkzeug ist da e Stahlplatme SPl dann über e me Werkzeugschließzeit tW von 40 s pressverformt worden. Die Gesamtpresszea t umfasste die Abkuhizeit IK, m der die Stahlplatme SPl von der Werkzeugeintrittstemperatur TW auf die Bamitis Lerungstemperatur TB abgekühlt worden ist, und die Bamitisierungszeit tB, in der sich das Bamitgefuge in dem im Pressformwerkzeug warmpressgeforrnten Stahlbauteil gebildet hat. Anschließend ist das Presswerkzeug geöffnet worden und das Stahlbauteil an ruhender Luft auf Raumtemperatur abgekühlt worden.
Das Gefuge des so erhaltenen Stahlformteils wies einen Ferπtantei] von 50 %, einen Baimtanteil von 40 %, einen Restaustemtanteil von 6 % und einen Martensitanteil von 4 % auf.
In dem zweiten Versuch ist die zweite Stahlplatme SP2 bei einer Aus! enitisierungstemperatur TA von 800 0C so durcherwarmt worden, dass auch sie nur unvollständig austenα tisiert war. Nach dieser Teilaustenα tisierung hat die zweite Stahlplatme SP2 dieselben Prozessschritte durchlaufen wie die erste Stahlplatme SPl .
Die Eigenschaften der aus den Stahlplatanen SPl, SP2 in der voranstehend beschriebenen Weise erzeugten Stahlformteile sind in Tabelle 2 angegeben.
Tabelle 2
Schließlich ist zum Vergleich eine ebenfalls aus dem 27MnCrB5-2 - Stahl bestehende Stahlplatine in konventioneller Weise martensitisch zu einem Stahlformteil pressformgehartet worden. Die Restbruchdehnung A80 betrug bei dem so erhaltenen Bauteil nur ca. 6%. Nach dem erfundenen Verfahren liegt die Restbruchdehnung A80 der gleichen Gute dagegen ca. 19%.
Beim erfindungsgemaßen baini tischen Pressharten handelt es sich somit um ein Verfahren zum Warmpressharten, bei dem anstelle des üblicherweise erzeugten Martensitgefuges ein überwiegend aus Ferrit und Bainit bestehendes Gefuge durch eine isothermische Umwandlung beim Pressharten am jeweils pressgeformten Stahlbauteil eingestellt wird. Das erhaltene ferritisch/bainitische Gefuge weist im Vergleich zu Martensit eine verbesserte Restbruchdehnung bei hoher Festigkeit auf.