Elektropolierverfahren
Die vorliegende Erfindung beschreibt ein Verfahren zum elektrochemischen Polieren von
Werkstücken aus Stahl, bei dem eine Verätzung der Oberfläche beim Spülvorgang auch ohne den Einsatz kostspieliger und umweltschädlicher Inhibitoren vermieden werden kann. Dieses Verfahren eignet sich insbesondere auch für Werkstücke aus niedrig legierten Stählen, die für einen chemischen Angriff besonders anfällig sind.
Das elektrochemische Polieren ist ein Verfahren, dass dem Entgraten, Glätten und Glänzen von Metalloberflächen dient. Aufgrund der höheren Stromdichte an feinen Kratzern und anderen Unebenheiten ionisiert und löst sich das Metall an diesen Stellen schneller als an den glatten Bereichen eines Metallwerkstücks, wodurch dessen Unebenheiten ausgeglichen werden. Hierzu werden die zu elektropolierenden Gegenstände, die an entsprechenden
Trageelementen hängen oder in Körben oder dergleichen angeordnet sind, in einen Elektrolyten, das Polierbad, eingetaucht und nach einer gewissen Zeit aus diesem herausgehoben. Nach dem Abfließen der Badflüssigkeit von den polierten Oberflächen werden die Gegenstände in Spülbäder getaucht, um den Elektrolyten vollständig zu entfernen. Diese Elektropo- lierverfahren haben insbesondere für Stähle mit einem Chromgehalt über 12%, die gemeinhin als nicht rostende Stähle, Edelstahle oder säurebeständige Stähle bezeichnet werden, breite industrielle Anwendung gefunden. Hierbei werden überwiegend Elektrolyte auf der Basis von Gemischen aus Phosphorsäure und Schwefelsäure eingesetzt, denen zur weiteren Verbesserung der Wirkung Glanzbildner und Inhibitoren zugesetzt werden können.
Stähle mit einem Chromgehalt unter 12%, d.h. niedrig legierte Stähle wie Baustähle und Werkzeugstähle, welche den Großteil der eingesetzten Stahlqualitäten bilden, können mit den für die Bearbeitung von Edelstahlen eingesetzten Verfahren jedoch nicht mit ausreichender Qualität elektropoliert werden. Die Ursache hierfür liegt in der geringen Säurebe- ständigkeit dieser Stähle, die dazu führt, dass die Elektrolyte beim Elektropolierprozess die Oberflächen unkontrollierbar chemisch angreifen und verätzen.
Um niedrig legierte Stähle mit Elektrolyten auf der Basis von Phosphorsäure und Schwefelsäure erfolgreich elektropolieren zu können, wird den Elektrolyten meist in nennenswerter Konzentration Chromsäure, d.h. eine Oxosäure des sechswertigen Chroms (Chromat) als Inhibitor zugesetzt, der den chemischen Angriff auf die Oberflächen des zu bearbeitenden Werkstücks während des Elektropolierens verhindert.
Chromate sind hoch toxisch, fruchtschädigend und krebserregend, weshalb ihr Einsatz in der Industrie zunehmend eingeschränkt wird und hohen Sicherheitsauflagen hinsichtlich Arbeitsschutz und Umweltschutz unterliegt. Das Patent JP-A 5 163 600 beschreibt den Zusatz von Ascorbinsäure oder Salzen der Ascorbinsäure als Möglichkeit, das sechswertige Chromat zu Chrom-(III)-Ionen, die weniger giftig sind, zu reduzieren. Die Verwendung von Chromsäure stellt jedoch auch einen erheblichen Kostenfaktor dar, der die Wirtschaftlichkeit des Elektro- polierverfahrens weiter einschränkt.
Ohne Chromsäure werden verschiedene Stähle, Aluminium, Nickel und deren Legierungen gemäß US-A 2,773,821 in Lösungen aus Schwefel- und Phosphorsäure elektropoliert, wobei jedoch der Zusatz von Hydroxyessigsäure, Benzolsulfonsäure und Toluolsulfonsäure benötigt wird. Die organischen Zusätze machen bis zu 40% der Elektropolierlösung aus. EP-A 0 249 650 verwendet zum chromfreien elektrochemischen Polieren von Gegenständen aus Stahl, Edelstahl, Nickellegierungen, Aluminium und Aluminiumlegierungen einen Chelatbildner auf der Basis von Phosphonsäure. EP-A 1 443 129 beschreibt den Zusatz von bis zu 50% Alkoholen und weiteren oberflächenaktiven Substanzen zur Elektropolierlösung, bevor die elekt- ropolierten Gegenstände lackiert werden. All diese Zusätze stellen einen nicht unerheblichen Kostenfaktor dar.
Entscheidende Bedeutung für den Glanz und die Glattheit des bearbeiteten Gegenstands kommt dem auf den Elektropolierschritt folgenden Spülprozess zu, durch den die Oberflächen von dem anhaftenden Elektrolyten gereinigt werden sollen. Die dabei auftretende Verringerung der Konzentration der Säure an der Oberfläche des elektropolierten Gegens- tands erhöht die korrosive Wirkung des Elektrolyten. Dieser Effekt soll durch den Zusatz von Inhibitoren wie Chromsäure unterdrückt werden. Ohne diese Zusätze werden die frisch polierten Metalloberflächen dabei wieder verätzt, wodurch der durch das Elektropolieren erzielte Effekt glatterer und glänzenderer Oberflächen in erheblichem Maße verloren geht.
Für die Industrie wäre daher ein den Verfahren für die Bearbeitung von Edelstahlen hinsichtlich Kosten und Gefährdungspotential vergleichbares Elektropolierverfahren für niedrig legierte Stähle, bei dem dieser chemische Angriff der verdünnten Säure auch ohne den Zusatz kostspieliger sowie umweit- und gesundheitsschädlicher Substanzen vermieden werden kann, von erheblichem Vorteil.
Die DE 808 519 B beschreibt ein Verfahren zum Polieren und Entgraten von hoch oder niedrig kohlenstoffhaltigen und von schwach legierten Stählen auf elektrolytischem Wege. Der
Elektrolyt enthält 5 bis 60 Gew.-% Schwefelsäure und 30 bis 80 Gew.-% Phosphorsäure. Das Elektrolytbad kann zusätzlich ein dreiwertiges gelöstes Metall, wie u.a. Eisen, enthalten.
Die AT 190 769 B beschreibt ein Verfahren und einen Elektrolyten zur elektrolytischen Reini- gung von Metallgegenständen. Der Elektrolyt besteht aus Salzsäure und im Anschluss an die Elektrolyse wird gespült, wobei dem Spülwasser Phosphorsäure im Verhältnis von etwa 0,05% bis 3% zugegeben werden kann. Dieser Phosphorsäure-Zusatz dient dem Zweck, die Bildung von Oxiden auf dem Metall des behandelten Gegenstandes zu verhindern.
Detaillierte Beschreibung der Erfindung
Der hier vorgestellten Erfindung liegt ein Elektropolierverfahren zu Grunde, das wie die Elektropolierverfahren für Edelstahl auf Gemischen von Phosphorsäure und Schwefelsäure beruht, wobei der auf den eigentlichen Elektropolierschritt folgende erste Spülschritt mit phosphorsäurehaltiger Lösung, bevorzugt mit einer Lösung die einen Phosphorsäuregehalt von mindestens 50 Gew.% aufweist, durchgeführt wird. Insbesondere die Verwendung von konzentrierter Phosphorsäure, die einen Anteil von 85 Gew.% H3PO4 enthält, eignet sich hier als Ausgangslösung. Dieses Verfahren kommt ohne den Zusatz von Chromsäure oder sonsti- ger Inhibitoren aus und bietet daher erhebliche, nicht nur wirtschaftliche Vorteile.
Zunächst werden die zu elektropolierenden Gegenstände in einem optionalen Schritt entfettet, um eine Verunreinigung des Elektrolyten zu vermeiden und die Oberflächen der Werkstücke vollständig für den Elektrolyten zugänglich zu machen. Hierzu kann jede han- delsübliche Entfettungslösung verwendet werden. Daraufhin werden die Werkstücke üblicherweise mit Wasser abgespült und im Anschluss daran ins Elektropolierbad getaucht und anodisch geschaltet. Ein unerwünscht starker chemischer Angriff auf die Oberflächen des zu elektropolierenden Gegenstands kann während des Elektropolierschritts dadurch unterbunden werden, dass der Wassergehalt der Elektrolyte niedrig gehalten wird. Daher werde zum Elektropolieren von Stählen und Stahllegierungen fast ausschließlich hochkonzentrierte Säuren, wie Schwefelsäure, Phosphorsäure und Gemische aus Schwefelsäure und Phosphorsäure verwendet. Besonders gute Wirkung zeigen dabei Elektrolyte, die einen Wassergehalt von maximal 20 Gew.% aufweisen.
Zudem erweist es sich als vorteilhaft, wenn der Elektrolyt bereits von Beginn an Eisen-(III)- Ionen in einer Konzentration von mindestens 1 Gew.%, bevorzugt in einer Konzentration über 2,0 Gew.%, enthält. Um eine für einen wirtschaftlichen Prozess ausreichende chemi-
sche Aktivität zu erreichen, sollte die Temperatur des Elektrolyten über 50 0C, bevorzugt 60 0C bis 90 0C, betragen.
Das Problem des chemischen Angriffe bei der Verringerung der Säurekonzentration im Zuge des Spülprozesses ohne die Verwendung von Inhibitoren konnte in dem erfindungsgemäßen Verfahren dadurch gelöst werden, dass in der ersten Stufe des Spülprozesses nicht mit Wasser, sondern mit konzentrierter, wasserarmer Phosphorsäure bei Raumtemperatur gespült wird. Überraschend zeigt sich, dass die Oberflächen anschließend an diesen ersten Spülschritt problemlos mit Wasser fertig gespült werden können, ohne dass ein chemischer Angriff der verdünnten Säure beobachtet werden kann. Dabei ist es von Vorteil, dem Spülwasser im letzten Spülschritt einen gewissen Anteil an handelsüblichen Korrosionsinhibitoren wie etwa KORANTIN BH (2-Butin-l,4-diol) zuzusetzen, um eine nachträgliche Korrosion im Verlauf der Trocknung zu verhindern.
Es zeigt sich, dass die Anreicherung der Phosphorsäure mit Elektrolyt in der ersten Spülstufe bis zu einem Gehalt an Schwefelsäure von ca. 20 Gew.% die Ergebnisse nicht beeinträchtigt. Dies eröffnet die Möglichkeit, die mit Schwefelsäureelektrolyt angereicherte Phosphorsäure ihrerseits als Grundstoff für die Herstellung von neuem Elektrolyten zu verwenden. Auch die Rückgewinnung der in den weiteren Spülprozess verschleppten Phosphorsäure aus dem Spülwasser ist ohne Qualitätsverlust möglich. Dies macht die Rückgewinnung der Mineralsäuren, verbunden mit einer Kreislaufführung des Spülwassers über einen Verdampfer äußerst wirtschaftlich. Auf diese Weise kann der Elektropolierprozess quasi abwasserfrei gestaltet werden.
Die während des Elektropolierens von der Werkstückoberfläche abgetragenen Eisenionen gehen im Elektrolyt in Lösung und werden dort angereichert. Jenseits einer kritischen Konzentration von ca. 8 Gew.%, entsprechend ca. 140 Gramm pro Liter Eisen im Elektrolyten, vermindert sich die Wirksamkeit des Elektrolyten deutlich. Dies macht eine Verringerung des Eisengehaltes durch Teilaustausch mit frischem Elektrolyten erforderlich. Die Entnahme des verbrauchten Elektrolyten kann sowohl direkt, als auch durch Ausschleppung in den Spülprozess erfolgen.
Der entnommene, verbrauchte Elektrolyt ist entweder an eine zugelassene Stelle zur Ver¬ nichtung abzugeben oder durch Regeneration wieder gebrauchsfähig zu machen. Zur Rege- neration des verbrauchten Elektrolyten eignet sich hervorragend das elektrolytische Fällen des Eisens in Form von Fe(II)-Sulfat aus dem konzentriertem Elektrolyten. Somit fällt als Abfall aus dem Elektropolierprozess letztlich nur das abgetragene Eisen in Form von Eisen-
(IΙ)-sulfat an, das seinerseits etwa als Reduktionsmittel industriell weiter verwendet werden kann.
Durch Verwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens können somit auch niedrig legierte Stähle genauso effizient und kostengünstig wie Edelstahl elektropoliert werden. Zudem stellt dieses Verfahren auch eine erheblich umweltschonendere und die Gesundheit weniger gefährdende Methode des Elektropolierens dar.
Die Erfindung wird in den folgenden Beispielen näher erläutert. Die Beispiele stellen nur mögliche Ausfϋhrungsformen des hier beschriebenen Elektropolierverfahrens dar, es soll keineswegs eine Beschränkung auf die hier aufgeführten Bedingungen impliziert werden.
Beispiele
Beispiel 1:
Ein Satz Schneidwerkzeuge aus gehärtetem Werkzeugstahl (Werkstoff Nr. 1.3343) wurde in einem Elektrolyten bestehend aus 50 Gew.% Phosphorsäure und 50 Gew.% Schwefelsäure mit einem spezifischen Gewicht von 1,75 kg/l und einem Eisengehalt von 4,5 Gew.% bei einer Elektrolyttemperatur von 800C, einer Stromdichte von 40 A/dm2 und einer Spannung von 12 V für eine Dauer von 6 min elektropoliert und anschließend in konzentrierter Phosphorsäure (85 Gew.%) bei Raumtemperatur vorgespült, in Wasser endgespült, anschließend in Wasser einer Temperatur von 6O0C getaucht, dem ein handelsüblicher Korrosionsinhibitor in einer Konzentration von 2 Gew.% zugesetzt war, und an Luft getrocknet.
Ein zweiter Satz wurde in einem Elektrolyten mit 70 Gew.% Phosphorsäure, 2,5 Gew.% Schwefelsäure und 9 Gew.% Chromsäure mit einem spezifischen Gewicht von 1,740 kg/l und einem Eisengehalt von 2,5 Gew.% bei einer Elektrolyttemperatur von 500C, einer Stromdichte von 40 A/dm2 und einer Spannung von 11 V für eine Dauer von 6 min elektropoliert. Die Teile wurden anschließend mit Wasser gespült und getrocknet.
Das Ergebnis der Elektropolitur war bei beiden Verfahren gleichwertig hinsichtlich Einebnung der Oberflächen und Glättung der Schneidkanten.
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Beispie! 2:
Platten aus Vergütungsstahl wurden in gehärtetem und ungehärtetem Zustand in Elektrolyten gemäß Bespiel 1 elektropoliert. Die Stromdichte betrug 25 A/dm2 bei 14 V und einer Elektropolierdauer von 60 min. Der Spülprozess erfolgte wie in Beispiel 1 beschrieben, ebenso das Trocknen an Luft. Die erzielten Ergebnisse an den gehärteten und den ungehärteten Platten waren bei beiden Verfahren gleichwertig hinsichtlich Werkstoffabtrag, Glanz und Einebnung.