Träger für den Transport einer Nutzlast und Verfahren zum Ändern der Umlaufbahn eines Trägers
Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf einen Träger, insbesondere die Oberstufe eines Trägers, für den Transport einer Nutzlast in eine Umlaufbahn, wobei sich der Träger beim oder nach dem Aussetzen der Nutzlast in einer Transfer-Umlaufbahn oder der Umlaufbahn der Nutzlast befindet. Die Anmeldung betrifft weiterhin ein Verfahren zum Ändern der Umlaufbahn eines Trägers, um diesen endgültig zu entsorgen. ,
Nutzlasten, wie zum Beispiel Satelliten, werden in der Regel mit einer Rakete und insbesondere durch deren Oberstufe - oder allgemein durch einen Träger - in ihre Umlaufbahn, auch Zielorbit genannt, befördert. Bei diesem Zielorbit kann es sich beispielsweise um einen geostationären Orbit oder eine andere Umlaufbahn handeln, auf welcher die Nutzlast um die Erde kreist. Die Nutzlast wird durch den Träger entweder in eine Übergangsellipse, die eine sog. Transfer-Umlaufbahn darstellt, befördert. Von dort aus erfolgt der weitere Transport der Nutzlast in der Regel mit einem chemischen Antrieb, einem sogenannten Apogäumsmotor. Alternativ kann auch der gesamte Transfer durch den Träger, insbesondere durch dessen Oberstufe erfolgen. In diesem Fall verbleiben sowohl die Nutzlast als auch der Träger in diesem Zielorbit, das heißt, auf der operativen Umlaufbahn der Nutzlast. Durch die zwangsweise Anhäufung ausgedienter Satelliten und anderer
" Nutzlasten und der diese befördernden Träger erhöht sich die Gefahr einer Kollision dieser Komponenten mit noch intakten Satelliten auf diesen bevorzugten Umlaufbahnen. Hierdurch entsteht eine erhöhte Gefährdung von noch funktionsfähigen Satelliten.
Auch wenn eine Kollision nicht zwangsweise erfolgen muss, so nimmt doch der Abstand der Satelliten zueinander auf den Vorzugsorbits im Laufe der Zeit immer mehr ab. Hierdurch wird es immer schwieriger, operationelle Satelliten in diese Vorzugsorbits einzubringen.
Eine wesentliche Verbesserung dieser Problematik wäre bereits gegeben, wenn die die Nutzlasten befördernden Trägersysteme bzw. Oberstufen von Raketentriebwerken nicht in diesen Umlaufbahnen verbleiben würden.
Aus dem Stand der Technik sind hierzu wieder verwendbare Trägersysteme bekannt. So schlägt die US 6,450,452 B1 beispielsweise eine wiederverwendbare erste Stufe einer Rakete vor, die ein Strahltriebwerk mit einem strukturell verstärkten Körper aufweist, an dem aerodynamische Steuer-Oberflächen angebracht sind. Die Anordnung ist für einen kontrollierten Sinkflug und eine kontrollierte Rückkehr zur Erde eingerichtet. Das Strahltriebwerk und die aerodynamischen Steuer-Oberflächen werden verwendet, um die erste Stufe auf eine Landepiste zurückzuführen.
Diese vorgeschlagene Anordnung weist den Vorteil auf, dass auf den Vorzugs- orbits der Satelliten keine Träger(-systeme) verbleiben und die erste Stufe mehrfach verwendet werden kann. Zur Realisierung des wiederverwendbaren Trägersystems müssen jedoch zum einen signifikante konstruktive Änderungen gegenüber konventionellen Trägersystemen vorgenommen werden und andererseits muss zum Betreiben des Strahltriebwerks eine erhöhte Menge an Treibstoff mitgeführt werden. Die alleine für die Rückkehr des Trägersystems notwendigen, zusätzlichen Massen bedingen wiederum, dass das Trägersystem für ihren Start mit größeren bzw. stärkeren Triebwerken ausgestattet werden muss, wodurch eine weitere Erhöhung der Treibstoffmenge notwendig ist.
Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, eine einfache und kostengünstige Möglichkeit anzugeben, mit der die Ansammlung von nicht mehr benötigten Trägersystemen in den Vorzugsorbits von Nutzlasten, insbesondere Satelliten, vermieden werden kann.
Diese Aufgabe wird durch einen Träger für den Transport einer Nutzlast mit den Merkmalen des Patentanspruches 1 und durch ein Verfahren zum Ändern der Umlaufbahn eines Trägers mit den Merkmalen des Patentanspruches 13 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen ergeben sich jeweils aus den abhängigen Patentansprüchen.
Erfindungsgemäß ist vorgesehen, dass der Träger ein Mittel zum Ändern seiner Umlaufbahn aufweist, mittels dem der Träger von der Transfer-Umlaufbahn oder der Umlaufbahn der Nutzlast in eine weitere Umlaufbahn bringbar ist. Die weitere Umlaufbahn ist dabei eine von der Transfer-Umlaufbahn oder der Umlaufbahn der Nutzlast verschiedene Umlaufbahn und ist insbesondere von den Vorzugsorbits der Nutzlast verschieden. Bevorzugt ist die weitere Umlaufbahn eine erdnähere Umlaufbahn, in der eine bereits vorhandene Restatmosphäre für ein allmähliches Abbremsen des Trägers sorgt, so dass dieser schließlich verglüht und damit endgültig beseitigt ist. Im Gegensatz zu der aus dem Stand der Technik bekannten Anordnung weist die Erfindung den Vorteil auf, dass weder leistungsstarke Strahltriebwerke noch große zusätzliche Mengen an Treibstoff benötigt werden, um ein Verbleiben des Trägers in der Umlaufbahn der Nutzlast oder der Transfer-Umlaufbahn zu vermeiden. Der Träger lässt sich damit insgesamt einfacher und kostengünstiger konstruieren. Insbesondere sind aufwendige Verstärkungsmaßnahmen, die dem Träger eine verbesserte strukturelle Festigkeit geben, nicht erforderlich.
Das Mittel zum Ändern der Umlaufbahn weist vorzugsweise einen Treibstoff- verbrauch auf, der um ein mehrfaches geringer ist als der eines chemisch
betriebenen Haupttriebwerks des Trägers, so dass die Zeitdauer für den Transfer von der Transfer-Umlaufbahn oder der Umlaufbahn der Nutzlast in die weitere Umlaufbahn um ein mehrfaches größer als die Zeitdauer für den Transfer des Trägers in die Transfer-Umlaufbahn oder die Umlaufbahn der Nutzlast ist. Verbunden damit ist eine Schubkraft des Mittels, die um ein mehrfaches geringer ist als die eines chemisch betriebenen Haupttriebwerks. Die Zeitdauer, um den Träger von der Transfer-Umlaufbahn oder der Umlaufbahn der Nutzlast in die weitere Umlaufbahn zu bringen, beträgt aufgrund dieser Gegebenheiten wenigstens 90 Tage und beansprucht insbesondere eine Zeitdauer zwischen 90 und 360 Tagen, und bevorzugt eine Zeitdauer zwischen 90 und 120 Tagen.
Bevorzugt ist das Mittel zum Ändern der Umlaufbahn ein Lageregelungssystem. Dieses wird vorzugsweise elektrisch betrieben. Es kann sich dabei um einen sogenannten Solar Plasma Thruster (SPT), um einen Radio Ion Thruster Assembly (RITA) oder ein Kaufman-Triebwerk handeln. Diese drei beispielhaft aufgeführten Varianten sind aus dem Stand der Technik bereits bekannt, so dass auf eine eingehende Beschreibung verzichtet werden kann. Die genannten Antriebssysteme werden derzeit insbesondere für Satelliten zur Lageregelung eingesetzt.
In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung weist das Mittel zum Ändern der Umlaufbahn zumindest ein bezüglich dem Körper des Trägers bewegliches Vortriebssystem, insbesondere einen Beschleuniger (sog. Thruster), auf, um zumindest während des Transfers von der Transfer-Umlaufbahn oder der Umlaufbahn der Nutzlast auf die weitere Umlaufbahn für Vortrieb zu sorgen. Um eine möglichst präzise Steuerung zu ermöglichen und auch um für einen ausreichenden Vortrieb zu sorgen, ist es vorteilhaft, mehrere Beschleuniger vorzusehen. Diese sind vorzugsweise auf dem Körper des Trägers in einer Ebene senkrecht zur Vortriebsrichtung des Haupttriebwerks des Trägers angeordnet.
Zur Energieversorgung des elektrisch betriebenen Lageregelungssystems ist vorzugsweise ein Solar-Generator an dem Träger vorgesehen. Dieser kann in bzw. auf der Oberfläche des Trägers ausgebildet sein oder auffaltbar an diesem befestigt sein. Mit der letzt genannten Variante lässt sich eine größere Fläche zur Aufnahme von Sonnenenergie realisieren. Dies erfordert jedoch mechanisch und konstruktiv einen etwas höheren Aufwand als das Aufbringen der Oberfläche auf dem Körper des Trägers selbst.
In einer weiteren Ausgestaltung weist der Träger einen Treibstoffbehälter auf, der mit dem Mittel zum Ändern der Umlaufbahn gekoppelt ist und derart bemessen ist, dass dessen Energieinhalt ausreichend ist, das Mittel zum Ändern der Umlaufbahn mit Energie zu versorgen bis der Träger die weitere Umlaufbahn erreicht hat. Elektrisch betriebene Lageregelungssysteme, die zum Beispiel nach dem Prinzip RITA arbeiten, benötigen zur Erzeugung von Vortrieb Xenon. Andere Triebwerke arbeiten mit Argon oder Quecksilber, die jeweils in dem Treibstoffbehälter mitgeführt werden.
Das Mittel zum Ändern der Umlaufbahn verwendet vorzugsweise einen Treibstoff, der unterschiedlich von dem Treibstoff des Haupttriebwerks des Trägers, wie z.B. einer Oberstufe, für den Transport in die Transfer-Umlaufbahn oder die Umlaufbahn der Nutzlast ist. Der für das Mittel zum Ändern der Umlaufbahn benötigte Treibstoffbehälter kann dabei im Verhältnis zum Kraftstoffbehälter des chemischen Treibstoffes erheblich kleiner ausgeführt werden, so dass an konventionellen Trägern nur geringe Modifikationen notwendig sind.
Das Vorsehen eines Lageregelungssystems, dessen konstruktiver Aufbau aus der Satellitentechnik gut bekannt ist, an einem Träger, wie z.B. einer Oberstufe, erfordert nur geringe Modifikationen und die Hinzunahme lediglich weniger Bauteile, um den Träger in eine von den Vorzugsorbits von Mutzlasten
verschiedene weitere Umlaufbahn zu bringen, so dass der Träger in kontrollierter Weise endgültig durch Verglühen in der Atmosphäre entsorgt werden kann.
Die Erfindung und deren Vorteile werden nachstehend anhand der Figuren weiter erläutert. Es zeigen:
Figur 1 ein schematisches Schaubild eines Lageregelungssystems zum Anbringen an einem Träger,
Figur 2 einen Ausschnitt eines Trägers, an dem ein Mittel zum Ändern der Umlaufbahn angeordnet ist, und
Figur 3 einen Ausschnitt eines Trägers, an dem in einer anderen Ausführungsform ein Mittel zum Ändern der Umlaufbahn angeordnet ist.
Das Mittel zum Ändern der Umlaufbahn eines Trägers ist gemäß der Erfindung vorzugsweise in Form eines Lageregelungssystems, wie dies aus der Satellitentechnik bereits bekannt ist, ausgebildet. Das Lageregelungssystem weist in dem Ausführungsbeispiel lediglich beispielhaft insgesamt vier Vortriebssysteme 18 in Form von Beschleunigern, die auch Thruster genannt werden, auf. Jeder dieser Düsen 18 sind jeweils zwei Aktuatoren 19 zugeordnet, mittels derer die Beschleuniger 18 hinsichtlich ihrer Schubrichtung gegenüber dem Körper des Trägers, an dem sie befestigt sind, verstellt werden können. Die Aktuatoren 19 sind mit einer Aktuator-Steuervorrichtung 16 verbunden, die abhängig von einer mit ihr verbundenen Lageregelung 17 Steuersignale an die Aktuatoren 19 ausgibt.
Ihre Energie bezieht die Aktuator-Steuervorrichtung 16 über einen Solar- Generator 10. Dieser ist an der Oberfläche der Oberstufe bzw. des Trägers 1 angeordnet. Wie im Ausführungsbeispiel der Figur 2 gezeigt, kann der Solar- Generator ausfaltbar ausgebildet sein. Figur 3 zeigt eine Anordnung, in der der
Solar-Generator 10 auf der Oberfläche des Trägers 1 aufgebracht ist. Der Solar- Generator 10 versorgt neben der Aktuator-Steuervorrichtung 16 auch zwei Stromversorgungs- und Steuervorrichtungen 12, die zur Ansteuerung jeweiliger Neutralisatoren 20 und Hochfrequenz-Generatoren 21 jedes Beschleunigers 18 vorgesehen sind.
Eine Steuervorrichtung 11, die mit einer weiteren Lageregelung 17 verbunden ist, sorgt dafür, dass der Solar-Generator möglichst optimal zur Sonnenstrahlung ausgerichtet ist. Das Lageregelungssystem verfügt weiterhin über einen Treibstoff- behälter 13, an den ein Treibstoff-Fördersystem 14 angeschlossen ist. Dieses führt Treibstoff aus dem Treibstoffbehälter 13 jeweiligen Treibstofffluss-Steuerun- gen 15 zu. Diese sind ihrerseits mit den bereits erwähnten Neutralisatoren 20 und dem Vortriebssystemen 18 verbunden.
Das Lageregelungssystem bedient sich vorzugsweise eines auf Xenon basierenden Antriebs, welcher als Radio Ion Thruster Assembly (RITA) bekannt ist. Der damit erzielbare Vortrieb reicht aus, den Träger oder gegebenenfalls auch einen Satelliten, innerhalb einer Zeitspanne von 90-120 Tagen von der Transfer- Umlaufbahn oder der Umlaufbahn der Nutzlast in eine weitere Umlaufbahn zu bringen, welche bereits eine Restatmosphäre aufweist. Diese sorgt für ein allmähliches Abbremsen und weiteres Eintauchen des Trägers in die Erdatmosphäre, so dass diese schließlich verglühen wird. Dadurch ist eine endgültige Entsorgung sichergestellt.
Statt des hier beschriebenen RITA-Vortriebssystems kann natürlich auch jedes andere, bei Lageregelungssystemen bekannte Vortriebssystem verwendet werden. Insbesondere kommen als weitere elektrisch betriebene Antriebssysteme SPT (Solar Plasma Thruster) oder das Kaufman-Prinzip in Betracht.
Die durch das zusätzlich vorgesehene Lageregelungssystem verursachten Massen, zusammen mit dem dazu benötigten Treibstoff, sind verhältnismäßig gering und liegen im Bereich bis maximal 10% der Massen der bislang eingesetzten Träger. Die erfindungsgemäß ausgebildeten Träger sind, verglichen mit der aus dem Stand der Technik bekannten Anordnung, verhältnismäßig gering. Die Erfindung sorgt damit auf einfache Weise dafür, dass sich in der Nähe der Vorzugsorbits von Satelliten kein zusätzlicher Weltraumschrott ansammelt.
Die Figuren 2 und 3, die einen Ausschnitt eines Trägers darstellen, zeigen das zusätzlich vorgesehene Lageregelungssystem auf der Seite des Trägers, an der auch das Haupttriebwerk 2 angeordnet ist. Das Lageregelungssystem und insbesondere die vorzugsweise vier vorgesehenen Beschleuniger 18 liegen damit in einer Ebene senkrecht zur Schubrichtung des Haupttriebwerks 2. Jeder der Beschleuniger 18 ist gegenüber dieser Fläche schwenkbar, so dass eine genaue Steuerung beim Transfer auf die weitere Umlaufbahn möglich ist.
Die gezeigten Ausführungsbeispiele unterscheiden sich lediglich durch die Anbringung des Solar-Panels 10. Die etwas aufwendigere, auffaltbare Konstruktion des Solar-Panels der Figur 2 erlaubt im Verhältnis größere Flächen, die zur Sonne ausgerichtet werden. Das in Figur 3 gezeigte System ist hingegen fertigungstechnisch und konstruktiv wesentlich einfacher gestaltet.
Bezugszeichenliste
1 Träger
2 Haupttriebwerk
10 Solar-Generator
11 Steuervorrichtung
12 Stromversorgungs- und Steuervorrichtung
13 Treibstoffbehälter
14 Treibstofffördersystem
15 Treibstoffflusssteuerung 6 Aktuator-Steuervorrichtung 7 Lageregelung 8 Beschleuniger 9 Aktuator 0 Neutralisator 1 Hochfrequenz-Generator