Einrichtung und Verfahren zur Kompensation der auf einen lageveränderbaren Druckmittelzylinder einwirkenden Gewichtskraft
Die Erfindung betrifft eine Einrichtung zur Kompensation der in Längsrichtung auf eine verfahrbare Kolbenstange eines lageveränderbaren Druckmittelzylinders einwirkenden Gewichtskraft mittels einer elektronischen Steuereinheit zur die Gewichtskraft berücksichtigenden Ansteuerung mindestens eines den Druckmittelzylinder zumindest
einseitig beaufschlagenden Mehrwegeventils. Weiterhin betrifft die Erfindung auch ein diesbezügliches Verfahren.
Das Anwendungsgebiet der Erfindung erstreckt sich auf industrielle Anlagen, welche einen in mindestens einer Raumachse verschwenkbaren- oder verdrehbaren Druckmittelzylinder enthalten. Derartige industrielle Anlagen können beispielsweise robotergeführte Schweißzangen, Nietautomaten, Drückwerkzeuge sein. Ein Kernproblem bei derartigen Anwendungen besteht darin, dass auf die beweghchen Teile des Dmckmittelzylinders- dessen Kolbenstange- abhängig vom Drehwinkel unterschiedlich große Gewichtskrafts- Komponenten einwirken, welche das dynamische Verhalten des Druckmittelzylinders negativ beeinflussen. Insbesondere wenn der Druckmittelzylinder eine große Masse zu bewegen hat, dann würde eine in Folge der Verdrehung sich ändernde Gewichtskraft-Komponente eine FeMfunktion bewirken. Die Fehlfunktion würde sich in einem unkontrollierten Ein - oder Ausfahren der Kolbenstange äußern.
Es ist daher im Stand der Technik allgemein bekannt bei derartigen Anwendungen von Dmckmittelzylindern eine die Gewichtskraft berücksichtigende Ansteuerung zu wählen. Hierbei ist in die Arbeitsleitung zur Beaufschlagung der rnindestens einen Druckkammer des Druckmittelzylinders ein Druckregelventil angeordnet, das manuell einstellbar ist, um somit eine konstante Gewichtskraftkompensation zu ermöglichen. Steuerungstechnisch wird also ein fixer Korrekturfaktor bei der Ansteuerung des Druckmittelzylinders berücksichtigt. Natürlich funktioniert diese konstante Gewichtskraftkompensation nur für einen relativ kleinen Drehwinkel des lageveränderbaren Druckmittelzylinders. Größere Schwenkbereiche sind hiermit nicht beherrschbar.
Aus der DE 4446074 AI geht eine gattungsgemäße Einrichtung zur Kompensation der Gewichtskraft hervor, bei welcher ein Lagesensor permanent die Kolbenposition (und damit auch die Kolbenstangenposition) erfasst und bei Ist- Soll- Abweichungen über eine entsprechend korrigierende Beaufschlagung des Druckmittelzylinders auch in der Lage ist,
gewichtskraftsbedingte Einflüsse zu kompensieren. Diese Einrichtung ermöglicht es, verschiedene Arten von Lasten in einer vorgegebenen Position zu halten und die Last dann mit einer gewünschten Geschwindigkeit zu bewegen oder eine gewünschte Kraft anzulegen. Je nach Größe der auf die Kolbenstange einwirkenden Gewichtskraft wird neben den normalen Λnsteuersignalen eines kolbenbodenseitigen sowie kolbendeckelseitigen Drucksteuerungsventils ein weiteres Signal zu dem Λusgleichsdrucksignal addiert oder von diesem subtrahiert, und das resultierende Signal in das eine Drucksteuerungsventil eingegeben.
Ein Nachteil dieser Lösung besteht darin, dass eine die in Folge eines Verschwenkens des Druckmittelzylinders resultierende gewichtskraftbedingte Lageänderung der Kolbenstange nur über eine Messung deren Reaktion ermittelt wird. Hieraus resultieren Zeitverzögerungen, so dass eine anschheßende exakte, ruckelfreie Gewichtskraftskompensation nicht machbar ist.
Es ist daher die Aufgabe der vorliegenden Erfindung eine Einrichtung zur Kompensation der in Längsrichtung auf eine verfahrbare Kolbenstange eines lageveränderbaren Dmckmittelzylinders einwirkenden Gewichtskraft zu schaffen, die eine stufenlose Kompensation von Gewichtskraftseinflüssen über den gesamten relevanten Drehwinkelbereich ermöglicht.
Die Aufgabe wird ausgehend von einer Einrichtung gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 gemeinsam mit das ihn kennzeichnenden Merkmalen gelöst. Verfahrenstechnisch wird die Aufgabe durch die Merkmale des Anspruchs 12 gelöst. Die jeweils rückbezogenen Ansprüche geben vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung wieder.
Die Erfindung schließt die einrichtungstechnische Lehre ein, dass ein Sensor zur Erfassung der aktuellen Position des Druckmittelzylinders vorgesehen ist, woraus eine elektronische Steuereinheit die aktuell in Längsrichtung auf die verfahrbare Kolbenstange wirkende
Gewichtskraft bestimmt, um hiervon abhängig den die Gewichtskraft kompensierenden Sollwert zur Ansteuerung eines als Druckregelventil ausgebildeten Mehrwegeventils zu ermitteln.
Der Vorteil der erfindungsgemäßen Lösung liegt insbesondere darin, dass als Eingangsgröße für die Gewichtskraftkompensation direkt die aktuelle Ausrichtung des gesamten D ckmittelzylinders zur Richtung der Gewichtskraft verwendet wird. Somit ist die elektronische Steuereinheit in der Lage eine Vergrößerung oder Vemώ derung der auf die verfahrbare Kolbenstange einwirkenden Gewichtskraft direkt zu erkennen, ohne dass bereits eine unerwünschte Bewegungsreaktion der Kolbenstange aufgrund der sich ändernden Gewichtskraft erfolgt ist. Die erfindungsgemäße Lösung führt zu einem ruckelfreien Verhalten der Kolbenstange bei einer Lageveränderung des Druckmittelzylinders, bei welcher sich die auf die Kolbenstange einwirkende Gewichtskraft ändert. Die Gewichtskraft ist mit dieser Lösung über den gesamten Drehwinkelbereich des Druckmittelzylniders stufenlos kompensierbar.
Vorzugsweise ist der Sensor zur Erfassung der aktuellen Position des Dnickmittelzylinders nach Art eines Beschleunigungssensors ausgebildet, welcher die längs auf die bewegbare Kolbenstange wirkende Erdbeschleunigung misst. Über die bekannte Masse der Kolbenstange samt Kolben und Last ist nach dem Newton'schen Grundgesetz die zu kompensierende Gewichtskraft berechenbar.
Alternativ hierzu kann der Sensor zur Erfassung der aktuellen Position des Druckmittelzylinders auch nach Art eines Lagesensors für eine Messung der aktuellen Positionskoordinaten des Druckmittelzylinders im Raum ausgebildet sein. Es sind diejenigen Positionskoordinaten erforderUch, welche einen Rückschluß auf die aktuelle Ausrichtung der Kolbenstange zur Richtung der Erdbeschleunigung ermöglichen.
Gemäß einer weiteren, die Erfindung verbessernden Maßnahme arbeitet die elektronische Steuereinheit zur Anpassung der Gewichtskraftkompensation an verschieden schweren vom Druckmittelzylinder zu bewegende Objekte nach Maßgabe einer entsprechend verstellbaren Druckkennlinie. Die Druckkennlinie ist insoweit an verschiedene Lastsituationen flexibel anpassbar.
Das vom Sensor erzeugte Signal kann zusätzlich einem elektronischen Filter zur Elüninierung oder zurnindest Mimmierung von Störsignalanteilen zugeführt werden, um Störsignale aufgrund von Umgebungsschwingungen auszuschließen. Solche Umgebungsschwingungen können beispielsweise durch Vibrationen in Folge eines Materialeingriffs eines Werkzeuges und dergleichen entstehen.
Das vom Sensor erzeugte Signal läuft vorteilhafterweise über einen elektronischen Verstärker zur Anpassung an herrschende Masse - und Hebelverhältnisse, um über einen einstellbaren Verstärkungsfaktor einen anpassbaren Gewichtsausgleich mit einfachen technischen Mitteln zu gewährleisten.
Eine weitere, die Erfindung verbessernde Maßnahme besteht darin, dass die das Mehrwegeventil ansteuernde Steuereinheit von einem ersten Betriebsmodus für den Kompensationsbetrieb in einen zweiten Betriebsmodus für eine Fixierstellung schaltbar ist. Im Betriebsmodus der Fixierstellung erfolgt keine Gewichtskraftkompensation. Die Fixierstellung kann gewählt werden, wenn ein Bewegungszyklus des Druckmittelzylinders abgeschlossen ist, damit dieser in Ruhestellung verharrt. Das Umschalten zwischen beiden Betriebsmodi erfolgt vorzugsweise über einen digitalen Eingang an der elektronischen Steuereinheit.
Vorzugsweise sollte der Sensor zur Erfassung der aktuellen Lage des Druckmittelzylinders gemeinsam mit der elektronischen Steuereinheit baulich direkt im Mehrwegeventil integriert
sein. Da das Mehrwegeventil erfindungsgemäß als Druckregelventil ausgebildet ist, umfasst diese gewöhnlich bereits eine Elektronikeinheit, welche lediglich um den Sensor mit den dazugehörigen elektronischen Bauelementen zu ergänzen ist.
Eine ganz bevorzugte Anwendung der Erfindung ergibt sich bei einer Schweißzange, welche einen Druckmittelzylinder zur Gewährleistung einer schwimmenden, verschwenkbaren Lagerung eines an einem ortsfesten Trägerteils angelenkten statischen Arms aufweist. Der als Beschleunigungssensor ausgebildete Sensor kann in einfacher Weise derart am statischen Arm oder am Trägerteil der Schweißzange angebracht werden, dass dieser eine Verdrehung des D ckmittelzylinders um eine quer zur Längsachse der Kolbenstange verlaufende Achse erfasst.
Weitere die Erfindung verbessernde Maßnahmen werden nachstehend gemeinsam mit der Beschreibung eines bevorzugten Ausfiihrungsbeispiels der Erfindung anhand der Figuren näher dargestellt. Es zeigt:
Figur 1 eine Seitenansicht einer Schweißzange mit einer Einrichtung zur Kompensation der Gewichtskraft während der Lageänderung,
Figur 2 einen elektronischen Schaltplan der Einrichtung gemäß Figur 1 , und
Figur 3 ein Drehwinkel- Druck- Diagramm für die Beaufschlagung des Druckmittelzylinders zum Zwecke der Gewichtskraftskompensation.
Die Schweißzange gemäß Figur 1 besteht im Wesentlichen aus einem ortsfesten Trägerarm 1, der auch an der Aufnahme eines -nicht weiter dargestellten- Roboters angebracht werden kann. An einem Armlager 2 des Trägerarms 1 ist ein statischer Arm 3 sowie ein gegenüberliegender dynamischer Arm 4 angelenkt. Dem statischen Arm 3 ist eine erste
Schweißelektrode 5 zugeordnet; dem dynamischen Arm 4 ist eine zweite Schweißelektrode 6 zugeordnet. Über eine Druckmittelbeaufschlagung des zwischen dem statischen Arm 3 und dem dynamischen Arm 4 angebrachten Spannzylinders 7 erfolgt ein Öffnen oder Schließen der beiden Schweißelektroden 5 und 6, zwischen denen Bleche 8 durch Punktschweißen miteinander verbindbar sind.
Der Zangenschwerpunkt 9 hegt aufgrund des unsymmetrischen Λufbaus der Schweißzange nicht im Armlager 2. Da die Bleche 8 und der Trägerarm 1 von Schweißpunkt zu Schweißpunkt Lagetoleranzen aufweisen, ist der statische Arm 3 schwimmend gelagert, d.h. mit einem weiteren Freiheitsgrad versehen. Den Freiheitsgrad erhält der statische Arm 3 durch die nicht starre Befestigung mittels eines Druckmittelzylinders 10 an dem Trägerarm 1, so dass der Druckmittelzylinder 10 hier eine Art Ausgleichszylinder darstellt. Damit die Bleche 8 beim Ansetzen der Schweißelektroden 5 und 6 zur Ausführung eines neuen Schweißpunktes nicht verbogen werden, erfolgt eine Anpassung der Druckdifferenz im Druckmittelzylinder 10 an den Drehwinkel der Schweißzange um die dargestellte Achse X.
Hierfür ist ein nach Art eines elektropneumatischen Druckregelventils ausgebildetes Mehrwegeventil 11 vorgesehen, welches mit einem integrierten Sensor 12 nach Art eines Beschleunigungssensors ausgestattet ist. Das Mehrwegeventil 11 ist so an der Schweißzange montiert, dass von dem Sensor 12 nur Drehungen um die Achse X erfasst werden.
Gemäß Figur 2 wird mit dem Ausgangssignal des Sensors 12 das nach Art eines elektropneumatischen Druckregelventils ausgebildete Mehrwegeventil 11 angesteuert, welches wiederum den Bodendruck des Druckmittelzylinders 10 regelt.
Das 3/3- Ventil 13 dient dabei der bodenseitigen Beaufschlagung des Druckmittelzylinders 10. Deckelseitig wird der Dmckmittelzylinder 10 über einen statisches Druckregelventil 14 mit Druckmittel versorgt. Die Ansteuerung des elektromagnetischen 3/3-Ventils 13 erfolgt
über das Winkelsignal des Beschleunigungssensors 12. Ein im Signalweg nachgeschalteter elektronischer Filter 15 dient zur Minimierung von Störsignalanteilen in Folge von Umgebungsschwingungen. Ein diesem nachgeschalteter Verstärker 16 dient der Anpassung an herrschende Masse- und Hebelverhältnisse an der - hier nicht weiter dargestellten - Schweißzange.
Die die vorstehend erläuterten elektronischen Bauelemente enthaltende elektronische Steuereinheit 17 ist über einen Schalter 18 in einen Erstbetriebsmodus für den Kompensationsbetrieb und in einen zweiten- hier gezeigten- Betriebsmodus für eine Fixierstellung schaltbar an einem Verstärker 19 kann ein gewünschter Wert für die Fixierstellung der Schweißzange vorgewählt werden. Das Umschalten des Schalters 18 erfolgt über einen digitalen Eingang am Mehrwegeventil 11. Wie durch die Strich-Punkt- Linie angedeutet, ist der Sensor 12 zur Erfassung der aktuellen Position des Druckmittelzylinders 10 gemeinsam mit der elektronischen Steuereinheit 17 baulich direkt im Mehrwegeventil 11 integriert.
Im Diagramm nach Figur 3 sind diejenigen bodenseitigen Drücke (durchgezogener Graph) veranschaulicht, welche zum Zwecke einer Gewichtskraftkompensation bei einer vollen Umdrehung des lageveränderbaren Druckmittelzylinders um die Achse X eingeregelt werden. Dem gegenüber verhält sich der zylinderdeckelseitige Druck konstant (gestrichelter Graph). Unter Berücksichtigung der von der Kolbenstange des Drackrrjittelzylinders zu bewegenden Masse ergibt sich die dargestellte Kennlinie, die in der elektronischen Steuereinheit hinterlegt ist und für eine Kompensation an verschieden schwer vom Druckmittelzylinder zu bewegende Massen (Objekte) anpassbar, d.h. entsprechend verstellbar ist.
Entsprechend des Drehwinkels des Druckmittelzylinders 10 um die Achse X ergeben sich beispielhaft folgende Beschleunigungen, die jeweils Ausgangsspannungen des als
Beschleunigungssensor ausgebildeten Sensors zur Erfassung der aktuellen Position des Druckmittelzylinders zugeordnet sind:
Die vom Sensor gelieferten Ausgangsspannungen werden über diese Beziehungen dem jeweiligen Drehwinkel um die Achse X stufenlos zugeordnet, welcher die aktuelle Position des Druckmittelzylinders kennzeichnet. Die elektronische Steuereinheit vermag bei bekannter zu bewegender Masse hieraus die aktuelle Längsrichtung der auf die verfahrbare Kolbenstange einwirkenden Gewichtskraft zu bestimmen, um hiervon abhängig den die Gewichtskraft kompensierenden Sollwert zu Ansteuerung des Druckregelventils zu ermitteln.
Die Erfindung ist nicht beschränkt auf das vorstehend beschriebene bevorzugte Ausführungsbeispiel. Es können vielmehr auch Abwandlungen hiervon vorgenommen werden, die vom Schutzbereich der nachfolgenden Ansprüche umfasst sind. So ist es beispielsweise auch möglich, anstelle eines einzigen Sensors zur Erfassung der aktuellen Position des Druckmittelzylmders zwei oder mehrere derartige Sensoren für verschiedene gewichtskraftrelevante Drehachsen vorzusehen.
Bczugszcichcnliste
Trägerarm
Λrmlager
Statischer Arm
Dynamischer Arm
Erste Schweißelektrode
Zweite Schweißelektrode
Spannzylinder
Bleche
Zangenschwerpunkt
Druckmittelzy linder
Mehrwegeventil
Sensor
3/3-Ventil statisches Druckregelventil
Filter
Verstärker
Steuereinheit
Schalter
Verstärker