Verfahren zum Starten von radikalischen Polymerisationen
Die Erfindung betrifft ein Initiator-System zum thermischen Start einer radikalischen Polymerisation von Zubereitungen, insbesondere Lacken, Beschichtungslösungen, Beschichtungsstoffe, Formmassen, Füllmassen und Klebern, die Monomere und/oder Oligomere mit ethylenisch ungesättigten Gruppen enthalten, die insbesondere durch Acrylat- und Methacrylatderivate gebildet werden, sowie ein Verfahren zur radikalischen Polymerisation der Zubereitungen unter Schutzgas oder an Luft.
Mittels Polymerisation aushärtbare Massen besitzen insbesondere als Formmassen aber auch als Lacke, Farben, Beschichtungen und Kleber breiteste Anwendung. Dabei wird als Härtemechanismus sehr häufig die radikalische Polymerisation von radikalisch polymerisierbaren Komponenten, beispielsweise von (Meth) acrylatverbindungen, gewählt. ( (Meth) Acrylat steht zusammenfassend für Methacrylat und Acrylat.) Die Polymerisation wird dabei zumeist thermisch oder photochemisch, beispielsweise durch UV-Licht, gestartet.
Gerade bei den schichtbildenden Anwendungen (Lacke, Beschichtungen, etc.) führt aber der Zutritt von Luftsauerstoff über die großen exponierten Flächen zu einer Störung der radikalischen Polymerisation. Der Sauerstoff führt in seiner Wirkung als Radikalfänger zu einer starken Inhibierung der Polymerisation, was sich häufig in unvollständiger Härtung und insbesondere in klebrigen
Schicht-Oberflächen äußert. Dies ist auch für mit Peroxiden und Azoverbindungen thermisch härtende Systeme bekannt. Insbesondere bei den (Meth) acrylat-haltigen Zubereitungen stellt die photochemisch initiierte Polymerisation eine wichtige Verfahrensvariante dar, da sie zu vergleichsweise guten Werkstoffeigenschaften führt.
Die Inhibierung durch Luftsauerstoff lässt sich dabei zum Teil durch den Einsatz hoher Photoinitiatormengen, Coinitiatoren, hoher Bestrahlungsleistungen oder deckschichtbildende Wachse reduzieren. In der DE 199 57 900 AI wird des Weiteren ausgeführt, den Luftzutritt durch ein Gaspolster aus Schutzgas zu verringern. Das Schutzgas besteht dabei bevorzugt aus C02, das sich aufgrund seines hohen spezifischen Gewichtes zu einem Gaspolster abschließen lässt.
Die photoinitiierte (strahlungsinduzierte) Polymerisation hat gegenüber einer thermisch initiierten Polymerisation den Nachteil, dass eine gleichmäßige Bestrahlung bei geometrisch komplexen Verhältnissen aufgrund von Abschattungen sehr aufwändig bis unmöglich ist. Insbesondere beim Aufsprühen von Lacken finden häufig unbeabsichtigt Niederschläge von Sprühnebeln in Schattenbereichen statt, die nicht zur Lackierung vorgesehen sind.
Wünschenswert wäre es daher, insbesondere bereits in der Strahlungshärtung erprobte Zubereitungen mit Monomeren und/oder Oligomeren, die ethylenisch ungesättigte Gruppen aufweisen, unter Lufteinfluss einer thermischen Polymerisation zugänglich zu machen.
Die zur Verringerung der Sauerstoff-Inhibierung für die photochemische Initiierung ausgeführten Maßnahmen lassen sich im Prinzip auch in analoger Weise auf die thermisch initiierten Polymerisationen übertragen. Sie sind aber mit
zum Teil erheblichen technischen und werkstofflichen Nachteilen verbunden. So führt beispielsweise die Erhöhung der Initiatoraktivität auch bei Raumtemperatur schon zu einer vorzeitigen schleichenden Polymerisation.
Es ist daher Aufgabe der Erfindung ein gut lagerfähiges Initiator-System für die thermisch initiierte Polymerisation von Zubereitungen mit ethylenisch ungesättigten Gruppen an Luft oder unter Schutzgas bereitzustellen, das bei geringen Temperaturen startet, sowie ein geeignetes Verfahren zur thermisch initiierten Aushärtung von Zubereitungen mit radikalisch polymerisierbaren Gruppen aufzuzeigen.
Die Aufgabe wird gelöst durch den kennzeichnenden Teil der Ansprüche 1, 2 und 17. Bevorzugte Ausgestaltungen und Verwendungen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
Erfindungsgemäß ist vorgesehen ein Initiatorsystem zu verwenden, das als Starter eine radikalbildende Gruppierung aus aktiviertem Hyroxylamin-, O-Alkylhydroxylamin-, oder 0- Acylhydroxylamin-Derivat aufweist. Dabei wird die Aktivierung dieser Gruppierung erfindungsgemäß durch zwei am N gebundene Acylgruppen bewirkt. Die zentrale strukturelle Einheit des Starters wird durch die folgenden allgemeinen Formeln zusammenfassend angegeben:
N,N-Diacyl-Hydroxylamin: R-CO- (OH) -CO-R (1)
O-alkyliertes N, N-Diacyl-Hydroxylamin : R-CO-N(0-Rλ λ)-CO-R (2)
O-acyliertes N, N-Diacyl-Hydroxylamin: R-CO-N (0-CO-RΛ Λ Λ)-CO-Rλ (3;
R, RΛ, R,Λ und R Λ bedeuten gleiche oder unterschiedliche organische Substituenten. R, RΛ R,x, und/oder Rλ,Λ sind insbesondere ausgewählt aus der Gruppe der aliphatischen, linearen, verzweigten und/oder zyklischen, subsituierten und/oder unsubstituierten Kohlenwasserstoffe. R, RΛ und/oder R Λ können dabei auch aromatische Kohlenwasserstoffe, beispielsweise ein Phenyl-Rest sein.
Bevorzugt umfassen R, RΛ, R λ Λ und/oder R ,Λ Kohlenwasserstoffketten mit einer Kettenlänge von 2 bis 18 Atomen. Die Kohlenwasserstoffketten können gegebenenfalls auch durch Heteroatome aus der Gruppe, N, 0 und/oder S unterbrochen sein. Insbesondere bei RΛΛ sind organische Substituenten von Bedeutung. Beispielsweise lassen sich R, Rλ, RΛΛ oder R Λλ von natürlichen Fettsäuren ableiten.
In einer bevorzugten Ausführung der Erfindung sind die Reste R und/oder R' zu einer Kette geschlossen, deren Länge bei 2 bis 10 Atomen liegt. Der Starter lässt sich in der folgenden allgemeinen schematischen Formel (4) angeben, wobei die geschlossene Kette durch z dargestellt ist und z für eine Anzahl von Kettenatomen steht. Z liegt bevorzugt zwischen z=2 bis z=10. 0
Besonders bevorzugt werden hierbei zyklische N,N-Diacyl- Hydroxylamine oder N, -Diacyl-Derivate mit einer Ringgröße von 5 bis 12 Atomen gebildet.
X stellt dabei gemäß den Formeln (1), (2) oder (3) -H, -RΛ , oder -CO-RΛΛΛ dar. Besonders bevorzugt wird X durch -H gebildet .
In einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung bilden die beiden Reste R und RΛ ein geschlossenes Ringsystem wobei die N,N-Diacyl-Hydroxylamin-Gruppierung über die Acyl- Gruppen an das Ringsystem angebunden ist. Der Starter lässt sich in der folgenden allgemeinen schematischen Formel (5) angeben.
X bedeutet gemäß den Formeln (1), (2) oder (3) -H, -RΛΛ, oder -CO-R ΛΛ. In (5) stellt z einen cyclischen Kohlenwasserstoff mit mindestens 4 und bevorzugt 6 bis 14 Ringatomen dar. Die Kettenglieder von z werden bevorzugt durch Methylen- und/oder Alkylengruppen gebildet, die Seitenketten bzw. Substituenten tragen können. Gegebenenfalls sind eines oder mehrere der Kohlenstoffatome des Rings durch Heteroatome substituiert. Besonders bevorzugt stellt der Ring z ein aromatisches Ringsystem mit 5 bis 8 Ringatomen dar, beispielsweise ein System auf der Basis von Benzol, Naphthalin oder Anthracen.
Zu den erfindungsgemäß geeigneten Verbindungen gemäß der schematischen Formel (5) zählen insbesondere auch die
Derivate auf der Basis von Benzoltricarbonsäuren, Phthalsäure, Homophthalsäure und Pyromellitsäure . Während zwei benachbarte Carbonsäuregruppen die N, N-Diacylgruppierung ausbilden, steht die dritte Carbonsäurefunktion als aktive Gruppe für eine weitere Derivatisierung zur Verfügung.
Aus der EP 0 424 115 Bl sind elektrophotograpische photosensitive Verbindungen bekannt, die als aktive Gruppierung ebenfalls eine N,N-Diacyl-Hydroxylamin-Gruppe aufweisen. Hierbei handelt es sich um Ringsysteme bei denen diese Gruppierung entweder Bestandteil des Ringes ist oder anneliert vorliegt. Der Bereich der erfindungsgemäß als thermischer Initiator für die radikalische Polymerisation geeigneten Verbindungen erstreckt sich insbesondere auch auf die in der EP 0 424 115 Bl abgebildeten Formeln 1 bis 104, sowie deren O-Alkyl- oder O-Acyl-Derivate, gemäß den allgemeinen Formeln (2) oder (3) .
Je nachdem, ob das Initiatorsystem in einem unpolaren organischen Medium oder in einem polaren wässrigen Medium eingesetzt werden soll, kann die Löslichkeit über eine geeignete Auswahl an Substituenten an R und/oder Rλ, respektive z erfolgen. Für unpolare Medien sind beispielsweise aliphatische oder aromatische Substituenten zu bevorzugen. Für polare Medien, insbesondere wässrige Medien sind Substituenten mit Hydroxyl-, Carboxyl-, Alkylenglykol- und/oder Keto-Gruppen besonders bevorzugt.
Zu den erfindungsgemäß besonders bevorzugten Verbindungen gehören N-Hydroxyl-Pthalimid, N-Hydroxyl-Succinimid und deren
Derivate, sowie die N-Hydroxylimide, der Dicarbonsäuren endo- Bicyclo [2.2.1] hept-5-en-2, 3-dicarbonsäure, endo-
Bicyclo [2.2.1] heptan-2, 3-dicarbonsäure oder cis-Cyclohex-3- en-1.6-Dicarbonsäure .
Zu den besonders bevorzugten O-Acylierten Verbindungen (Triacylhydroxylamine) gehören das Tributyroylhydroxylamine und die mit Acetyl, oder Propionyl O-acylierten N-Hydroxyl- Pthalimide.
Das erfindungsgemäße Initiatorsystem kann als weitere Komponente einen Coinitiator umfassen, der die Aktivität des Starters unterstützt. Während im Falle der N,N-Diacyl- Hydroxylamine auch ein Coinitiator-freies Initiatorsystem zur Polymerisation und Härtung führen kann, ist für die 0- alkylierten N, -Diacyl-Hydroxylamine und für die O-acylierten N,N-Diacyl-Hydroxylamine eine Verwendung des Coinitiators in der Regel erforderlich.
Bevorzugte Coinitiatoren werden durch aktive Metallionen und/oder durch tertiäre Amine gebildet. Zwar sind auch einige der Starter ebenso ohne Coinitiator zum Start der Polymerisation befähigt, der Coinitiator bewirkt aber eine erhebliche Senkung der Aushärtetemperatur.
Im Falle der Metallionen als Coinitiator wird die Bildung des Starter-Radikals, das die Polymerisation der polymerisierbaren Komponenten auslöst, unterstützt. Im Reaktionsgeschehen wechselt das aktive Metallion des Coinitiators zwischen einer höheren und einer niedrigeren Oxidationsstufe. Die Oxidation in die höhere Oxidationsstufe kann durch Sauerstoff erfolgen. Hieraus ergibt sich ein wesentlicher Vorteil gegenüber den bekannten Initiatorsystemen, bei denen der Luftsauerstoff überwiegend inhibierend wirkt und die Polymerisation stört. Beim erfindungsgemäßen Initiatorsystem mit Coinitiator hat der Sauerstoff dagegen einen die Startreaktion unterstützenden Effekt.
Die erfindungsgemäßen Initiatorsysteme sind gegenüber den bekannten Systemen auch für die thermisch initiierte Polymerisation an Luft geeignet. Dies ist ein wesentlicher Verfahrensvorteil, der sich insbesondere für flächig ausgebrachte polymerisierbare Zubereitungen, wie Lacke, Oberflächen von Füllmassen oder Beschichtungen, die große Grenzflächen zur Umgebungsluft aufweisen, bemerkbar macht. Dies ist ebenso für Spritznebel von Lacken, die sich in schwer zugänglichen Bereichen ablagern, von Bedeutung. Unvollständige Aushärtung oder klebrige Lackoberflächen können mit dem erfindungsgemäßen Initiatorsystem weitgehend vermieden werden.
Die als aktive Metallionen des Coinitiators geeigneten Metallionen weisen im allgemeinen mehrere Oxidationsstufen auf, die hinsichtlich ihres elektrochemischen Potentials nahe zusammenliegen. Die Oxidationsstufen sollen durch Reaktion mit Starter beziehungsweise Sauerstoff leicht ineinander überführbar sein. Die entsprechenden Metalle sind typischerweise unter den Übergangsmetallen zu finden. Bevorzugt sind Metalle die mindestens zwei Oxidationsstufen im Bereich von I bis VIII aufweisen, beispielsweise die Übergangsmetalle Ti, V, Cr, Mo, W, Mn, Fe, Co, Rh, Ir, Ni, Rh, Ir, Pd, Pt und/oder Cu. Besonders bevorzugt sind Cobaltionen mit den Oxidationsstufen II oder III, gegebenenfalls mit weiteren Metallionen.
Als weitere Metallionen des Coinitiators können Ionen der Alkali- oder Erdalkalimetalle, beispielsweise von Li, K, Ca, Sr, Ba, sowie von Bi, Pb, Zn, Cu, Zr und/oder Ce enthalten sein, die die Wirkung des Coinitiators verbessern.
Üblicherweise liegen die Metallionen komplex gebunden vor. In organischem Medium können die Metallionen beispielsweise als Carbonsäuresalze von Fettsäuren oder als Acetylacetonate
eingesetzt werden. Ebenso sind auch Porphinkomplexe, beispielsweise Tetraphenylporphinkomplexe, oder Metallsalz- Naphtenate geeignet. Bevorzugt sind die Acetate oder Octanoate von Mn oder Co in den Oxidationsstufen (II) und/oder (III) .
Als weitere geeignete Coinitiatoren treten tertiäre Amine auf, die typischerweise auch als Aminbeschleuniger bekannt sind. Hierzu zählen beispielsweise Dimethylanilin, N,N- Dimethyl-p-Toluidin, N, N Λ-Bis (2-Hydroxypropyl) -p-toluidin. Weitere geeignete tertiäre Amine sind N-Methylpyrrolidin und/oder Diazabicyclooctan (DABCO) .
Eine bevorzugte Verwendung des erfindungsgemäßen Initiatorsystems liegt beim Aushärten von polymerisierbaren Zubereitungen, die Monomere und/oder Oligomere (auch als Prepolymere bezeichnet) mit ethylenisch ungesättigten Gruppen, wie insbesondere (Meth) Acrylate, Vinylester, Vinylether, Acrylamide, Vinylchlorid, Acrylnitril, Butadien, ungesättigte Fettsäuren, Styrolderivate, Maleinsäure oder Fumarsäuregruppen, aufweisen. Typische oligomere Vertreter, die diese reaktiven Gruppen tragen sind Polyester, Polyurethane, Alkydharze, Epoxide, Polyether oder Polyolefine.
Die Zubereitung kann neben den mittels des erfindungsgemäßen Initiatorsystems radikalisch polymerisierbaren Komponenten gegebenenfalls auch weitere reaktive Komponenten oder Gruppen enthalten, die für Härtungsreaktionen geeignet sind. Beispielsweise können auch Polyolgruppen und Isocyanatgruppen enthalten sein, die zu Urethanen aushärten.
Zu den besonders interessanten Verwendungen des Initiatorsystems gehört die Aushärtung von Lacken,
Beschichtungslösungen, Klebern und Harzen, wie sie in ähnlicher Zusammensetzung bereits in photochemisch härtender Ausführung bekannt sind. Die zum Radikalstart benötigte Initiatormenge liegt dabei im Allgemeinen bei der für photochemische Polymerisation benötigten Menge.
Wird das erfindungsgemäße Initiatorsystem in Kombination mit konventionellen Radikalstartern auf der Basis von Peroxiden oder Azoverbindungen eingesetzt, so reichen auch geringe Mengen unterhalb 0,5 Gew% zum Start der Polymerisation bei deutlich gesenkten Temperaturen aus. Dies gilt auch für Radikalstarter mit C-C-Bindungsspaltung, wie beispielsweise Benzpinakolsilylether .
Weitere Verwendungen liegen in der Herstellung aushärtbarer Formteile, dentaler Massen, Füllmassen, SheetMoldingCompounds (SMC) , Versiegelungslacke in der Elektronikindustrie und Einbettmassen.
Üblicherweise wird das erfindungsgemäße Initiatorsystem, bestehend aus Starter und Coinitiator, in einer Menge von 0,1 bis 8 Gew% der Menge der polymerisierbaren Zubereitung eingesetzt .
Ein weiterer Aspekt der Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Aushärtung von Zubereitungen mit radikalisch härtbaren Komponenten mittels radikalischer Polymerisation unter Sauerstoffeinwirkung. Hierzu zählen insbesondere auch die Bedingungen, welche lediglich eine Verringerung des Sauerstoffgehaltes bewirken, ohne eine vollständig Sauerstofffreie Atmosphäre zu erzeugen. So führt die Verwendung von inertem Spülgas, wie C02, Argon oder N2, im allgemeinen nicht zu einer vollständigen Unterbindung des
SauerstoffZutritts aus dem Gasraum, so dass die Zubereitung nach wie vor unter Sauerstoffeinwirkung steht.
Es ist jedoch hervorzuheben, dass Inertgasbedingungen im allgemeinen eine deutlich bessere Qualität bei niedrigeren Temperaturen zulassen.
Erfindungsgemäß ist vorgesehen die Polymerisation durch die thermisch initiierte Bildung von Radikalen aus Startern einzuleiten, die gegebenenfalls durch Coinitiatoren unterstützt wird.
Bei den erfindungsgemäßen Radikalen handelt es sich im wesentlichen um Oxyl-Radikale, die aus offenkettigen und/oder zyklischen N,N-Diacyl-Hydroxylaminen und/oder deren O-Alkyl-, oder O-Acylderivate mit den allgemeinen Formeln
R-CO-N(OH)-CO-R (1),
R-CO-N(0-R ,)-CO-RΛ (2) oder R-CO-N(0-CO-RΛ Λλ)-CO-R (3) (zusammenfassend als Starter bezeichnet) gebildet werden.
Die Oxyl-Radikale gehen formal aus dem Bindungsbruch der 0—H, 0—R,λ, oder der 0—CO-RΛ Λ Bindungen der aufgeführten allgemeinen Formeln (1), (2) oder (3) hervor.
Für die Bedeutung der Reste R, R R,Λ und RΛΛ gelten die bereits oben ausgeführten Erläuterungen.
Dabei kann die Bildung der Oxyl-Radikale erfindungsgemäß durch einen Coinitiator unterstützt werden. Der Coinitiator beinhaltet ein Metallion, das beim Schritt der Radikalbildung der N,N-Diacyl-Hydroxylamine und/oder deren O-Alkyl-, oder 0- Acylderivate von einer höheren zu einer niedrigeren Oxidationsstufe reduziert wird. Bei den O-Alkyl- oder 0-
Acylderivaten kann im Allgemeinen nicht auf die Verwendung eines Coinitiators verzichtet werden.
Der Coinitiator enthält insbesondere aktive Metallsalze, deren Metallionen durch N,N-Diacyl-Hydroxylamine reduziert werden können. Besonders bevorzugt werden als Coinitiatoren durch organische Verbindungen komplex gebundene Übergangsmetallionen der Oxidationsstufen II bis V eingesetzt. Besonders bevorzugte Coinitiatoren sind dabei Co (II) -Carbonsäuresalze.
Die Menge des notwendigen Starters und des Coinitiators richtet sich unter anderem nach der Art und Menge der polymerisierbaren Verbindungen der Zubereitung und den Reaktionsbedingungen, insbesondere Temperatur und Sauerstoffgehalt .
Typischerweise umfasst die Zubereitung dabei das Initiatorsystem, die polymerisierbaren Verbindungen (Komponenten), Lösemittel und die üblichen Zuschlagstoffe. Zu den üblichen Zuschlagstoffen zählen insbesondere anorganische Füllstoffe und Additive für die Optimierung von Rheologie oder Oberflächenqualität, polymere, metallische oder keramische Füllstoffe, Pigmente, Stabilisatoren und UV- Absorber. Unter den radikalisch härtbaren Komponenten sind insbesondere die bereits ausgeführten Monomere oder Oligomere mit ethylenisch ungesättigten Gruppen zu verstehen.
Üblicherweise liegt die Gesamtmenge des Initiatorsystems aus Starter und Coinitiator bei 0,1 bis 8 Gew% der gesamten Zubereitung. Dabei liegt die Menge des Coinitiators bevorzugt im Bereich von 0,5 bis 80 Gew% des Initiatorsystems.
Formulierungen mit konventionellen Radikalstartern (Azo- oder Peroxidverbindungen) können schon bei Raumtemperatur zur schleichenden Polymerisation neigen. Die Formulierungen mit den erfindungsgemäßen Initiatorsystemen zeigen dagegen eine vergleichsweise gute Lagerstabilität.
In einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens, insbesondere bei sehr reaktiven Monomeren und/oder Oligomeren, wird der Coinitiator erst unmittelbar vor der gewünschten Härtung zugegeben. Insbesondere ist eine 2- Komponententechnik vorgesehen, bei der eine erste Komponente, die den gesamten in Lösemitteln gelösten Coinitiator umfasst und eine zweite Komponente, die die gesamten ethylenisch ungesättigten Verbindungen und die Starter umfasst, erst unmittelbar vor der Anwendung der Zubereitung zusammengemischt werden. Hierbei zeigt sich ein weiterer Vorteil des erfindungsgemäßen Initiator-Systems. Die Coinitiator-freien Gemische aus polymerisierbarer Zubereitung und Starter sind auch bei höheren Starterkonzentrationen gut lagerfähig, ohne dass eine vorzeitige oder schleichende Polymerisation eintritt.
Ebenso ist es möglich den gesamten Starter in die monomer oder oligomer-freie Komponente aufzunehmen. Der Coinitiator kann vor der Applikation in Lösemittel gelöst zugegeben werden.
In einer weiteren Ausgestaltung der 2-Komponententechnik wird die Zubereitung in zwei monomerhaltige (bzw. oligomerhaltige) Komponenten aufgeteilt, von denen die eine den erfindungsgemäßen Starter und die andere den Coinitiator enthält .
In einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung wird der Polymerisations- und Härtevorgang durch weitere im Initiatorsystem enthaltene thermische Radikalstarter, insbesondere auf der Basis von Peroxiden, Azoverbindungen, oder C-C-Bindungs spaltenden Initiatoren unerstützt.
Das Verfahren zum Start der Polymerisation sieht eine Erwärmung der Initiator-haltigen Zubereitung auf Temperaturen oberhalb 70 °C vor. Der zum Radikalstart bevorzugte Temperaturbereich liegt bei 90 bis 150 °C, wobei hier auch die Reaktivität der Monomeren oder Oligomeren von Bedeutung ist. Dabei ist das Initiatorsystem gleichwohl auch für deutlich höhere Temperaturen geeignet, wie sie beispielsweise bei der Bandbeschichtung mit ca. 200 °C auftreten können. Die vergleichsweise geringe Starttemperatur gegenüber den bekannten Systemen stellt einen weiteren Vorteil der Erfindung dar.
Bei hochreaktiven Harzen und der Verwendung weiterer Starter auf der Basis von Azo- oder Peroxoverbindungen, die in der Regel als 2-Komponentensysteme eingesezt werden, können auch Startemperaturen unterhalb 70°C möglich sein. Dies ist beispielsweise für dentale Massen wünschenswert.
Ein weiterer Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens liegt in der hohen Toleranz gegenüber dem Sauerstoffgehalt der Umgebungsluft. Zur Durchführung des erfindungsgemäßen Polymerisationsstarts kann der Sauerstoffgehalt üblicherweise im Bereich von 25 bis ca. 0,01 Vol% liegen. Im allgemeinen wird unter Inertgasbedingungen eine verbesserte Lackqualität bei niedrigeren Einbrenntemperaturen erzielt .
In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens werden Dual-Cure-Systeme verwendet. Dabei enthält das Initiatorsystem als weiteren Bestandteil UV-Initiatoren, die mittels energiereichem Licht, insbesondere UV-Licht, eine Polymerisation starten.
Eine erste Verfahrensvariante sieht vor, zunächst eine teilweise Polymerisation (Vorpolymerisation) der Zubereitung mittels energiereichem Licht oder UV-Licht durchzuführen und hierauf eine thermisch initiierte Nachpolymerisation bei erhöhten Temperaturen durch das erfindungsgemäße Initiatorsystem durchzuführen. Dieses Vorgehen hat den Vorteil, dass typische UV-Lacke auch in Schattenbereichen vollständig ausgehärtet werden können.
Eine zweite Verfahrensvariante sieht vor, die UV-Härtung während oder nach der thermischen Aushärtung vorzunehmen. Dies hat den Effekt, dass die dem UV-Licht zugewandte (oben liegende) Schicht der Zubereitung erst gegen Ende des Prozesses ausgehärtet wird.
Beispiele:
Zur Veranschaulichung des Einflusses des Initiatorsystems und dessen Konzentration auf die Starttemperatur der radikalischen Polymerisation wurden Versuchsreihen mit einer Standard-Zubreitung durchgeführt. Die Standard-Zubereitung entspricht dabei im wesentlichen einer gängigen Zubereitung für UV-Lacke ohne UV-Initiatoren.
Zusammensetzung der Standard-Zubereitung: 60 Teile Ebecryl 5129 (Hersteller: UCB) 20 Teile Ebercyl 284 20 Teile Ebercyl 40 40 Teile Xylol
20 Teile Butylacetat 1 Teil Tinuvin 292 (Hersteller: Ciba Chemicals) 1,5 Teile Tinuvin 400
Beispiel 1 : In einer ersten Versuchsreihe wurde der Einfluss unterschiedlicher Coinitiatormengen (Co-Octanoat ) bei gleichem Startergehalt (1 Gew% N-Hydroxysuccinimid) und zwei unterschiedlichen Reaktions-Temperaturen (130°C, 100°C) anhand der Mikrohärte des gebildeten Polymerisates (Lackschicht) nach 10 min Reaktionsdauer untersucht. Die Ergebnisse in Tabelle 1 und 2 zeigen, dass die Härte der Standard-Zubereitung mit steigendem Co-Gehalt bei sonst gleichen Bedingungen wesentlich gesteigert wird.
Tabelle 1
Tabelle 2
Für den Versuch ohne Coinitiator lag die Starttemperatur, die zu harten Oberflächen führte, oberhalb 150 °C.
Beispiel 2 : In weiteren Reihen wurde der Einfluss unterschiedlicher Startergehalte (N-Hydroxylsuccinimid) bei gleicher Coinitiatormenge (0,02 Gew% Co-Octanoat) bei zwei Reaktions- Temperaturen (130°C, 100°C) anhand der Mikrohärte des
gebildeten Polymerisates nach 10 min Reaktionsdauer untersucht. Die Ergebnisse in Tabellen 2 und 3 zeigen, dass die Härte der Standard-Zubereitung mit steigendem Startergehalt unter sonst gleichen Bedingungen wesentlich gesteigert wird.
Tabelle 3
Tabelle 4