Vorrichtung und Verfahren zum Anheben der Fronthaube eines Kraftfahrzeugs bei einer Fußgängerkollision
Beschreibung
Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zum Anheben der Fronthaube eines Kraftfahrzeugs bei einer Fußgängerkollision mit einem Halteglied zur Sicherung der Fronthaube an der Fahrzeugkarosserie und einer pyrotechnischen Sprengeinheit zum Lösen des Halteglieds. Die Erfindung betrifft weiter ein entsprechendes Verfahren.
Aus der DE-A-102 52 560 ist eine Vorrichtung dieser Art bekannt, um bei einem Fußgängeraufprall durch Anheben der deformierbaren Fronthaube einen weicheren Aufprall gegenüber der steifen Unterstruktur zu ermögli- chen. Zum Anstellen der Fronthaube wird eine vorgespannte Hubfeder genutzt, die über eine pyrotechnische Schnelltrennvorrichtung auslösbar ist.
Daneben ist es auch bekannt, einen pyrotechnisches Stellglied für die Anstellbewegung einzusetzen, wobei das Fronthaubenschloss über eine zu- sätzliche Entriegelungsvorrichtung geöffnet wird. Hierbei ist die Abstimmung zwischen Entsichern und Auslösen kritisch, wofür mindestens zwei Steuersignale erforderlich sind. Diese müssen zur Vermeidung von Fehlauslösungen gesondert auf Plausibilität geprüft werden, was die Reaktionszeit zusätzlich verschlechtert.
Ausgehend hiervon liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, die im Stand der Technik aufgetretenen Nachteile zu vermeiden und mit einfachen Mitteln eine zuverlässige Hubvorrichtung zu schaffen.
Zur Lösung dieser Aufgabe wird die in den unabhängigen Patentansprüchen angegebene Merkmalskombination vorgeschlagen. Vorteilhafte Ausgestal-
tungen und Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen.
Die Erfindung geht von dem Gedanken aus, das Entsichern und Auslösen in einem Zwangsablauf zu kombinieren. Dementsprechend werden mittels der beim Lösen des Halteglieds freigesetzten Energie der Sprengeinheit betätigbare Hubmittel zum Anheben der Fronthaube in eine Kollisionsstellung vorgeschlagen. Auf diese Weise kann die pyrotechnische Einheit eine Doppelfunktion erfüllen, indem die Haltegliedverbindung zwischen Karosserie und Fronthaube gelöst wird und mit der überschüssigen Energie die Hubbewegung angetrieben wird. Hierdurch ist der zeitliche Ablauf festgelegt, d.h. ein Anheben ist erst möglich, nachdem das System entsichert ist. Eine Blockade des Aktuators durch eine Fehlabstimmung der Steuerung ist somit ausgeschlossen.
Gemäß einer bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung bildet das Halteglied ein Verbindungselement zur mindestens in Hubrichtung starren Verbindung der Fronthaube mit der Fahrzeugkarosserie.
Vorteilhafterweise besitzt das Halteglied zwei an einer Sollbruchstelle durch die Sprengeinheit trennbare Haltegliedteile, welche als Hubmittel durch die Sprengeinheit auseinanderbewegbar sind. Auf diese Weise ist es möglich, die kinetische Energie für die Hubbewegung der Fronthaube zu nutzen.
Um die Trennfunktion zu optimieren, ist es vorteilhaft, wenn die Sprengeinheit in einen Hohlraum des Halteglieds eingesetzt ist.
Zur Übertragung des durch den Treibgasstrom der Sprengeinheit vermittelten Impulses können die Hubmittel ein Übertragungselement aufweisen.
Eine vorteilhafte Ausführung sieht vor, dass die Hubmittel eine das Halteglied und die darin befindliche Sprengeinheit umschließende, insbesondere
durch eine Hülse gebildete Zylindereinheit als Übertragungselement umfassen. Um die Hubbewegung noch besser steuern zu können, ist es von Vorteil, wenn die Hubmittel eine mittels des Treibgases der Sprengeinheit in Hubrichtung expandierbare, vorzugsweise als Gewebesack, Faltenbalg oder Teleskoprohr ausgebildete Expansionseinheit umfassen.
Vorteilhafterweise ist die Fronthaube über ein mehrgelenkiges Haubenscharnier an der Fahrzeugkarosserie angelenkt, wobei ein erstes Gelenk für den Normalbetrieb und ein zweites Gelenk für den Kollisionsfall vorgesehen ist und die über das zweite Gelenk verbundenen Scharnierglieder durch das Halteglied aneinander gesichert und durch die Sprengeinheit gegeneinander aufspreizbar sind.
Eine weitere vorteilhafte Ausgestaltung sieht vor, dass die Sprengeinheit in einem vorzugsweise schwanenhalsförmigen Scharnierglied eines die Fronthaube mit der Fahrzeugkarosserie verbindenden Haubenscharniers angeordnet ist, und dass das das Halteglied bildende Scharnierglied durch die Sprengeinheit auftrennbar ist.
Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung umfassen die Hubmittel einen in einem Hubzylinder geführten Hubkolben, wobei der Hubkolben durch das Halteglied in einer Verriegelungsstellung gesichert ist und das Halteglied durch das den Hubzylinder beaufschlagende Treibgas der Sprengeinheit lösbar ist. Hierbei ist es günstig, wenn das vorzugsweise als Passstift ausgebildete Halteglied in der Verriegelungsstellung einen Formschluss zwischen Hubkolben und Hubzylinder herstellt und mittels des Treibgases in eine den Formschluss aufhebende Freigabestellung beweglich ist.
Eine weitere Variante sieht vor, dass die Sprengeinheit gleichsam als Gas- generator unter Erzeugung von Treibgas als pyrotechnisches Antriebsmittel wirksam ist.
Zur Begrenzung und/oder Steuerung der Hubbewegung der Fronthaube ist vorteilhafterweise ein haubenseitig und karosserieseitig angebundener Hubbegrenzer vorgesehen. Hier ist es günstig, wenn der Hubbegrenzer durch ein biegeweiches Gewebeteil oder ein aufreiß- oder aufbiegbares Blechteil oder ein deformierbares Kunststoffteil gebildet ist.
Eine Sicherung der Fronthaube gegen Verlagerung quer zur Hubrichtung lässt sich durch mindestens ein in eine Passöffnung eingreifendes Passelement erreichen.
In verfahrensmäßiger Hinsicht wird die eingangs genannte Aufgabe dadurch gelöst, dass die Fronthaube mittels der beim Lösen des Halteglieds freigesetzten Energie der Sprengeinheit in eine Kollisionsstellung angehoben wird.
Im Folgenden wird die Erfindung anhand der in der Zeichnung in schemati- scher Weise dargestellten Ausführungsbeispiele näher erläutert. Es zeigen
Fig. 1 eine Hubvorrichtung für die Fronthaube eines Kraftfahrzeugs im nicht ausgelösten Zustand in einem Vertikalschnitt;
Fig. 2 die Hubvorrichtung nach Fig. 1 im ausgelösten Zustand;
Fig. 3 eine teleskopartige Hubvorrichtung in einer Fig. 2 entsprechenden Darstellung;
Fig. 4 eine weitere Hubvorrichtung mit einem Faltenbalg als Hubmittel in einer Fig. 1 entsprechenden Darstellung;
Fig. 5 und 6 eine Hubvorrichtung mit einem Kolbenantrieb im Ruhe- und Auslösezustand im Vertikalschnitt; und
Fig.7 eine Hubvorrichtung an einem Mehrgelenkscharnier in verschiedenen Funktionsstellungen in einer Seitenansicht.
Die in der Zeichnung dargestellten Hubvorrichtungen dienen zum Fußgän- gerschutz an einem Personenkraftwagen im Kollisionsfall. Sie bestehen im Wesentlichen aus einem Halteglied 10 zur Sicherung der Fronthaube 12 des Fahrzeugs an der Fahrzeugkarosserie 14, einer pyrotechnischen Sprengeinheit 16 zum Lösen des Halteglieds 10 und Hubmitteln 18 zum Anheben der Fronthaube 12 in eine Kollisionsstellung. Durch das Anstellen der deformier- baren Fronthaube 12 wird ein die Aufprallenergie absorbierender Deformationsbereich gegenüber dem darunter liegenden Motorblock geschaffen, um so Verletzungen der aufprallenden Person zu mindern.
Bei der in Fig. 1 und 2 gezeigten Ausführungsform ist das schaftförmige Hal- teglied 10 an seinen Stirnenden über einen Formschluss an das Haubenscharnier 20 und an ein karosseriefestes Anschlussteil 22 angebunden. Das Anschlussteil 22 ist durch eine mit dem Fahrzeuglängsträger verschraubbare Flanschplatte 24 gebildet. Das Halteglied 10 ist als Hohlschaft ausgeführt, in welchen der pyrotechnische Sprengsatz 16 eingesetzt ist. Der Hohlschaft weist eine zu dem Sprengsatz korrespondierende Trennstelle bzw. Sollbruchstelle 26 auf, die durch eine mantelseitig umlaufende Spitznut gebildet ist. Die Sprengeinheit 16 ist durch eine nicht dargestellte Zündeinrichtung im Falle eines durch geeignete Crash-Sensoren erfassten Fußgängeraufpralls mit kurzer Verzögerungszeit auslösbar.
Das Halteglied 10 erfüllt die Aufgabe, das Haubenscharnier 20 im Betriebszustand über eine starre Verbindung an die Fahrzeugkarosserie 14 anzubinden. Es macht somit einen Kraftfluss zwischen dem Haubenscharnier 20 bzw. der Fronthaube 12 und der Fahrzeugkarosserie 14 möglich. Im Kollisi- onsfall wird die Verbindung an der Sollbruchstelle 26 gelöst, wobei das Halteglied 10 in zwei Haltegliedteile 28, 30 getrennt wird. Die Haltegliedteile 28,
30 bewegen sich nach der Trennung unter Ausnutzung der überschüssigen Energie der Sprengeinheit 16 in Hubrichtung auseinander.
Um den durch den Treibgasstrom der Sprengeinheit 16 vermittelten Impuls zielgerichtet zu übertragen, ist das Hubmittel 18 als Übertragungselement in Form einer Hülse 32 ausgeführt. Die Hülse 32 umschließt das Halteglied 10 koaxial und überdeckt dabei die Sollbruchstelle 26 großflächig. Sie bildet somit eine Art von Schusskanal, um die erzeugte Druckkraft zielgerichtet zu nutzen. Solange sich das abgetrennte Haltegliedteil 28 innerhalb der Hülse 32 befindet, wird es vom Druck des entstehenden Treibgases beschleunigt, wobei das angebundene Haubenscharnier 20 und somit auch die Fronthaube 12 angehoben bzw. angestellt werden. Außerhalb dieses Beschleunigungsbereiches wird die Hubbewegung durch die Massenträgheit der Anordnung bis zum Erreichen einer Endlage fortgeführt.
Die Endlage wird durch einen Hubbegrenzer 34 bestimmt, der durch ein an Biegelinien 36 aufbiegbares Blechteil gebildet ist. Das Blechteil ist in mehreren Lagen vorgefaltet und biegt sich bei der Hubbewegung in die in Fig. 2 gezeigte Strecklage auf. An seinen Enden ist das Blechteil 34 an der Flanschplatte 22 und an dem Haubenscharnier 24 befestigt. Vorteilhafterweise wird die Fronthaube 12 in ihrem frontscheibenseitigen Bereich angehoben, während die in Fahrtrichtung weisende Haubenseite zweckmäßig über ein Gelenk in der abgesenkten Schließstellung gehalten wird, so dass insgesamt eine zur Frontscheibe ansteigende Rampe gebildet wird.
In der Ausgangs- bzw. Normalstellung ist die Fronthaube 12 um die Scharnierachse 38 aufschwenkbar, um den Zugang zum Motor- bzw. Frontraum freizugeben. Zur Sicherung des Haubenscharniers 20 gegen eine Verlagerung quer zu der generell nach oben verlaufenden Hubrichtung sind Passstif- te 40 vorgesehen, welche karosseriefest angebracht sind und in vertikale haubenseitige Passbohrungen 42 eingreifen.
Bei den folgenden Ausführungsbeispielen sind gleiche oder ähnliche Teile mit denselben Bezugszeichen versehen wie vorstehend erläutert.
Das in Fig. 3 gezeigte Ausführungsbeispiel unterscheidet sich im Wesentli- chen dadurch, dass anstelle einer fahrzeugfesten Hülse ein in Hubrichtung ausfahrbares Teleskoprohr 44 als Hubmittel vorgesehen ist. Dieses Teleskoprohr 44 umschließt das Halteglied 10 und die darin befindliche Sprengeinheit 16, so dass das erzeugte Treibgas in dem Innenraum 46 die Hubbewegung unterstützt. Dabei bilden die Teleskoprohrteile 48 über ineinander greifende Stirnfalze 50 einen Bewegungsanschlag zur Begrenzung der Hubbewegung.
Fig. 4 zeigt eine Anordnung mit einem Faltenbalg 52 aus dünnem Metallblech als Hubmittel. Dieser umschließt den Schaft des Halteglieds 10 kon- zentrisch, wobei die stirnseitigen Balgabschnitte über innenliegende, axial ineinander greifende Hülsenteile 54, 56 mit dem Haubenscharnier 20 und dem Anschlussteil 22 fest verbunden sind. Auch hier treibt das im Innenraum 46 des Faltenbalgs 52 freigesetzte Treibgas die Hubanordnung an, während die umlaufenden Falten 58 gestreckt werden. Auf diese Weise wird die Hub- bewegung gedämpft und zugleich eine Hubbegrenzung in der Strecklage erreicht.
Bei der Ausführungsform gem. Fig. 5 und 6 umfassen die Hubmittel 18 einen in einem Hubzylinder 60 geführten Hubkolben 62, welcher an seinem oberen Ende an der Fronthaube 12 angelenkt ist. An seinem zylinderseitigen Ende ist der Hubkolben 62 über das Halteglied 10 formschlüssig in seiner in Fig. 5 gezeigten Verriegelungsstellung gesichert. Hierbei ist das als Passstift 64 ausgebildete Halteglied 10 in einem quer durch den Zylinderraum 46 verlaufenden Querkanal 64 geführt. Die in den Querkanal 64 eingesetzte pyro- technische Einheit 16 wirkt in diesem Fall lediglich als Gasgenerator bzw. pyrotechnisches Antriebsmittel. Das im Auslösefall erzeugte Treibgas wird zunächst auf die zugewandte Stirnseite des Passstiftes 66 geleitet, welcher
dadurch aus seiner Verriegelungsstellung in die in Fig. 6 gezeigte Freigabestellung gelangt. Dadurch wird der Kolben 62 freigegeben und der Zylinderraum 46 bodenseitig mit Treibgas beaufschlagt, so dass die Motorhaube 12 in die durch nicht gezeigte Anschläge gesicherte angehobene Endstellung gelangt.
Bei dem Ausführungsbeispiel gemäß Fig. 7 ist ein mehrgelenkiges Haubenscharnier 20 für verschiedene Funktionsstellungen vorgesehen. Fig. 7a zeigt die normale Stellung bei geschlossener Fronthaube 12, während Fig. 7b die offene Stellung und Fig. 7c die Kollisionsstellung der Fronthaube 12 veranschaulicht. Die genannten Stellungen sind durch wechselweises Aufspreizen der über die Scharniergelenke 68, 70 in Z-Faltung mit einander verbundenen Scharnierglieder 72, 74, 76 realisierbar. Im Normalbetrieb verbindet das Halteglied 10 die oberen Scharnierglieder 74, 76 fest mit der Fronthaube 12. Im Kollisionsfall wird das Halteglied 10 wie in Fig. 7c gezeigt aufgesprengt, wobei die voneinander getrennten Haltegliedteile 28, 30 als Hubmittel zugleich den Druckimpuls für das Anheben der Fronthaube 12 übertragen. Um den Treibgasstrom besser auszunutzen, kann die Trennstelle 18 durch eine Hülse 78 umschlossen sein, während das obere Haltegliedteil 28 in einer Auf- fangmulde 80 der Motorhaube 12 vertieft angebracht ist.
Wie nicht eigens dargestellt, ist es auch möglich, dass die Sprengeinheit in einem Scharnierglied eines die Fronthaube tragenden Schwanenhalsschar- nieres angeordnet ist. Im Auslösefall trennt die pyrotechnische Sprengeinheit den das Halteglied bildenden Scharnierhals und stellt die Energie zum Anstellen der Fronthaube zur Verfügung. Dabei ist es vorteilhaft, wenn ein in den Scharnierhals eingesetztes Deformationselement die Hubbewegung führt, dämpft und begrenzt. Durch das Deformationselement kann auch die Fronthaube in der Anstellposition gehalten und die Aufprallenergie des Fuß- gängers absorbiert werden.