Oberfläche
Die Erfindung betrifft eine Oberfläche für einen Gegenstand mit einer künstlich herstellbaren Grundstruktur und mit weiteren Strukturen, die selbstab- reinigend wirken.
Durch die EP - B - 0 772 514 sind selbstabreinigende Oberflächen von Gegenständen bekannt, die eine künstliche Oberflächenstruktur aus Erhebungen und Vertiefungen einer Art aufweisen, wobei der Abstand zwischen den Erhebungen im Bereich von 5 bis 200 μm und die Höhe der Erhebungen im Bereich von 5 bis 100 μm liegen. Zusätzlich sollen dabei zumindest die Erhebungen aus hydrophoben Polymeren oder haltbar hydrophobierten Materialien bestehen und die Erhebungen nicht durch Wasser oder durch Wasser mit Detergenzien ablösbar sein.
Die diesbezüglich bekannte Lösung zeigt eine Oberfläche mit diesen Erhe- bungen zur Abweisung von Verschmutzungen, wobei künstlich eine Lotusblattstruktur nachgebildet wird, von der es bekannt ist, dass sie im Sinne eines Selbstabreinigens nicht verschmutzt und sogar handelsübliche Klebstoffe von der biologischen Struktur abgewiesen werden. Trotz beachtlicher Resultate hinsichtlich eines Selbstabreinigungseffektes sind die dahingehend
bekannten Oberflächen nur begrenzt einsetzbar, da entweder der Bereich der bei der Herstellung zu verwendenden Materialien stark eingeschränkt ist oder die Oberfläche im Sinne einer Hydrophobierung aufwendig nachbearbeitet werden muß. Außerdem ist die bekannte Oberfläche nur auf- wendig und kompliziert herstellbar. Zur Herstellung der bekannten Oberfläche werden Beschichtungsverfahren oder Formgebungsverfahren mit Highmesh-Sieben eingesetzt, die kostenintensiv und schwierig zu beherrschen sind. Auch hat sich in der Praxis gezeigt, dass derart künstlich hergestellte Oberflächen mit „Lotus-Effekt" oft nicht die gewünschten Resultate im Hinblick auf die Selbstabreinigung erzielen.
Durch die PCT/WO 93/01047 ist eine aus einem tiefgeprägten, thermoplastischen Film bestehende Oberfläche bekannt. Diese weist eine Vielzahl von Makrozellen als Struktur in Form von Erhebungen auf, welche durch Gebiete verbunden werden, die sich zwischen diesen benachbarten Makrozellen erstrecken, wobei die Makrozellen eine Tiefe von 0,635 bis 3,81 mm aufweisen und zusätzlich der thermoplastische Film wenigstens eine Vielzahl von Mikroeindrücken aufweist, die mit einem Abstand zwischen 1 ,25 und 6,35 μm ein zufällig verteiltes Sandstrahlmuster auf dem Film ausbilden. Diese Mikroeindrücke bilden als weitere Struktur eine zweite Art von Erhebungen aus, die zu den Erhebungen der ersten Art eine entgegengesetzte Orientierung aufweisen, so dass die Erhebungen nach Arten voneinander getrennt auf gegenüberliegenden Seiten der Oberfläche angeordnet sind. Derartig bekannte Oberflächen, etwa polyolefinische Folien, wie solche aus Polyethylen, mit sich zwischen ihnen erstreckenden Gebieten an Erhebungen werden insbesondere dort eingesetzt, wo an solche Gewebe besondere Anforderungen hinsichtlich fühlender oder sehender Sinneswahrnehmungen gestellt werden, also etwa im Bereich von Bekleidungsfut- tern oder dem Hygiene- oder Sanitärbereich, und weisen keine schmutzab-
weisenden Eigenschaften auf, so dass ein Selbstabreinigungseffekt hier nicht nachweisbar ist.
Durch die EP - A - 0 933 388 ist eine strukturierte Oberfläche mit hydro- • • • phoben und/oder oleophoben Eigenschaften bekannt mit niedrigen Oberflächenenergien. Diese bekannten Oberflächen weisen mit Wasser große Randwinkel auf und werden von Wasser nur schwer benetzt und besitzen daher einen Selbstabreinigungseffekt. Um dies zu erreichen, wird eine künstlich herstellbare Grundstruktur mit zwei verschiedenen Arten von Er- hebungen als weitere Struktur auf der Oberfläche versehen, wobei eine Art kleinerer Erhebungen auf einer Überstruktur angebracht sind, in Form von geometrisch größeren Erhebungen, die benachbart unmittelbar aneinander anstoßen. Zum Herstellen der bekannten Erhebungen und der Überstruktur als einer anderen Art an Erhebungen werden diese gleichzeitig oder nach- einander mechanisch in das Oberflächen material eingeprägt, durch lithographische Verfahren eingeätzt, oder durch formgebende Verarbeitung aufgebracht oder gießtechnisch erhalten. Bei dem mechanischen Einprägevorgang wird von der Rückseite her auf die Oberfläche entsprechend eingewirkt, die auf ihrer gegenüberliegenden Seite dann die genannten zwei Ar- ten von Strukturerhebungen ausformt.
Beim Einätzen der Struktur in das Oberflächenmaterial ist zumindest teilweise mit dessen Schädigung durch das Ätzmittel zu rechnen. Bei dem formgebenden Aufbringverfahren wird zunächst die jeweilige Erhebungs- Struktur über eine Auftragswalze auf das Oberflächenmaterial aufgebracht. Das letztgenannte Verfahren ist aufwendig und kosten intensiv und es ist nicht sichergestellt, dass in Abhängigkeit der Beanspruchung die derart aufgebrachte Struktur sich vom Grundmaterial nicht wieder löst. Die bekannten Gieß-, Einpräge-, Einätz- und Aufbringverfahren sind darüber hinaus
nicht geeignet, im großtechnischen Maßstab die Herstellung großer Mengen an strukturierten Oberflächen zur Verfügung zu stellen, obwohl diese bekannte Lösung sehr gute Ergebnisse bei der Selbstabreinigung erbringt und im übrigen in der Natur in Form der Blattoberfläche der Kapuzinerkresse ihre Entsprechung findet.
Ausgehend von diesem Stand der Technik liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, eine Oberfläche zu schaffen, mit einem sehr guten Abreini- gungsgrad für Verschmutzungen und die darüber hinaus in kostengünstiger Weise ihre Herstellung im großindustriellen Maßstab erlaubt. Eine dahingehende Aufgabe löst eine Oberfläche mit den Merkmalen des Patentanspruches 1 in seiner Gesamtheit.
Dadurch, dass gemäß dem kennzeichnenden Teil des Patentanspruches 1 die jeweilige Struktur eine Kapillarwirkung aufweist oder entfaltet, bei der der Quotient aus Kapillararbeit K und Adhäsionsarbeit A größer als 1 ist, weisen die Kapillarstrukturen mit ihren Kapillaren eine sogenannte negative Steighöhe auf, d.h. Flüssigkeit wird aus den Kapillaren gedrückt. Dies gilt insbesondere für Flüssigkeiten, deren Kontaktwinkel auf der strukturierten Oberfläche zwischen 90 und 180° beträgt. Die dahingehende Wirkung der Kapillaren an der Oberfläche ist durch die Kapillararbeit K und die Adhäsionsarbeit A beschrieben. Da die Kapillararbeit K den Tropfen aus der Struktur zieht, die Adhäsionsarbeit A hingegen den Tropfen in der Struktur zu halten sucht, erlaubt die Wahl des Quotienten für die genannten beiden Arbeiten größer als 1, dass der Tropfen soweit er netzend in die Kapillaröffnung eindringt, eine entgegengesetzte Kraft erfährt, die die Selbstabreinigung ermöglicht.
Bei einer bevorzugten Ausführungsform der erfindungsgemäßen Oberfläche weist die jeweilige Struktur eine Kapillare auf oder bildet diese, deren mittlerer Kapillarradius rκ kleiner rτ ist, also des Radius des kleinsten in der Umwelt auftretenden Wassertropfens, insbesondere Regentropfens.
Da in der Anwendung der selbstabreinigenden strukturierten Oberfläche unterschiedliche Tropfengrößen auftreten, ist zusätzlich für eine Gestaltung der strukturierten selbstabreinigenden Oberfläche wichtig, dass die gewählten Kapillarradien rκ kleiner sind als der Radius des kleinsten in der Umwelt auftretenden Regentropfens rτ . Dazu wird der Aufschlag frei fallender Regentropfen betrachtet, die beim Aufschlag auf eine beliebige Oberfläche in mehrere kleine Tropfen zerfallen oder zerplatzen können.
Aus dieser Betrachtung heraus muß für den Kapillarradius rκ der selbstabreinigenden strukturierten Oberfläche gelten rκ < rτ, damit ein kleiner Trop- fen nicht in die Struktur fällt und somit keine negative Steighöhe in den Kapillaren erreicht wird. Für unterschiedliche Flüssigkeiten wie Öl, Wasser, chemische Flüssigkeiten etc. ergeben sich dann durch die entsprechenden Flüssigkeitseigenschaften unterschiedliche Kapillarradien. Sofern die Kapillarwirkung durch andere geometrische Strukturen als Röhrchen erzeugt wird, wie beispielsweise durch pyramiden-, kegel- oder kegelstumpfartige Überstände, ist für diese Strukturen bei deren Auslegung ein mittlerer oder gemittelter Kapillarradius r zu bestimmen.
Bei einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der erfindungsgemäßen Oberfläche, besteht sie zumindest teilweise aus hydrophilen Materialien, insbesondere aus Kunststoffmaterialien, wie Thermoplasten und Duroplasten, insbesondere in Form von Polyvinylchlorid, Polyterephthalat, Polyme- thylmethacrylat oder Polyamid. Gegenüber den bekannten Lösungen wird zur Erhöhung des Schmutzabweisungsgrades anstelle von hydrophoben
oder oleophoben Oberflächen hydrophiles Material eingesetzt, mit dem sich für einen Durchschnittsfachmann auf diesem Gebiet in überraschender Weise ein höheres Maß an Schmutzabweisung erreichen läßt, als mit den bekannten genannten Strukturen. Dadurch, dass die Grundstruktur für die Oberfläche aus einem hydrophilen Kunststoffmaterial gebildet ist, ist das Material wasseranziehend und nimmt Feuchtigkeit auf, so dass aufgrund der Wassermoleküle bzw. der Feuchtigkeit im Material eine Art Schutz- oder Trennschicht auf der Oberfläche gebildet ist, mit verbesserten schmutzabweisenden Eigenschaften.
Bei einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der erfindungsgemäßen Oberfläche ist die jeweilige Kapillare durch ein Haftverschlußteil gebildet, dessen Stengelteil an seinem einen freien Ende mit der Grundstruktur verbunden ist und an seinem anderen freien Ende ein Verschlußteil wie ein Kopf- oder Hakenteil trägt, wobei das Verschlußteil und zumindest ein Teil des Stengelteils mindestens eine Kapillaröffnung aufweist. Bei der dahingehenden Ausgestaltung sind Haftverschlußteile mit Verschlußköpfen und Verschlußhaken erhaltbar, die man in der Fachsprache auch als Klettenhaft- verschlüsse bezeichnet, und die bei der Anmelderin beispielsweise unter der registrierten Markenbezeichnung „Kletten ®" zu erhalten sind.
Das dahingehende Klettenhaftverschlußmaterial kann von der Verhakungs- seite her mit entsprechendem Flauschmaterial unter Bildung eines Haftverschlusses lösbar in Verbindung gebracht werden oder mit den Verschluß- köpfen eines korrespondierend aufgebauten Haftverschlußteiles bei dem die Köpfe des einen Haftverschlußteiles in die Zwischenräume zwischen die Köpfe des anderen Haftverschlußteiles lösbar eingreifen. Auf diese Art und Weise ist dann ein Haftverschlußteil erhalten, mit einem hohen Grad an Schmutzabweisung, was vorteilhaft ist, insbesondere, wenn solche Ver-
Schlüsse im Bereich der Bekleidungsindustrie und der Kraftfahrzeugtechnologie eingesetzt werden. Sofern solche Verschlüsse dann beispielsweise im Babywindelbereich eingesetzt werden, stoßen sie Verschmutzungen ab, beispielsweise auch in Form von Babypuder oder Babycreme, so dass die dahingehend aufgebauten Verschlüsse sicher die Befestigung der Babywindel erlauben und deren spätere Entsorgung im zusammengefalteten Zustand.
Vorzugsweise ist dabei vorgesehen, dass die Kapillaren als Stengelteile oder als Teil der Haftverschlußteile auf der Oberfläche derart dicht beieinander stehen, dass durch die derart gebildeten Zwischenräume erneut vergleichbare Kapillaren gebildet sind.
Die genannte Oberfläche, insbesondere wenn sie als Haftverschlußteil aus- gebildet ist, läßt sich mit ihren Strukturen fortlaufend mittels eines sogenannten Chill-Roll-Verfahrens herstellen, auch in Verbindung mit einem Kalandriervorgang. Chill-Roll bedeutet dabei in der Fachsprache „plötzliches Abkühlen oder Abschrecken über gut wirksame Kühlwalzen des ex- trudierten Kunststoffmaterials" (vgl. Nentwig „Kunststoff-Folien", 2. überar- beitete Auflage, Hansa-Verlag Seite 51 aus dem Jahr 2000). Mit dem dahingehenden Verfahren ist zum einen eine feste Anordnung der Kapillarstruktur auf der Oberfläche erreicht, da diese einstückig Teil des Trägergrundmaterials ist in Form der künstlich hergestellten Grundstruktur, beispielsweise ausgebildet als Kunststoffolie. Zum anderen lassen sich aufgrund der verfah- renstechnischen Chill-Roll-Ausgestaltung fertigungstechnisch sehr hohe Mengen an strukturiertem Band- und Folienmaterial erhalten, da die mit einer Gegenhaltewalze zusammenwirkende Strukturwalze einen quasikontinuierlichen Betrieb mittels Extrusion in die Vertiefungen der Strukturwalze zuläßt. Ein dahingehendes Verfahren bei dem als Strukturwalzen
Siebwalzen eingesetzt werden, sind beispielsweise in der DE 198 28 856 C1 beschrieben.
Bei einer anderen Ausführungsform der erfindungsgemäßen Oberfläche ist =• die jeweilige Kapillarstruktur über ein Tröpfchen-Ablagerungsverfahren von Kunststoffmaterial erhalten. Ein dahingehendes Verfahren ist in der nachveröffentlichten DE 101 06 705.4 beschrieben. Bei dem dahingehenden Verfahren wird zumindest ein Haftverschlußelement in zumindest einem Teilbereich formwerkzeugfrei dadurch gebildet, dass das Kunststoffmaterial mittels mindestens einer Auftragvorrichtung in aufeinanderfolgend abgegebenen Tröpfchen abgelagert wird und die Orte der Ablagerung der Tröpfchen im Hinblick auf die Form des jeweils auszubildenden Haftverschlußelementes dreidimensinoal gewählt werden. Der dahingehende Aufbau erlaubt auch die Ausgestaltung von Haftverschlußteilen, die vorzugsweise in ihrer Längsrichtung die Kapillaröffnung ausbilden.
Im folgenden wird die erfindungsgemäße Oberfläche anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert. Dabei zeigen in prinzipieller und nicht maßstäblicher Darstellung die • Fig. 1 eine erste Ausführungsform einer Oberfläche mit auf ihr angeordneten Kapillarstrukturen,
• Fig. 2 eine der Fig. 1 nachempfundene Oberfläche, wobei die Kapillaren als Haftverschlußelemente ausgebildet sind,
• Fig. 3 eine Vorform einer Oberfläche für den späteren Erhalt von Haft- verschlußteilen gemäß der Ausgestaltung nach der Fig. 2.
• Fig. 4 eine weitere Ausführungsform einer Oberfläche mit auf ihr angeordneten Kapillarstrukturen, diesmal in Form konisch ausgebildeter Kapillare,
Fig. 5 eine der Fig.2 nachempfundene Oberfläche, wobei mehrfach zylindrische und konische Kapillare in die Haftverschlußteile bzw. in die Grundstruktur eingebracht sind,
Fig. 6 eine weitere Ausführungsform einer Oberfläche mit auf ihr angeordneten Kapillarstrukturen, gebildet durch dach- oder pyramidenartige Überstände auf der jeweiligen Grundstruktur in perspektivischer Ansicht.
Die in der Fig. 1 gezeigte Oberfläche in seitlicher Ansicht weist insbesondere eine künstlich herstellbare Grundstruktur 10 auf, mit auf ihr angeordneten Strukturen in Form einzelner Kapillare 12. Die dahingehenden Strukturen weisen einen selbstabreinigenden Effekt auf, was im folgenden noch erläutert werden wird. Die genannten Strukturen oder Kapillaren 12 können dicht beieinander in einer Vielzahl von Anordnungen auf der Grundstruktur 10 stehen und sind mit dieser vorzugsweise einstückig verbunden. Im übrigen ist die in der Fig. 1 gezeigte Oberfläche stark vergrößert wiedergegeben und sowohl die Grundstruktur 10 als auch die weiteren Strukturen 12 kön- nen Kleinststrukturen ausbilden, auch im Nanometerbereich.
Die jeweils eine Kapillare 12 aufweisende Struktur weist von Seiten der Kapillaröffnung 14 her einen Kapillarradius rκ auf, der kleiner ist, als der Radius rτ des kleinsten in der Umwelt auftretenden Wassertropfens, insbe- sondere Regentropfens.
Die dahingehend in der Fig. 1 gezeigte strukturierte Oberfläche soll selbstabreinigend wirken. Die Strukturierung ist dabei als eine Anordnung einzelner Kapillare 12 beschrieben. Für die gewünschte Wirkung der Kapil-
laren muß eine negative Steighöhe in den Kapillaren erreicht werden, d.h. Flüssigkeit wird aus den Kapillaren gedrückt. Dies gilt für Flüssigkeiten, deren Kontaktwinkel auf der strukturierten Oberfläche zwischen 90° und 180° beträgt. Mathematisch läßt sich die Wirkung der Kapillaren an der Oberfläche durch die Kapillararbeit K und die Adhäsionsarbeit A beschreiben. Die Kapillararbeit K zieht den Tropfen aus der Struktur; die Adhäsionsarbeit A hält den Tropfen in der Struktur. Ziel der Strukturgestaltung ist es, dass durch die entsprechende Wahl des Kapillarradiuses rκ der Quotient K/A > 1 ist. Ist rτ größer als rκ, dann verteilt sich der Tropfen auf mehrere Kapillare, so daß gilt:
Für die Kapillararbeit gilt: K = πhκ 2 • rκ 2 • g • p
Für die Adhäsionsarbeit A, insbesondere für zylinderförmige Kapillare gilt:
mit σ: Oberflächenspannungen rκ: Kapillarradius σlg: flüssig-gas hκ: Steighöhe in der Kapillaren σsg: fest-gas p: Dichte der Flüssigkeit σs,: fest-flüssig g: Erdbeschleunigung (9,81 ms"2). rτ: Radius des Tropfens
Die genannten kapillarartigen weiteren Strukturen 12 können entgegen der Darstellung nach der Fig. 1 in der Grundstruktur 10 auch vertieft angeordnet sein oder Bestandteil von konkaven und/oder konvexen Erhebungen bezogen auf die Grundstruktur 10.
Da in der Anwendung der selbstabreinigenden strukturierten Oberfläche unterschiedliche Tropfengrößen auftreten, ist zusätzlich für eine Gestaltung dieser Oberfläche wichtig, dass die Kapillarradien rκ kleiner sind, als der Radius des kleinsten in der Umwelt auftretenden Regentropfens rτ. Dazu wird der Aufschlag frei fallender Regentropfen betrachtet. Dieser Tropfen zerschellt beim Aufschlag auf eine beliebige Oberfläche in mehrere kleine Tropfen, so auch beim Aufschlag auf eine selbstabreinigende strukturierte Oberfläche mit Kapillarwirkung. Für den Radius des kleinsten entstehenden Tropfens rτ gilt:
mit: σ,g: Oberflächenspannung der Flüssigkeit g: Erdbeschleunigung (9,81 ms"2) p: Dichte der Flüssigkeit v: Fallgeschwindigkeit.
Aus dieser Betrachtung muß für den Kapillarradius rκ der selbstabreinigenden strukturierten Oberfläche gelten rκ < rτ, damit ein kleiner Tropfen nicht in die Struktur fällt und somit keine negative Steighöhe in den Kapillaren erreicht wird, was die Selbstabreinigung erst ermöglicht. Für unterschied! i-
ehe Flüssigkeiten ergeben sich durch die entsprechenden Flüssigkeitseigenschaften unterschiedliche Kapillarradien.
Sofern man die Kapillaren 12 als Strukturen einsetzt, ist die Wirkung der Kapillarkräfte auf eine Flüssigkeit in beide Richtungen zu beobachten:
Fall A: Flüssigkeit wird in eine Kapillare hinein gezogen (Steighöhe hκ positiv)
Fall B: Flüssigkeit wird aus der Kapillare herausgedrückt (Steighöhe hκ nega- tiv), Kapillardepression.
Sofern der Tropfen auf der strukturierten Oberfläche liegt, liegt der Tropfen über den Kapillaren 12 und für die Selbstabreinigung ist der Fall B interessant, bei dem die Flüssigkeit gegen die Gewichtskraft nach oben aus der
Kapillare 12 in den aufstehenden Tropfen gedrückt wird. Als Steighöhe hκ in einer Kapillare 12 ergibt sich dabei:
weil: σ,g • cosθ = σsg - σsl (Youngsche Gleichung)
mit: σ: Oberflächenspannungen σ,g: flüssig-gas σsg: fest-gas
σsI: fest-flüssig θ: Kontaktwinkel zwischen Flüssigkeit und Festkörperoberfläche p: Dichte der Flüssigkeit g: 9,81 ms"2 (Erdbeschleunigung) rκ: Radius der Kapillare 12.
Die Steighöhe hκ in der Kapillare 12 hat im Fall B einen negativen Wert. Alle Größen in der Formel für die Steighöhe sind positiv. Lediglich der Cosinus des Kontaktwinkels θ wird negativ für die Bedingung: 90° < θ < 180°.
Grundsätzlich müssen die genannten Kontaktwinkel größer 90° sein, damit überhaupt der gewünschte Effekt entsteht, dass die Flüssigkeit durch Kapillarkräfte aus den Strukturen gedrückt wird. Durch eine Oberflächenrauhig- keit gilt: cos θ' = k cos θ
mit θ': Kontaktwinkel der rauhen Oberfläche θ: Kontaktwinkel der glatten Oberfläche k: Rauhigkeitskoeffizient (> 1).
Wesentlich für die Wirkung von Kapillarkräften in strukturierten Oberflächen ist zusätzlich der Zusammenhang zwischen dem Radius der Strukturen und den Adhäsionskräften. Denn es wirken hier Adhäsionskräfte gegen Kapillarkräfte an der Kapillarwand.
Im Gleichgewichtszustand ist die Kapillarkraft, die auf die Flüssigkeit wirkt, entgegengesetzt gleich groß zur Gewichtskraft der verdrängten Flüssigkeitssäule. Für die Berechnung kann fiktiv ein Zylinder angenommen werden,
dessen Höhe der berechneten Steighöhe in der Kapillaren entspricht (beispielsweise hier: Δhκ = 10,157 mm, bei Wasser mit θ = 110°, p = 998,2 kgm"3 und rκ = 0,5 mm).
Zum rechnerischen Vergleich werden nicht die Kräfte sondern Kapillarar- beit und Adhäsionsarbeit berechnet.
Die Kapillararbeit K ist dabei gleich dem Produkt aus Volumen, Erdbeschleunigung g, Dichte p und der Steighöhe hκ:
K = πhκ 2 -rκ 2 - g- p
Adhäsionsarbeit im geraden Kreiszylinder A:
Adhäsionsarbeit A über der Kontaktfläche F:
Die vorstehend genannte Formel gilt für einen Radius rτ, der im untersten Bereich der Wassertropfen - Größenverteilung in der Umwelt auftretenden Regentropfen bei einer Vielzahl an eingesetzten Kapillaren.
Die Kapillararbeit muß größer sein als die Adhäsionsarbeit, damit der Tropfen nicht den Kapillargrund berührt, sondern der Tropfen aus den Vertie- fungen gesaugt wird und auf der Oberfläche aufliegt, was die vorteilhafte
Selbstabreinigung ergibt. Zum Vergleich der Größenordnungen von Kapillararbeit K und Adhasionsarbeit A wird der Quotient K/A berechnet.
Besonders gute Selbstabreinigungseffekte haben sich ergeben, sofern die Oberfläche aus hydrophilen Materialien besteht, insbesondere aus Kunststoffmaterialien in Form von Polyvinylchlorid, Polyterephthalat, Polymethyl- methacrylat oder Polyamid. Die dahingehenden hydrophilen Materialien ziehen Feuchtigkeit in die Grundstruktur und bilden derart eine Schutzschicht gegenüber dem Auftreffen von wässrigen Verschmutzungsteilen. In den genannten Kunststoffmaterialien können auch sonstige vernetzte Strukturen, insbesondere auch in Form von Acrylatmaterial eingesetzt werden oder solche Materialien, die sich als biologisch abbaubar erweisen.
Sofern das Kunststoffmaterial nach der Fig. 1 noch nicht seine Erstar- rungstemperatur erreicht hat, könnte man die dort gezeigte Struktur einem Kalandriervorgang zuführen, bei dem beispielsweise eine nicht näher dargestellte Kalanderwalze von oben her auf die freien Enden der Stengelteile 16 drückt. Bei einer dahingehenden Formgebung ergibt sich dann, ein Haftverschlußteil nach der Fig. 2, mit Stengelteilen 16, die an ihrem einen freien Ende mit der Grundstruktur 10 verbunden sind und an ihrem jeweils anderen freien Ende ein Verschlußteil in Form eines Kopfteils 18 aufweisen. Die jeweiligen Umfassungsränder der einzelnen Kopfteile 18 sind leicht nach unten in Richtung der Grundstruktur 10 gedrückt und bilden im ausgehärteten Zustand einen Gegenhalt, so dass sich ein Verhakungsverschluß ergibt, beispielsweise für den Eingriff eines nicht näher dargestellten
Flauschteils oder eines korrespondierenden Haftverschlußteiles mit entsprechenden Verhakungs- oder Kopfteilen. Wiederum tritt die Kapillaröffnung 14 etwa in der Längsachse des jeweiligen Verschlußteiles sowohl in die konkave Mitte des Kopfteiles 18 ein als auch in das Stengelteil 16. Somit ist
auch bei dem Haftverschlußteil ein Selbstabreinigungseffekt erreichbar. Rückt man entgegen der Darstellung nach der Fig. 2 die einzelnen Verhakungsteile dichter aneinander, entsteht in den Zwischenräumen gleichfalls eine Art Kapillare, mit dem gewünschten Selbstabreinigungseffekt, sofern sichergestellt ist, dass der Quotient aus Kapillararbeit K und Adhäsionsarbeit A größer als 1 ist.
Sofern man das Ausgangsmaterial nach der Fig. 1 nicht zwingend kalandrie- ren möchte, kann man das Haftverschlußteil nach der Fig. 2 auch durch ein Verfahren nach der DE 198 28 856 C1 erhalten. Um die endseitige Gestaltung der Stengelteile 16 in gewünschter Weise auszubilden, ist bei dem bekannten Verfahren ein Formwerkzeug in der Art einer Siebwalze erforderlich, wobei die sehr große Anzahl der Öffnungen des Siebes durch Ätzen, Galvanisieren oder mittels Laserbearbeitung erhalten wird. Das dahinge- hende Sieb wird auf eine Sieb- oder Strukturwalze aufgebracht und über eine Gegenhaltewalze, die gegenläufig zur Strukturwalze dreht, läßt sich ein Chill-Roll-Verfahren durchführen, bei dem ein extrudiertes Kunststoffmaterial durch den Spalt zwischen den beiden Walzen geführt wird und die Verschlußteile entstehen in den Öffnungen der Siebwalze. Um die Kapil- laröffnungen 14 herstellen zu können, ist das Kunststoffmaterial entsprechend zu verdrängen, beispielsweise in Form von eingebrachten Dornteilen im Siebwalzengrund. Mit dem genannten Verfahren lassen sich Haftverschlußelemente in sehr hoher Packungsdichte anordnen und sehr kleinräu- mig ausbilden. Dies ist insbesondere günstig, sofern man sogenannte Mi- krohaftverschlüsse herstellen möchte, bei denen die Haftverschlußelemente in Form von Stengeln 16 mit endseitigen Verdickungen (Kopfteile 18) oder seitlichen Vorsprüngen (Haken) in sehr hohen Packungsdichten, von beispielsweise 200 oder mehr Haftverschlußelementen pro cm2 vorgesehen sind. In Abhängigkeit der eingesetzten Siebwalzen lassen sich auch Grund-
Strukturen erhalten, wie sie der Gegenstand der Fig. 3 sind, wobei dann wiederum durch ein Kalandrierverfahren die freien Stengelenden derart verformbar sind, dass ein Verschlußmaterial von der Grundstruktur her entsteht, wie es in der Fig. 2 in Seitendarstellung wiedergegeben ist.
Ein anderes Verfahren zum Herstellen der Oberfläche gemäß den Ausgestaltungen nach den Fig. 1 bis 3 läßt sich erreichen, durch den Aufbau aus einzelnen feinsten Kunststoffmaterialtröpfchen, die an ausgewählten Orten nacheinander abgelagert werden, wobei sich praktisch beliebig kleine For- matgrößen und hohe Packungsdichten erreichen lassen, ohne dass eine entsprechend aufwendige Ausbildung von Formwerkzeugen erforderlich wäre. So lassen sich durch Steuerung die Orte der Ablagerungen der Kunststofftröpfchen, was durch entsprechende Relativbewegungen zwischen Auftragevorrichtung und ein die Ablagerung tragendes Substrat, vorzugsweise rechnergesteuert erfolgt, ohne Schwierigkeit erreichen, wobei beliebige Stengelgeometrien erzeugbar sind und ebenso Kopfformen an Verhakungs- elementen wie Pilzköpfe, sternförmige Köpfe und dergleichen mehr. Ferner lassen sich Formen erzeugen, die mit üblichen Formwerkzeugen wie Siebwalzen, kaum oder gar nicht realisierbar wären, etwa Schlaufen, Haken oder Anker, also Formen, die mit ihren vorhandenen Hinterschneidungen aus einem Formwerkzeug schlecht oder überhaupt nicht ausformbar wären. Ferner läßt sich ohne weiteres über die dahingehende Methode die jeweilige Kapillaröffnung 14 im Verschluß- oder Stengelteil material generieren. Als Auftragevorrichtung dienen dabei Düsenanordnungen, die im Hochge- schwindigkeitsverfahren in der Lage sind, den Auftrag durchzuführen. Dabei werden nur Tröpfchen in der Größe von wenigen Piktolitern auf das folienartige Grundstrukturmaterial 10 aufgebracht. Des weiteren lassen sich beim Auftragvorgang Taktfrequenzen von mehreren kHz erreichen und der Aufbau erfolgt sukzessive, indem das jeweils vorangegangene, aufgetragene
Kunststoffmaterial unmittelbar ausgehärtet wird, beispielsweise mittels UV- Strahlung oder dergleichen. Das dahingehende Tröpfchenauftrageverfahren ist der nachveröffentlichten DE 101 06 705.4 eingehend beschrieben.
Mit der erfindungsgemäßen strukturierten Oberfläche mit Kapillarwirkung ist ein sehr hoher Selbstabreinigungseffekt erreicht und die dahingehenden Strukturen lassen sich im großtechnischen Maßstab kostengünstig erhalten und für eine Vielzahl von Anwendungen einsetzen. Die Grundstruktur 10 mit ihren weiteren Strukturen 12 kann in der Art eines Folienmaterials aus- gebildet sein; es besteht aber auch unmittelbar die Möglichkeit, die Oberfläche von Gegenständen direkt mit der Kapillarstruktur zu versehen, insbesondere unter Einsatz der beschriebenen Tröpfchenablagerungsmethode.
Bei der Ausführungsform nach der Fig.4 sind stirnseitig an den Stengelteilen 16 konische Kapillare 12 eingebracht. Ebenso finden sich die konischen
Kapillare 12, die sich mit ihrer Kapillaröffnung 14 zur Umgebung hin erweitern, in der Grundstruktur 10. Die dahingehenden Kapillarstrukturen können über das bereits erwähnte Chill-Roll-Verfahren erhalten werden oder auch durch ein Schneid- und Einkerbverfahren, auch mittels Laser- oder Wasserstrahl-Schneiden. Anstelle der konisch angeordneten Kapillare 12 können auch alternativ oder zusätzlich zylindrische Kapillare 12 treten, wie dies in anderem Zusammenhang beispielhaft in der Fig.5 für die dort gezeigten Haftverschlußteile angegeben ist. Sofern die Kapillare 12 konisch oder kegelstumpfartig ausgebildet sind, ist für deren Berechnung ein mittle- rer Kapillarradius zu ermitteln, der dann als Grundlage dient für die Quotientenbildung aus Kapillararbeit K und Adhäsionsarbeit A, die größer als 1 zu sein hat, sofern ein Selbstreinigungseffekt erwünscht ist.
Bei einer anderen, nicht näher dargestellten Ausführungsform vergleichbar der Fig.4 können die Stengelteile 16 auch entfallen und nur in der folienartigen Grundstruktur 10 sind dann die Kapillare 12 entsprechend angeordnet. Eine dahingehende Struktur, insbesondere wenn sie durchsichtig ist, ist dann geeignet, Informationsschilder schmutzabweisend abzudecken.
Bei der Ausführungsform nach der Fig.5 sind in die jeweiligen Haftverschlußteile stirnseitig die Kapillaren 12 mehrfach eingebracht und konisch verlaufende Kapillare 12 bedecken die Oberseite der Grundstruktur 10.
Bei der Ausführungsform nach der Fig.6 ist die jeweilige Struktur 12 aus pyramiden-, kegel- oder kegel stumpfartigen Überständen gebildet, wobei die jeweilige Kapillare 12 sich dann aus den Zwischenräumen zwischen den Überständen ergibt. Auch hier ist bei der Auslegung der Kapillarwir- kung von einem mittleren, zu ermittelnden Kapillarradius rκ auszugehen, um sicherzustellen, daß der Quotient aus Kapillararbeit K und Adhäsionsarbeit A größer als 1 ist. Auch die Ausführungsform nach der Fig.6, insbesondere wenn sie durchsichtig gehalten ist, ist besonders geeignet, dem Umgebungsschmutz ausgesetzte Informationsschilder von der Verschmutzung selbst abzureinigen, wobei die Verbindung der folienartigen Grundstruktur 10 mit der nicht näher dargestellten Informationsschildereinheit über übliche Klebstoffe erfolgen kann.
Die Grundstruktur 10 weist bevorzugt eine Dicke von 10μm bis 50//m auf und die Kapillartiefe ist vorzugsweise größer als 5//m. Der Kapillarradius wird bevorzugt größer als 5μm gewählt. Als Kapillaren (Haarröhrchen) im Sinne der Erfindung sind alle Röhrchen oder langgestreckte Hohlräume (Poren) mit sehr kleinen Innendurchmessern geeignet.
Als Kunststoffmaterialien zum Herstellen der jeweiligen Kapillare 12 nebst Grundstruktur 10 sind auch besonders vernetzbare Kunststoffe, insbesondere vernetzbare Polyacrylate geeignet. Sofern die Grundstruktur 10 in der Art einer Folie oder Bahn ausgebildet ist, läßt sich die Oberfläche dergestalt auch als Duschvorhang, Zeltbahn oder bei Sonnenschirmen, aber auch für Bekleidungsstücke sinnfällig einsetzen.