Verfahren zur Herstellung der Enantiomere der 2-substituierten beta-Aminosäuren
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung der Enantiomere der 2-substi- tuierten beta-Aminosäuren, die als Zwischenprodukt für die Arzneimittelforschung und -industrie von Bedeutung sind.
Das Grundgerüst von beta-Aminosäuren ist die 3-Aminopropansäure. Nach der Position der Seitenkette unterscheidet man in 2-substituierte beta-Aminosäuren und 3-substituierte beta-Aminosäuren. Sowohl die 2-substituierten als auch die 3- substituierten beta-Aminosäuren enthalten ein Kohlenstoffatom, welches ein Chiralitätszentrum darstellt. Jede Verbindung kann daher in 2 unterschiedlichen Formen, sogenannten ξnantiomeren, vorliegen, die sich wie Bild und Spiegelbild verhalten. Die Erfindung beschreibt einen neuen Weg zur Darstellung der reinen Enantiomere 2-substituierter beta-Aminosäuren.
Beta-Aminosäuren generell sind eine für die medizinische Chemie sehr interessante Substanzklasse. Sie werden als Bestandteile in Naturstoffen mit antibiotischen, antifungalen, cytotoxischen und anderen pharmakologischen Eigenschaften gefunden. Die bekannteste medizinisch bedeutsame Klasse von beta-Aminosäuren sind die beta-Lactame, welche als Antibiotika und Enzyminhibitoren wirken. Eine detaillierte Zusammenfassung der biologischen Aktivität von beta-Aminosäure- derivaten ist publiziert (Eusebio Juaristi, Enantioselective synthesis of [beta]-amino acids, Wiley-VCH Inc., New York, 1997, ISBN 0-471-18627-9).
Das größte synthetische Problem bei der Herstellung von enantiomerenreinen 2- substituierten beta-Aminosäuren ist das Chiralitätszentrum. Die Synthese muß gewährleisten, dass ein Enantiomer exklusiv bzw. im großen Überschuß gegenüber dem anderen Enantiomeren entsteht. Es gibt verschiedene Ansätze, dieses zentrale Problem zu lösen.
1. Diastereoselektive Synthese:
Die diastereoselektive Synthese ist die am breitesten anwendbare Methode. Dabei geht man von einem Ausgangsstoff aus, der bereits homochiral ist (chiraler Hilfsstoff). Dieser chirale Hilfsstoff muss mindestens ein Chiralitätselement (z.B. ein Chiralitätszentrum) aufweisen und als reines Enantiomer bzw. Diastereomer vorliegen. An diesem chiralen Hilfsstoff wird dann eine Synthesesequenz ausgeführt, die zur Bildung eines neuen Stereozentrums führt. Dabei entstehen Diastereomere, wobei ein Diastereomer üblicherweise im Überschuss entsteht. Den Abschluss der Synthesesequenz bildet in jedem Falle die Abspaltung des chiralen Hilfsstoffes oder von Teilen desselben. Die Nachteile der diastereoselektiven Synthesen können wie folgt generalisiert werden.
- Es sind stets equimolare Mengen eines chiralen Hilfsstoffes notwendig. Chirale Hilfsstoffe sind entweder sehr teuer oder müssen in aufwendigen Synthesen aus billigeren Stoffen hergestellt werden. Chirale Naturstoffe, wie z.B. Campher, die oft als chirale Hilfsstoffe eingesetzt werden, sind zwar oft relativ preiswert, jedoch meist nur in einer enatiomeren Form (der natürlich vorkommenden) erhältlich.
- Die Synthesesequenzen sind generell aufwendig, da neben der eigentlichen liehen Synthese der chirale Hilfsstoff verknüpft und wieder abgespalten werden muss.
- Generell treten Reinigungsprobleme auf, da der abgespaltete chirale Hilfsstoff vom eigentlichen Produkt abgetrennt werden muss.
Es gibt eine Vielzahl diastereoselektiver Synthesemöglichkeiten. Davon seien zwei Beispiele genannt:
- Asymmetrische Aminomethylierung von enantiomerenreinen N-Acyl-4-(phenyl- methyl)-oxazolidin-2-onen (T. Hintermann, D. Seebach, Synlett, (1997), 437).
Das Verfahren ist wegen der genannten generellen Nachteile nicht wirtschaftlich.
- Asymmetrische Alkylierung von enantiomerenreinem 1-Benzoyl-2(S)-tert-butyl-3- methylperhydropyrimidin-4-on (E. Juaristi, D. Quintana, M.Balderas, E. Garcia- Perez, Tetrahedron: Asymmetry, 1996, 7, 2233).
Auch dieses Verfahren ist wegen der genannten generellen Nachteile nicht wirtschaftlich.
Zur diastereoselektiven Synthese von 2-substituierten beta-Aminosäuren gibt es nur sehr wenige Alternativen:
2. Stereokonservative Synthese:
Bei dieser Synthesestrategie werden Ausgangsstoffen, die bereits ein chirales Zentrum enthalten, unter Erhalt dieses chiralen Zentrums in 2-substituierte beta- Aminosäuren umgewandelt.
Ein Verfahren (K. Haaf, C. Rüchardt, Chem. Ber., 1990, 123, 635) geht von den natürlich vorkommenden, enantiomerenreinen alpha-Aminosäuren (z.B. Phenyl- alanin) aus. Diese werden zu den Aminoalkoholen reduziert, formyliert und anschlies- send in die Isonitrile überführt.
Unter den Bedingungen der Blitzphotolyse (585 °C, 10"4 Torr) lagern sich diese unter Erhalt des chiralen Zentrums zu den entsprechenden Nitrilen um. Es schließt sich eine 6 Stufen umfassende Synthesesequenz an, die zu den gewünschten 2-substi- tuierten beta-Aminosäuren führt.
Die Synthesesequenz hat die Nachteile vieler Stufen, schlechter Gesamtausbeute und aufwendiger Reaktionsbedingungen. Im übrigen ist nur die eine enantiomere Form der natürlich vorkommenden alpha-Aminosäuren preiswert.
Ein weiteres stereokonservatives Verfahren (J.D. White, J.Hong, L.A. Robarge, J.Org.Chem., 1999, 64, 6206; R.Rej, D.Nguyen, B.Go, S. Fortin, J. -F. Lavallee, J.Org.Chem., 1996, 61 , 6289) geht von einem sehr teuren Ausgangsstoff aus, kann nur zur Synthese von 3-Amino-2-methylpropansäure herangezogen werden und ist damit nicht allgemein anwendbar.
3. Enzymatische Racemattrennung:
Bei der enzymatischen Racemattrennung wird eine Vorstufe der gewünschten 2-substituierte beta-Aminosäure vorerst racemisch synthetisiert (d.h. die beiden Enantiomere liegen im Verhältnis 1 : 1 vor). Spezielle Enzyme sind dann in der Lage, nur eines der beiden Enantiomeren in einen anderen Stoff umzuwandeln (z.B. Esterhydrolyse). Für diese Möglichkeit gibt es nur sehr wenige Beispiele für ganz spezielle 2-substituierte beta-Aminosäuren (G.M.Salamonczyk, K.Han, Z.Guo, C.j.Sih, J.Org.Chem., 1996, 61 , 6893). Nachteile der Methode sind.
- Die Racemattrennung ist ein zusätzlicher, aufwendiger Schritt in der Synthesesequenz.
- Enzyme reagieren nur mit ganz spezifischen Substraten. Dies entzieht der Methode die breite, allgemeine Anwendbarkeit.
- Da ein Enantiomer unverändert bleibt und das andere Enantiomer in einen anderen Stoff umgewandelt wird, müssen beide Stoffe getrennt werden.
4. Chemische Racemattrennung:
Bei diesen Verfahren werden 2-substituierte beta-Aminosäuren oder deren Vorstufen racemisch synthetisiert (d.h. die beiden Enantiomere liegen im Verhältnis 1 : 1 vor). Durch chemische Verknüpfung oder Salzbildung mit einem enantiomerenreinen chiralen Hilfsstoff werden Diastereomere erhalten. Diese können mit physikalischen Methoden (z.B. Kristallisation) getrennt werden. Anschließend wird der chirale Hilfsstoff wieder abgespalten.
Nachteile der Methode sind:
- Es sind stets equimolare Mengen eines chiralen Hilfsstoffes notwendig. Chirale Hilfsstoffe sind im allgemeinen sehr teuer. Verknüpfen und Abspalten des chiralen Hilfsstoffes stellt zusätzlichen Aufwand dar.
- Die Trennung der Diastereomeren ist nicht trivial und erfordert für jeden speziellen Fall eine Optimierung.
- Generell treten weitere Reinigungsprobleme auf, da der abgespaltete chirale Hilfsstoff vom eigentlichen Produkt abgetrennt werden muß.
Wegen der gezeigten Nachteile sind nur wenige, ganz spezielle Beispiele der chemischen Racemattrennung von 2-substituierten beta-Aminosäuren bekannt (J.A.Robl.L.M.Simpkins, M.M.Asaad, Bioorg. Med. Chem. Lett., 2000, 10, 257, G.V.Shustov, A. Rauk, Tetrahedron: Asymmetry, 1996, 7, 699).
5. Enantioselektive Synthese:
Bei dieser Methode werden die gewünschten Enantiomeren direkt hergestellt, ohne dass diastereomere Intermediate auftreten. Für die enantioselektive Synthese von 2- substituierten beta-Aminosäuren ist bislang nur ein Verfahren bekannt (J.F.Bower, R.Jumnah, A.C.Williams, J. M.J.Williams, J.Chem.Soc, Perkin Trans. 1 , 1997, 1411 ). Schlüsselschritt der Synthesesequenz ist die enantioselektive, Palladium katalysierte allylische Substitution der Substrate zu den Produkten, die mit Enantiomeren- überschüssen von 95 bis 98 % anfallen (Ph = Phenyl, Ac = Acetatrest)
Ligand =
Es schließt sich eine 5-stufige, stereokonservative Sequenz an, die die gewünschten 2-substituierten beta-Aminosäuren liefert.
Nachteile der Methode sind:
- Die Synthesesequenz ist lang und aufwendig.
- 2 Stufen der Synthesesequenz verlaufen mit Ausbeuten von nur 50 % bzw. 65 %. Neben dem Substanzverlust bedeutet die notwendige Abtrennung der entstehenden Nebenprodukte einen erheblichen Mehraufwand.
Es bestand deshalb die Aufgabe, eine breite Palette enantiomerenreiner 2- substituierter beta-Aminosäuren wirtschaftlich herzustellen. Ein dementsprechendes Verfahren muss sich durch folgende Punkte auszeichnen:
• Beide Enantiomere der 2-substituierten beta-Aminosäuren müssen wahlweise ohne Mehraufwand herstellbar sein.
• Das Verfahren muss allgemein anwendbar sein, dass heißt, es darf nicht auf spezielle Derivate beschränkt sein.
• Die Synthesesequenz muss sehr kurz sein und darf nur Reaktionen umfassen, die einfach durchführbar sind und in hohen Ausbeuten verlaufen.
• Die Produkte müssen einfach isolierbar sein. Deshalb dürfen keine equimolaren Mengen von Hilfsstoffen oder Abprodukten auftreten.
• Die Produkte müssen mit hohen Enantiomerenüberschüssen entstehen.
• Das Verfahren darf nur katalytische Mengen eines chiralen Hilfsstoffes benötigen.
Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren zur Herstellung der Enantiomere der 2-sub- stituierten beta-Aminosäuren gelöst, bei dem
- Nitroacrylsäureester mit
- metallorganischen Verbindungen
- in Gegenwart von katalytischen Mengen
- eines Kupfersalzkomplexes
- mit chiralen Liganden
- in aprotischen Lösungsmitteln
- bei Temperaturen unter 0 °C
umgesetzt werden und
- das entstehende Additionsprodukt in an sich bekannter Weise hydriert wird,
- der Ester verseift bzw abgespalten wird und
- das Endprodukt durch Kristallisation gereinigt und gewonnen wird
Die erste Stufe des Verfahrens sieht die Bildung eines Zwischenprodukts (Additionsprodukt) vor
RM Cu-Salz + Ligand
Nitroacrylsaureester metallorganische Additionsprodukt
Verbindung
Wenn das Additionsprodukt, ein 2-substιtuιerter beta-Nitropropansaureester, an der Nitrogruppe hydriert wird, entstehen 2-substιtuιerte beta-Aminosaureester und nach Hydrolyse bzw Esterspaltung 2-substιtuιerte beta-Aminosauren, die nach einfacher Kristallisation enantiomerenrein vorliegen
Verseifung bzw Esterspaltung
Additionsprodukt 2-substιtuιerter beta- 2-substιtuιerte
Aminosaureester beta-Amiπosaure
Als Nitroacrylsäureester werden vorzugsweise Alkylester eingesetzt, insbesondere Methyl-, Ethyl-, tert.-Butylester. Geeignet sind auch Isoalkyl, Alkenyl, Alkinyl bzw. cyclisch (C1 bis C6), Aryl jeweils substituiert oder unsubstituiert, insbesondere Benzyl-Ester. Die Art des Esters hat auf die Enantioselektivität kaum Einfluss.
Bevorzugte metallorganische Verbindungen sind Diorganozinkverbindungen der Formel R(1 )R(2)Zn, wobei R(1 ), R(2) gemischt oder gleichartig = Alkyl, Isoalkyl, Alkenyl, Alkinyl bzw. cyclisch (C1 bis C8), Aryl jeweils substituiert oder unsubstituiert sind. Besonders wertvoll sind substituierte Diorganozinkverbindungen, da diese relativ leicht zugänglich sind und Funktionalitäten (z.B. Ester, Alkohol, Amin, Nitril) in den Resten enthalten. Sehr gute Ergebnisse liefern z. B. Diethylzink und Diisobutylzink.
Sehr gut geeignet sind auch Triorganoaluminiumverbindungen der Formel R(1 )R(2)R(3)AI, wobei R(1 ), R(2), R(3) = Alkyl, Isoalkyl, Alkenyl, Alkinyl bzw. cyclisch (C1 bis C8), Aryl jeweils substituiert oder unsubstituiert. Sehr gute Ergebnisse liefern z.B. Trimethylaluminium oder Triethylaluminium.
Grundsätzlich sind auch andere metallorganische Verbindungen geeignet, gegebenenfalls unter modifizierten Reaktionsbedingungen. Zu den potentiellen Stoffklassen zählen besonders Organozinkhalogenide und Diorganoaluminium- halogenide.
Tabelle: Beispiele durchgeführter Additionsreaktionen Lösungsmittel E = Diethylether (einmal THF = Tetrahydrofuran)
% Enantiomerenüberschuss (Differenz der beiden
Enantiomeren)
Metallorganisches Nitroacrylsäure
Reagenz -methylester -ethylester -t-butylester -benzylester
Diorganozinkverbindungen
Dimethylzink E, 18 E, 22
Diethylzink E, 86 E, 75 E, 80 E, 80
THF 25 Diisobutylzink E, 75
Triorganoaluminiumverbindungen
Trimethylaluminium E, 91 E, 79 E, 89 E, 87
Triethylaluminium E, 66
Triisobutylaluminium E, 9
Beim Racemat 1 : 1 bzw. 50 : 50 wäre der Enantiomerenüberschuss 0 %. Die Tabelle zeigt, dass problemlos 80 bis 90 % erreicht werden können.
Als katalytische Mengen des Kupferkomplexes werden zweckmäßig maximal 0,5 mol% Kupfersalz und maximal 1 mol% Ligand eingesetzt. Es gelingen auch Reaktionen mit 0,1 mol% Kupfersalz und 0,2 mol% Ligand.
Als Kupfersalz wird vorzugsweise Kupfer(ll)-trifluormethansulfonat verwendet, da dies in organischen Lösungsmitteln löslich ist. Prinzipiell kann aber jedes beliebige Kupfer(l)salz oder Kupfer(ll)salz eingesetzt werden, welches mit dem Liganden einen löslichen Komplex bildet. Auch können andere Übergangsmetallkomplexe mit
chiralen Liganden zur Katalyse der Reaktion geeignet sein
Grundsätzlich kann als chiraler Ligand jeder, der Kupfer zu komplexieren vermag, geeignet sein Besonders gut geeignet sind Liganden, die als Donoratom Phosphor enthalten, z B
• Phosphme, allgemeine Formel R(1 )R(2)R(3)P
• Phosphite, allgemeine Formel R(1 )R(2)R(3)P , über O gebunden
• Phosphoramidite, allgemeine Formel R(1 )R(2)R(3)P, R über O und N gebunden
• Geeignet können weiterhin alle anderen möglichen Kombinationen von R(1 ), R(2), R(3) sein, die über C-, O- oder N- mit dem Phosphoratom verknüpft sind
Dabei können R(1 ), R(2), R(3) gemischt oder gleichartig = Alkyl, Isoalkyl, Alkenyl, Alkinyl bzw cyclisch, Aryl jeweils substituiert oder unsubstituiert, sein
Wichtig ist, dass mindestens einer der Reste R ein Chiralitatselement enthalt und homochiral vorliegt Eine Auswahl von chiralen, phosphorhaltigen Liganden stellt folgende Übersicht dar (Ph = Phenylrest) (Der zuerst genannte wird in den Aus- fuhrungsbeispielen eingesetzt)
Obgleich in der Literatur für ähnliche Reaktionen oft Toluen als bestes Lösungsmittel verwendet wird, hatten sich im Falle der Nitroacrylsäureester Dialkylether, speziell Diethylether und tert.-Butyl-Methyl-ether als geeignetstes Lösungsmittel herausgestellt. Prinzipiell könnten aber alle aprotischen Lösungsmittel verwendbar sein.
Je reaktiver Edukt und Reagenz sind, um so tiefer kann die Reaktionstemperatur gewählt werden. Tiefere Reaktionstemperaturen führen normalerweise zu sauberen Reaktionen, weniger Nebenprodukten, höheren Enantioselektivitäten, aber auch zu längeren Reaktionszeiten. Das Verfahren wird deshalb möglichst zwischen - 80 °C und - 30 °C durchgeführt.
Während in der vergleichbaren Literatur bei Reaktionstemperaturen von minimal - 30 °C Reaktionszeiten von 1 bis 3 Stunden erforderlich sind, reagiert z. B. Diethyl- zink mit Nitroacrylsäuremethylester bereits bei - 78 °C innerhalb von nur 5 Minuten vollständig ab. Triorganoaluminiumverbindungen reagieren unterschiedlich gut. Trimethylaluminium bei - 40 °C in 1 h; Triethylaluminium bei - 60 °C in 30 min; Triisobutylaluminium bei - 15 °C in 2 h.
Die enantioselektive Addition von Triorganoaluminiumverbindungen an Nitroolefine ist gänzlich neu. Triorganoaluminiumverbindungen unterscheiden sich in Struktur und Reaktivität derart grundlegend von Diorganozinkverbindungen, dass mit einer Übertragbarkeit der Reaktion nicht gerechnet werden konnte.
Die Möglichkeit der enantioselektiven Addition von Dialkylzinkverbindungen an Nitroverbindungen ist zwar prinzipiell aus der Literatur ableitbar (A. Alexakis, C. Bernheim, Organic Letters 2000, Vol. 2, Nr. 17, 2579-2581 ), aber nicht ohne Weiteres auf das gefundene Verfahren übertragbar. Neu ist die Nutzung der Reaktion für die Synthese von 2-substituierten beta-Aminosäuren.
Nitroacrylsäureester sind offenbar außergewöhnlich reaktiv und daher im Vergleich zu anderen Nitroolefinen eine Ausnahme. Die extrem hohe Reaktivität manifestiert sich darin, dass im Vergleich zur bekannten Literatur bei deutlich tieferen Temperaturen gearbeitet werden kann. Überraschend war auch, dass ein anderes Lösungsmittel, als in der Literatur beschrieben, die besten Ergebnisse brachte.
Die Vorteile des neuen Verfahrens sind:
- Es sind nur geringste katalytische Mengen eines chiralen Hilfsstoffes (Ligand) erforderlich (0,2 bis 1 mol%). Dies macht das Verfahren besonders wirtschaftlich, da chirale Verbindungen generell teuer sind.
- Es fallen keine Neben- oder Abprodukte an, die abgetrennt werden müßten. Die Isolierung der Produkte ist äußerst einfach.
- Alle Reaktionen verlaufen glatt, eindeutig und in sehr hohen Ausbeuten.
- Die Synthesesequenz ist mit 3 Stufen sehr kurz.
- Beide mögliche Enantiomere sind wahlweise darstellbar.
Ausführungsbeispiel 1 3-Amino-2-methyl-propansäure, Hydrochlorid
Addition von Trimethylaluminium an Nitroacrylsäuremethylester
3-Nitro-2-methyl-propansäuremethylester:
Unter Schutzgasatmosphäre wird eine Lösung von 40 mg Kupfer(ll)-trifluormethan- sulfonat und 125 mg Ligand (links oben angeführter Typ der Formeln auf Seite 10) in 40 ml trockenem Dieethylether eine Stunde lang bei Raumtemperatur gerührt. Nach Kühlung auf - 40 °C werden 10 ml einer 2 molaren Lösung von Trimethylaluminium in Heptan zugegeben. Eine Lösung von 19 mmol Nitroacrylsäuremethylester in 10 ml trockenem Dieethylether wird langsam zugetropft. Die Reaktionsmischung wird 60 Minuten bei - 40 °C gerührt und danach mit 30 ml 2 molarer Salzsäure versetzt. Nach Erwärmen auf Raumtemperatur wird die organische Phase abgetrennt und das Lösungsmittel im Vakuum entfernt. Enantiomerenüberschuss 91 ,6 % (bestimmt mittels Kapillarzonenelektrophorese).
Hydrierung des Additionsproduktes
3-Amino-2-methyl-propansäuremethylester. Hydrochlorid
Eine Lösung von 6,6 g 3-Nitro-2-methyl-propansäuremethylester in 25 ml Methanol wird mit 3,5 g Essigsäure und 0,2 g Palladium auf Aktivkohle (10 % Palladium) versetzt. Die Reaktionsmischung wird 62 Stunden unter einem Wasserstoffdruck von 30 bar bei Raumtemperatur hydriert. Es wird vom Katalysator abfiltriert, mit 100 ml Methanol verdünnt, und die Lösung mit HCI-Gas gesättigt. Zu dieser Lösung werden 18 ml Orthoameisensäuretrimethylester getropft und die Mischung 2 Stunden bei Raumtemperatur gerührt. Die Lösungsmittel werden im Vakuum entfernt. Der zurückbleibende Feststoff wird zerkleinert, mit Diethylether gewaschen und getrocknet.
Esterhydrolyse und Kristallisation
(R)-3-Amino-2-methyl-propansäure, Hydrochlorid
Eine Lösung von 1 ,78 g S-Amino^-methyl-propansäuremethylester, Hydrochlorid in 20 ml 2 molarer Salzsäure wird 45 Minuten auf 90 °C erhitzt. Das Lösungsmittel wird im Vakuum entfernt und der zurückbleibende Feststoff aus einer Tetrahydrofuran/ Methanolmischung kristallisiert. Das Produkt fällt mit einem Enantiomerenüberschuss von > 97 % an (bestimmt mittels Kapillarzonenelektrophorese).
Ausführungsbeispiel 2: 2-Aminomethyl-butansäuremethylester, Hydrochlorid
Addition von Diethylzink an Nitroacrylsäuremethylester
2-Nitromethyl-butansäuremethylester:
Unter Schutzgasatmosphäre wird eine Lösung von 40 mg Kupfer(ll)-trifluormethan- sulfonat und 125 mg Ligand (links oben angeführter Typ der Formeln auf Seite 10) in 40 ml trockenem tert.-Butyl-methylether eine Stunde lang bei Raumtemperatur gerührt. Nach Kühlung auf - 60 °C werden 2,5 ml Diethylzink zugegeben. Eine Lösung von 19 mmol Nitroacrylsäuremethylester in 10 ml trockenem tert.-Butyl- methylether wird langsam zugetropft. Die Reaktionsmischung wird 10 Minuten bei - 60 °C gerührt und danach mit 30 ml 2 molarer Salzsäure versetzt. Nach Erwärmen auf Raumtemperatur wird die organische Phase abgetrennt und das Lösungsmittel im Vakuum entfernt. Enantiomerenüberschuss 83,8 % (bestimmt mittels Kapillarzonenelektrophorese).
Hydrierung des Additionsproduktes und Kristallisation
2-Aminomethyl-butansäuremethylester, Hydrochlorid
Eine Lösung von 9,2 g 2-Nitromethyl-butansäuremethylester in 35 ml Methanol wird mit 5,5 g Essigsäure und 0,35 g Palladium auf Aktivkohle (10 % Palladium) versetzt. Die Reaktionsmischung wird 60 Stunden unter einem Wasserstoffdruck von 30 bar bei Raumtemperatur hydriert. Es wird vom Katalysator abfiltriert, mit 150 ml Methanol
verdünnt, und die Lösung mit HCI-Gas gesättigt. Zu dieser Lösung werden 39 ml Orthoameisensäuretrimethylester getropft und die Mischung 6 Stunden bei Raumtemperatur gerührt. Die Lösungsmittel werden im Vakuum entfernt. Der zurückbleibende Feststoff wird zerkleinert und aus einer Essigsäureethylester/Methanol Mischung kristallisiert. Das Produkt fällt mit einem Enantiomerenüberschuss von > 97 % an (bestimmt mittels Kapillarzonenelektrophorese).