Knochenersatzmaterial und Vorstufen hierfür
Die Erfindung betrifft ein Knochenersatzmaterial, welches außerordentlich gut verträglich und gut verarbeitbar ist, welches ausgezeichnet im Körper resorbiert wird und zu einer beschleunigten Knochenneubildung führt. Die Erfindung betrifft weiterhin einen Knochenzement als Bestandteil des Knochenersatzmaterials sowie ein neuartiges
Tetracalciumphosphat , welches Bestandteil des Knochenzements ist.
Unter der Bezeichnung "Bone Source©" ist ein Knochenzement bekannt, welcher aus Tetracalciumphosphat (Ca4(P04)2; TTCP) und Calciumhydrogenphosphat (CaHP04; DCP) besteht. "Bone Source©" ist von der Firma Pfizer erhältlich. Das im Knochenzement enthaltene TTCP wird hergestellt durch Umsetzung von Calciumhydrogenphosphat und Calciumcarbonat in Pulverform und in einem Molverhältnis von 2 : 1,8 bei ca. 1400°C. Die Pulvermischung wird etwa sechs Stunden lang erhitzt, dann sofort unter wasserfreien Bedingungen abgekühlt und anschließend wasserfrei gelagert. Das Knochenzementpulver wird erhalten, indem pulverisiertes TTCP in einem Molverhältnis von 1 : 1 mit DCP-Pulver gemischt wird. Unmittelbar vor der Anwendung wird das Knochenzementpulver mit ca. C,25 ml Flüssigkeit pro g
Pulver angerührt, wodurch eine Paste erhalten wird, die auf den Knochen aufgetragen werden kann. Der Knochenzement soll etwa 30 bis 45 Minuten nach dem Mischen abbinden. Er setzt sich im Korper unter Feuchtigkeitsemfluss allmählich zu Hydroxylapatit (HA) um. Hydroxylapatit kommt m seiner chemischen Zusammensetzung dem Chemismus von Knochen besonders nah. Als Referenz für diesen Stand der Technik können bezüglich des Tetracalciumphosphates die DE 41 24 898 AI und die US-PS-5 652 016, bezuglich der Knochenzementmischung die US-PS 4 612 053, die DE 40 16 135 AI unc die DE 41 32 331 C2 genannt werden .
Em Nachteil des bekannten Knochenzements besteht jedoch darin, dass dessen MikroStruktur und Porosität nicht den enigen naturlicher Knochen entsprechen. Insbesondere fehlt dem bekannten Knochenzement die hohe interkonnektive Porosität, welche natürlicher Knochen aufweist. Wegen dieser Unterschiede des Knochenzements zum naturlichen Knochenmaterial sind das Anwachsen und die Knochenneubildung nicht zufriedenstellend.
Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein Knochenersatzmaterial und Bestandteile desselben, insbesondere einen Knochenzement, anzugeben, welche bezuglich ihrer chemischen und physikalischen Eigenschaften, insbesondere hinsichtlich ihrer Porenstruktur, natürlichem Knochengewebe möglichst ähnlich sind. Die Materialien sollten zudem möglichst gut verarbeitbar sein, sich gut in das Knochenskelett einfugen und zu einer beschleunigten Knochenneubildung fuhren.
Die Lesung dieser Aufgabe gelingt mit dem Knochenersatzmaterial nach Anspruch 16, welches ein Knochenzement-Pulver nach Anspruch 9 als Bestandteil enthalt. Das Knochenzement-Pulver wiederum enthalt ein neuartiges Tetracalciumphosphat nach Anspruch 1. Die
Erfinαung betrifft weiterhin ein Verfahren zur Herstellung dieses Tetracalciumphosphats naen Anspruch 6 sowie ein
Verfahren zur Herstellung des Knochenersatzmaterials nach Anspruch 19. Bevorzugte Ausfuhrungsformen und Verfahrensvarianten sind in den Unteranspruchen beschrieben .
Das erfmdungsgemaße Knochenersatzmaterial und die genannten Vorstufen zeichnen sicn gegenüber den bekannten knochenzementhaltigen Knochenersatz aterialien durch eine erhöhte biologische Aktivität aus, die insbesondere durch die verbesserte Porenstruktur der erfmdungsgemaßen
Materialien bedingt ist. Die verbesserte Porosität fuhrt dazu, dass die erfmdungsgemaßen Materialien dem natürlichen Knochengewebe ahnlicher sind und daher leichter in das Knochenskelett integriert und durch natürliches Knochengewebe ersetzt werden. Aufgrund der verbesserten
Porenstruktur sind die erfmdungsgemaßen Materialien zudem als Trager für Wirkstoffe, wie beispielsweise knochenmorphogene Proteine, besser geeignet als die herkömmlichen Materialien.
Hauptursache für die vorteilhaften Eigenschaften der erfin- dungsgemaßen Materialien ist das neuartige Tetracalciumphosphat (Ca4(P04)2; TTCP), bei dessen Herstellung statt Calciumcarbonat m Pulverform granuliertes und von organischen Bestandteilen befreites Algen-Hartgewebe als Calciumcarbonat-Ausgangsmatenal verwendet wird. Dieses aus Algen gewonnene Calciumcarbonat - im folgenden Algen-CaC03 genannt - behalt auch bei der Umsetzung mit Calciumhydrogenphosphat (CaHP04, DCP) bei ber 1400°C die im Algenskelett vorhandene Porenstruktur mit einer Vielzahl interkonnektierender Mikroporen bei. Entsprechend unterscheidet sich das erfmdungsgemaße TTCP in seiner Kristallstruktur von den bisher bekannte Tetracalciumphosphat-Mateπalien. Das erfmdungsgemaße TTCP besitzt nicht nur eine außerordentlich große spezifische Oberflache, sondern auch eine hohe terkonnektive Porosität, wodurch es natürlichem Knochengewebe in seiner
Struktur sehr ahnlich ist. Für die Verwendung in Knochenersatzmaterialien ist es deshalb erheblich besser geeignet als die bisher bekannten Tetracalciumphosphate .
Das als CaC03-Ausgangsmateπal verwendete Algen-hartgewebe ist grundsatzlich bekannt. Es wird als Ausgangsmaterial des in der DE 35 42 744 Cl und DE 37 09 897 C2 beschriebenen Hydroxylapatit-Materials verwendet. Für die Herstellung des Algen-Hartgewebes können alle Arten kalkmkrustierender Algen verwendet werden. Besonders geeignet sind
Meeresalgen, wie solche der Spezies Amphiroa Ephedra, Corallmacea oder Codiacea. Die m den Algen enthaltenen organischen Bestandteile werden durch Mazeration oder Pyrolyse entfernt. Zu den Einzelheiten dieser Verfahren kann auf die genannten Druckschriften sowie die weiterfuhrenden Literaturhinweise m diesen verwiesen werden.
Für die Herstellung des erfmdungsgemaßen TTCP wird vorzugsweise von Rotalgen ausgegangen, welche bei einer Temperatur von < 700°C pyrolisiert werden. Das auf diese Weise erhaltene Algen-CaC03 besteht überwiegend aus Calciumcarbonat. Daneben sind m geringen Anteilen Calciumoxid und Magnesiumoxid sowie Spuren anderer Metalloxide enthalten. Diese stören die Umsetzung zum TTCP jedoch nicht.
Vor der Umsetzung mit DCP wird das Algen-CaC03 zerkleinert. Bevorzugte mittlere Teilchengroßen liegen im Bereich von < 0,25 mm und insbesondere < 0,1 mm.
DCP und Algen-CaC0
3 werden bevorzugt m einem molaren Verhältnis von 2 : 1,5 bis 1,7 umgesetzt. Der Anteil an Algen-CaC03 wird dabei unter der Annahme berechnet, dass das Material zu 100 aus Calciumcarbonat besteht. Die Anteile an CaO, MgO usw. im Algenmaterial werden vernachlässigt. Es ist also bevorzugt, den Calciumcarbonatanteil in den
αer TTCP-
Herstellung gegenüber dem zur Herstellung von "Bone Source®" bekannten Verfahren zu verringern. Auf diese Weise kann αer Anteil freien Calciums im TTCP sehr gering gehalten werden. Dies wirkt sich auf die Qualität des TTCP, insbesondere bezüglich αer Erhaltung der mterkonnektierenden Mikroporen positiv aus.
Die Urrsetzung von DCP und Algen-CaC03 erfolgt zweckmäßig bei einer Temperatur von 1450 bis 1550°C. Als besonders geeignet hat sich em Temperaturbereich zwischen 1460 und 1500°C erwiesen. Von Vorteil dauert die Umsetzung mindestens 10 Stunden. Nach Abschluß der Reaktion wird das erhaltene TTCP zweckmäßig sofort unter wasserfreien Bedingungen abgekühlt. Außerdem empfiehlt es sich, das TTCP unter Ausschluss von Feuchtigkeit zu lagern.
Das auf die oben beschriebene Weise erhältliche TTCP ist Bestandteil des erfmdungsgemaßen Knochenzement-Pulvers. Als weitere Bestandteile des Knochenzements kommen grundsätzlich alle Materialien in Frage, welche üblicherweise in bekannten Knochenzementen verwendet werden. Bevorzugt ist es, unlösliche Calcium-Verbmdungen einzusetzen, die zu einem Ca : P-Verhaltnis im Knochenzement-Pulver von etwa 1,67 fuhren. Dieses Ca:P- Verhältnis stellt sicher, dass sich der Knochenzement im Korper vollständig in Hydroxylapatit umwandelt.
Besonders zweckmäßig enthalt der erfmdungsgemaße Knochenzement em Gemisch von Tetracalciumphosphat und Calciumhydrogenphosphat (DCP) . Das Gewichtsverhaltnis dieser Komponenten liegt vorteilhaft bei 60 bis 70 % zu 40
Es ist weiterhin vorteilhaft, dem erfmdungsgemaßen Knochenzement-Pulver einen Calcium-haltigen granulären
Füllstoff beizufügen. Handelt es sich bei diesem Füllstoff um em als kalkmkrustierenden Algen gewonnenen
Hydroxylapatit-Mateπal, wie es beispielsweise m den eingangs erwähnten Patentschriften beschrieben ist, kann die Porosität des Knochenersatzmateπals demjenigen naturlichen Knochengewebes noch mehr angenähert werden.
Besonαers geeignet für die Verwendung im erfmdungsgemaßen Knochenzement ist auch em granulärer Füllstoff aus Tricalciumphosphat-haltigern Hydroxylapatit-Mateπal, welches erhältlich ist durch Umsetzen eines von organischen Verbindungen befreiten Algen-Hartgewebes m einer alkalischen wassrigen Phosphatlosung unter Zusatz von Mg2+-Ionen bei erhöhter Temperatur. Diesbezüglich wird auf die Parallelanmeldung "Tncalciumphosphat-haltiges Hydroxylapatit-Mateπal mit mikroporöser Struktur" sowie die Pr loπtatsanmeldung DE 199 50 113 verwiesen, deren
Offenbarungsgehalt in Referenz in diese Anmeldung vollem Umfang eingefügt werden.
Der Anteil des Calcium-haltigen granulären Füllstoffs im Knochenzement-Pulver liegt zweckmäßig bei 10 bis 90 und insbesondere 60 bis 80 Gewichtsprozent.
Das erf dungsgemaße Knochenzement-Pulver eignet sich ausgezeichnet als Trager für Wirkstoffe, wie wachstumsfordernde oder wachstumshemmende Verbindungen,
Antibiotika, Chemotherapeutika, tumorhemmende Verbindungen oder knocheninduktive Verbindungen. Als Beispiel für letztere können knochenmorphogene Proteine genannt werden. Die Knochenzement-Pulver können mit diesen Verbindungen imprägniert werden. Andererseits ist es ebenfalls möglich, die Wirkstoffe erst beim Anmischen des erfmdungsgemaßen Knochenzements zuzusetzen.
Vor der Verwendung wird das erfmdungsgemaße Knochenzement- Pulver mit wenigstens einer Flüssigkeit angemischt. Auf diese Weise wird das erfmdungsgemaße Knochenersatzmaterial erhalten. Geeignet hierfür sind beispielsweise Wasser oder
Blut. Zweckmäßig betragt das Mischungsverhältnis etwa 0,1 bis 0,4 ml Flüssigkeit pro Gramm Knochenzement-Pulver. Beim nmιschen des erfmdungsgemaßen Knochenersatzmaterials ist es grundsätzlich möglich, zunächst alle festen Komponenten miteinander zu vermischen und dann diese mit Flüssigkeit anzurühren. Von der praktischen Handhabung her kann es in einigen Fallen jedoch zweckmäßiger sein, einzelne feste Bestandteile des erfmdungsgemaßen Knochenzement-Pulvers gesondert mit Flüssigkeit zu vermischen und erst zum Schluss die jeweils mit Flüssigkeit verrührten Mischungen miteinander zu mischen. Zweckmäßig kann es beispielsweise sein, den calciumhaltigen granulären Füllstoff mit Flüssigkeit, beispielsweise Blut, zu vermischen und gesondert hiervon eine Mischung aus Flüssigkeit, vorzugsweise Wasser, und TTCP-haltigem Pulver herzustellen und anschließend beide Mischungen grundlich miteinander zu vermengen. Dies gilt besonders dann, wenn als granulärer Füllstoff em aus Algen gewonnenes Hydroxylapatit-Mateπal verwendet wird. Zweckmäßig werden TTCP-haltige Mischung und Fullstoff-haltige Mischung in einem Volumenverhaltnis von 20 bis 30 % zu 80 bis 70% verwendet .
Die Erfindung soll nachfolgend anhand von Beispielen naher erläutert werden.
Beispiel 1
a) Herstellung von Algen-CaC03
1 kg Potalgen wird mehrfach mit destilliertem Wasser gewaschen und getrocknet. Anschließend werden die Rotalgen bei etwa 630°C sechs bis sieben Stunden lang pyrolisiert und anschließend abgekühlt.
Das sc ernaltene, von organiscnen Bestandteilen befreite Algen-Hartgewebe besteht je nach Charge zu etwa 90 bis 95
Gewichtsprozent aus Calciumcarbonat. Die restlichen Anteile bestehen überwiegend aus Calcium- und Magnesiumoxid.
Das sc erhaltene Algen-Hartgewebe wird zerkleinert und durch em Sieb mit einer Porengroße von 0,1 mm klassiert. Auf diese Weise wird Algen-CaC03 mit einer mittleren Teilchengroße von unter 0,1 mm erhalten.
b) Umsetzung zu Tetracalciumphosphat (Ca4(P04)2; TTCP)
Calciumhydrogenphosphat (CaHP04) und das m Beispiel la) erhaltene Algen-CaC03 werden in einem molaren Verhältnis von 2 : 1,6 gemischt. Der Anteil an Algen-CaC03 wird dabei unter der Annahme bestimmt, dass das Algen-CaC03 zu 100 % aus Calciumcarbonat besteht. Das Pulvergemisch wird in einen Ofen überfuhrt und dort bei etwa 1500 °C 10 Stunden lang erhitzt. Anschließend wird das Reaktionsprodukt so weit abgekühlt, dass es nicht mehr rotglühend ist. Dann wird es in einen Exsikkator überfuhrt und dort unter wasserfreien Bedingungen auf Raumtemperatur weiter abgekühlt. Das so erhaltene TTCP wird unter striktem Ausschluss von Wasser gelagert.
Beispiel 2
Herstellung von Knochenzement-Pulver Das in Beispiel 1 erhaltene TTCP wird in einem Gewichtsverhaltnis von 70 zu 30 mit wasserfreiem Calciumhydrogenphosphat (CaHP04; DCP) grundlich gemischt. Auf diese Weise wird em Knochenzement-Pulver erhalten, was unter wasserfreien Bedingungen gelagert wird.
Beispiel 3
Herstellung eines Knochenersatzmaterials
Ein nach DE 37 09 897 C2 aus kalkinkrustierenden Algen hergestelltes Hydroxylapatit-Material in Granulatform mit einem mittleren Teilchendurchmesser von 0,2 mm wird mit 0,25 ml Blut pro ml Granulat gemischt (Mischung 1).
Das in Beispiel 2 hergestellte Knochenzementpulver, wird mit 0,2 ml Wasser pro Gramm Pulver vermengt (Mischung 2) .
Anschließend werden 70 Volumenprozent der Mischung 1 mit 30 Volumenprozent der Mischung 2 vermischt. Auf diese Weise wird ein Knochenersatzmaterial in Form einer streichfähigen Paste erhalten. Diese Paste ist sofort nach dem Anrühren applizierbar und bindet innerhalb von etwa 40 Minuten ab.