Verfahren und Einrichtung zur Vorbehandlung von Substraten
Die Erfindung betrifft ein Verfahren und die dazugehörige Einrichtung zur Vorbehandlung elektrisch leitfahiger oder elektrisch isolierender Substrate im Vakuum Bevorzugtes Anwen¬ dungsgebiet ist die Behandlung von Oberflachen, welche in einem anschließenden Vakuum- beschichtungsprozeß mit einem haftfesten Überzug versehen werden sollen Nach dem Ver¬ fahren werden beispielsweise Werkzeuge aus Stahl, Hartmetall oder Keramik behandelt
Es ist bekannt (R A Haefer Oberflachen- und Dunnschicht-Technologie, Teil I, S 30 ff,
Springer-Verlag, Berlin 1987), daß im Vakuum zu beschichtende Substrate einem mehrstufi¬ gen Vorbehandlungsprozeß unterworfen werden müssen Dieser besteht meist aus einem oder mehreren mechanischen oder chemischen Reinigungsschritten sowie einer anschlie ßenden Vakuumbehandlung in der Beschichtungsanlage Hier werden störende Oberfla- chenschichten, z B Wasserhaute oder dünne Oxidschichten, beseitigt, gegebenenfalls Keim- stellen fur die abzuscheidende Schicht geschaffen oder sogar haftverbessernde Zwischen¬ schichten aufgebracht
In Abhängigkeit von der elektrischen Leitfähigkeit der Substrate sind verschiedene Verfahren zur Vakuum-Vorbehandlung entwickelt worden
Elektrisch isolierende Substrate wie Glas oder Oxidkeramiken werden häufig durch eine Glimmentladung gereinigt, welche zwischen dem geerdeten Substrathalter als Anode und einer speziellen Glimmelektrode als Katode in einem Arbeitsgas, vorzugsweise Argon, im Druckbereich von 10 Pa gezündet wird Dabei wird das Substrat von Elektronen getroffen, die vor allem die Desorption von Fremdschichten, insbesondere der Wasserhaut, bewirken und das Substrat aufheizen Weiterhin können durch Zerstäubung von Elektrodenmatenal Kondensationskeime entstehen Der wesentliche Nachteil dieses Verfahrens besteht in den geringen erzielbaren Stromdichten und damit seiner geringen Effizienz Weiterhin ist es nicht möglich, thermisch stabile Fremdschichten, z B aus Oxiden, durch Elektronenbeschuß des Substrates zu entfernen
Elektrisch leitfahige Substrate wie Metalle werden am einfachsten durch einen Zerstaubungs- prozeß vorbehandelt Die hierzu notwendige Entladung wird zwischen dem negativ vorge¬ spannten Substrat als Katode sowie der geerdeten Vakuumkammer oder einer Atzelektrode als Anode gezündet Durch lonenbeschuß am Substrat werden vor allem Fremdatome durch Zerstauben abgetragen und die Oberflache des Substrates aktiviert Weitere Teilchen und
Strahlungsquanten des Plasmas unterstutzen die Aktivierung durch Wechselwirkung mit der
Substratoberflache
Es ist bekannt, die Wirkung der Vorbehandlung in Abhängigkeit vom Substratmaterial durch den Einsatz eines reduzierend oder oxidierend wirkenden Gasgemisches zu steigern (DE 31 44 192)
Es ist weiterhin bekannt, daß die Überlagerung eines Magnetfeldes, insbesondere nach dem Magnetronprinzip, zu einer Verstärkung der Entladung und damit zu einer Intensivierung der Vorbehandlung fuhrt (DD 136 047) Die Substrat-Vorbehandlung durch eine Gleichstrom-Glimmentladung weist häufig Prozeß- Instabilitäten auf Sie haben ihre Ursache in der elektrischen Aufladung isolierender Bereiche der Substratoberflache, z B oxidischer Inseln, und dem dadurch bedingten Umschlagen der Glimmentladung in eine Bogenentladung Diese als „arcmg " bezeichnete Erscheinung ver¬ hindert nicht nur die Abtragung von Fremdschichten, sondern fuhrt zu einer lokalen Schädi¬ gung der Substrat-Oberflache Ein bekanntes Verfahren, welches diese Nachteile überwindet, ist das Vorbehandeln in ei¬ nem RF-Plasma, vorzugsweise bei einer Frequenz von 13,56 MHz Fur isolierende Substrate muß generell ein RF-Plasma angewandt werden Bei geeigneter Gestaltung der Elektroden¬ flachen bildet sich eine sogenannte Selbstbias-Spannung aus, die einen Strom beschleunigter Ionen zum Substrat erzeugt Dadurch werden zahlreiche Elementarprozesse ausgelost, die zu einer Reinigung der Substrat-Oberflache durch Zerstauben und zu einer Aktivierung der Oberflache fuhren Alle RF-Verfahren haben den Nachteil eines geringen Wirkungsgrades, hoher Energieverluste bei der elektrischen Anpassung und eines hohen technischen Auf wandes Insbesondere fur großflächige Substrate ist eine homogene Substrat- Vorbehandlung praktisch nicht möglich
Es ist ebenfalls bekannt, eine Vorbehandlung von Substraten im Vakuum durch den Einsatz von Ladungstragerquellen zu erreichen Mittels Elektronenstrahlquellen wird im wesentlichen eine Aufheizung des Substrates und eine Desorption fluchtiger Adsorbatschichten erreicht Durch den Beschüß von Substraten mit tonenquellen oder Plasmaquellen können auch nichtfluchtige Oberf lachenschichten durch Zerstauben abgetragen werden (DD 292 028, DE 37 08 717 C2)
Erfolgt der Beschüß der Substrate mit Metallionen (Kadlec et al , Surf Coat Technol , 54/55, 1992, 287-296), so wird weiterhin die Bildung einer Mischschicht aus Substratatomen und implantierten Fremdatomen erreicht Deshalb ist dieser Prozeß auch als „ion mixing" be- kannt Er fuhrt zu sehr guter Haftfestigkeit der anschließend im Vakuum aufgebrachten
Schichten Allen genannten Stra hiverfahren zur Vorbehandlung von Substraten haftet jedoch der Nachteil eines sehr hohen apparativen Aufwandes und damit hoher Kosten an Das gilt insbesondere fur großflächige Substrate
Fur spezielle Anwendungen, z B die Vorbehandlung von Polymeroberflachen, ist auch der Einsatz von Mikrowellen-Plasmen bekannt Mit ihnen wird kein Abtrag von Fremdschichten, sondern eine Veränderung der physikalischen und chemischen Bindungszustande zwischen Substrat- und Schichtmatenal erreicht Die Wirksamkeit ist extrem mateπalabhangig und an die chemische Natur von Substrat- und Schichtmatenal geknüpft
Die Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine zugehörige Einrichtung zur Vorbehandlung elektrisch leitender und nichtleitender Substrate anzugeben, die den technischen Aufwand fur die Substrat-Vorbehandlung gegenüber einer Behandlung im RF- Plasma oder mittels Strahlquellen entscheidend verringert Weiterhin soll die Wirksamkeit der Vorbehandlung erhöht und den Eigenschaften des Substratmaterials sowie der anschließend aufzubringenden Schicht angepaßt werden Das Verfahren soll problemlos mit dem eigentli¬ chen Vakuumbeschichtungsprozeß kombinierbar sein
Erfindungsgemaß wird die Aufgabe nach einem Verfahren mit den Merkmalen des Anspru¬ ches 1 gelost Die erfindungsgemaße Einrichtung ist durch die Merkmale des Anspruches 8 beschrieben Vorteilhafte Ausgestaltungen beschreiben die Ansprüche 2 bis 7 bzw 9 bis 12
Das erfindungsgemaße Verfahren bewirkt, daß das Substrat periodisch wechselnd mit einem Strom beschleunigter Elektronen und Ionen beaufschlagt wird Das Substrat ist weiterhin permanent der Wechselwirkung mit weiteren Teilchen und Strahlungsquanten eines Plasmas ausgesetzt, insbesondere mit energiereichen Neutralteilchen und Strahlung aus dem Plasma Die chemische und physikalische Wirkung eines Teils der auftreffenden Ionen wird von der Auswahl des Elektrodenmateπals bestimmt Die Gegenelektrode besteht vorzugsweise aus dem Material der anschließend aufzubringenden Schicht oder mindestens einer Komponente dieses Schichtmateπals Es kann weiterhin ein reduzierend wirkendes Gas, z B Wasserstoff, wahrend des Vorbehandlungsprozesses in die Vakuumkammer eingelassen werden, welches im Plasma aktiviert bzw ionisiert wird und durch chemische Reaktionen den Prozeß der Substratvorbehandlung unterstutzt Insgesamt wird durch das Verfahren eine sehr komplexe physikalische und chemische Reaktion auf der Substratoberflache und im oberflachennahen Bereich des Substrates bewirkt
Charakteristisch fur das Verfahren ist die Eignung fur elektrisch leitende und nichtleitende Substrate Die Frequenz des Polwechsels der Energieeinspeisung sichert, daß eine elektrische Aufladung isolierender Bereiche der Substratoberflache verhindert wird Dadurch wird das im Gleichstromplasma auftretende „arαng" vermieden Weiterhin ist die Frequenz des Polwech- sels so bemessen, daß die Ionen des Plasmas wahrend jedes Pulses einen ausreichend hohen Energiebetrag aus dem elektrischen Feld der Entladung übertragen bekommen Besonders vorteilhaft ist, daß Art und Intensität der bevorzugt auf dem Substrat ablaufenden Elementarprozesse in einfacher Weise durch Einstellung elektrischer Parameter der Energie¬ versorgungseinrichtung ausgewählt werden können Das gewählte Verhältnis der Pulslangen beider Polungen bestimmt das Verhältnis von Elektronen- und lonenstrom zum Substrat Durch Wahl der Entladungsspannung in beiden Polungen wird die Energieverteilung der Elektronen und Ionen festgelegt Damit wird aktiv darauf Einfluß genommen, in welchem Maße solche Elementarprozesse wie Desorption locker gebundener Adsorbate, Zerstauben von Fremdschichten, Zerstauben von Substratmatenal, Erwärmung des Substrates und damit Erhöhung der lateralen Beweglichkeit, Diffusionsvorgange und Implantation von Elektro¬ denmaterial in den oberflachennahen Substratbereich ablaufen Dadurch ist der Vorbehand¬ lungsprozeß nicht nur eine physikalische und/oder chemische Reinigung des Substrates, sondern es werden in gezielter Weise die Haftfestigkeit und die Struktur der aufzubringen¬ den Schicht vorbestimmt Es kann auch vorteilhaft sein, besagte Glimmentladung in einem oxidisch wirkenden Gas¬ gemisch zu betreiben Das gilt vor allem, wenn Substrat- und Schichtmatenal aufgrund ihrer chemischen Natur eine oxidische Bindung eingehen
Das Verfahren laßt sich besonders vorteilhaft betreiben, wenn die Gegenelektrode im Feld einer speziellen Magnetanordnung - einer an sich bekannten Magnetronanordnung - ange- ordnet ist Dadurch kann die Plasmadichte und die Effizienz der Vorbehandlung großenord- nungsmaßig gesteigert werden
In den Fallen, in denen die anschließende Aufbringung einer Schicht durch Magnetron- Zerstauben erfolgen soll, ist es besonders vorteilhaft, mindestens eine der fur die Schicht- abscheidung vorgesehenen Zerstaubungsquellen als Gegenelektrode fur die Vorbehandlung der Substrate zu nutzen
Die Einrichtung zur Durchfuhrung des erfindungsgemaßen Verfahrens besteht im wesentli¬ chen aus dem Rezipienten, in dem die zu behandelnden Substrate gehaltert sind, der Ge¬ genelektrode, Evakuierungseinrichtung und Stromversorgung Als Stromversorgung dient ein Wechselspannungserzeuger, dessen Anschlüsse mit dem Substrat und mindestens einer Ge-
genelektrode verbunden sind Weiterhin umfaßt die Einπchtung Mittel zum Einlaß eines Ar¬ beitsgases in die Prozeßkammer sowie zur Drυckregelung, wie sie allgemein fur Plasmapro¬ zesse bekannt sind
Es ist zweckmäßig, den Wechselspannungserzeuger als Bipolar-Puls-Generator auszubilden, dessen Pulslangen und/oder Ausgangsspannungen fur beide Polungen getrennt einstellbar sind In vereinfachter Weise kann der Wechselspannungserzeuger auch durch Zusammen¬ schaltung eines Sinusgenerators und einer einstellbaren Gleichspannungsquelle gebildet werden Durch Überlagerung beider Spannungen kann des Verhältnis von Elektronen- und lonenstrom zum Substrat dem Prozeß angepaßt werden
Fur eine leistungsfähige Einrichtung zur Durchfuhrung des Verfahrens ist es zweckmäßig, eine wassergekühlte Gegenelektrode vorzusehen
An zwei Ausfuhrungsbeispielen wird der Gegenstand der Erfindung naher erläutert In den zugehörigen Zeichnungen zeigen
Fig 1 eine Einrichtung zur Vorbehandlung eines elektrisch isolierenden Substrates mit ei¬ nem Bipolar-Puls-Generator, Fig 2 eine Anordnung zur Vorbehandlung eines elektrisch leitenden, partiell oxydierten Substrates mit einem Sinusgenerator
In Fig 1 ist in einer Prozeßkammer 1 ein isolierendes Substrat 2 aus einer Oxidkeramik in einer Halterung 3 angeordnet Am Anschluß 4 ist an die Prozeßkammer ein bekanntes Va¬ kuumpumpsystem angeschlossen Mittels eines Regelventils 5 wird ein Argon-Sauerstoff- Gasgemisch mit einem Sauerstoff-Gehalt von 10 vol% in die Prozeßkammer 1 eingelassen und auf einen Druck von 0,5 Pa geregelt In einem Abstand von 100 mm ist parallel zum Substrat 2 eine Gegenelektrode 6 angeordnet Sie befindet sich im Magnetfeld einer Ma gnetspule 7 Die Gegenelektrode 6 besteht aus Edelstahl, die anschließend auf das Substrat 2 abzuscheidende Schicht soll ebenfalls aus Edelstahl bestehen Zur Vorbehandlung der Substratoberflachen sind Halterung 3 und somit auch das Substrat 2 und Gegenelektrode 6 potentialfrei und mit den Anschlüssen eines Wechseispannungser- zeugers 8, der ein Bipolar-Puls-Generator ist, verbunden Seine Maximalleistung betragt 10 kW bei einer maximalen Ausgangsspannung von jeweils 1500 V fur jede Polung Der Wech¬ selspannungserzeuger 8 wird mit einer festen Frequenz des Polwechsels von 50 kHz betrie¬ ben Die Pulslangen fur katodische und anodische Polung des Substrates 2 werden im Ver- haltnis 20 1 eingestellt Die Ausgangsspannung wird fur beide Polungen auf 1200 V einge-
stellt Bei einer Vorbehandlungszeit von 2 Minuten wird ein mittlerer Abtrag von 20 nm am Substrat 2 und eine Temperaturerhöhung um 410 °C erreicht In einem anschließenden Be- schichtungsprozeß wird durch Elektronenstrahlverdampfung auf dem Substrat 2 eine 20 μm dicke Edelstahlschicht extrem hoher Haftfestigkeit und Dichte abgeschieden Ein Querschliff der beschichteten Substrate 2 zeigt, daß sich im Ergebnis der Substratvorbehandlung eine „Intermixing-Zone" von etwa 200 nm gebildet hat, die neben dem Substratmateπal auch metallische Bestandteile enthalt Sie ist offensichtlich durch Implantation und Diffusion ent¬ standen
In Fig 2 sollen durch reaktives Magnetronzerstauben metallisch leitende Substrate 2 mit ei¬ ner 10 μm dicken Titanoxid-Schicht versehen werden In einer Prozeßkammer 1 sind die Substrate 2 aus Hartmetall auf einem rotierenden Substrattrager 1 1 befestigt Am Anschluß 4 ist an die Prozeßkammer 1 ein bekanntes Vakuumpumpsystem angeschlossen Ein Regel- ventil 5 dient zum Einlaß eines Gasgemisches, welches aus Argon mit einem Gehalt von 5 vol% Wasserstoff besteht Der Totaldruck wird auf einem Wert von 1 Pa konstantgehalten In einem mittleren Abstand von 80 mm zum Substrattrager 1 1 sind zwei gegenüberliegende Magnetron-Zerstaubungsquellen 12 mit Titan-Targets 13 angeordnet Sie dienen auch zum anschließenden Aufbringen der Titanoxid-Schicht durch Magnetron-Zerstauben Zur Durch¬ fuhrung der Substrat-Vorbehandlung als Wechselspannungserzeuger wird eine Kombination aus einem Sinusgenerator 14 und einer einstellbaren Gleichspannungsquelle 1 5 potentialfrei zwischen die Substrate 2 und die durch Parallelschaltung verbundenen Magnetron- Zerstaubungsquellen 1 2 geschaltet Somit wirken die Targets der Magnetron- Zerstaubungsquellen 12 als Gegenelektrode fur den Vorbehandlungsprozeß Der Sinusgenerator 14 wird mit einer Frequenz von 50 kHz und einer Ausgangsspannung von 1 500 V betrieben Die Gleichspannungsquelle 15 wird auf einen Wert von 650 V einge¬ stellt Durch Überlagerung der beiden Spannungen wird erreicht, daß bei katodischer Polung der Substrate 2 sowohl Pulslange als auch Entladungsspannung wesentlich großer sind als bei anodischer Polung. Bei einer Vorbehandlungszeit von 10 Minuten wird ein mittlerer Ab trag von weniger als 10 nm am Substrat 2 und eine Temperaturerhöhung um 300 °C er- reicht Die nach dieser Vorbehandlung aufgebrachten Zerstaubungsschichten zeichnen sich durch eine sehr hohe Haftfestigkeit aus Der Scratch-Test ergab bei einer Grenzlast des Gerä¬ tes von 30 N keinerlei Schichtablösungen