B E S C H R E I B U N G
Fasermatte
Die Erfindung betrifft eine Fasermatte. Derartige Faser¬ matten werden zum Beispiel als Dämmstoffe im Hoch- und Tief¬ bau eingesetzt. Als Fasern finden unterschiedlichste Ma¬ terialien Anwendung. So sind Dämmstoffe auf Basis von Stein¬ wolle. Glaswolle, Schlackenwolle ebenso bekannt wie Faser¬ matten aus Kokosfasern. Sisal, Stroh oder Flachsfasern.
Im Rahmen zunehmenden Umweltbewußtseins finden vor allem natürliche Fasern pflanzlichen oder tierischen Ursprungs zunehmende Bedeutung.
Soweit Flachsfasern im Stand der Technik verwendet wurden, erfolgte dies zusammen mit einem Kunstharz-Bindemittel (Piltz-Härig-Schulz: Technologie der Baustoffe, 8. Auflage, 550). Für die Festigkeit und Stabilität einer so hergestell¬ ten Flachsfaser-Matte ist dabei vor allem das Kunstharz ver¬ antwortlich.
Auch sind Dämmstoffmatten aus Flachsfasern bekannt, die kein oder nur sehr wenig Bindemittel aufweisen. Hierbei handelt es sich um voluminöse, leichte Vliese mit einem Raumgewicht von weniger als 20 kg/m^, die zur mechanischen Stabilisie¬ rung ober- und unterseitig kaschiert werden. Nachteilig bei diesen Flachsfaser-Matten ist das schlechte Relaxationsver¬ halten der Flachsfasern. Unter Druckbeanspruchung knicken die Fasern, so daß die Dämmstoffmatte dünner und dichter wird und damit ihre Dämmeigenschaften zum Teil verliert. Versuche haben gezeigt, daß die Sprödigkeit der Flachsfasern so ungünstig ist, daß ihr ursprüngliches Raumgewicht von beispielsweise 20 kg/m^ nach mehrmaligem Zusammenpressen der Matte auf Werte von über 50 kg/m-- steigt.
Die vorstehend beschriebenen Eigenschaften der Flachsfasern, insbesondere Flachskurzfasern, gelten analog auch für andere spröde Naturfasern, beispielsweise aus der Gruppe der Cellulosefasern. Hierzu gehören Bastfasern wie Hanf-, Sisal- und Jutefasern.
Während die Grobfaserlängen zwischen 10 bis 20 cm liegen, betragen die Längen der Flachs-Einzelfasern üblicherweise zwischen 1 und 5 cm, wobei die gegeneinander zugespitzten Enden ineinander verkeilt sind und die Grobfaserlänge er¬ geben. Charakteristisch für das Werkstoffverhalten ist in jedem Fall aber die weitgehend defibrillierte Flachskurz¬ faser.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Möglichkeit aufzuzeigen, wie Dämmatten (Dämmvliese) mit möglichst ge¬ ringem Raumgewicht (entsprechend hohen Wärmedämm-Eigen- schaften) auch unter Verwendung spröder Fasern, wie Cellulosefasern, hergestellt werden können.
Der Erfindung liegt die überraschende Erkenntnis zugrunde, daß dieses Ziel auf verblüffend einfache Weise durch eine mechanische Vermengung der spröden Faserkomponente mit einer hochelastischen weiteren Faserkomponente erreicht werden kann, wobei gleichzeitig die Zugabe eines Bindemittels ent¬ behrlich beziehungsweise allenfalls noch in geringen Mengen notwendig ist.
Fasern extrem hoher Elastizität sind zum Beispiel Fasern tierischen Ursprungs, wie Schafwolle oder synthetische Fasern.
In ihrer allgemeinsten Ausführungsform schlägt die Erfindung eine Fasermatte vor, die aus einem Gemisch aus 20 bis 90 Massen-Prozent (M.-%) einer natürlichen spröden Faser A und 80 bis 10 M.-% einer elastischen Faser B besteht. Bevorzugte Bereiche sind: für Faser A: 40 bis 90 M.-%, für Faser B: 60 bis 10 M.-%.
Durch die innige Vermischung der beiden Fasern (A, B) werden die spröden Fasern von den elastischen Fasern umgeben oder anders ausgedrückt: die elastischen Fasern "betten" die spröden Fasern ein, so daß bei einer Druckbeanspruchung die Druckkräfte von den elastischen Fasern aufgenommen werden, ohne daß die spröden (mechanisch instabilen) Fasern knicken. Die elastischen Fasern umgeben die spröden Fasern also quasi wie ein "Puffer".
Unter Verwendung einer Flachskurzfaser (A) und Schafwolle (B) führt dabei bereits die Zugabe von 10 M.-% Schafwolle zu 90 M.-% Flachsfasern zu einer deutlichen Verbesserung der Relaxationsfähigkeit der so gebildeten Dämmstoffmatte, die selbstverständlich mit zunehmendem Gehalt an elastischen Fasern (B) weiter ansteigt.
Die Fasern können in einer Länge von 0,5 bis 10 cm eingesetzt werden; bevorzugt sind Faserlängen, sowohl der spröden wie der elastischen Faser, zwischen 3 und 6 cm.
Im Ergebnis steht ein voluminöses, leichtes Vlies mit einem Raumgewicht zwischen 10 bis 40 kg/irH zur Verfügung, das reversible Verformungseigenschaften aufweist.
Zur Herstellung eines solchen Vlieses schlägt die Erfindung vor, eine Mischung aus den spröden und elastischen Fasern (A, B) vor einer Karde (einem Krempel) auf ein Auflageband zu geben und die Mischung entlang der Karde zu einem Primär¬ vlies aufzubereiten, welches anschließend weiterverarbeitet wird. Die Formgebung mittels einer Karde optimiert die innige Vermischung der spröden und elastischen Fasern.
Die Weiterverarbeitung des Primärvlieses erfolgt in Abhän¬ gigkeit von den gewünschten Eigenschaften der Dämmatte (des Vlieses). So kann das Primärvlies beispielsweise über einen bekannten Kreuzleger zu einem Sekundärvlies weiterverarbei¬ tet werden, wobei das Primärvlies alternierend mit einem bestimmten Versetzungswinkel übereinandergelegt wird, so daß die Dicke des Sekundärvlieses höher ist als die Dicke des Primärvlieses.
Die Weiterverarbeitung kann auch darin bestehen, daß das Primär- oder Sekundärvlies kaschiert wird. Hierzu kann zum Beispiel auf der einen oder auf beiden Oberflächen eine Beschichtung, zum Beispiel ein Papier oder Karton, aufge¬ bracht werden, wobei die Schichten anschließend miteinander versteppt werden. Die Dicke des fertigen Produkts liegt üblicherweise zwischen 2 und 20 cm.
Um die Eigenstabilitat der Dämmstoffmatte zu erhöhen, ist es ebenfalls möglich, dem Fasergemisch Bindefasern oder Binde¬ mittel (bis zu 20 M.-%, bezogen auf das fertige Produkt) zuzumischen. So können Kunststoffasern zugegeben werden, die unter Wärme aufschmelzen und über die anschließend wieder erstarrende Schmelzphase ein Bindegerüst bilden. Es ist selbstverständlich, daß das Vlies dazu einer Wärmebehandlung unterworfen werden muß. Auch können Bindemittel, beispielsweise Acrylatdispersionen, auf das Fasergemisch aufgesprüht werden. Ebenso ist die Zugabe von Polymeren in Pulverform in das Fasergemisch möglich. In jedem Fall er¬ folgt eine anschließende Temperaturbehandlung, damit die Bindemittel aufschmelzen, die Fasern untereinander vernetzen und nach Abkühlung und Erstarrung stabilisieren. Im Gegen¬ satz zum Stand der Technik übernimmt das Bindemittel hier eine Vernetzungsfunktion.
Eine Fasermatte (-platte) aus der beschriebenen Faserkombi¬ nation kann auch höheren Anforderungen an das Brandschutz- verhalten (DIN 4102) genügen.
Beim Einwirken einer Flamme auf ein reines Schafwollevlies werden die Fasern versengt. Wird die Flamme weggenommen, "brennen" die Fasern nicht.
Ganz anders ist das Brandverhalten von Cellulosefasern, wie Flachsfasern. Die Fasern entzünden sich sehr leicht und brennen auch nach Entfernung der Flamme weiter.
Ähnlich kritisch ist das Brandverhalten von Gemischen aus Schafwollefasern und synthetischen Bindefasern (wie Poly¬ propylen-Fasern) . Unter Einwirkung einer Flamme schmelzen
die synthetischen Fasern schnell auf. Der Sauerstoffbedarf für die Flamme wird gleichzeitig reduziert, so daß das Fasergemisch auch nach Beendigung der direkten Flammbeauf¬ schlagung weiterbrennt.
Es ist bekannt, das Brandschutzverhalten der vorgenannten Faserprodukte, also beispielsweise reiner Schafwollevliese oder reiner Flachsfaserprodukte durch Zugabe bestimmter Imprägnierungsmittel zu verbessern. Die Fasern werden in der Regel mit dem Imprägnierungsmittel oberflächlich benetzt, nach Art einer "Hydrophobierung", was beispielsweise durch Besprühen, Tauchen oder dergleichen erfolgen kann.
Die Wirkungsweise der Imprägnierungsmittel ist unterschied¬ lich. Das Prinzip der meisten Imprägnierungsmittel beruht darauf, daß sie unter Wärme zum Beispiel Wasser oder Schutz¬ gase abspalten und so das eigentliche Produkt vor dem direk¬ ten Flammenangriff und einem Entzünden schützen.
Die benötigte Menge an Imprägnierungsmittel hängt einerseits von dem zu imprägnierenden Material, andererseits von dem jeweiligen Imprägnierungsmittel ab. Für einen effektiven Brandschutz der Klasse B2 (nach DIN 4102) benötigt man bei¬ spielsweise von einem Imprägnierungsmittel auf der Basis [(NH4)2HPθ4 (NH4)2S04] folgende Mengen (in M.-%), jeweils bezogen auf die Fasermenge (Masse):
- für ein Vlies aus reiner Schafwolle (Fasern des Typs B): 8,5 %
- für ein Vlies auf Flachsbasis (Fasern A) : 7,5 %.
Völlig überraschend wurde nun festgestellt, daß die Brand¬ schutzklasse B2 bei erfindungsgemäßen Fasermatten aus einem
Gemisch der Fasern A und B sehr viel geringer gewählt werden kann, als dies zu erwarten gewesen wäre.
Die für erfindungsgemäße Fasermatten (-platten) benötigte Menge an Imprägnierungsmittel kann nämlich gemäß folgender Formel begrenzt werden:
IG = [(1 - x) - IA] + [x -IB - f »
mit f < 1, bevorzugt 0,3 _<: f ^ 0,7.
Dabei bedeuten:
I die benötigte Gesamtmenge an Imprägnierungsmittel (in M.-%, bezogen auf die Gesamtmasse des Faserproduktes),
IA die theoretische Menge an Imprägnierungsmittel (in M.- %), damit der Faseranteil A für sich genommen der Brandschutzklasse B2 genügen würde,
Ig die theoretische Menge an Imprägnierungsmittel (in M.-%), damit der Faseranteil B für sich genommen der Brandschutzklasse B2 genügen würde,
x = Anteil der Faserkomponente B, bezogen auf die Gesamt- Fasermasse,
f = Korrekturfaktor.
Der Korrekturfaktor hängt ab von der Art der verwendeten Fasern, deren Länge und Dichte, also deren Oberfläche, und vor allem vom Raumgewicht der hergestellten Fasermatte.
Er wird um so höher sein, je geringer das Raumgewicht be¬ ziehungsweise je geringer die Faseroberfläche ist. Typische Werte liegen bei Fasermatten mit einem Raumgewicht von 15 kg/m^, die zu je 50 M.-% aus Schafwolle- und Flachskurz¬ fasern bestehen, bei 0,3 bis 0,7.
Mit anderen Worten: bei einem erfindungsgemäßen Fasergemisch wird nur ein Anteil an Imprägnierungsmittel benötigt, die sich aus der Summe berechnet, falls die Faseranteile A und B jeweils für sich bis zur Brandschutzklasse B2 imprägniert würden. Der Anteil kann, falls f = 0 ist, dem Anteil für die Faser A entsprechen.
Dabei hat sich gezeigt, daß die benötigte Impräg¬ nierungsmenge IQ
- entweder dem Fasergemisch insgesamt, oder
- lediglich der Faser A
zugegeben werden kann. Es können also entweder alle Fasern oder nur die Fasern des Typs A imprägniert werden, wobei die Menge in beiden Fällen gleich ist, woraus folgt, daß die Menge an Imprägnierungsmitteln auf den imprägnierten Fasern im zweiten Fall sehr viel höher ist als im ersten Fall; in jedem Fall liegt die Menge aber - wie ausgeführt - deutlich unter der theoretisch zu erwartenden.
Die vorstehend genannte Formel gilt analog auch für die Fälle, bei denen der Fasermatte (-platte) neben den Fasern der Typen A und B zusätzlich synthetische Fasern (Typ C) zugemischt werden, und zwar mit der Maßgabe, daß der Faser¬ anteil C dem Faseranteil A zugerechnet wird.
Weitere Merkmale der Erfindung ergeben sich aus den Merk¬ malen der Unteransprüche sowie den sonstigen Anmeldungs¬ unterlagen.
Die Erfindung wird nachstehend anhand verschiedener Aus¬ führungsbeispiele näher erläutert.
Beispiel I:
15 M.-% Schafwolle-Fasern mit einer Länge zwischen 2 und 5 cm werden mit 85 M.-% Flachs-Kurzfasern, ebenfalls mit einer Faserlänge zwischen 2 und 5 cm, vermischt und als Mischung einem Auflageband aufgegeben. Der Faserstrom durch¬ läuft anschließend eine Karde, so daß ein Primärvlies ge¬ bildet wird, welches entlang eines Kreuzlegers in mehreren Lagen zu einem Sekundärvlies mit folgenden Merkmalen weiter¬ verarbeitet wird:
Dicke: 10 cm
Raumgewicht: 15 kg/m-- .
Das so hergestellte Sekundärvlies kann als Dämmstoffmatte mit günstigen Relaxationseigenschaften Verwendung finden.
Beispiel II:
Es wird ein Sekundärvlies analog Beispiel I hergestellt, jedoch unter Vermischung von 90 M.-% Fasern des Typs A und 10 M.-% der Fasern des Typs B.
Das Sekundärvlies wird anschließend mit einer wässrigen
Lösung eines Imprägnierungsmittels auf Basis
[(NH4)2HP04 (NH4)2Sθ _ imprägniert, und zwar durch Tränkung.
Gemäß der vorstehend genannten Formel berechnet sich die benötigte Menge an Imprägnierungsmittel IQ wie folgt (mit f = 0,5)
IG = [(1 - 0,1) • 7,5] + [0,1 • 8,5 • 0,5] = 6,75 + 0,43 = 7,18 M.-%.
Anstelle der theoretisch benötigten Imprägnierungsmittel¬ menge von 7,6 M.-% (bezogen auf den Gesamt-Faseranteil) werden insgesamt nur 7,18 M.-% Imprägnierungsmittel benötigt.
Beispiel III:
Dieses Beispiel entspricht Beispiel II, jedoch mit folgenden Faseranteilen:
20 M.-% Faser A 80 M.-% Faser B und einem Raumgewicht des Sekundärvlieses von 22 kg/m^ .
Entsprechend berechnet sich die benötigte Imprägnierungs¬ mittelmenge wie folgt (mit f = 0,2)
IG = [(1 - 0,8) • 7,5] + [0,8 - 8,5 - 0,2] = 1,5 + 1,36 = 2,86 M.-%.
Beispiel IV :
Wiederum wird analog Beispiel 2 vorgegangen, jedoch unter Verwendung folgender Faseranteile:
50 M.-% Faser A 50 M.-% Faser B
IG = [(1 - 0,5) - 7,5] + [0,5 • 8,5 • 0,5] = 3,75 + 2,13 = 5,88 M.-%