Neue Bis-phenyl-hexene BESCHREIBUNG
Die vorliegende Erfindung betrifft neue chemische Verbindun¬ gen aus der Gruppe der Bis-phenyl-hex-3-ene, ein Verfahren zu ihrer Herstellung und ihre Anwendung als Therapeutika.
Einer Vielzahl von Erkrankungen des Menschen liegt ein unkon¬ trolliertes Wachstum von Körperzellen zugrunde. Diese Proli- ferationsstörung kann zu einer benignen Entartung, z.B. Psoriasis vulgaris bei Keratinozyten oder ß-Thalassämie bei Erythrozyten oder aber auch zu einer malignen Entartung, z.B. bei allen Formen von Krebs, führen.
Das Ziel einer Krebstherapie ist die vollständige Zerstörung, zumindest aber eine signifikante Wachstumshemmung der Tumor¬ zellen. Neben chirurgischen Maßnahmen und Strahlentherapie stehen heute auch Chemotherapeutika, z.B. 5-Fluoruracil, Cytosin-Arabinosid etc., zur Behandlung von Krebspatienten zur Verfügung. Ein Nachteil bei der Verwendung dieser Chemo¬ therapeutika besteht jedoch darin, daß sie neben den Tumor¬ zellen auch gesunde Bereiche des Organismus schädigen können. Daher wurde seit mehreren Jahren nach weniger aggressiven Behandlungsmethoden gesucht. So erbrachte die Anwendung von Tamoxifen bei Mammakarzinomen erste vielversprechende Resul¬ tate (Jordan, Antiestrogens in Cancer Treatment, in: Stoll, B.A., Endocrine Management of Cancer, Karger, Basel (1988), 57-65). Bis heute ist jedoch eine Vielzahl von Krebserkran¬ kungen (z.B. Kolon- und Pankreaskarzino ) noch nicht in aus¬ reichendem Umfang durch Medikamente therapierbar (Cohen et al., Colorectal Cancer, und Brennan et al., Cancer of the Pancreas in: DeVita, V.T., Helman, S. und Rosenberg, St. A. , Cancer, Lippincott Co., 3rd Edition (1989)).
Als eine der Hauptursachen der Krebsentstehung gelten Fehler bei der Expression von sogenannten Onkogenen, wie etwa myc oder ras (Tabin et al., Nature, 300 (1982), 143-149). Ein
wesentlicher Regulationsmechanismus der Genexpression - auch bei Onkogenen - ist der Methylierungsgrad der DNA (Doerfler, J. gen. Virol., 57 (1981) 1-20). So konnte am Beispiel der ras- und yc-Onkogene eine Hypomethylierung im exprimierten, kanzerogenen Status nachgewiesen werden (Feinberg et al., Biophys. Res. Comm. , 111 (1983) 47-54; Cheah et al., J. Nat. Cancer Inst., 73, (1984), 1057-1061)). Weiterhin ist bekannt, daß durch eine gezielte Steuerung der DNA-Methylierung sowohl das Wachstum als auch die korrekte somatische Funktion von entarteten Zellen reguliert werden kann. Dies wurde von Ley et al. (DNA-methylation and globin gene expression in patients treated with 4-azacytidine, in: Globin Gene Expression and Hematopoietic Differentiation, Alan P. Liss, N.Y. (1983), 457-474) gezeigt. Ein weiterer direkter Zusam¬ menhang zwischen der Methylierung von DNA und Störungen im zentralen Nervensystem wurde bei HIV-positiven Patienten gefunden. (Keating et al., Lancet, 337 (1991) 935-939).
Ferner konnte bei in vitro Zellkulturversuchen ein direkter Zusammenhang zwischen maligner Transformation und DNA-Hypo- methylierung einerseits sowie zwischen konzentrationsabhängi¬ ger Wachstumsinhibierung von Tumorzellen (aus Mensch und Tier) und DNA-Hypermethylierung andererseits nachgewiesen werden (Pechan, (1987), Dissertation, Universität Würzburg).
Eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung war die Bereitstel¬ lung neuer Verbindungen, die eine pharmazeutische Wirksamkeit bei der Behandlung von Erkrankungen zeigen, die im Zusammen¬ hang mit entartetem Zellwachstum, d.h. Störungen der Zellpro- liferation, stehen.
Die erfindungsgemäße Aufgabe wird durch ein 3,4-Bis(4-X- phenyl)-2-hexen gelöst, bei dem die Gruppen X jeweils gegebe¬ nenfalls substituierte Alkyl-, Alkenyl- oder Alkinylreste mit 1 bis 10 Kohlenstoffatomen oder gegebenenfalls substituierte Aralkylreste mit 1 bis 10 nicht aromatischen Kohlenstoffato¬ men darstellen.
Vorzugsweise sind die Gruppen X gegebenenfalls substituierte Alkyl-, Alkenyl- oder Alkinylreste mit jeweils 1 bis 5 Koh¬ lenstoffatomen.
Besonders bevorzugt sind die Gruppen X in der erfindungsge¬ mäßen Verbindung Alkylreste mit 2 bis 4 Kohlenstoffatomen, am meisten bevorzugt sind die Gruppen X Ethyl-, n-Propyl-, iso- Propyl-, sek.-Butyl- oder tert.-Butylreste.
Der Begriff "Alkylrest" gemäß vorliegender Erfindung umfaßt aliphatische oder cycloaliphatische Kohlenwasserstoffreste, die gegebenenfalls aber noch einen oder mehrere inerte Sub- stituenten (z.B. Halogengruppen oder Alkoxygruppen) aufweisen können.
Ein "Alkenylrest" gemäß vorliegender Erfindung ist ein gege¬ benenfalls (inert) substituierter Kohlenwasserstoffrest mit einer oder mehreren C=C Bindungen, z.B. ein Vinyl- oder ein Allylrest. Eine analoge Definition gilt für den Begriff "Al- kinylrest". Der Begriff "Aralkylrest" bedeutet einen Alkyl-, Alkenyl- oder Alkinylrest, der zusätzlich eine gegebenenfalls substituierte Arylgruppe trägt, z.B. ein Benzylrest.
Die erfindungsgemäßen Verbindungen sind durch ein Verfahren erhältlich, welches dadurch gekennzeichnet ist, daß man ein l-(4-X-phenyl)-l-propanon (wobei X gemäß obiger Definition ist) in Gegenwart eines Übergangsmetallchlorids, Zinkstaub und einer Base in einem inerten Lösungsmittel umsetzt und die gewünschte Verbindung aus dem Reaktionsgemisch durch Aufrei¬ nigung gewinnt.
Das Übergangsmetallchlorid ist vorzugsweise Titantetrachlorid und die Base ist vorzugsweise Pyridin. Das inerte Lösungsmit¬ tel ist vorzugsweise 1,4-Dioxan und die Umsetzung erfolgt günstigerweise bei der Rückflußtemperatur des Lösungsmittels.
Weitere Einzelheiten dieses Verfahrens sind in einer Arbeit von McMurry (J. Org. Chem. 54 (1989), 3748-3749) beschrie¬ ben.
Überraschenderweise zeigen die erfindungsgemäßen Substanzen eine signifikante Wachstumsinhibition von Tumorzellen in vitro. Daher ist zu erwarten, daß sich die Verbindungen als Therapeutika zur Behandlung von Erkrankungen eignen, die im Zusammenhang mit entartetem Zellwachstum stehen.
Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist daher eine pharmazeutische Zusammensetzung, die eine oder mehrere erfindungsgemäße Verbindungen als Wirkstoff und gegebenen¬ falls pharmazeutisch übliche Träger-, Füll-, Verdünnungs¬ oder/und Hilfsstoffe enthält.
Die erfindungsgemäßen Verbindungen eignen sich für alle Indi¬ kationsgebiete der Human- und Veterinärmedizin, bei denen eine Wachstumshemmung von entarteten Körperzellen oder/und deren Beeinflussung aufgrund einer DNA-Hypermethylierung erfolgen kann. Insbesondere sind hier Krebs, Psoriasis, oder AIDS zu nennen.
Die erfindungsgemäße pharmazeutische Zusammensetzung kann dabei in beliebigen Formulierungen verabreicht werden, welche die erfindungsgemäßen Verbindungen enthalten. Beispiele für geeignete Formulierungen sind etwa Tabletten, Kapseln, Granu¬ late, Lösungen, Salben oder Aerosole. Die Herstellung derar¬ tiger Formulierungen ist einem Fachmann auf dem Gebiet der Pharmazie hinreichend bekannt, so daß eine ausführliche Be¬ schreibung nicht erforderlich scheint.
Die folgenden Beispiele dienen zur weiteren Verdeutlichung der Erfindung.
Beispiel 1
Synthese von 3,4-Bis(4-alkylphenyl)-3-hexenen nach McMurry
(1989, supra)
Zu 200 ml 1,4-Dioxan werden unter Rühren (Eiskühlung, Argon¬ atmosphäre) 108 mol Titantetrachlorid zugetropft. Dieser Lösung werden in kleinen Portionen 200 mmol Zinkstaub und 8 ml Pyridin zugegeben. Nach langsamer (30 min) Zugabe von 1- (4-Alkylphenyl)-l-propanon wird die Reaktionslösung unter Rückfluß erhitzt (20 h). Nach dem Erkalten wird diese Lösung mit 200 ml 10%iger Kaliumcarbonatlδsung versetzt. Die so entstandene Suspension wird mit 50 ml Diethylether ausge¬ schüttelt, mit Wasser gewaschen und über Magnesiumsulfat getrocknet.
Zur Reinigung wird das Rohprodukt über Kieselgel mit Petrol- ether/Diethylether (4/1) filtriert und anschließend durch Säulenchromatographie (Kieselgel, Petrolether/Diethylether 2/1) getrennt. Die Reinsubstanz (farblos) kristallisiert in der Kälte nach mehreren Tagen.
Es wurden folgende Substanzen hergestellt:
3,4-Bis(4-ethylphenyl)-3-hexen Ausbeute: 33%
Schmelzpunkt: 34,6°C
3,4-Bis(4-n-propylphenyl)-3-hexen Ausbeute: 14%
Siedepunkt: 84°C/0,04Tor (verunreinig
3,4-Bis(4-i-propylphenyl)-3-hexen Ausbeute: 16%
Schmelzpunkt: 39,5°C
3,4-Bis(4-s-butylphenyl)-3-hexen Ausbeute: 19%
Siedepunkt: 87°C/0,03To
3,4-Bis(4-t-butylphenyl)-3-hexen Ausbeute: 10%
Schmelzpunkt: 84,6°C
Beispiel 2
Wachstumsinhibition von Tumorzellen in vitro
In Zellkulturflaschen (T25, Greiner) wurden 10**- bis 105 Tu¬ morzellen in jeweils 3 ml IBR-Medium (15% Fetales Kälberse¬ rum, 25 U/ml Penicillin-Streptomycin) ausgesät. Nach einer Anwachsphase von 4h (37°C, 12% C02 ) wurden je 50 μM Test¬ substanz in 0.1% DMSO gelöst, sowie 0,1% DMSO (Kontrolle), zugegeben. Als Testsubstanzen wurden 3,4-Bis(4-ethylphenyl)- 3-hexen, 3,4-Bis(4-i-propylphenyl)-3-hexen und 3,4-Bis(4-t- butyIphenyl)-3-hexen verwendet.
Die Zählung der Zellen (Neubauer-Zählkammer) erfolgte in Abständen von 24 h, über einen Zeitraum von 5 Tagen. Nach 3 Tagen wurde das Medium gewechselt und die Testsubstanzen (siehe Beispiel 1) erneut in gleicher Konzentration zugege¬ ben.
Das Wachstum von HT29 Leberkarzinomzellen (Mensch) konnte um etwa 40 % inhibiert werden, das von in vitro transformierten Hamsterzellen um etwa 30%.