Beschreibung
Verfahren zur kontinuierlichen Nitrierung von nitrierbaren aromatischen Verbindungen
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur kontinuierlichen Nitrierung von nitrierbaren aromatischen Verbindungen mit Nitriersäuren unter Anwendung von Salpetersäure im Überschuß.
Nitrohalogenbenzole sind wertvolle Zwischenprodukte für die Synthese von Farbstoffen, photographischen Entwicklern, Antioxidantien und Inhibitoren in der Gummiindustrie.
Die Nitrierung von aromatischen Verbindungen, zum Beispiel die Nitrierung von Chlorbenzoi zu einem Gemisch von o- und p-Nitr ochlor benzol ist bekannt. So wird nach dem US-Patent 4 453 027 Monochlorbenzol mit Salpetersäure und einer weiteren Säure, wie Schwefelsäure oder Phosphorsäure, die im Überschuß zugegeben wird, umgesetzt. Der Überschuß an Nitriersäure dient als Wärmeträger für die stark exotherme Nitrierungsreaktion. Da bei der Nitrierung stöchiometrische Mengen an Wasser gebildet werden, ist die Nitriersäure in separaten Apparaturen wieder zu konzentrieren. Dieser Arbeitsaufwand wird durch die Verwendung von Nitriersäure im Überschuß noch vergrößert. Zudem erfordert die Konzentrierung große Mengen an Energie und ist nur in Apparaturen aus teuren Werkstoffen, die gegenüber Säuren resistent sein müssen, möglich.
In der DE-Patentschrift 24 22 306 wird die Nitrierung von Chlorbenzol mit Salpetersäure in Gegenwart von starken Säuren, wie Phosphorsäure, beschrieben. Um die Abnahme der Ausbeute an nitrierten halogenaromatischen Verbindungen infolge der Verschiebung des Gleichgewichts durch die Bildung von Wasser
während der Reaktion zu vermeiden, wird bei diesem Verfahren in Gegenwart von mehrwertigen Metallen oder deren löslichen Verbindungen gearbeitet. Die verbrauchte Nitriersäure wird ebenfalls wieder konzentriert.
Die Aufarbeitung von solchen nitrierten Produktgemischen erfolgt im allgemeinen mehrstufig, wobei zunächst nicht umgesetzte Nitriersäure mit Wasser oder alkalischen Lösungen (NaHC03, NaOH) extrahiert wird. Der resultierende Abwasserstrom muß biologisch geklärt werden.
In der EP-PS 39 556 wird ein Verfahren zur kontinuierlichen Nitrierung von aromatischen Verbindungen beschrieben, bei dem das während der Reaktion gebildete Wasser durch Strippen mit Inertgasen bei 120 bis 140 °C entfernt wird. Dieses Verfahren erfordert große Mengen an Inertgas, um die Wärmetönung der stark exothermen Nitrierung technisch sicher beherrschen zu können.
Die DE-PS 3 244 293 beschreibt ein Verfahren zur Nitrierung von Chlorbenzol unter Anwendung von höchstens stöchiometrischen Mengen von Salpetersäure zu Chlorbenzol in Gegenwart von konzentrierter Phosphorsäure. Durch diese Maßnahme und die Anwendung einer Reaktionstemperatur von in der Regel unter 100 °C soll die Bildung von unerwünschten dinitrierten Produkten reduziert werden. Dieses Verfahren erfordert jedoch relativ lange Reaktionszeiten.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es, ein kontinuierliches Verfahren zur Nitrierung von aromatischen Verbindungen, die mit Wasser ein Azeotrop bilden, zur Verfügung zu stellen, das die Nachteile des Standes der Technik nicht aufweist und das insbesondere bei hohen Umsätzen an aromatischer Verbindung zu möglichst wenig unerwünschten Nebenprodukten, wie dinitrierten Produkten, führt. Darüber hinaus soll die bei der stark exothermen Reaktion auftretende Reaktionswärme technisch sicher abgeführt, die Aufarbeitung der Nitriersäure vermieden sowie die Abwasserbeiastung reduziert werden.
Es wurde nun gefunden, daß diese Aufgabe dadurch gelöst werden kann, daß man die Reaktion unter Anwendung eines Molverhältnisses von Salpetersäure zu der aromatischen Verbindung von mindestens 1,1, durchführt. Die Temperatur und der Druck werden dabei so aufeinander abgestimmt, daß das Reaktionsgemisch siedet. Die Nitriersäure wird im Kreislauf ohne weitere Zwischenbehandlung in die Reaktion zurückgeführt, das Produktgemisch mit Wasser extrahiert und das Eluat zur Rückführung von Nitriersäure, ebenfalls in die Reaktion zurückgeführt.
Das Molverhältnis von Salpetersäure zu der aromatischen Verbindung beträgt im allgemeinen 1,1 bis 4,0, vorzugsweise 1,2 bis 2,5, besonders bevorzugt 1,3 bis 2,0. Daß gerade unter Anwendung dieses hohen Salpetersäure-Überschusses Dinitrierungen kaum auftreten, war nach dem Stand der Technik nicht zu erwarten.
Als nitrierbare aromatische Verbindung, die mit Wasser ein Azeotrop bilden, werden insbesondere Chlorbenzol, Benzol oder Toluol eingesetzt. Es eignen sich aber im allgemeinen alle Verbindungen, die mit Wasser ein azeotropes Gemisch bilden.
Die Nitrierung wird zweckmäßig bei Temperaturen von 60 bis 120 °C, vorzugsweise 75 bis 105 °C, und einem Druck von 100 bis 900 mbar, vorzugsweise 200 bis 400 mbar, durchgeführt. Die Nitrierung wird unter Siedekühlung durchgeführt, d.h. die Reaktionswärme wird über die übergehenden Komponenten des siedenden Reaktionsgemisches abgeführt und das organische Kondensat zum Reaktor zurückgeführt. Dabei wird das bei der Reaktion gebildete Wasser als Azeotrop mit der nitrierbaren aromatischen Verbindung und der nicht umgesetzten Salpetersäure aus dem Reaktionsgemisch entfernt.
Als Nitriersäure eignet sich insbesondere Schwefelsäure und/oder Phosphorsäure. Bei der Verwendung von Gemischen aus Phosphorsäure und Schwefelsäure wird durch eine Erhöhung des Anteils der Schwefelsäure im Verhältnis zur Phosphorsäure der Umsatz gesteigert.
Das erfindungsgemäße Verfahren wird anhand des beiliegenden Verfahrensschemas näher erläutert.
Im Reaktor 1 werden die Nitriersäure (Wasser und Phoshorsäure und/oder Schwefelsäure) und die aromatische Verbindung vorgelegt. Der Wasseranteil in der vorgelegten Nitriersäure beträgt im allgemeinen 10 bis 30 Gew.-%. Der gewünschte Druck wird eingestellt und das vorgelegte Gemisch bis zum Siedepunkt erhitzt. Danach werden die aromatische Verbindung A und Salpetersäure B (zweckmäßig 100 %ig) im gewünschten Verhältnis kontinuierlich zudosiert. Um das Sieden des Reaktionsgemisches aufrechtzuerhalten, kann dem Reaktor Wärme zugeführt werden.
Das Destillat des Reaktors 1 wird in der Kolonne 2 fraktioniert und anschließend im Kondensator 3 verflüssigt. Aus dem zweiphasigen Kondensat (Behälter 4) wird die organische Phase zur Kolonne 2 zurückgeführt und die wäßrige Phase ausgeschleust.
Das Reaktionsprodukt des Reaktors 1 wird als spezifisch leichtere Phase kontinuierlich als Überlauf entnommen und dem Phasenscheider 5 zugeführt. Die spezifisch schwerere Phase (Nitriersäure) wird zum Reaktor zurückgeführt, die spezifisch leichtere organische Phase wird in die Extraktionseinheit 6 gegeben. Das Produktgemisch, das extrahiert wird, enthält neben den nitrierten Produkten noch gelöste Anteile von Schwefelsäure, Phosphorsäure und Salpetersäure. Als Extraktionseinheit eignen sich die bekannten Extraktionsapparaturen, z.B. ein Mixer- Settler. Als Extraktionsmittel wird Wasser zugegeben. Die Wassermenge kann so gewählt werden, daß entweder ein spezifisch leichteres (wie beschrieben) oder ein spezifisch schwereres Eluat gebildet wird. Die wäßrige Phase wird abgezogen und zum Reaktor 1 zurückgeführt.
Die organische Phase wird der Kolonne 7 zugeführt, in der nicht umgesetztes Chlorbenzol über Kopf abdestilliert, im Kondensator 8 kondensiert und zum Reaktor 1 zurückgeführt wird. Als Sumpf der Kolonne fällt das Produktgemisch an, das nach
üblichen Verfahren aufgearbeitet wird (vgl. z.B. Ulimanns Enzyklopädie der Techn. Chemie, 4. Aufl., Bd. 17 (1979), S. 396).
Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren kann die Verteilung der para-ortho- Isomeren durch Variation des Salpetersäureüberschusses und des Verhältnisses von Phosphorsäure zu Schwefelsäure beeinflußt werden, ohne daß eine Zunahme der Bildung des meta-lsomeren oder der Bildung von dinitrierten Produkten beobachtet wird. Erfindungsgemäß kann auch der Umsatz der aromatischen Verbindung durch den Salpetersäure-Überschuß gesteigert werden, ohne daß dabei verstärkt Dinitrierungen bewirkt werden.
Ein weiterer Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht darin, daß kaum Abwasser anfällt, daß anschließend gereinigt werden muß, da das Produktgemisch mit Wasser extrahiert wird und das wäßrige Eluat ohne Beeinträchtigung des Umsatzes zum Nitrierreaktor zurückgeführt werden kann. Darüberhinaus kann die Reaktionswärme technisch sicher abgeführt werden, die Raum-Zeit-Ausbeuten sind sehr hoch und eine Konzentrierung der Nitriersäure wird vermieden.
In den folgenden Beispielen handelt es sich bei den %-Angaben durchweg um Gew.-%.
Beispiele
1. Chlorbenzol wurde in der vorstehend beschriebenen Apparatur nitriert. Im Reaktor 1 wurden 1067 g eines Gemisches aus 753 g H3P04, 182 g H2S04 und 132 g H20 vorgelegt. Es wurde eine Siedetemperatur von 105 °C bei 270 mbar eingestellt. In 6 Stunden wurden kontinuierlich 604 g/h Chlorbenzol und 503 g/h HN03 zugetropft. Es fielen 798 g/h Rohprodukt und 342 g/h Destillat an. Das Rohprodukt wurde mit 33 g/h Wasser im Extraktor F6 gewaschen. Das Eluat wurde zum Reaktor zurückgeführt. Der Wascheffekt ist aus der Tabelle 1 ersichtlich:
Tabelle 1
Es wurde ein Umsatz an Chlorbenzol von 75 % und ein p/o-Verhältnis von 1 ,4 erreicht. Der Gehalt an Dinitrochlorbenzol betrug weniger als 0,1 %. Die Raum-Zeit- Leistung betrug 980 g/l-h.
2. Das Beispiel 1 wurde wiederholt, wobei die Reaktionszeit jedoch 60 Stunden betrug. Nach Abstellen der Reaktion wurde die Säuremenge (H3P04, H2S04 und H20) im Reaktor gewogen und ergab 1089 g (vgl. mit 1067 g Einsatz im Bsp. 1), so daß im Rahmen der Analysengenauigkeit davon auszugehen ist, daß die Menge von H3P04 und H2S04 und das Verhältnis dieser beiden Säuren zueinander auch im Dauerversuch konstant geblieben sind.
3. bis 6. Es wurde wie in Beispiel 1 vorgegangen, wobei jeweils 650 g Nitriersäure mit unterschiedlichen H3P04/H2S04-Verhältnissen vorgelegt wurden. Die Nitrierung wurde bei 105 °C/270 mbar durchgeführt. Es wurden pro Stunde 1158 g Chlorbeπzol und 910 g/h HN03 kontinuierlich zugeführt. Die Ergebnisse sind in der Tabelle 2 wiedergegeben.
Tabelle 2
Bsp. H2S04,% H3P04,% H20,% Umsatz,% Dinitrochlorbenzol,%
Die Tabelle zeigt, daß trotz der hohen Reaktionstemperatur Dinitrierungen auch mit unterschiedlich starken Nitriersäuregemischen nicht auftreten.
7. bis 9. In der beschriebenen Apparatur wurden 1400 g H2S04 (70 %ig) vorgelegt. Bei einer Reaktionstemperatur von 90 °C und einem Reaktionsdruck von 190 bis 160 mbar wurde die Nitrierung mit unterschiedlichen stöchiometrischen Mengen an HN03 durchgeführt. Die Ergebnisse sind in Tabelle 3 zusammengestellt.
Tabelle 3
Die Versuche zeigen, daß ein HN03-Überschuß den Umsatz vergrößert, die Dinitrierung aber nicht verstärkt.