Holzwerkstoffprodukt oder Naturfaser-Verbundwerkstoffprodukt und Verwendung eines formaldehydfreien Amino- oder Amidharzes zu deren Herstellung
Die Erfindung betrifft ein Holzwerkstoffprodukt oder Naturfaser- Verbundwerkstoffprodukt aus zumindest einem Lignocellulose und/oder Cellu- lose enthaltenen Material, das mit einem formaldehyfreien Amino- oder Amid- harz auf Basis von Kohlenhydrataldehyden versehen und in der gewünschten Form ausgehärtet oder vernetzt wurde.
Verbund- oder Kompositwerkstoffe sind aus verschiedenen Materialien gefügte Werkstoffe. Naturfaser-Verbundwerkstoffe, beziehungsweise naturfaserverstärkte Kunststoffe (NFK), sind Verbundwerkstoffe aus einem Polymer bezie- hungsweise einer Matrix (Duroplaste, Thermoplaste oder Kombinationen) und Naturfasern und/oder Kunstfasern. Naturfaserverstärkte Verbundwerkstoffe oder Kunststoffe haben im Fahrzeugbau (PKW, Nutzfahrzeuge, schienengebundene Fahrzeuge), Bootsbau, Möbelbereich und Innenausbau ein erhebliches Marktpotenzial. In der deutschen Automobilindustrie erfolgt die Herstel- lung von großflächigen naturfaserverstärkten Kunststoffen für den Innenraum zu mehr als 90 % nach dem Formpressverfahren. Etwa 60 % dieser Naturfaserformpressteile haben eine duroplastische Matrix. Zu den Duroplasten gehören die Aminoplaste (z.B. Harnstoff- und Melaminformaldehydharze), Phenoplaste (z.B. Phenolformaldehydharze), Epoxidharze, Polyacrylate, Polyurethane und weitere vernetzte Polymere.
Holzwerkstoffe werden vor allem in der Bau- und Möbelindustrie eingesetzt. Darüber hinaus finden Holzwerkstoffe im Fahrzeugbau und als Verpackungsmaterial Anwendung. Zu den Holzwerkstoffen gehören z.B. Sperrholz, Span- und Faserplatten, Scrimber, Holz-Polymer-Werkstoffe (WPC), strukturorientierte Werkstoffe („Engineered Wood Products") wie Oriented Strand Boards (OSB), Furnierschichtholz (Laminated Veneer Lummber [LVL]), Furnierstreifenholz (Parallel Strand Lumber [PSL]), Trägersysteme, I-Beams und Wabenplatten mit einem Kern aus Papier, Aluminium etc. und einer Deckschicht, z.B. aus Sperrholz oder Faserplatte.
BESTÄTIGUNGSKOPIE
Als Ausgangsmaterial für lignocellulosehaltige Holzwerkstoffe bzw. Verbundwerkstoffe werden Partikel aus Holz, ein- und mehrjährigen Pflanzen, Sekunda rreststoffen wie Altholz, Altpapier, Produktionsrückständen sowie lignocellu- losehaltigen Reststoffen aus der Landwirtschaft, z.B. Stroh oder Hanfschäben verwendet. Die Partikel werden in der Regel mittels eines Klebstoffs oder einem Polymer (Matrix) zu einem Verbundwerkstoff zusammengefügt. Neben dem Lignocellulose-Rohstoff und dem Klebstoff beziehungsweise dem Polymer enthalten die Verbundwerkstoffe üblicherweise Additive wie Hydrophobierungs- , Flammschutzmittel, Härtungsbeschleuniger, Haftvermittler, Formaldehydfän- ger, Farbstoffe und oberflächenaktive Substanzen, um bestimmte Eigenschaften des Werkstoffes zu erhalten.
Der am häufigsten eingesetzte Klebstoff bei Holzwerkstoffen ist Harnstoff- Formaldehyd-Harz (UF-Harz). Im Innenbereich sind über 90 % der Holzwerk- Stoffe mit UF-Harz gebunden. UF-Harze weisen neben vielen positiven Eigenschaften wie Reaktivität, Handhabung und Preis auch Nachteile auf, wie die erhöhte Sprödigkeit, beschränkte Feuchtebeständigkeit und Formaldehydemission. Um die gesetzlichen Anforderungen an die Formaldehydemission von Holzwerkstoffen der Emissionsklasse E1 zu erfüllen, werden üblicherweise formaldehydarme, jedoch weniger reaktive UF-Harze eingesetzt. In bestimmten Anwendungsbereichen ist daher eine Modifikation der UF-Harze, z.B. mit Me- lamin (mUF- beziehungsweise MUF-Harze) oder der Einsatz von Harz- Kombinationen (z.B. UF-Harz und polymeres Diphenylmethan-4,4'-Diisocyanat [PMDI]) erforderlich.
Für feuchtebeständige Verleimungen werden vor allem alkalisch härtende Phenolformaldehydharze (PF-Harze), MUF-Harze sowie Klebstoffe auf Basis von polymeren Diisocyanat (PMDI) eingesetzt. Die PF-Harze geben Formaldehyd in geringen Mengen ab. Auch Holzwerkstoffe mit Mischharzen aus verschiedenen Reaktionskomponenten, die Phenol enthalten (z.B. MUPF-Harze), weisen eine sehr niedrige Formaldehydabgabe auf. PMDI ist formaldehydfrei und für die Verleimung von Partikeln geeignet, nicht jedoch ohne Modifizierung für die Flä- chenverleimung.
Weiterhin sind Kombinationen von Formaldehyd mit Melamin (MF-Harze), Re- sorcin (RF-Harze), Tannin (TF-Harze) und Mischharze mit zusätzlichen Komponenten für den Einsatz in Verbundwerkstoffen möglich. Melamin- Formaldehydharze sind als Imprägnierharze für die Dekorpapapierbeschich- tung von Holzwerkstoffen weit verbreitet.
Klebstoffe auf der Basis nachwachsender Rohstoffe, wie z. B. Lignine, Tannine, Polysaccharide wie z.B. Stärke, Fettsäuren, Proteine konnten sich sowohl aus technologischen Gründen als auch aus Gründen der Verfügbarkeit bisher nicht durchsetzen; in geringem Umfang finden sie als Streckmittel für synthetische Harze (z.B. Tannin oder Lignin in Phenol-Formaldehydharz, Sojaprotein in Kombination mit Polyamidoamin-Epichlorhydrin-Harz [PAE-Harz]) Anwendung.
Zementgebundene Spanplatten nach DIN EN 634-2 bestehen zu etwa 60 Vol.% aus Holzspänen und zu etwa 40 Vol.% aus Zement und Zusatzstoffen. Der Verbund der Holzspäne erfolgt durch das Abbinden der mineralischen Stoffkomponenten. Vergleichbares gilt für Span- und Faserplatten, die Gips oder Magnesit als anorganische Komponente enthalten. Ein weiteres anorganisches Bindemittel für Span- und Faserplatten ist Wasserglas, hierbei handelt es sich um Natrium- und Kaliumsilikate oder ihre wässrigen Lösungen.
Nach Angaben von O'Carrol, zitiert in Kandelbauer, A., Petek, P., Medved, S. , Pizzi, A. Teischinger, A. 2010: On the Performance of a melamine-urea- formaldehyde resin for decorative paper coatings. Eur. J. Wood Prod. 68; 63- 75 sind 70 % der hergestellten Spanplatten und mitteldichten Faserplatten für Möbel und Fußböden (Laminatfußböden) mit Harz-imprägnierten Papieren versehen, die restlichen Platten sind mit Holzfurnier oder thermoplastischen Folien veredelt, lackiert oder bedruckt. Laminatfußboden-Elemente bestehen aus mindestens vier Schichten, einem Trägermaterial aus einer Spanplatte, einer hochdichten (HDF) oder mitteldichten Faserplatte (MDF) sowie einer raumseiti- gen Beschichtung der Platten, in der Regel aus mehreren Lagen hochwertiger Papiere, die mit einem transparenten Melaminharz imprägniert sind. Ferner befindet sich rückseitig ein sogenanntes Gegenzugpapier. Für die Imprägnierung des Dekorpapiers wird aus Kostengründen häufig in einem zweistufigen
Verfahren Harnstoff-Formaldehydharz (UF-Harz) und anschließend Melamin- Formaldehydharz eingesetzt. Der Oberflächenfilm (Schutzfunktion) ist in der Regel Melamin-Formaldehydharz. Die Klebstoffe können direkt (formaldehydhaltige Klebstoffe) und/oder indirekt durch Wechselwirkung zwischen dem Klebstoff und der Lignocellulose zur Emission an Formaldehyd und anderen flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) beitragen. Wie beschrieben, enthalten insbesondere die Holzwerkstoffe derzeit vorwiegend formaldehydhaltige Klebstoffe. Die Formaldehydabgabe von Holzwerkstoffen und daraus hergestellten Produkten ist derzeit in Deutschland gesetzlich auf eine Ausgleichskonzentration von maximal 1 ,2 mg/m3 (= 0, 1 ppm) in der Prüfkammer, ermittelt nach DIN EN 717-1 geregelt (Emissionsklasse - E1 -). Die Verminderung der zulässigen Formaldehydemission von Holzwerkstoffen mit formaldehydhaltigen Klebstoffen und daraus hergestellten Pro- dukten erfolgt seit Jahren (z.B. Adhanassiadou, E., Tsiantzii, S., Markessini, C. 2009: Producing Panels with Formaldehyde Emission at Wood Level. Forest Products Society, International Conference on Wood Adhesives, Session 2B >> Composites «, http://legacv.forestproud.org/adhesives09powerpoints.htm). So haben sich neben den gesetzlichen Bestimmungen freiwillige, strengere Grenzwerte etabliert, wie z.B. das Umweltzeichen RAL-ZU 76 für emissionsarme unbeschichtete und beschichtete Holzwerkstoffplatten (Blauer Engel) auf 0,05 ppm, und der vom Bundesverband Deutscher Fertigbau (BDF) geforderte Wert von 0,03 ppm. Weiterhin führten Regelungen in Japan und in den USA zu Überlegungen in Europa bezüglich einer Verminderung des Grenzwertes unter dem E1-Standard.
Für eine Verminderung der Formaldehydemission von Holzwerkstoffen - möglichst auf das Niveau von Holz beziehungsweise von Holzpartikeln - spricht die im Jahr 2004 von der internationalen Kommission für Krebsforschung (IARC) der WHO ausgesprochene Empfehlung, Formaldehyd von„vermutlich krebserzeugend für den Menschen" (Klasse 2A) auf „krebserzeugend für den Menschen" (Klasse 1 ) einzustufen (IARC, 2004: International Agency for Reserach on Cancer (IARC), Press release Number 153, 15th June 2004). In 201 1 wurde Formaldehyd von dem U.S. Department of Health and Human Services 201 1 :
News Releases: New Substances Added to HHS Report on Carcinogens, 10. Juni 201 1 , http://www.niehs.nih.gov/news/newsroom/releases/201 1/june10/) als „krebserzeugend für den Menschen" bewertet. Von der Europäischen Union wurde Formaldehyd in der Verordnung über die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe von der Kategorie 3 (Stoffe mit möglicher krebserzeugender Wirkung) in die Kategorie 2 (Stoffe, die als krebserregend angesehen werden sollen) eingestuft (EU- Richtlinien, 2004/73/EG 2004, EU-Verordnung Nr. 1272/2008). Im Dezember 2012 stimmte der Ausschuss für Risikobewertung (RAC) der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) einer Reklassifizierung von Formaldehyd (Mutagen Kat. 2 und Carcinogen Kat. 1 B = wahrscheinlich beim Menschen krebserzeugend) zu (http://www.formacare.org/:
http://www.h2compliance.com/formaldehvde-is-now-a-known-animal- carcinogen-echa/). Anfang 2014 soll die neue Klassifizierung veröffentlicht werden. Bei Zustimmung der Europäischen Kommission ist die neue Klassifizierung von Formaldehyd ab April 2015 gültig.
Eine Reduzierung des Formaldehydgehaltes in Klebstoffen für Holzwerkstoffe beziehungsweise in Tränk- und Imprägnierharzen für Dekorpapiere scheint daher aus gegenwärtiger Sicht nicht ausreichend zu sein, vielmehr wird die möglichst vollständige Substitution von Formaldehyd angestrebt.
Formaldehydfreie Klebstoffe, die bereits in Verbundwerkstoffen eingesetzt werden oder Anwendung finden können, sind beispielsweise polymeres Diphe- nylmethan-4,4'-Diisocyanat (PMDI), Polyurethane, EPI-Klebstoffe, Klebstoffe auf Basis von Polyamiden, Polyacrylamiden, Polyethylen, Polyestern, Polyvi- nylacetaten, Epoxiden, organofunktionellen Silanen, cyclischem Harnstoff, nachwachsenden Rohstoffen, wie Stärke, Protein, Lignin, Fettsäuren, Latex oder andere Biopolymere und anorganische Bindemittel.
Der Nachteil von PMDI ist der hohe Preis, der notwendige Einsatz von Emulga- toren oder spezieller Dosier- und Beleimungstechniken sowie Trennmitteln, die Notwendigkeit höherer Arbeitsschutzmaßnahmen sowie eine eingeschränkte
Verfügbarkeit. Ein-Komponenten-Polyurethane weisen häufig eine hohe Viskosität auf, müssen mit organischen Lösemitteln verdünnt und zur Aushärtung hohen Temperaturen ausgesetzt werden. 2-Komponenten-Polyurethane erfordern ein komplexes Arbeitsverhalten aufgrund zweier Komponenten und haben eine sehr kurze Gebrauchsdauer. Insgesamt sind die Kosten hoch und es besteht das Sicherheitsrisiko durch ungebundene Isocyanat-Monomere.
Bei Polyacrylamiden besteht das Sicherheitsrisiko durch nicht polymerisiertes Acrylamid, das giftig ist.
Polyvinylacetate (PVAC) weisen ein thermoplastisches Verhalten auf und sind für ein Kriechen der Klebfuge empfindlich. Die Aushärtung kann nur bei relativ geringen Temperaturen erfolgen, so dass PVAC nur in der Deckschicht oder in dünnen Platten einsetzbar sind. Epoxide benötigen Harz und Härter, die in ei- nem exakten Mischungsverhältnis vorliegen müssen, zudem verläuft die Poly- addition stark exotherm, so dass eine Brandgefahr gegeben ist. Die Gebrauchsdauer ist sehr kurz, Epoxide sind reizend, umweltgefährdend, so dass eine spezielle Schutzausrüstung beim Umgang erforderlich ist. Der Klebstoff ist nicht recycelbar, die Einsatzbereiche sind eingeschränkt.
Die Verarbeitung silianvernetzter Polymerklebstoffe oder organofunktioneller Silane ist aufgrund der zähelastischen Eigenschaft schwierig. Nachwachsende Rohstoffe haben variierende Eigenschaften bei meist geringer Reaktivität. Die Verfügbarkeit ist nicht stets gewährleistet, die Kosten sind vergleichsweise hoch und anwendungsfertige Lieferformen selten.
Da vorwiegend Aminoplastharze (UF-, mUF- beziehungsweise MUF-Harze) auf Basis eines Amins und Formaldehyd als Klebstoffe für Holzwerkstoffe und Werkstoffverbunde eingesetzt werden, lag der Erfindung die Aufgabe zugrun- de, Holzwerkstoffprodukte mit formaldehydfreien Aminoharzen zu entwickeln, bei denen die Herstellungsbedingungen sowie die mechanischen und hygri- schen Werkstoffeigenschaften möglichst den mit formaldehydhaltigen Aminoplastharz-gebundenen Werkstoffen entsprechen.
Alternativ zum Formaldehyd stehen prinzipiell weitere Aldehyde zur Herstellung von formaldehydfreien Aminoplastharzen zur Verfügung, wie z.B. Acetaldehyd, Propionaldehyd, Acrolein, Crotonaldehyd, Glyoxal, Furfurylaldehyd etc. (Adam, 1988: Melaminharze. In: Kunststoff-Handbuch 10: Duroplaste. Hrsg.: Woeb- cken, W, Adam, W. ISBN-3-446- 4418-8).
Formaldehydfreie Harze als Klebstoff für Holzwerkstoffe oder Dekorpapiere auf Basis von Harnstoff oder cyclischem Harnstoff (Ethylenharnstoff) werden in einigen Patenten aufgeführt.
In der US-A-4,395,504 wird ein formaldehydfreies Bindemittel zur Herstellung von Spanplatten aus einem cyclischen Harnstoff, z.B. Ethylenharnstoff und Glyoxal im Molverhältnis 1 , 1....1 ,5 : 1 beschrieben. In der US-A-4,906,727 wird ein Harnstoff-Aldehyd-Kondensat für Oberflächen- beschichtungen aufgeführt, das durch Umsetzung von Harnstoff oder bestimmten Alkylenharnstoffen mit bestimmten Aldehyden (u.a. Formaldehyd) erhalten wurde. In der US-A-4,220,751 wird ein Harz für Oberflächenbeschichtungen aus Harnstoff beziehungsweise Harnstoffderivaten und bestimmten Monoalde- hyden (z.B. Alkyl-, Aryl-Aldehyd) angegeben.
Die DE 691 03 847 T2 beschreibt die Herstellung und Anwendung von Ethylen- harnstoff/Glutaraldehyd-Harz oder Harnstoff/Ethylenharnstoff/Glutaralaldehyd- Harz bei Holzwerkstoffen. Das Molverhältnis von Ethylenharnstoff zu Glutaral- dehyd kann zwischen 0,3 ... 3,5 variieren. Bei diesem Harz ist ein Katalysator nicht erforderlich, um die entsprechende Härtung und Bindungsfestigkeit zu erzielen.
Die US-A-4,906,726 beschreibt Harze für Oberflächenbeschichtungen aus zwei Komponenten, einerseits eine Mischung aus Polyaldehyden (Glyoxal oder Glu- taraldehyd oder deren Derivate) und einer wasserdispergierbaren Komponente (z.B. Epoxidharz-Emulsion, synthetischer Latex) und andererseits ein Reaktionsprodukt aus z.B. Harnstoff-Formaldehyd-Ether-Monomer, einem Polyamin und Calcium-, Strontium- oder Bariumoxid oder -hydroxid.
Wang, S. und Pizzi, A. 1997: Succinaldehyde-induced water resistance im- provements of UF wood adhesives. Holz Roh- Werkstoff 55: 9-12 ersetzen Formaldehyd durch Succinaldehyd, einem Dialdehyd mit einer kurzen Kohlen- wasserstoffkette. Ferner wurden Propionaldehyd (Mansouri, H.R. und Pizzi, A. 2006: Urea-formaldehyde-propionaldehyde physical gelation resins for impro- ved swelling in water, J. Appl. Polym. Sei. 102 (6): 5131 -5136) sowie Glutaral- dehyd (Maminski, M. L, Borysiuk, P. , Parzuchowski, P.G. 2008; Improved water resistance of particleboards bonded with glutaraldehyde-blended UF resin. Holz Roh- Werkstoff 66: 381-383) in Kombination mit UF-Harz für die Herstellung von Spanplatten eingesetzt. Mehrere Literaturangaben beinhalten den Ersatz von Formaldehyd durch Furfural oder Furfurylalkohol (vgl. Dunky, M. , Niemz, P. 2002: Holzwerkstoffe und Leime - Technologie und Einflussfaktoren. Springer Verlag, ISBN 3-540-42980-8).
Ballerini, A., Despres, A. Pizzi, A. 2005: Non-toxic zero emission tannin-glyoxal adhesives for wood panels. Holz Roh-Werkstoff 63: 477-478 ersetzten bei Tanninformaldydharzen den Formaldehyd durch Glyoxal. Bei diesen Untersuchungen werden in eine 45 %ige Tanninlösung 9 % Glyoxal (% bezogen auf Tannin) zugegeben, die Reaktion von Glyoxal mit Tannin findet bei der Heißpressung statt. Mit diesem Leimharz hergestellte Laborspanplatten wiesen eine niedrigere Querzugfestigkeit und niedrigere Formaldehydabgabe auf als vergleichbare Platten, die mit Tanninformaldehydharz gefertigt wurden. Für die Herstellung von formaldehydfreien Melaminharzen wird der Einsatz von alternativen Mono- und Dialdehyden beschrieben. In der Vergangenheit wurde sehr ausführlich sowohl die Anwendung von α-Keto-Aldehyden, z.B. in der DE 103 22 107 B4, als auch von Dialdehyden, z.B. in der DE 10 2006 029 408 A1 , als Formaldehydersatz beschrieben und diskutiert. Die praktische Anwendung scheiterte jedoch an der Auflösungsgeschwindigkeit des Melamins in diesen Aldehyden. Bereits während der langen Auflösungszeit kondensieren die schon in Lösung gegangenen Produkte weiter und fallen wieder aus.
Eine weitere denkbare Alternative stellt das Glyoxal dar. Aufgrund der Struktur
sind prinzipiell ähnlich hohe Vernetzungsdichten wie bei den bisher bekannten, auf Formaldehyd basierenden Melaminharzen zu erwarten. Umsetzungen von Glyoxal mit Melamin führen jedoch schon bei der Anlagerung zu einem vernetzten Produkt, da sich an ein Molekül Melamin bei ähnlichen Reaktionsverhält- nissen bis zu 3 Moleküle Aldehyd anlagern können. Auf Dialdehyden basierende Harze, die an sich eine hohe Netzwerkdichte mit Melamin versprechen, sind nicht lagerfähig und für eine kommerzielle Nutzung in relevanten Anwendungsgebieten ungeeignet. Optional wird in der Fachliteratur die Möglichkeit diskutiert, Glyoxal einseitig mit Schutzgruppen auszustatten, z.B. in der DE 103 22 107 B4. Die Einführung derartiger Schutzgruppen ist jedoch teuer und für kommerzielle Produkte für die Herstellung von Holzwerkstoffen nur bedingt vorstellbar.
Formaldehydfreie Harnstoff- und Melamin-Klebstoffe auf Basis von Dimethoxy- ethanal (DME) wurden für Labor-Spanplatten eingesetzt (Despres A. , Pizzi, A. , Vu C, Delmotte L. 2010: Colourless formaldehyde-free urea resin adhesives for wood panels. Eur. J. Wood Prod. 68: 13-20, Properzi M., Wieland, S. , Pich- elin, F., Pizzi, A., Vu C. 2009: Dimethoxyethanal-derived resins for wood based panels. In: Processing of the International Panel Products Symposium 2009, 16-18 September 2009, La Cite Internationale de Congres Nanes, France. ISBN: 978-1-184220-118-3). Dimethoxyethanal ist ein Derivat von Glyoxal, das farblos und nicht flüchtig ist. Durch Zugabe von DME zu Harnstoff oder Melamin wurden Vorstufen von Aminoharz hergestellt. Die Vernetzungsreaktion von Harnstoff mit DME war zwar vorhanden, jedoch zu langsam, um die Anfor- derungen an Klebstoffe für Holzwerkstoffe zu erfüllen. Die Vernetzung wurde durch Zugabe von 14 % ...20 % polymerem Diisocyanat (PMDI) verbessert. Bei einer relativ hohen Presszeit von 17 s/mm ... 42 s/mm Plattendicke, einem Klebstoff anteil von 7 % ... 10 % (Festharz bezogen auf darrtrockenes Holz) und einer Presstemperatur von 193°C wurden Spanplatten hergestellt, die hinsicht- lieh der Querzugfestigkeit die Anforderungen der Norm für Platten im Innenbereich erfüllen. In weiteren Untersuchungen wurden Melamin-DME-Vorstufen in Abmischung von 5 % ... 16,5 % PMDI, 26,5 % Latex beziehungsweise 16,5 % PMDI und 5 % Glyoxylsäure (bezogen auf Melamin-DME + Latex) als Klebstoff für Spanplatten verwendet. Die Herstellungsbedingungen für die Platten waren
8 % ... 9 % Klebstoffanteil, 20 s/mm ... 43 s/mm Plattendicke Presszeit, 193 °C Presstemperatur. Eine ausreichende Querzugfestigkeit wurde nur bei sehr langen Prozesszeiten von 34 s/mm erreicht, die für die Industrie nicht akzeptabel sind.
In der praktischen Anwendung finden sich Harnstoffharze auf der Basis von Glyoxal, z.B. zur Knitterfest-Ausrüstung von Textilien, beschrieben in der DE 30 41 580 T2. Aber auch hier gibt es aufgrund der Bifunktionalität des Glyoxals im Vergleich zu Harnstoffharzen auf Basis von Formaldehyd Einschränkungen. Dies betrifft insbesondere Verfärbungen und Probleme mit der Stabilität der Harze. Zur Verbesserung der Lagerstabilität wird auch hier häufig mit Schutzgruppen gearbeitet, um die Reaktivität einzuschränken (Despres A., Pizzi, A. , Vu C, Delmotte L. 2010: Colourless formaldehyde-free urea resin adhesives for wood panels. Eur. J. Wood Prod. 68: 13-20).
Einziger neben Formaldehyd zur Herstellung von Melaminharzen praktisch eingesetzter Monoaldehyd ist die Glyoxylsäure. Aus Glyoxylsäure und deren Salzen hergestellte Melaminharze finden u. a. als Fließhilfsmittel in der Betonverarbeitung beziehungsweise als Zusatzstoff für hydraulische Bindemittel, wie z.B. in der DE 196 27 531 B4 und in der Gerberei, wie z.B. in der DE 39 35 879 A1 und DE 10 2005 032 585 A1 offenbart, Anwendung. Derartige Harze waren jedoch für den Einsatz in Holzwerkstoffen bisher nicht geeignet, da sie aufgrund der hohen Salzgehalte in Gegenwart von Wasser zu Quellungen im Endprodukte führen können. In der DE 41 40 899 A1 wird ein Kondensationspro- dukt aus einem Gemisch von z.B. Melamin oder Harnstoff, Glyoxylsäure und Glyoxal beschrieben, das ebenfalls als Gerbmittel eingesetzt wird. In diesem Fall wird ein Teil des Glyoxals zur Glyoxylsäure oxidiert. Dieses Gemisch wird mit Melamin umgesetzt. Das Problem bei diesem Vorgehen ist, dass das Melamin bei der Anlagerung der Aldehyde erst in Lösung gebracht werden muss und Glyoxal in dieser Phase bereits oligomere Einheiten aufbauen kann. Derartige Harze sind entsprechend schwer zu stabilisieren.
Bei der Verwendung von Dialdehyden wie Glyoxal stellt sich das Problem, dass sich bereits bei der Anlagerung des Dialdehyds an das Amin oder Amid ver-
netzte Strukturen bilden.
Ferner sind wasserlösliche formaldehydfreie Polykondensationsprodukte auf der Basis von Aminotriazinen, Glyoxylsäure und einer Aminoverbindung als Zu- satzmittel für wässrige Suspensionen auf der Basis von anorganischen Bindemitteln aus der DE 196 27 531 B4 bekannt.
Einige alternative Aldehyde zum Formaldehyd haben den Nachteil, dass sie Verfärbungen verursachen, bis zu einem gewissen Grad toxisch, flüchtig und/oder nicht reaktiv genug sind, ihre Löslichkeit in Wasser Probleme verursacht, die Herstellungsbedingungen für die Holzwerkstoffe für die Industrie nicht akzeptabel sind oder das Endprodukt nicht die erforderlichen Eigenschaften hinsichtlich der Normanforderungen für die Festigkeit aufweist. Die im Zusammenhang mit Holzwerkstoffen geschilderten Probleme können sich ent- sprechend auch für Naturfaser-Verbundwerkstoffprodukte ergeben.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Holzwerkstoffprodukt oder Naturfaser-Verbundwerkstoffprodukt bereitzustellen, das formaldehydfreie Klebstoffe mit hoher Reaktivität und Lagerstabilität enthält und hinsichtlich Festig- keit und hygrischer Eigenschaften sowie der Emissionen an flüchtigen organischen Verbindungen den Gebrauchsanforderungen entspricht.
Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe durch ein Holzwerkstoffprodukt oder Naturfaser-Verbundwerkstoffprodukt mit den Merkmalen des Hauptanspruches und die Verwendung eines formaldehydfreien Amino-, Amido- oder Phenolplastharzes zur Herstellung eines Holzwerkstoffproduktes oder Naturfaser- Verbundwerkstoffproduktes, hergestellt nach einem Verfahren, in dem ein Hydroxy-Monoaldehyd mit einem Amin oder Amid oder einer aromatischen Hydroxyverbindung umgesetzt wird, gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen, der Beschreibungen und den Tabellen offenbart. Als aldehydische Komponente können Glyco- laldehyd und/oder Glycerinaldehyd eingesetzt werden.
Nach einem Patent der BASF (DE4212264/1993), kann in Gegenwart eines
Umpolungskatalysators durch Umpolung von Paraformaldehyd in großen Ausbeuten mit Glycerinaldehyd und höheren Zuckerderivaten verunreinigter Glyko- laldehyd preiswert gewonnen werden. Ein Problem beim Einsatz von nach diesem Verfahren hergestellten Aldehyden zur Synthese von Aminoharzen, be- steht in der weitergehenden Reaktion, die schließlich zu Zuckerderivaten führt. Die Nutzung dieses Syntheseweges zur Herstellung von Glycerinaldehyd und Glykolaldehyd ist nicht bekannt.
Zuckeraldehyde ab vier C-Einheiten haben keine ausreichende Reaktivität, um duromere Harzsysteme mit Aminokomponenten zu bilden. Der Grund hierfür ist die intramolekulare Halbacetalisierung, daher eignen sich nur die beiden oben genannten Aldehyde zur Synthese von Aminoharzen.
Glykolaldehyd wird nur als Dimer von verschiedenen Feinchemikalienhändlern (z.B. Sigma Aldrich GmbH) herstellungsbedingt zu einem vergleichsweise hohen Einkaufspreis im Handel angeboten. Dieses Dimer kann durch basisch katalysierte Ringöffnung auch zur Aminoharzsynthese herangezogen werden.
Harzsysteme auf Basis von Glykolaldehyd (2- Hydroxyethanal/Hydroxyacetaldehyd) mit Harnstoff und/oder Melamin und/oder Dicyandiamid sind in der Patentliteratur und in Veröffentlichungen nicht beschrieben.
In der DE 28 19 461 A1 werden mit Glykol- bzw. Glycerinaldehyd behandelte Fasern mit einer verbesserten Haftvermittlung bei der Verleimung mit Aminoharzen auf Formaldehyd-Basis beschrieben.
In der vorliegenden Erfindung werden Bedingungen angegeben, um die Glykolaldehyd- bzw. Glycerinaldehydlösung nach DE 42 12 264 zu stabilisieren und so für die Harzsynthese einzusetzen.
Das Holzwerkstoffprodukt oder Naturfaser-Verbundwerkstoffprodukt aus zumindest einem lignocellulose- und/oder cellulosehaltigen Material, das mit einem Klebstoff versehen und in der gewünschten Form ausgehärtet oder ver-
netzt ist, sieht vor, dass der Klebstoff aus einer Aldehyd-Komponente (Glyco- laldehyd und/oder Glycerinaldehyd mit ggf. zusätzlichen Aldehyd- Komponenten) und einer Amin-, Amid- und/oder Phenol-Komponente besteht. Als Holzwerkstoffe können z.B. Sperrholz, Span- und Faserplatten, Scrimber, Holz-Polymer-Werkstoffe (WPC), strukturorientierte Werkstoffe („Engineered Wood Products") wie Oriented Strand Boards (OSB), Furnierschichtholz (Lami- nated Veneer Lummber [LVL]), Furnierstreifenholz (Parallel Strand Lumber [PSL]), Trägersysteme, I-Beams und Wabenplatten mit einem Kern aus Papier, Aluminium etc. und einer Deckschicht, z.B. aus Sperrholz oder Faserplatte an- gesehen werden. Darüber hinaus können andere als plattenförmige Produkte vorliegen, beispielsweise Formpressprodukte oder dergleichen. Naturfaser- Verbundwerkstoffe, beziehungsweise naturfaserverstärkte Kunststoffe (NFK), sind Verbundwerkstoffe aus einem Polymer beziehungsweise einer Matrix (Duroplaste, Thermoplaste oder Kombinationen) und Naturfasern und/oder Kunst- fasern. Wird nachfolgend von einem Holzwerkstoffprodukt gesprochen, gelten die Ausführungen entsprechend für Produkte, die Naturfaser- Verbundwerkstoffe, beziehungsweise naturfaserverstärkte Kunststoffe aufweisen, also für Naturfaser-Verbundwerkstoffprodukte. Naturfaser- Verbundwerkstoffe können ebenfalls als Platten oder Formkörper ausgebildet sein.
Gemäß eines weiteren Aspekts betrifft die vorliegende Erfindung ein Formaldehyd freies Harz, das durch Umsetzung eines Hydroxy-Monoaldehyds mit einem Amin oder einem Amid oder einer aromatischen Hydroxyverbindung erhältlich ist.
Hinsichtlich bevorzugter Hydroxy-Monoaldehyde, Amine, Amide oder aromatischer Hydroxyverbindungen kann auf die oben gemachten Ausführungen verwiesen werden. Bevorzugt weist das Harz freie Aldehydgruppen auf.
In einer bevorzugten Ausführungsform sind in dem erfindungsgemäßen Harz vorhanden:
Amingruppen oder Amidgruppen oder aromatische Ringe, an die Reste gebunden sind, die sich von der Umsetzung mit dem Hydroxy- Monoaldehyd aus dem ersten Schritt ableiten, also die reaktive Schutzgruppe,
- sowie Amingruppen oder Amidgruppen oder aromatische Ringe, an die Reste gebunden sind, die sich von der Umsetzung mit dem Dialdehyd oder Trialdehyd im zweiten Schritt ableiten und in einer bevorzugten Ausführungsform freie Aldehydgruppen aufweisen können. Der Feststoffgehalt des Harzes kann über einen breiten Bereich variiert werden. Der Feststoffgehalt beträgt mindestens 40 Gew%. Bevorzugt liegt die Konzentration bzw. der Feststoffgehalt des Harzes im Bereich von 40 bis 80 Gew% oder 55 bis 70 Gew%. Das erfindungsgemäße Harz zeigt auch noch bei hohem Feststoffgehalt eine gute Lagerstabilität. Stabilisierende Zusätze sind nicht erforderlich. Bevorzugt enthält das Harz kein polymeres Additiv.
Das Holzwerkstoff produkt oder Naturfaser-Verbundwerkstoffprodukt kann ein- oder mehrlagig oder als mehrlagiger Verbundwerkstoff ausgebildet sein, wobei das Amino- oder Amidharz in zumindest einer Lage eingesetzt ist. Dadurch ist es möglich, Verbundwerkstoffe herzustellen, die aus cellulosehaltigen oder lignocellulosehaltigen Materialien sowie aus anderen Materialien hergestellt sind oder auch mehrlagige, lignocellulosehaltige oder cellulosehaltige Werkstoffe herzustellen, wobei durch den Einsatz des formaldehydfreien Amino- oder Amidharz eine deutliche Verringerung der Formaldehydemissionen auf das Niveau der Holzpartikel erreicht werden kann.
Das formaldehydfreie Amino- oder Amidharz kann als Dekor oder Oberflächen- beschichtung oder zur Befestigung einer Dekorlage oder einer Verschleißschutzlage eingesetzt werden. Dadurch ist es möglich, Dekore, beispielsweise Dekorfolien oder Dekorpapiere aufzukleben oder ein Dekor abzudecken. Die formaldehydfreien Amino- oder Amidharze können auch nach dem Aufdruck von Dekoren als Verschleißschutzschicht eingesetzt werden, gegebenenfalls unter Hinzufügung von Verschleißschutzkomponenten, beispielsweise Korund.
Das Holzwerkstoffprodukt oder Naturfaser-Verbundwerkstoffprodukt kann neben lignocellulosehaltigen oder cellulosehaltigen Anteilen auch Materialien aufweisen, die nicht aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt sind, beispielsweise Polystyrole, Polyurethanschäume, Kunststoffe, Kunststofffasern, Aramide oder aufschäumende Elemente.
Zur Bereitstellung von lignocellulosehaltigen und cellulosehaltigen Materialien können Holz, ein- und mehrjährige Pflanzen sowie Rest- und Recyclingstoffe, z.B. Papier eingesetzt werden. Das Holzwerkstoffprodukt oder Naturfaser- Verbundwerkstoffprodukt kann auch einlagig oder mehrlagig ausgestaltet sein, wobei bei mehrlagigen Holzwerkstoff Produkten oder Naturfaser- Verbundwerkstoffprodukten auch Lagen aus nicht-cellulosehaltigen oder nicht- lignocellulosehaltigen Materialien vorgesehen sein können, so dass sich insgesamt ein Verbundwerkstoff aus dem Holzwerkstoffprodukt oder Naturfaser- Verbundwerkstoffprodukt und den anderen Materialien ergibt. Die Ausgestaltung als Verbundwerkstoff erhöht die Einsatzmöglichkeiten des Endproduktes.
Eine Variante der Erfindung sieht vor, dass das Amino- oder Amidharz als alleiniger Klebstoff eingesetzt ist. Dadurch wird der Formaldehydeinsatz ausge- schlössen.
Alternativ zu einem alleinigen Einsatz des formaldehydfreien Amino- oder Amidharz ist es vorgesehen, dass eine Kombination mit formaldehydhaltigen oder formaldehydfreien anderen, organischen Klebstoffen eingesetzt wird. Als formaldehydhaltige Klebstoffe können z. B. Harnstoff-, Melamin-, Phenol- oder Resorcin-Formaldehydharze eingesetzt werden. Ebenso können fomaldehyd- haltige Klebstoffe auf Basis nachwachsender Rohstoffe wie Lignin, Tannin, Protein, Stärke, Fettsäuren, Latex oder Mischungen davon eingesetzt werden. Die formaldehydfreien organischen Klebstoffe können z.B. als polymeres Dii- socyanat (PMDI), Emulsion-Polymer-Isocyanat (EPI), Polyurethan, Epoxidharz, Polyvinylacetat, Silan vernetzte Polymere sowie Klebstoffe auf Basis nachwachsender Rohstoffe oder Mischungen davon ausgebildet sein.
Ebenso ist es möglich, dass das Amino- oder Amidharz in Kombination mit ei-
nem anorganischen Bindemittel, wie Gips, Magnisit, Zement und/oder Wasserglas eingesetzt wird, das Aminoplastharz also zumindest ein anorganisches Bindemittel aufweist. Das formaldehydfreie Amino- oder Amidharz kann in fester, flüssiger, geschäumter oder aufschäumender Form eingesetzt sein.
Dem Holzwerkstoff produkt oder Naturfaser-Verbund Werkstoff produkt können funktionale Additive wie Hydrophobierungsmittel, Flammschutzmittel, Här- tungsbeschleuniger, Haftvermittler, Formaldehydfänger, Farbstoffe und/oder oberflächenaktive Substanzen zugesetzt sein.
Die Erfindung betrifft ebenfalls die Verwendung eines formaldehydfreien Harzes zur Herstellung eines Holzwerkstoffproduktes oder Naturfaser- Verbundwerkstoffproduktes, wie es oben beschrieben ist, hergestellt nach einem Verfahren, in dem ein Hydroxy-Monoaldehyd mit einem Amin oder Amid oder einer aromatischen Hydroxyverbindung umgesetzt wird.
Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wird unter einem Hydroxy- Monoaldehyd eine organische Verbindung verstanden, die eine Aldehydgruppe und außerdem eine oder mehrere Hydroxygruppen aufweist. Ein solcher Hydroxy-Monoaldehyd kann auch als Kohlenhydrat-Aldehyd oder Zucker- Aldehyd bezeichnet werden. Bevorzugt handelt es sich bei dem Hydroxy-Monoaldehyd um einen Hydroxy- Monoaldehyd mit 2-3 Kohlenstoffatomen (nachfolgend auch als Hydroxy-C2-3- Monoaldehyd bezeichnet).
Geeignete Hydroxy-C2-3-Monoaldehyde sind insbesondere Glycolaldehyd oder Glycerinaldehyd oder ein Gemisch dieser Aldehyde.
Hydroxy-Monoaldehyde, insbesondere Hydroxy-C2-3-Monoaldehyde wie Glycolaldehyd oder Glycerinaldehyd können über herkömmliche, dem Fachmann bekannte Syntheseverfahren hergestellt werden oder sind kommerziell erhältlich.
Glykolaldehyd wird beispielsweise als Dimer kommerziell angeboten, allerdings zu einem relativ hohen Einkaufspreis. Dieses Dimer kann durch basisch katalysierte Ringöffnung zur Harzsynthese verwendet werden. Hydroxy-C2-3-Monoaldehyde wie Glycolaldehyd oder Glycerinaldehyd können beispielsweise durch eine katalytische Umpolungsreaktion aus Formaldehyd oder einer Formaldehyd-Quelle (z.B. Paraformaldehyd) erhalten werden (Car- bonyl-Umpolung). Wie dem Fachmann bekannt ist, handelt es sich bei einer Umpolung um eine chemische Reaktion, bei der eine Verbindung, die eine funktionelle Gruppe enthält, modifiziert wird mit dem Ziel, deren Polarität umzukehren. Eine solche katalytische Umpolungsreaktion des Formaldehyds zur Herstellung von Hydroxy-C2-3-Monoaldehyden ist beispielsweise in DE 42 12 264 beschrieben. Bei einer solchen katalytischen Umpolung von Formaldehyd zu einem Hydroxy- C2-3-Monoaldehyd können als Nebenprodukte auch Hydroxyaldehyde mit 4 oder mehr Kohlenstoffatomen entstehen. Deren Reaktivität gegenüber Aminen, Amiden oder Hydroxyverbindungen bei der Harzsynthese ist jedoch im Vergleich zu Hydroxy-C2-3-Monoaldehyden geringer, so dass es erwünscht sein kann, die Bildung von Hydroxyaldehyden mit 4 oder mehr C-Atomen möglichst zu minimieren. Andererseits sollte dies nicht auf Kosten der Reaktionsgeschwindigkeit für die Bildung des Hydroxy-C2-3-Monoaldehyds erreicht werden.
Bei der Verwendung eines Hydroxy-C2-3-Monoaldehyds für die Harzsynthese im Rahmen der vorliegenden Erfindung kann dieses Hydroxy-C2-3-Monoaldehyd, insbesondere Glycolaldehyd und/oder Glycerinaldehyd, bevorzugt in einer katalytischen Umpolungsreaktion erhalten werden, die folgende Schritte umfasst: (i) Bereitstellung einer Reaktionslösung, die ein organisches Lösungsmittel, Formaldehyd und/oder Paraformaldehyd, und einen Katalysator enthält, (ii) Erwärmen der Reaktionslösung unter Ausbildung des Hydroxy-C2-3- Monoaldehyds,
(iii) in Kontakt bringen der Reaktionslösung mit einer wässrigen Phase. Sobald die Reaktionslösung mit der wässrigen Phase in Schritt (iii) in Kontakt
gebracht wird, ist es bevorzugt, dass keine Erwärmung der Reaktionslösung durch eine äußere Heizquelle mehr stattfindet.
Die wässrige Phase, mit der die Reaktionslösung in Kontakt gebracht wird, kann beispielsweise eine Temperatur von 30°C oder weniger aufweisen. Bei der wässrigen Phase kann es sich auch um gefrorenes Wasser (d.h. Eis) handeln.
Dadurch, dass die Reaktionslösung nach der Ausbildung des Hydroxy- C2-3-Monoaldehyds mit der wässrigen Phase in Kontakt gebracht wird, kann die weitergehende Reaktion zu Hydroxyaldehyden mit 4 oder mehr C-Atomen unterdrückt werden. Aufgrund ihrer guten Löslichkeit gehen die Hydroxy-C2-3- Monoaldehyde wie Glycolaldehyd und/oder Glycerinaldehyd in Schritt (iii) in die wässrige Phase über, während der Umpolungskatalysator in dem organischen Lösungsmittel verbleibt. Der Umpolungskatalysator wäre auch bei Raumtemperatur noch ausreichend katalytisch aktiv, um eine weitere Reaktion zu Produkten mit 4 oder mehr C-Atomen zu katalysieren. Diese räumliche Trennung von Umpolungskatalysator und Hydroxy-C2-3-Monoaldehyd trägt somit dazu bei, eine weitere Reaktion zu Produkten mit 4 oder mehr C-Atomen zu unterbinden.
Das in Kontakt bringen der Reaktionslösung mit der wässrigen Phase kann auf übliche Weise erfolgen, z.B. dadurch, dass die Reaktionslösung auf die wässrige Phase gegossen wird (oder umgekehrt). Bevorzugt handelt es sich bei der Reaktionslösung in den Schritten (i) und (ii) um eine einphasige Reaktionslösung. Bevorzugt ist der Wassergehalt der Reaktionslösung relativ gering (z.B. weniger als 10 Vol% oder weniger als 5 Vol%, bezogen auf das Volumen des organischen Lösungsmittels bzw. der organischen Lösungsmittel) oder die Reaktionslösung ist sogar wasserfrei. Der Beg- riff „einphasige Reaktionslösung" schließt in dieser bevorzugten Ausführungsform für die Schritte (i) und (ii) die Anwesenheit einer separaten wässrigen Phase aus.
Die Auswahl eines geeigneten organischen Lösungsmittels kann der Fachmann
ohne weiteres auf der Basis seines allgemeinen Fachwissens vornehmen. Es können sowohl protische wie auch aprotische organische Lösungsmittel verwendet werden. In einer bevorzugten Ausführungsform wird ein aprotisches Lösungsmittel oder ein Gemisch aprotischer Lösungsmittel verwendet. Als ge- eignete organische Lösungsmittel können z. B. Alkohole wie Ci -4-Alkohole, Es- sigsäureethylester, Pyridin, Aceton , cyclische Ether (1 ,4-Dioxan / TH F) und nicht-cyklische Ether (z. B. Dipropylether, Dibutylether, Diglyme) genannt werden.
Die Auswahl eines geeigneten Katalysators für die Umpolungsreaktion von Formaldehyd kann der Fachmann ebenfalls auf der Basis seines allgemeinen Fachwissens vornehmen. Geeignete Umpolungskatalysatoren werden beispielsweise in DE 42 12 264 A1 beschrieben.
Bevorzugte: Katalysatoren für die Umpolungsreaktion von Formaldehyd sind beispielsweise mesoionische Triazolium oder Tetrazoliumverbindungen . I n ei- ner bevorzugten Ausführungsform wird Nitro n (1 ,4-Diphenyl-4H-[1 ,2,4]triazol-3 yl)-phenylamin) als Katalysator verwendet. Kommerziell erhältlicher Paraformaldehyd kann Ameisensäure enthalten. Da der Umpolungskatalysator in Anwesenheit einer Säure deaktiviert werden könnte, erfolgt in Schritt (i) und/oder Schritt (ii) bevorzugt die Zugabe einer Base. Deren Basizität sollte dabei bevorzugt nicht zu stark sein, da ansonsten eine Cannizzaro-Reaktion eintreten kann. Als geeignete Basen können beispiels- weise Carbonate, tert. Amine, oder Anionenaustauscher genannt werden .
Wenn in den Schritten (i) und (ii) eine einphasige Reaktionslösung verwendet wird , kann im Vergleich zu einem zweiphasigen Reaktionsmed ium (Phasentransfer-Reaktion) eine höhere Reaktionsgeschwindigkeit realisiert werden. Sobald sich in diesem einphasigen Reaktionsmedium dann der Hydroxy-C2-3- Monoaldehyd gebildet hat, kann die weitergehende Umsetzung zu Hyd roxyal- dehyden mit 4 oder mehr C-Atomen durch ein in Kontakt bringen mit einer wässrigen Phase in Schritt (iii) unterbunden werden .
Wie oben bereits erwähnt, gehen die Hydroxy-C2-3-Monoaldehyde wie Glycolal- dehyd und/oder Glycerinaldehyd aufgrund ihrer guten Wasserlöslichkeit in Schritt (iii) in die wässrige Phase über. Gegebenenfalls kann die Reaktionslösung noch mehrmals mit Wasser ausgeschüttelt bzw. gewaschen werden, um die Ausbeute an Hydroxy-C2-3-Monoaldehyden weiter zu verbessern. Nach dem Abtrennen von der Reaktionslösung kann diese wässrige Phase für die Harzsynthese eingesetzt werden. Zur Verbesserung der Lagerstabilität wird der pH- Wert der wässrigen Phase bevorzugt auf einen Wert von 5,5 ± 2, bevorzugter 5,5 ± 0,5 eingestellt. In einer solchen wässrigen Phase ist der Hydroxy-C2-3- Monoaldehyd über Monate stabil.
Sofern bei der oben beschriebenen Synthese des Hydroxy-C2-3-Monoaldehyds ein Gemisch von zwei oder mehr Hydroxy-C2-3-Monoaldehyden, beispielsweise ein Gemisch aus Glycolaldehyd und Glycerinaldehyd, erhalten wird, können diese Aldehyde über gängige, dem Fachmann geläufige Trennverfahren (z.B. Chromatographie) voneinander separiert werden, so dass in der anschließenden Harzsynthese das Amin, das Amid oder die aromatische Hydroxyverbin- dung nur mit einem bestimmten Hydroxy-C2-3-Monoaldehyd umgesetzt wird. Alternativ ist es auch möglich, das Gemisch der Hydroxy-C2-3-Monoaldehyde direkt für die Harzsynthese zu verwenden, ohne dabei die vorteilhaften Eigenschaften wie z.B. hohe Lagerstabilität des Harzes zu verlieren.
Bei dem Amin, dem Amid oder der aromatischen Hydroxyverbindung, das bzw. die mit dem Hydroxy-Monoaldehyd zur Herstellung eines Formaldehyd-freien Harzes umgesetzt wird, kann es sich um solche handeln, die üblicherweise für die Herstellung von Harzen verwendet werden.
Das Ausgangsamin oder Ausgangsamid kann beispielsweise 2-3 Amin- bzw. Amidgruppen aufweisen (d.h. Diamin bzw. Diamid oder Triamin bzw. Triamid). Es können im Rahmen der vorliegenden Erfindung aber auch Amine oder Ami- de mit mehr als 3 Amin- bzw. Amidgruppen verwendet werden.
Als Amin oder Amid kommt beispielsweise ein Aminotriazin, Harnstoff, ein Harnstoffderivat, Thioharnstoff, ein Thioharnstoffderivat, Iminoharnstoff (d.h.
Guanidin), ein Iminoharnstoffderivat, ein Cyanamid, ein Diaminoalkan, ein Di- amidoalkan, ein Polyacrylamid oder ein Gemisch dieser Verbindungen in Frage. Ferner können pflanzliche/tierische Amine/Amide (wie z. B. Proteine, Gelatine) eingesetzt werden.
Geeignete Aminotriazine sind insbesondere Amino- ,3,5-triazine wie z.B. Mel- amin, Acetoguanamin und Benzoguanamin. Als geeignete Harnstoffderivate können beispielsweise alkylierte Harnstoffe wie Methylharnstoff oder cyclische Harnstoffe wie Acetylendiharnstoff oder Ethylenharnstoff genannt werden. Als geeignete Thioharnstoffderivate können beispielsweise cyclische Thioharnstof- fe wie Ethylenthioharnstoff genannt werden. Als geeignete Iminoharnstoffderi- vate können beispielsweise cyclische Iminoharnstoffe genannt werden. Als geeignetes Cyanamid kann beispielsweise Dicyandiamid oder Cyanamid genannt werden. Als geeignete Diaminoalkane können beispielsweise Diamino-C -8- Alkane genannt werden. Als geeignete Diamidoalkane können beispielsweise Diamido-C1-8-Alkane genannt werden.
Geeignete aromatische Hydroxyverbindungen sind beispielsweise Phenol oder Phenolverbindungen mit mindestens zwei Hydroxygruppen. Als bevorzugte Phenolverbindungen mit mindestens zwei Hydroxygruppen können beispielsweise Brenzcatechin, Resorcin, Hydrochinon, Phloroglucin, Hydroxyhydrochi- non, Pyrogallol oder ein Gemisch von mindestens zwei dieser Phenolverbindungen genannt werden. Sofern die Harzsynthese mit einem Amin oder Amid erfolgt, kann das molare Verhältnis des Hydroxy-Monoaldehyds zu den Amingruppen des Amins oder den Amidgruppen des Amids über einen breiten Bereich variiert werden.
Weist das Amin oder Amid beispielsweise 3 Amin- bzw. Amidgruppen auf, so liegt das molare Verhältnis des Hydroxy-Monoaldehyds zu den Amingruppen des Amins oder den Amidgruppen des Amids bevorzugt im Bereich von 0,5/3 bis 3/3, bevorzugter 1 ,5/3 bis 2,5/3 oder 1 ,8/3 bis 2,2/3. Weist das Amin oder Amid beispielsweise 2 Amin- bzw. Amidgruppen auf, so liegt das molare Verhältnis des Hydroxy-Monoaldehyds zu den Amingruppen des Amins oder den
Amidgruppen des Amids bevorzugt im Bereich von 0,2/2 bis 2/2, bevorzugter 0,3/2 bis 1 ,5/2, noch bevorzugter 0,5/2 bis 1 ,5/2.
Sofern die Harzsynthese mit einer aromatischen Hydroxyverbindung erfolgt, kann das molare Verhältnis des Hydroxy-Monoaldehyds zu der aromatischen Hydroxyverbindung über einen breiten Bereich variiert werden.
Weist die aromatische Hydroxyverbindung beispielsweise 3 Hydroxygruppen auf, so liegt das molare Verhältnis des Hydroxy-Monoaldehyds zu der aromati- sehen Hydroxyverbindung bevorzugt im Bereich von 0,5/1 bis 1/3, bevorzugter 1/1 bis 1/2. Weist die aromatische Hydroxyverbindung beispielsweise 2 Hydroxygruppen auf, so liegt das molare Verhältnis des Hydroxy-Monoaldehyds zu der aromatischen Hydroxyverbindung bevorzugt im Bereich von 0,5/1 bis 1/4, bevorzugter 1/1 bis 1/2.
In dem erfindungsgemäßen Verfahren ist es prinzipiell möglich, dass jede Amingruppe des Ausgangsamins oder jede Amidgruppe des Ausgangsamids oder bei Phenolen jede Ringposition des aromatischen Rings, die in ortho- oder para-Position zu der OH-Gruppe steht (nachfolgend auch als reaktive Ringposi- tionen der aromatischen Hydroxyverbindung bezeichnet), mit zumindest einem Monoaldehyd reagiert. Alternativ kann es jedoch bevorzugt sein, dass zumindest eine Amingruppe des Amins oder eine Amidgruppe des Amids oder eine reaktive Ringposition der aromatischen Hydroxyverbindung nicht mit dem Monoaldehyd umgesetzt wird.
Wie nachfolgend noch ausführlicher beschrieben wird, kann in einer bevorzugten Ausführungsform das aus der Umsetzung des Hydroxy-Monoaldehyds mit dem Amin, dem Amid oder der aromatischen Hydroxyverbindung erhaltene Produkt anschließend mit einem weiteren Aldehyd, bevorzugt einem Dialdehyd oder einem Trialdehyd umgesetzt werden. In einer bevorzugten Ausführungsform erhält man dadurch ein Harz, das noch freie Aldehydgruppen aufweist. Wenn also nach der Umsetzung des Hydroxy-Monoaldehyds mit dem Amin, dem Amid oder der aromatischen Hydroxyverbindung noch freie Amin- oder Amidgruppen oder reaktive Ringpositionen vorhanden sind, wären diese in ei-
nem nachfolgenden Umsetzungsschritt unmittelbar für eine Reaktion mit dem Dialdehyd oder Trialdehyd zugänglich. Geeignete Verfahrensbedingungen, um dies sicherzustellen, sind dem Fachmann bekannt. Beispielsweise kann der Monoaldehyd im molaren Unterschuss, bezogen auf die Anzahl der Amingrup- pen des Amins oder der Amidgruppen des Amids oder die molare Menge der aromatischen Hydroxyverbindung, zugegeben werden.
Geeignete Lösungsmittel für die Umsetzung des Hydroxy-Monoaldehyds mit dem Amin, dem Amid oder der aromatischen Hydroxyverbindung sind dem Fachmann grundsätzlich bekannt. Bevorzugt wird ein wässriges Lösungsmittel verwendet. Ferner können Wasserstoffbrücken-brechende polare Lösungsmittel eingesetzt werden.
Geeignete Reaktionsbedingungen (wie z.B. Reaktionstemperatur und pH-Wert) für die Umsetzung des Hydroxy-Monoaldehyds mit dem Amin, dem Amid oder der aromatischen Hydroxyverbindung sind dem Fachmann grundsätzlich bekannt.
Die Reaktionstemperatur kann beispielsweise im Bereich von 20°C bis 100°C, bevorzugter im Bereich von 40 bis 65°C liegen. In Abhängigkeit von dem Amin oder dem Amid oder der aromatischen Hydroxyverbindung und dem verwendeten Monoaldehyd kann der pH-Wert über einen breiten Bereich variieren. Der pH-Wert kann beispielsweise im Bereich von 6 bis 10, bevorzugter 7 bis 8,5 liegen.
Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren werden Oligomere mit sehr kurzen Sequenzen gebildet. Diese Harze können auch noch bei hohen Feststoffanteilen (z.B. 60 Gew%) problemlos stabilisiert werden (d.h. hohe Lagerstabilität). Die Zugabe stabilisierender Additive ist nicht erforderlich. Das erfindungsgemäße Harz kann beispielsweise einen Feststoffgehalt von mindestens 40 Gew% oder sogar mindestens 55 Gew% aufweisen. Das Harz kann dabei frei von polyme- ren Additiven sein.
In einer bevorzugten Ausführungsform wird das aus der Umsetzung des Hydro-
xy-Monoaldehyds mit dem Amin, dem Amid oder der aromatischen Hydroxyverbindung erhaltene Produkt anschließend mit einem weiteren Aldehyd umgesetzt, wobei der Aldehyd ein Dialdehyd, ein Trialdehyd, ein Monoaldehyd wie Glyoxylsäure, oder ein Gemisch von mindestens zwei dieser Aldehyde ist.
In dieser bevorzugten Ausführungsform wurde festgestellt, dass sich lagerstabile Harze auch mit Dialdehyden oder Trialdehyden herstellen lassen, wenn das Amin oder Amid oder die aromatische Hydroxyverbindung zunächst mit dem Hydroxy-Monoaldehyd umgesetzt wird. In bekannter Weise reagiert dabei die Aldehydgruppe mit dem Stickstoff der Amin- bzw. Amidgruppe oder mit einer reaktiven Ringposition (d.h. einer Position des aromatischen Rings, die in ortho- oder para-Position zu der OH-Gruppe steht) der aromatischen Hydroxyverbindung. Der als Folge dieser Reaktion an das Stickstoffatom der Amin- oder Amidgruppe oder den aromatischen Ring kovalent gebundene und sich aus dem Hydroxy-Monoaldehyd ableitende Rest fungiert dann als Schutzgruppe, die in dem nachfolgenden Verfahrensschritt verhindert, dass es bei der Umsetzung mit dem Dialdehyd oder Trialdehyd zu einer unerwünschten signifikanten Vernetzung kommt. Da bei der Anlagerung eines Aldehyds z.B. an ein Amin oder Amid gemäß der Reaktionsgleichung
-NHR + OHC- -» -NR-CH(OH)- die Aldehydgruppe in eine Halbacetalgruppe überführt wird und diese Halbace- talgruppe eine reaktive Gruppe darstellt, die für eine spätere Vernetzungsreak- tion genutzt werden kann, wird in diesem ersten Reaktionsschritt eine„reaktive Schutzgruppe" an der Amin- oder Amingruppe angebracht (d.h. eine Gruppe, die einerseits in einer nachfolgenden Umsetzung mit einem Di- oder Trialdehyd zunächst eine unerwünschte vorzeitige Vernetzung verhindert, andererseits aber eine reaktive Gruppe aufweist, die später die erwünschte Vernetzung bzw. Aushärtung zu einem vernetzten Material unterstützen kann).
In dieser bevorzugten Ausführungsform sind nach dem ersten Schritt also zunächst ein oder mehrere Amingruppen des Amins oder Amidgruppen des Amids oder eine oder mehrere Positionen des aromatischen Phenolringes
durch eine sich aus dem Hydroxy-Monoaldehyd ableitende reaktive Schutzgruppe blockiert. Wird nun in einem weiteren Schritt der Dialdehyd oder Trial- dehyd zugegeben, kann dieser zunächst nur mit N-Atomen oder solchen reaktiven Positionen des aromatischen Ringes reagieren, die im ersten Schritt noch nicht mit einer Schutzgruppe blockiert wurden. Da die Reaktion des Hydroxy- Monoaldehyds mit dem Amin oder Amid im ersten Schritt eine Gleichgewichtsreaktion ist, kann der Dialdehyd oder Trialdehyd im zweiten Schritt außerdem die sich aus dem Hydroxy-Monoaldehyd ableitenden Schutzgruppen teilweise ersetzen.
In einer bevorzugten Ausführungsform weist das Harz freie Aldehydgruppen auf. Die Anwesenheit freier Aldehydgruppen kann die Reaktivität bei der Einstellung geeigneter Bedingungen erhöhen und somit die Herstellung eines vernetzten Endprodukts unterstützen.
Durch die im zweiten Schritt noch mögliche Umsetzung des Dialdehyds oder Trialdehyds mit dem Stickstoff des Amins bzw. Amids können zwar einerseits gemäß der Reaktionsgleichung -NHR + OHC-R-CHO -NR-CH(OH)-R-CHO freie Aldehydgruppen entstehen, eine signifikante vorzeitige (und daher unerwünschte) Vernetzung findet jedoch nicht statt. Gleiches gilt auch für die Harze auf der Basis einer aromatischen Hydroxyverbindung.
Die Reaktivität des Harzes wird auch durch die Anwesenheit der reaktiven Schutzgruppe erhöht. Wie bereits oben erläutert, enthält der sich aus dem Hydroxy-Monoaldehyd ableitende und als Schutzgruppe für die Amin- oder Amidgruppe oder die aromatische Ringposition fungierende Rest zwei reaktive OH-Gruppen, die bei Einstellung entsprechender Bedingungen für eine spätere Vernetzungsreaktion zur Verfügung steht.
Mit Aminen oder Amiden oder aromatischen Hydroxyverbindungen umsetzbare Dialdehyde oder Trialdehyde sind dem Fachmann an sich bekannt.
Beispielhaft können in diesem Zusammenhang Glyoxal oder ein Dialdehyd der Formel OHC-(CH2)i-3-CHO (d.h. Malonaldehyd, Succindialdehyd, Glutaralde- hyd) genannt werden. Als geeigneter Trialdehyd kann beispielsweise 2,4,6-Tris(p-formylphenoxy)- 1,3,5-triazin genannt werden.
Im Rahmen der vorliegenden Erfindung ist es möglich, dass der Dialdehyd oder Trialdehyd dem Produkt aus dem ersten Schritt, welches bevorzugt in einer wässrigen Lösung vorliegt, zudosiert wird. Alternativ ist es auch möglich, dass das Produkt aus dem ersten Schritt (z.B. in Form einer wässrigen Lösung) dem Dialdehyd oder Trialdehyd zudosiert wird. In beiden Fällen ist es bevorzugt, dass die eine Komponente der anderen Komponente kontinuierlich zudosiert wird. Während im ersten Fall ausreichend langsam zudosiert wird, so dass sich im Reaktionsmedium während der Umsetzung immer nur eine geringe Konzentration an nicht umgesetztem Dialdehyd oder Trialdehyd befinden, wird im Fall gut wasserlöslicher Produkte zügig zudosiert, um nach der Reaktion das Harz durch Abkühlung zu stabilisieren. Sofern eine Reaktion mit einem weiteren Aldehyd erfolgt, wird das Produkt aus dem ersten Schritt bevorzugt nicht isoliert, sondern in Form der wässrigen Lösung, in der es im ersten Schritt hergestellt wurde, für die Umsetzung mit dem Dialdehyd oder Trialdehyd im zweiten Schritt verwendet. Die Menge an Dialdehyd oder Trialdehyd, die im zweiten Schritt zugegeben wird, kann über einen breiten Bereich variiert werden.
Weist das Amin oder Amid 3 Amin- bzw. Amidgruppen auf, so liegt das molare Verhältnis des Dialdehyds oder Trialdehyds zu den Amingruppen oder Amidgruppen bevorzugt im Bereich von 0, 1/3 bis 5/3, bevorzugter 0,5/3 bis 3/3 oder 0,8/3 bis 2,2/3. Weist das Ausgangsamin oder Ausgangsamid 2 Aminbzw. Amidgruppen auf, so liegt das molare Verhältnis des Dialdehyds oder Trialdehyds zu den Amingruppen oder Amidgruppen bevorzugt im Bereich von 0,1/3,9 bis 3,9/0,1 , bevorzugter 0,3/1 ,7 bis 1 ,7/0,3, noch bevorzugter 0,5/1 ,5
bis 1 ,5/0,5.
Weist das Amin oder Amid zwei Amin- oder Amidgruppen auf, so kann das molare Verhältnis des im zweiten Schritt zugegebenen Dialdehyds oder Trialde- hyds zu dem im ersten Schritt zugegebenen Hydroxy-Monoaldehyd beispielsweise im Bereich von 1/0,01 bis 1/3 oder 1/0,2 bis 1/2 oder auch 1/0,5 bis 1/1 ,5 liegen. Weist das Amin oder Amid drei Amin- oder Amidgruppen auf, so kann das molare Verhältnis des im zweiten Schritt zugegebenen Dialdehyds oder Trialdehyds zu dem im ersten Schritt zugegebenen Hydroxy-Monoaldehyd bei- spielsweise im Bereich von 1/0,01 bis 1/5 oder 1 ,5/0,2 bis 1 ,5/2 oder auch 2/0,3 bis 2/1 liegen.
Weist die aromatische Hydroxyverbindung 3 Hydroxygruppen auf, so liegt das molare Verhältnis des Dialdehyds oder Trialdehyds zu der aromatischen Hydroxyverbindung bevorzugt im Bereich von 1/0,1 bis 1/2,5, bevorzugter 1/0, 1 bis 1/1 ,5. Weist die aromatische Hydroxyverbindung 2 Hydroxygruppen auf, so liegt das molare Verhältnis des Dialdehyds oder Trialdehyds zu der aromatischen Hydroxyverbindung bevorzugt im Bereich von 1/0, 1 bis 1/3,5, bevorzugter 1/0, 1 bis 1/2.
Geeignete Reaktionsbedingungen (wie z.B. Reaktionstemperatur und pH-Wert) für die Umsetzung eines Amins oder Amids oder einer aromatischen Hydroxyverbindung mit dem Dialdehyd oder Trialdehyd sind dem Fachmann grundsätzlich bekannt.
Die Reaktionstemperatur im zweiten Schritt kann beispielsweise im Bereich von 20°C bis 100°C, bevorzugter von 40°C bis 65°C liegen. Der pH-Wert kann beispielsweise im Bereich von 6 bis 10, bevorzugter 7 bis 8,5 liegen. In dieser bevorzugten Ausführungsform (d.h. Umsetzung mit einem weiteren Aldehyd, insbesondere einem Di- oder Trialdehyd, in einem zweiten Schritt) können Oligomere mit sehr kurzen Sequenzen gebildet werden und die Harze können auch noch bei hohen Feststoffanteilen (z.B. 60 Gew%) problemlos stabilisiert werden. Auch bei den gut löslichen Verbindungen wie Harnstoff oder
Guanidin bleiben die Reaktionsprodukte durch die sich aus dem Hydroxy- Monoaldehyd ableitende reaktive Schutzgruppe so niedrig viskos, dass eine Stabilisierung auch bei hohen Feststoffanteilen sehr gut möglich ist. Weiterhin zeichnet sich das Harz in einer bevorzugten Ausführungsform dadurch aus, dass es freie Aldehydgruppen aufweist, die die Reaktivität bei der Einstellung geeigneter Bedingungen erhöhen und somit die Herstellung eines vernetzten Endprodukts unterstützen. Die Reaktivität des Harzes wird auch durch die Anwesenheit der reaktiven Schutzgruppe erhöht.
Damit wird eine Reaktivität erreicht, die derjenigen von Harzen auf Formaldehydbasis entspricht oder diese sogar übertrifft.
Die hergestellten Harze können stabilisiert werden, beispielsweise durch
Abkühlen (z.B. auf eine Temperatur unterhalb von 30°C, bevorzugter unterhalb von 25°C) und/oder
Zusatz von Alkoholen und/oder
- Einstellen des pH auf einen Wert im Bereich von 7,0-9,0, bevorzugter 7,5-8,5.
Nachfolgend wird ein Ausführungsbeispiel von Holzwerkstoffprodukten beschrieben.
Ausführungsbeispiel:
Beispiel: Spanplatten mit einem formaldehydfreien Klebstoff auf Basis von
Glycolaldehyd/Glycerinaldehyd und Melamin
Das Leimharz wurde wie folgt hergestellt:
1160,8 g Paraformaldehyd und 50 g Molsieb werden mit 2062,5 g Essigester in einen 7,51 Druckreaktor vorgelegt und auf 70°C erwärmt. Anschließend werden
45 g Nitron (zuvor in 1432 g Essigester gelöst) zudosiert. Ferner werden zum Abfangen der Ameisensäure aus dem Paraformaldehyd 3,2 g Kaliumcarbonat zugesetzt. Danach wird der Ansatz auf 80°C erwärmt. Das Reaktionsprodukt wird nach 1 Stunde Reaktionszeit aus dem Reaktor in eine Vorlage mit 1 kg Eis entleert und bei 10°C gerührt. Da Nitron fast unlöslich in Wasser ist, kann nach erfolgter Phasentrennung (Essigester/Wasser) das Nitron aus dem Essigester durch Einengen zurückgewonnen werden. Die Essigester-Phase wird wiederholt mit je 100 g Wasser ausgeschüttelt. Das Gewicht der vereinigten wässri- gen Phasen beträgt 2304 g, und der Gehalt an Aldehydprodukten (Glykolalde- hyd und Glycerinaldehyd) beträgt ca. 49 %.
380 g der Glykolaldehyd-/Glycerinaldehydlösung werden mit 50%iger wässriger Natriumhydroxidlösung bis pH 7,8 neutralisiert. Nach Zugabe von 84 g (0,66 Mol) Melamin wird unter kräftigem Rühren auf 60°C erwärmt und 1 ,5 h bei die- ser Temperatur gerührt. Hierbei löst sich das Melamin vollständig auf.
Aus Fichtenholzspänen wurden einschichtige Spanplatten unter folgenden Bedingungen hergestellt:
Plattenaufbau einschichtig
Späne Fichtenspäne (Siebfraktion: 0,6 >x <
5mm
Klebstoff Melamin-Glycol-/Glycerinaldehyd-Leimharz
(GAM)
Klebstoffgehalt 12 % (Festharz bezogen auf atro Holz)
Härtungsbeschleuniger Ammoniumsulfat
Härtungsbeschleuniger-Menge 0,5 % (Feststoff/Festharz)
Paraffindispersion 1 ,5 % (Feststoff bezogen auf atro Holz)
Plattendicke 13 mm (ungeschliffen)
Soll-Rohdichte 700 kg/m3
Presstemperatur 200°C
Presszeit 15 s/mm und 22 s/mm Plattendicke
Anzahl der Platten/Variante 2
Als Referenz dienten Spanplatten, die unter gleichen Bedingungen mit einem formaldehydarmen Harnstoff-Formaldehyd-Harz (UF-Harz, Molverhältnis U:F=1 :0,94) hergestellt wurden. Nach der Herstellung wurden die Spanplatten formatiert und im Normalklima (20°C und 65 % relative Luftfeuchte bis zur Ausgleichsfeuchte klimatisiert. An den klimatisierten Spanplatten wurden die Rohdichte, Biegefestigkeit und Bie- ge-Elastizitätsmodul (EN 310), Querzugfestigkeit (EN 319) und die Dickenquel- lung (EN 317) nach 24 h Wasserlagerung ermittelt. Die Ergebnisse sind in der Tabelle 1 aufgeführt.
Tabelle 1 : Mechanische und hygrische Eigenschaften von Spanplatten mit einem Melamin-Glycol-/Glycerinaldehyd-Leimharz bzw. einem UF-Harz
Mittelwert aus 2 Platten: 0: Mittelwert, S: Standardabweichung, V: Variationskoeffizient Die mechanischen Eigenschaften der im Labor hergestellten Spanplatten erfüllten die Normanforderungen an die Biegefestigkeit sowie Querzugsfestigkeit (bei 22 s/mm Plattendicke) von Platten des Typs P2 (Platten für Inneneinrichtungen - einschließlich Möbel - zur Verwendung im Trockenbereich). Die Formaldehydabgabe der Spanplatten wurde nach der Flaschen-Methode in Anlehnung an EN 717-3 nach einer Prüfdauer von 3 h und 24 h bestimmt. Die Ergebnisse der Formaldehydprüfung sind der Tabelle 2 zu entnehmen. Die Formaldehydabgabe der mit Melamin-Glycol-/Glycerinaldehyd-Leimharz hergestellten Spanplatten ist sehr niedrig und ist vermutlich auf die Formaldehydab- gäbe der Holzspäne zurückzuführen.
Tabelle 2: Formaldehydabgabe (Flaschen-Methode, 3 h und 24 h Prüfdauer) von Spanplatten mit einem Melamin-Glycol-/Glycerinaldehyd-Leimharz bzw. einem UF-Harz