Verfahren zur Blausäuresynthese aus Formamid - Katalysator Beschreibung Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Blausäure durch Thermolyse von gasförmigem Formamid in Gegenwart eines Aluminiumoxid-Katalysators mit einer BET- Oberfläche von < 1 m2/g in einem Reaktor, der eine innere Oberfläche aufweist, die bezüglich der Thermolyse von Formamid inert ist und die Verwendung des Aluminiumoxid-Katalysators in einem Verfahren zur Herstellung von Blausäure durch Thermolyse von gasförmigem Formamid.
Blausäure ist eine wichtige Grundchemikalie, die als Ausgangsprodukt z. B. in zahlreichen organischen Synthesen, wie der Herstellung von Adiponitril, Methacrylsäureestern, Methionin und Komplexbildnern (NTA, EDTA) dient. Darüber hinaus wird Blausäure für die Herstellung von Alkalicyaniden benötigt, die im Bergbau und in der metallurgischen Industrie eingesetzt werden.
Die größte Menge an Blausäure wird durch Umsetzung von Methan (Erdgas) und Ammoniak produziert. In dem sogenannten Andrussow-Prozess wird simultan Luft-Sauerstoff hinzugegeben. Auf diese Weise verläuft die Herstellung von Blausäure autotherm. Im Gegensatz dazu wird bei dem sogenannten BMA-Verfahren der Degussa AG sauerstofffrei gearbeitet. Die en- dotherme katalytische Umsetzung von Methan mit Ammoniak wird daher in dem BMA- Verfahren extern mit einem Heizmedium (Methan oder H2) betrieben. Nachteilig bei diesem Verfahren ist der hohe Zwangsanfall von Ammoniumsulfat, da die Umsetzung von Methan ökonomisch nur mit einem NH3-Überschuss gelingt. Das nicht umgesetzte Ammoniak wird mit Schwefelsäure aus dem Rohprozessgas ausgewaschen.
Ein weiteres wichtiges Verfahren zur Herstellung von HCN ist der sogenannte SOHIO-Prozess. Bei der Ammonoxidation von Propen/Propan zu Acrylnitril entstehen ca. 10 % (bezogen auf Propen/Propan) Blausäure als Nebenprodukt. Ein weiteres wichtiges Verfahren zur industriellen Herstellung von Blausäure ist die thermische Dehydratisierung von Formamid (Thermolyse von Formamid) im Vakuum, die nach der folgenden Gleichung (I) abläuft:
HCONH2^ HCN + H20 (I)
Diese Umsetzung ist von der Zersetzung des Formamids gemäß folgender Gleichung (II) unter Bildung von Ammoniak und Kohlenmonoxid begleitet:
HCONH2^ NH3 + CO (II)
Ammoniak wird mit Schwefelsäure aus dem Rohgas ausgewaschen. Aufgrund der hohen Selektivität fällt jedoch nur sehr wenig Ammoniumsulfat an.
Im Stand der Technik sind bereits Verfahren zur Herstellung von Blausäure durch Thermolyse von gasförmigem Formamid in Anwesenheit von Aluminiumoxid-Katalysatoren bekannt.
So betrifft DE 498 733 ein Verfahren zur Herstellung von Blausäure aus Formamid durch kataly- tische Dehydratisierung, worin als Katalysator ein wasserentziehender Katalysator, wie Tonerde, Thoriumoxid oder Zirkonoxid eingesetzt wird, wobei der Katalysator vor der Benutzung längere Zeit bis zur wesentlichen Verringerung der Aktivität geglüht wird. Gemäß Beispiel 1 wird bei Einsatz von hitzebehandelter Tonerde Blausäure in Ausbeuten zwischen 30,6 und 91 ,5 % erhalten. Bezüglich der inneren Oberfläche des eingesetzten Rohrreaktors enthält DE 498 733 keine Information. Des Weiteren ist DE 498 733 keine Information bezüglich der Selektivität des eingesetzten Katalysators zu entnehmen.
In DE 199 62 418 A1 ist ein kontinuierliches Verfahren zur Herstellung von Blausäure durch Thermolyse von gasförmigem, überhitztem Formamid bei erhöhter Temperatur und verminder- tem Druck offenbart. Das Verfahren wird in Gegenwart eines feinteiligen Feststoffkatalysators in einem Thermolysereaktor durchgeführt, wobei der Feststoffkatalysator durch eine vertikal- aufwärts gerichtete oder vertikal-abwärts gerichtete Strömung des gasförmigen Reaktionsgemisches in Bewegung gehalten wird. Als Katalysatoren werden gemäß DE 199 62 418 A1 Aluminiumoxid oder Aluminiumoxid/Siliziumdioxid-Katalysatoren eingesetzt. Bezüglich des Materials der inneren Oberfläche des eingesetzten Thermolysereaktors enthält DE 199 62 418 A1 keine Information. DE 199 62 418 A1 ist ebenfalls keine Information bezüglich der Selektivität des in DE 199 62 418 A1 beschriebenen Verfahrens zu entnehmen.
EP 0 209 039 A2 betrifft ein Verfahren zur thermolytischen Spaltung von Formamid zu Blausäu- re und Wasser an hochgesinterten Aluminiumoxid- oder Aluminiumoxid-Siliziumdioxid- Formkörpern oder an hochtemperatur-korrosionsfesten Edelstahl-Füllkörpern bei gleichzeitiger Anwesenheit von Luftsauerstoff. Als Reaktoren werden gemäß EP 0 209 039 A2 Edelstahl oder Eisenrohre eingesetzt. Gemäß den Beispielen 1 und 2 in EP 0 209 039 A2 wird hochgesintertes Alumosilikat als Katalysator eingesetzt. Es wird ein Umsatz von 98 bis 98,6 % und eine Selekti- vität von 95,9 bis 96,7 % bei der Thermolyse von Formamid erreicht.
Aufgrund der relativ schlechten Selektivität weist das gemäß den Verfahren des Standes der Technik hergestellte Blausäure-Rohgasgemisch durch Nebenreaktionen entstehende Komponenten CO, NH3 sowie CO2 auf und muss daher aufgereinigt werden.
Aufgabe der vorliegenden Anmeldung gegenüber dem Stand der Technik ist es daher, eine Aufreinigung des durch Thermolyse von Formamid erhaltenen Blausäure-Rohgasgemisches zu vermeiden und das Blausäure-Rohgas direkt in Folgestufen zu verwenden. Durch den direkten Einsatz des erhaltenen Blausäure-Rohgases in Folgestufen kann das Handling flüssiger Blau- säure vermieden werden, die in Gegenwart von Spuren basischer Komponenten wie NH3 zu explosionsartig verlaufenden Reaktionen neigt.
Die Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren zur Herstellung von Blausäure durch Thermolyse von gasförmigem Formamid in einem Reaktor in Gegenwart eines Katalysators, wobei a) der Katalysator
(i) ein Aluminiumoxid-Katalysator ist, enthaltend
90 bis 100 Gew.-%, bevorzugt 99 bis 100 Gew.-% Aluminiumoxid als Komponente A, 0 bis 10 Gew.-%, bevorzugt 0 bis 1 Gew.-% Siliziumdioxid als Komponente B, und 0 bis maximal 0,1 Gew.-% Eisen oder Eisen enthaltende Verbindungen als Komponente C,
wobei die Gesamtsumme der Komponenten A, B und C 100 Gew.-% beträgt, und
(ii) eine BET-Oberfläche, gemessen gemäß DINISO 9277 : 2003-05 von < 1 m2/g aufweist, und
(iii) bei Temperaturen von >1400 °C für 1 bis 30 h, bevorzugt > 1500 °C für 1 bis 30 h, besonders bevorzugt bei 1500 °C bis 1800 °C für 2 bis 10 h getempert wird, und
b) der Reaktor eine innere Oberfläche aufweist, die bezüglich der Thermolyse von Formamid inert ist.
Erfindungsgemäß wurde gefunden, dass es zur Erzielung einer hohen Selektivität bei der Thermolyse von gasförmigem Formamid zur Herstellung von Blausäure nicht ausreicht, einen selektiven Aluminiumoxid-Katalysator einzusetzen. Gleichzeitig mit dem Einsatz eines Aluminiumoxid-Katalysators ist es erforderlich, den Kontakt des gasförmigen Formamids mit Eisen oder Eisen enthaltenden MaterialienA/erbindungen zu vermeiden, da Eisen sowie Eisen enthaltende MaterialienA/erbindungen eine wesentlich höhere oberflächenspezifische Aktivität in der Thermolyse von gasförmigem Formamid aufweisen als Aluminiumoxid-Katalysatoren bei wesentlich geringerer Selektivität. Dies ist der Grund für die im Stand der Technik bisher erzielten relativ geringen Selektivitäten.
Gemäß der vorliegenden Erfindung wird der Kontakt des gasförmigen Formamids mit Eisen oder Eisen enthaltenden MaterialienA/erbindungen, wie Stahl während der Thermolyse des gasförmigen Formamids vermieden. Dadurch können außerordentlich hohe Blausäureselektivitäten erreicht werden, die eine Aufreinigung des erhaltenen Blausäure-Rohgases überflüssig machen.
Unter einer inneren Oberfläche des Reaktors ist die Oberfläche zu verstehen, die mit den Reak- tanden, d. h. unter anderem mit dem gasförmigen Formamid, in direktem Kontakt steht.
Unter einer inneren Oberfläche des Reaktors, die bezüglich der Thermolyse von Formamid inert ist, ist im Sinne der vorliegenden Anmeldung zu verstehen, dass an der Reaktoroberfläche keine Zersetzung des Formamids erfolgt, sondern die Zersetzung des Formamids ausschließlich durch den eingesetzten Aluminiumoxid-Katalysator katalysiert wird.
Geeignete innere Oberflächen des Reaktors, die bezüglich der Thermolyse von Formamid inert sind, sind bevorzugt ausgewählt aus Silizium-beschichteten Stahloberflächen und Quarzglas. Ebenfalls geeignet sind z.B. Titan, SiC und Zirconium. Als Katalysator wird in dem erfindungsgemäßen Verfahren ein Aluminiumoxid-Katalysator eingesetzt, enthaltend
90 bis 100 Gew.-%, bevorzugt 99 bis 100 Gew.-% Aluminiumoxid als Komponente A, 0 bis 10 Gew.-%, bevorzugt 0 bis 1 Gew.-% Siliziumdioxid als Komponente B, und - 0 bis maximal 0,1 Gew.-% Eisen oder Eisen enthaltende Verbindungen als Komponente C,
wobei die Gesamtsumme der Komponenten A, B und C 100 Gew.-% beträgt.
Der erfindungsgemäß eingesetzte Aluminiumoxid-Katalysator zeichnet sich dadurch aus, dass er eine BET-Oberfläche, gemessen DINISO 9277 : 2003-05, von < 1 m2/g, bevorzugt 0,01 bis 0,9 m2/g, besonders bevorzugt 0,02 bis 0,3 m2/g aufweist.
Der erfindungsgemäß eingesetzte Aluminiumoxid-Katalysator ist kann basierend auf kommerziell erhältlichen Katalysatoren (z. B. Aluminiumoxidsplitt der Firma Feuerfest) durch Temperung dieser Katalysatoren bei >1400 °C für 1 bis 30 h, bevorzugt > 1500 °C für 1 bis 30 h, besonders bevorzugt bei 1500 °C bis 1800 °C für 2 bis 10 h, erhalten werden, bzw. kann gemäß dem Fachmann bekannten Verfahren hergestellt werden.
Wesentlich zur Erzielung einer hohen Selektivität ist die Temperung des Aluminiumoxid- Katalysators bei >1400 °C für 1 bis 30 h, bevorzugt > 1500 °C für 1 bis 30 h, besonders bevorzugt bei 1500 °C bis 1800 °C für 2 bis 10 h.
Beispielsweise kann der erfindungsgemäß eingesetzte Aluminiumoxid-Katalysator dadurch hergestellt werden, dass frisch gefälltes Aluminiumhydroxid, bzw. entsprechende Mischungen mit Kieselgel nach leichter Trocknung in die gewünschten Formkörper gepresst werden und anschließend bei Temperaturen >1400 °C für 1 bis 30 h, bevorzugt > 1500 °C für 1 bis 30 h, besonders bevorzugt bei 1500 °C bis 1800 °C für 2 bis 10 h getempert werden.
Der Katalysator liegt in dem erfindungsgemäßen Verfahren im Allgemeinen in Form von Form- körpern ausgewählt aus geordneten Formlingen und ungeordneten Formlingen vor. Geeignete Formlinge sind z. B. Splitt, Raschig Ringe, Pall Ringe, Tabletten, Kugeln und ähnliche Formlinge. Hierbei ist wesentlich, dass Schüttungen der eingesetzten Formlinge bei mäßigen Druckverlusten einen guten Wärmeübergang ermöglichen. Die Größe, bzw. Geometrie der verwendeten Formlinge richtet sich nach dem Innendurchmesser des verwendeten Reaktors.
Geeignete Größen sind z. B. mittlere Durchmesser der Formlinge, z. B. Splitt, von im Allgemeinen 0,1 bis 10 mm, bevorzugt 0,5 bis 5 mm, besonders bevorzugt 0,7 bis 3 mm.
Die Menge des eingesetzten Katalysators beträgt im Allgemeinen 2 bis 0,1 kg, bevorzugt 1 bis 0,2 kg, bezogen auf einen kontinuierlichen Formamidfluss von 1 kg pro h. Zur Thermolyse von gasförmigem Formamid zur Herstellung von Blausäure geeignete Reaktoren sind dem Fachmann bekannt. Bevorzugt geeignete Reaktoren zur Thermolyse von gasförmigem Formamid zur Herstellung von Blausäure sind Rohrreaktoren, besonders bevorzugt Mehrrohrreaktoren, z. B. Rohrbündelapparate oder ähnliche Apparate, die die Reaktionswärme über dem gesamten Reaktionsweg einbringen. Daneben sind auch Hordenapparate oder Wir- belschichtapparate geeignet, wobei geeignete Hordenapparate, Wirbelschichtapparate sowie Rohrbündelapparate dem Fachmann bekannt sind.
Bei Apparaten, z. B. Rohrreaktoren, die die Reaktionswärme über die gesamte Reaktionsstrecke einbringen, ist eine effiziente Wärmeübertragung auf den Katalysator vorteilhaft, um hohe Raumzeitausbeuten zu erhalten.
Die Reaktionskanäle des eingesetzten Reaktors, bevorzugt Rohrreaktor, weisen im Allgemeinen hydraulische Durchmesser von 0,5 mm bis 100 mm auf, bevorzugt 1 mm bis 50 mm, besonders bevorzugt 3 mm bis 10 mm.
Unter dem hydraulischen Durchmesser ist im Sinne der vorliegenden Anmeldung der mittlere hydraulische Durchmesser zu verstehen, der sich jeweils auf einen Reaktionskanal gemäß der vorliegenden Anmeldung eingesetzten Reaktors, bevorzugt Rohrreaktor, bezieht. Bei dem hydraulischen Durchmesser dh handelt es sich um eine theoretische Größe, mit der Berechnungen an Rohren oder Kanälen mit nicht kreisförmigem Querschnitt durchgeführt werden können. Der hydraulische Durchmesser ist der Quotient aus dem vierfachen Strömungsquerschnitt H und dem vom Fluid benetzten Umfang U eines Messquerschnitts: dh = 4 A U
Mithilfe des erfindungsgemäßen Verfahrens ist es möglich, hohe Blausäureselektivitäten bei der Thermolyse von Formamid zu erreichen, wobei Selektivitäten von > 93 %, bevorzugt > 96 %, besonders bevorzugt > 98 % erzielt werden. Dabei können die vorstehend genannten hohen Selektivitäten bereits bei niedrigen Temperaturen erzielt werden. Bei Temperaturen von 350 °C bis 400 °C können z.B. Blausäureselektivitäten von im Allgemeinen > 95 % erzielt werden.
Dabei werden gleichzeitig gute Umsätze an Formamid erzielt, wobei die Umsätze im Allgemei- nen > 88 %, bevorzugt > 90 %, besonders bevorzugt > 98 % sind.
Im Allgemeinen wird die Thermolyse von gasförmigem Formamid zur Herstellung von Blausäure in dem erfindungsgemäßen Verfahren bei einer Temperatur von 350 bis 700 °C, bevorzugt 380 bis 650 °C, besonders bevorzugt 440 bis 620 °C durchgeführt. Werden höhere Temperaturen oberhalb von 700 °C verwendet, verschlechtern sich die Selektivitäten.
Der Druck beträgt in dem erfindungsgemäßen Verfahren im Allgemeinen 70 mbar bis 5 bar, bevorzugt 100 mbar bis 4 bar, besonders bevorzugt 300 mbar bis 3 bar, ganz besonders bevorzugt 600 mbar bis 1 ,5 bar Absolutdruck. Bevorzugt wird die Thermolyse von gasförmigem Formamid in dem erfindungsgemäßen Verfahren in Anwesenheit von Sauerstoff, bevorzugt Luft-Sauerstoff, durchgeführt. Die Mengen an Sauerstoff, bevorzugt Luft-Sauerstoff, betragen im Allgemeinen > 0 bis 10 mol-%, bezogen auf die eingesetzte Formamid-Menge, bevorzugt 0,1 bis 9 mol-%, besonders bevorzugt 0,5 bis 3 mol-%. Alternativ ist eine Fahrweise ohne Zugabe von Sauerstoff möglich, z. B. mit einem cyclischen Abbrand der im Thermolyse-Reaktor gebildeten Ablagerungen.
Die optimale Katalysatorbelastung in dem erfindungsgemäßen Verfahren ergibt sich aus dem gewünschten Umsatzgrad und der Größe der eingesetzten Formkörper. Bei Einsatz von Splitt (0,5-3 mm) liegt die Katalysatorbelastung bei einem Zielumsatz von z.B. > 90% bei etwa 1 bis 2 g Formamid pro g Katalysator pro h, bei einer Temperatur von 550 °C.
Die Beheizung des in dem erfindungsgemäßen Verfahren eingesetzten Reaktors erfolgt im Allgemeinen mit heißen Brennerabgasen (Wälzgas) oder mittels Salzschmelze oder elektrischer Direktbeheizung . Neben Erdgas zum Beheizen der Salzschmelze, bzw. Wälzgas, kann zusätz- lieh das entstehende Restgas aus der Blausäure-Synthese verwendet werden. Dieses enthält im Allgemeinen CO, H2, N2 sowie geringe Mengen an Blausäure.
Herstellung des gasförmigen Formamids Das in dem erfindungsgemäßen Verfahren eingesetzte gasförmige Formamid wird durch Verdampfen von flüssigem Formamid erhalten. Geeignete Verfahren zum Verdampfen von flüssigem Formamid sind dem Fachmann bekannt und in dem in der Beschreibungseinleitung genannten Stand der Technik beschrieben. Im Allgemeinen erfolgt das Verdampfen des Formamids bei einer Temperatur von 1 10 bis 270°C. Bevorzugt erfolgt das Verdampfen des flüssigen Formamids in einem Verdampfer bei Temperaturen von 140 bis 250°C, besonders bevorzugt 200 bis 230°C.
Das Verdampfen des Formamids erfolgt im Allgemeinen bei einem Druck von 20 mbar bis 3 bar. Bevorzugt erfolgt die Verdampfung des flüssigen Formamids bei 80 mbar bis 2 bar, besonders bevorzugt 600 mbar bis 1 ,3 bar Absolutdruck.
Besonders bevorzugt wird die Verdampfung des flüssigen Formamids bei kurzen Verweilzeiten durchgeführt. Ganz besonders bevorzugte Verweilzeiten betragen < 20 s, bevorzugt < 10 s, jeweils bezogen auf das flüssige Formamid. Aufgrund der sehr kurzen Verweilzeiten im Verdampfer kann das Formamid nahezu vollständig ohne Nebenprodukt-Bildung verdampft werden.
Die vorstehend genannten kurzen Verweilzeiten des Formamids im Verdampfer werden bevorzugt in milli- oder mikrostrukturierten Apparaten erreicht. Geeignete milli- oder mikrostrukturierte Apparate, die als Verdampfer eingesetzt werden können, sind z. B. in DE-A-101 32 370,
WO 2005/016512 und WO 2006/108796 beschrieben. Ein weiteres Verfahren zur Verdampfung von flüssigem Formamid sowie ein geeigneter Mikroverdampfer sind in WO 2009/062897 beschrieben. Des Weiteren ist es möglich, die Verdampfung von flüssigem Formamid in einem Einraumverdampfer durchzuführen, wie er in WO 201 1/089209 beschrieben ist.
In einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird das eingesetzte gasförmige Formamid somit durch Verdampfen von flüssigem Formamid bei Temperaturen von 100 bis 300 °C erhalten, wobei als Verdampfer ein milli- oder mikrostrukturierter Apparat eingesetzt wird. Geeignete milli- oder mikrostrukturierte Apparate sind in den vorstehend er- wähnten Dokumenten beschrieben.
Es ist jedoch ebenfalls möglich, die Verdampfung des Formamids in klassischen Verdampfern durchzuführen. Nachreaktor
Dem zur Thermolyse von Formamid eingesetzten Hauptreaktor kann ein Nachreaktor nachgeschaltet werden. In dem Nachreaktor, der mit einem katalytisch aktiven Bett gefüllt ist, wird, im Allgemeinen ohne Einbringung zusätzlicher Wärme, der Formamid-Umsatz bis zu ä 98 % des Gleichgewichtsumsatzes (Formamid-Vollumsatz), bevorzugt > 99 %, besonders bevorzugt ä 99,5 % des Gleichgewichtsumsatzes gesteigert.
Als katalytisch aktives Bett werden in dem Nachreaktor im Allgemeinen geordnete Packungen aus Stahl eingesetzt oder die vorstehend beschriebenen Aluminiumoxid Katalysatoren.
Die Blechdicke der Einbauten ist bevorzugt > 1 mm. Zu dünne Bleche werden aufgrund der Reaktionsbedingungen duktil und verlieren ihre Stabilität.
Durch den Einsatz der statischen Mischer in dem Nachreaktor kann ein einheitlicher Druck so- wie ein hervorragender Wärmeübergang in dem Nachreaktor erreicht werden.
Geeignete statische Mischer sind z. B. in DE-A-101 38 553 beschrieben.
Der Stahl in den geordneten Packungen des Nachreaktors, bevorzugt den statischen Mischern, besonders bevorzugt den statischen Mischern aus Blechen, ist bevorzugt ausgewählt aus Stahl-Qualitäten entsprechend den Normen 1 .4541 , 1.4571 , 1 .4573, 1.4580, 1.4401 , 1 .4404, 1 .4435, 1.4816, 1 .3401 , 1 .4876 und 1 .4828, besonders bevorzugt ausgewählt aus Stahl- Qualitäten entsprechend den Normen 1.4541 , 1 .4571 , 1.4828, 1 .3401 , 1.4876 und 1.4762, ganz besonders bevorzugt aus Stahl-Qualitäten entsprechend den Normen 1 .4541 , 1.4571 , 1.4762 und 1 .4828. Das bei der Thermolyse des Formamids gewonnene gasförmige Reaktionsprodukt wird üblicherweise mit einer Eintrittstemperatur von 450 bis 700 °C in den Nachreaktor eingeführt.
Üblicherweise wird der Nachreaktor bei dem Druck des Hauptreaktors um dessen Druckverlust verringert betrieben. Der Druckverlust beträgt z.B. 5-50 mbar.
Vor der Einführung des nach Thermolyse des gasförmigen Formamids erhaltenen gasförmigen Reaktionsproduktes in den Nachreaktor kann optional Sauerstoff, bevorzugt Luft-Sauerstoff, in das gasförmige Reaktionsprodukt eingespeist werden, um Ablagerungen auf den geordneten Packungen des Nachreaktors zu vermeiden. Alternativ ist eine Fahrweise ohne Zugabe von Sauerstoff möglich, z. B. mit einem cyclischen Abbrand der im Nachreaktor gebildeten Ablagerungen.
Bei dem bevorzugten Einsatz eines Nachreaktors kann zusätzlich ein noch höherer Formamid- umsatz, bevorzugt Vollumsatz, in Bezug auf den Gleichgewichtsumsatz an Formamid, erreicht werden. Daher kann in dem erfindungsgemäßen Verfahren im Allgemeinen auf eine Auskondensation mit Hochsieder-Bildung und Rückdestillation von nicht-umgesetztem Formamid verzichtet werden.
Durch die mit Hilfe des erfindungsgemäßen Verfahrens erreichte hohe Blausäureselektivität kann eine aufwendige Aufarbeitung des Blausäure-Rohgasgemisches vermieden werden, und eine direkte Verwendung des Blausäure-Rohgases in Folgestufen ist möglich.
Das nach Thermolyse des Formamids erhaltene Blausäure-Rohgas kann somit üblicherweise direkt in einem NH3-Absorber gequencht werden oder, falls NH3 den nachfolgenden Prozess nicht stört, direkt zur weiteren Verarbeitung eingesetzt werden, z.B. zur Herstellung wässriger NaCN-Lösung oder wässriger CaCN2-Lösung.
Quenchen des Blausäure-Rohgases Üblicherweise erfolgt das Quenchen des heißen, nach der Thermolyse von gasförmigem Formamid erhaltenen Blausäure-Gas enthaltenden Rohgasstroms mit Hilfe von verdünnter Säure, bevorzugt mit Hilfe von verdünnter H2SQ4-Lösung. Diese wird üblicherweise im Kreislauf über
eine Quench-Kolonne gepumpt. Geeignete Quench-Kolonnen sind dem Fachmann bekannt. Gleichzeitig wird dabei das entstandene NH3 zu Ammoniumsulfat gebunden. Die Wärme (Gaskühlung, Neutralisation und Verdünnung) wird im Allgemeinen mittels eines Wärmetauschers (üblicherweise Kühlwasser) in einem Umpumpkreis abgeführt. Bei Quench-Temperaturen von im Allgemeinen ca. 10 bis 65 °C wird gleichzeitig Wasser auskondensiert, das als verdünnte Ammonium-Sulfat-Lösung im Allgemeinen über Sumpf ausgeschleust und entsorgt wird. Die Absorbertemperatur wird durch den gewünschten Wassergehalt des Blausäurerohgases festgelegt. Wird im Sumpf eine Teilmenge verdampft, kann in dem Sumpf gelöste Blausäure entfernt werden. Das Sumpfprodukt kann so z. B. als Dünger verwendet werden. Über Kopf verlässt die Quench-Kolonne ein ca. 70 bis 99 %iger Blausäuregasstrom. Dieser kann des Weiteren CO, CO2, Wasser und H2 enthalten. Wird die Quench-Kolonne als reiner Absorber betrieben, wird die gelöste Blausäure üblicherweise in einem separaten Desorber herausgestrippt, bevorzugt mit Wasserdampf. Geeignete Desorber sind dem Fachmann bekannt. Verdichter
Es ist möglich, dass der Quench-Kolonne ein Verdichter nachfolgt, der das die Quench-Kolonne über Kopf verlassende Gas auf einen Druck verdichtet, der einem gewünschten Verfahren zur Weiterverarbeitung des Blausäure-Gasstromes entspricht. Bei diesem Verfahren zur Weiterver- arbeitung kann es sich z. B. um eine Aufarbeitung zu reiner Blausäure oder beliebige weitere Umsetzungen des Blausäure-enthaltenden Gasstromes handeln.
In dem Fall, dass in den nachfolgenden Verfahren, worin der nach Thermolyse erhaltene Blausäure-Gasstrom eingesetzt werden soll, gegebenenfalls vorliegende Mengen Ammoniak sowie Formamid-Reste nicht stören, kann das nach Thermolyse des gasförmigen Formamids erhaltene Blausäure-Rohgas auch ohne Reaktionsgas-Quench sowie NH3-Absorber direkt in den Folgestufen (Verfahren zur Weiterverarbeitung des Blausäure-Gasstromes) eingesetzt werden.
Verwendung
Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist die Verwendung eines Katalysators, der
(i) ein Aluminiumoxid-Katalysator ist, enthaltend
- 90 bis 100 Gew.-%, bevorzugt 99 bis 100 Gew.-% Aluminiumoxid als Komponente A, 0 bis 10 Gew.-%, bevorzugt 0 bis 1 Gew.-% Siliziumdioxid als Komponente B, und 0 bis maximal 0,1 Gew.-% Eisen oder Eisen enthaltende Verbindungen als Komponente
C,
wobei die Gesamtsumme der Komponenten A, B und C 100 Gew.-% beträgt, und
(ii) eine BET-Oberfläche, gemessen gemäß DINISO 9277 : 2003-05 von < 1 m2/g aufweist, und
(iii) bei Temperaturen von >1400 °C für 1 bis 30 h, bevorzugt > 1500 °C für 1 bis 30 h, besonders bevorzugt bei 1500 °C bis 1800 °C für 2 bis 10 h getempert wird, in einem Verfahren zur Herstellung von Blausäure durch Thermolyse von gasförmigem Forma- mid in einem Reaktor, der eine innere Oberfläche aufweist, die bezüglich der Thermolyse von Formamid inert ist.
Bevorzugte Katalysatoren, Reaktoren und Verfahrensbedingungen sind vorstehend genannt. Die nachfolgenden Beispiele erläutern die Erfindung zusätzlich. Beispiele 1 bis 6:
Die Untersuchungen in den Beispielen 1 bis 6 werden in einem 17 cm langen elektrisch beheiz- ten Quarzglasreaktor mit einem Innendurchmesser von 17 mm und ca. 130 mbar Reaktoreingangsdruck durchgeführt. Die Splittgröße beträgt ca. 1 bis 2 mm.
Beispiel 1 (Vergleich):
Quarzsplitt, BET-Oberfläche 0,06 m2/g, Katalysatormenge 100 g, Formamidzulauf 29 g/h, Luftmenge 2 l/h, oberflächenspezifische Belastung 4,8 gl m2h.
Beispiel 2 (Vergleich):
Splitt aus Steatitkugeln der Firma Ceramtec (64% Si02, 29% MgO, 4% Al203, 2% FeO+Ti02), BET-Oberfläche 0,1 m2/g Katalysatormenge 100 g, Formamidzulauf 29 g/h, Luftmenge 2 l/h, oberflächenspezifische Belastung 2,9 g/m2h.
Temperatur Umsatz Selektivität
350 1 ,38 55
400 5,44 80,49
450 23,08 88,75
500 62,78 91 ,49
530 94,69 93,09
550 98,57 92,73
Beispiel 3 (Erfindung):
Aluminiumoxidsplitt der Firma Feuerfest, getempert bei 1600 °C, BET-Oberfläche: 0,21 m2/g, Katalysatormenge 191 g, Formamidzulauf 29 g/h, Luftmenge 2 l/h, oberflächenspezifische Belastung 0,7 g/ m2h.
Üblicherweise zeigen die gemäß dem Stand der Technik eingesetzten Katalysatoren kein näherungsweise konstant hohes Selektivitätsverhalten. Mit den erfindungsgemäß eingesetzten Katalysatoren kann jedoch ein konstant hohes Selektivitätsverhalten erreicht werden.
Beispiel 4 (Vergleich):
Aluminiumoxidsplitt, der Firma Norton, BET-Oberfläche 3,1 m2/g, Formamidzulauf 29 g/h, Luftmenge 2 l/h, 1 : 17 verdünnt mit Quarzglassplitt (gemischte BET-Fläche 0,27 m2/g), Katalysatormenge 135 g, oberflächenspezifische Belastung 1 ,2 g/ m2h.
Temperatur Umsatz Selektivität
350 3,49 56,86
400 12,89 79,37
450 37,73 88,47
500 82,71 91 ,25
510 84,05 91 ,67
520 98,49 90,14
Beispiel 5 (Vergleich): Aluminiumoxidsplitt, der Firma Norton, BET-Oberfläche 3,1 m2/g, Formamidzulauf 29 g/h, Luftmenge 2 l/h, 1 : 30 verdünnt mit Quarzglassplitt (gemischte BET-Fläche 0,16 m2/g), Katalysatormenge 148,5 g, oberflächenspezifische Belastung 1 ,9 gl m2h.
Beispiel 6 (Vergleich): Fe-Al-Spinell, BET-Oberfläche 2 m2/g, Formamidzulauf 29 g/h, Luftmenge 2 l/h, 1 : 1 1 verdünnt mit Quarzglassplitt (gemischte BET-Fläche 0,19 m2/g), Splittmenge 156 g, oberflächenspezifische Belastung 1 ,0 gl m2h.
Beispiel 7 (Vergleich):
Die Untersuchungen werden in einem 20 cm langen elektrisch beheizten leeren Edelstahlrohr (1 .4571 ) durchgeführt. Der Innendurchmesser beträgt 3 mm, der Reaktoreingangsdruck 1 ,1 bar abs, Formamidzulauf 50 g/h, Luft 2,1 Nl/h, oberflächenspezifische Belastung 26540 g/m2h.
Beispiele 8 und 9:
Die Untersuchungen in den Beispielen 8 und 9 werden in einem 20 cm langen elektrisch beheizten Edelstahlrohr mit Siliziumbeschichtung der Firma Silicotek durchgeführt. Der Innendurchmesser beträgt 5,4 mm, der Reaktoreingangsdruck 1 ,1 bar abs. und die Splittgröße ca. bis 2 mm.
Beispiel 8 (Vergleich):
Quarzsplitt, BET-Oberfläche 0,06 m2/g, Katalysatormenge 4,6 ml, Formamidzulauf 40 g/h, Luftmenge 1 ,7 Nl/h, oberflächenspezifische Belastung 145 g/m2h.
Beispiel 9 (Erfindung):
Aluminiumoxidsplitt der Firma Feuerfest, getempert bei 1600 °C, BET-Oberfläche: 0,21 m2/g, Katalysatormenge 3,5 g, Formamidzulauf 40 g/h, Luftmenge 1 ,7 Nl/h, oberflächenspezifische Belastung 54 g/m2h.
Temperatur Umsatz Selektivität
300 8,94 17,39
460 55,26 91 ,42
490 75,41 96,08
520 88,6 98,58
Beispiele 10 bis12
Die Versuche werden in elektrisch beheizten Rohren der Geometrie 12x2x240 mm durchgeführt. Formamidzufuhr: 50 g/h; Luftmenge: 2,1 l/h; Druck: 280-300 mbar; Splittgröße ca. 1 -2 mm.
Beispiel 10 (Vergleich):
Die Untersuchung wird in einem leeren Edelstahlrohr (1 .4571 ) durchgeführt.
Beispiel 11 (Vergleich):
Durch die Firma Silicotek mit Si beschichtetes Rohr, gefüllt mit 20,3 g Sinter-Korund-Split der Firma Feuerfest Typ: SK BET-Oberfläche 0,06 m2/g (ohne Nachkalzinierung (Temperung))
Beispiel 12 (Erfindung):
Durch die Firma Silicotek mit Si beschichtetes Rohr, 21 ,2 g Sinter-Korund der Firma Feuerfest Typ: SK für 4 h bei 1600°C nachkalziniert, BET-Oberfläche 0,02 m2/g
Temperatur Umsatz Selektivität
525 56,7 99,1
550 75,3 98,8
575 86,3 98,8
600 93,4 97,4