Peptid und dafür kodierende Nukleinsäure zur Bestimmung, Diagnostik und Therapie von Erkrankungen des Nervensystems
Die Erfindung betrifft ein neues Peptid, das Peptid enthaltende Polypeptide und Fusionsproteine, Test-Kits und Verfahren zum Nachweis des Peptids, dafür kodierende Nukleinsäuren und pharmazeutische Zusammensetzungen, die das Peptid oder die kodierende Nukleinsäure enthalten. Die Erfindung betrifft weiter verschiedene Verwendungen des Peptids, Verfahren zu seiner Herstellung und gegen das Peptid gerichtete Antikörper.
Das Guillain-Barre-Syndrom (GBS) wird als eine Autoimmunerkrankung des peripheren Nervensystems angesehen. Die fortschreitende Gliedmaßenschwäche bis hin zur vollständigen Paralyse stellt ein Hauptmerkmal der Krankheit dar. Weiterhin werden oftmals Parästhesie, der Verlust der sensorischen Wahrnehmung und Störungen des autonomen Nervensystems beobachtet. Die maximale Ausprägung der Symptome wird innerhalb von ein bis zwei Wochen, in seltenen Fällen innerhalb von vier Wochen erreicht. Meist erfolgt die Rückbildung der Symptome innerhalb von Monaten, wobei ungefähr 80% der Patienten keine oder nur schwache, nicht bewegungseinschränkende Defizite aufweisen.
Eine dem GBS ähnelnde Krankheit, die jedoch durch einen chronischen Verlauf gekennzeichnet ist, wird als chronische inflammatorische demyelinisieren- de Polyradiculoneuropathie (CIDP) bezeichnet. Bisher gibt es keine allgemein gültige Definition für CIDP mit Ausnahme der Beobachtung, daß im Gegensatz zum GBS die progressive Phase länger als vier Wochen, oftmals länger als sechs Monate andauert, und daß häufig Defizite bei dem Patienten zurückbleiben. Der Mechanismus, der die schwere Parese bei GBS und CIDP verursacht, umfaßt möglicherweise eine T-Lymphozyten-vermittelte Immunreaktion und
Entzündung, der eine Demyelinisierung peripherer Neuronen folgt. Diese Annahme wird bestätigt durch erhöhte Mengen an Komplement-Verbindungen und Cytokinen, die im Serum und der Cerebrospinalflüssigkeit von GBS- Patienten beobachtet wird. Gegenwärtig wird der Vorgang der Demyelinisierung, insbesondere im Bereich der Nervenwurzeln, als der entscheidende Mechanismus bei der Entwicklung des Nervenleitungsblockes betrachtet. Eine These geht von einer Störung der Blut-/Cerebrospinalflüssigkeits(CSF)- Schranke als früherem, wichtigen Schritt der Krankheitsentstehung aus. Eine weitere These behauptet, daß sich als Folge der Krankheit Lecks der Blut- /CSF-Schranke ausbilden und den erhöhten Proteingehalt in der CSF verursachen. In jedem Falle könnten unspezifische Serum-Bestandteile ohne direkten Bezug zum Immunsystem aus dem Blut in die CSF eindringen, neuronale oder gliale Dysfunktionen verursachen und/oder die neuronale Aktivität verändern. Ein alternativer Mechanismus ist eine verringerte Flußrate der CSF, die den erhöhten Proteingehalt der CSF erklären könnte. Diese Interpretation erfordert keine Beeinträchtigung oder veränderte Selektivität der BlutJCSF-Schranke. Obwohl sämtliche erwähnten Effekte für den Verlauf von GBS und CIDP von Bedeutung sein könnten, ist ihr tatsächlicher Beitrag zu den Symptomen bisher nicht geklärt. Es konnte kein Zusammenhang hergestellt werden zwischen den erhöhten Protein-Konzentrationen in der CSF und spezifischen elektrophysio- logischen Befunden oder dem klinischen Bild. Kürzlich wurden Faktoren in der CSF von GBS-Patienten und Multiple Sklerose-Patienten beschrieben, die mit spannungsabhängigen Natrium-Kanälen wechselwirken (Würz et al., Muscle and Nerve 18 (1995), 772-781 ). Brinkmeier et al., (Muscle and Nerve 19, (1996), 54-62) beschreiben, daß die Faktoren ein Molekulargewicht von weniger als drei kDa, unter stringenteren Testbedingungen von weniger als einem kDa, aufweisen. Aufgrund dieser Beobachtung und der Tatsache, daß die Wirksamkeit der Faktoren auch nach Inkubation von CSF mit Proteasen nicht wesentlich verringert wurde, schlössen die Autoren, daß es sich bei den Faktoren weder um Antikörper noch um Cytokine handelt. Die Stabilität der Faktoren gegenüber einer Hitzebehandlung legt nahe, daß diese keine Proteine sind. Ebenso konnten Hitze-labile und Komplement-abhängige antiexzitatorische
Faktoren, die z. B. in Seren von Patienten mit Multiple Sklerose gefunden werden, ausgeschlossen werc en.
Alle bisher bekannten Forschungsergebnisse lassen keinen eindeutigen Rückschluß auf die Pathogenese der beiden genannten Erkrankungen zu. Genauso wenig wie für das GBS und die CIDP kann für die bekannteste durch Demyeli- nisierung gekennzeichnete Erkrankung, die Multiple Sklerose (MS), eine einzelne Ursache benannt werden. Auch MS gilt als eine Autoimmunerkrankung des Nervensystems.
Bei der Multiplen Sklerose gelten Immunreaktionen gegen Bestandteile der Myelinscheide als Ursache für die neurologischen Symptome. Zwar sind die genauen auslösenden Faktoren für die MS weiterhin ungeklärt, jedoch besteht Übereinstimmung, daß im Entzündungsherd Autoimmunreaktionen gegen Myelinproteine zur Ablösung des Myelins von den Axonen und zur Zerstörung Myelin-bildender Zellen führen. Dadurch kommt es zu einer Beeinträchtigung der Impulsweiterleitung, zu axonalen Schäden und zum Verlust von Axonen und Nervenzellen.
Die Diagnose beruht heute auf klinisch-elektrophysiologischen Daten, bildgebenden NMR-Analysen des Gehirns und allgemeinen wenig krankheitsspezifischen liquordiagnostischen Untersuchungen.
Die Multiple Sklerose kann heute nicht geheilt werden, jedoch gibt es verschiedene Möglichkeiten, ihren Verlauf abzumildern. Im akuten Schub können entzündungshemmende Cortikosteroide erfolgreich eingesetzt werden. Weiterhin wirken sich Immunsuppressiva und Immunmodulatoren (z. B. Interferon-ß) günstig auf den Verlauf der Erkrankung aus. Interferon-ß scheint die Substrate bei der schubförmig verlaufenden MS zu verringern. Neben den pharmakothera- peutischen Ansätzen erweist sich auch die physikalische Therapie, d.h. gezieltes Training der Muskulatur und Training von Bewegungsabläufen als günstig zur Verbesserung der Lebensqualität von MS-Patienten.
Je früher die Diagnose gestellt und mit der Behandlung begonnen wird, desto günstiger für die Prognose, denn Schädigungen, welche durch aktive Entzündungsherde entstehen, lassen sich nicht vollständig revertieren.
Der vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, Mittel und Wege zur Verfügung zu stellen, die gezielt zur Diagnostik und/oder Behandlung entzündlicher und/oder erregungshemmender Prozesse und Erkrankungen des Nervensystems, insbesondere bei demyelinsierenden Erkrankungen eingesetzt werden können. Weitere Aufgabe der Erfindung ist die Bereitstellung von Mitteln und Verfahren, die eine möglichst frühzeitige Diagnose und damit frühzeitige Therapie erlauben.
Diese Aufgaben werden erfindungsgemäß gelöst durch ein Peptid mit der Sequenz Gln-Tyr-Asn-Ala-Asp (SEQ ID No:1 ) sowie Derivate davon, wobei die Derivate sich durch die Addition, Substitution, Inversion, Insertion und/oder Deletion einer oder mehrerer Aminosäure(n) von der ursprünglichen Sequenz unterscheiden und wenigstens 10 % der Natrium-Ionenkanal-Bindungsfähigkeit des Peptides (SEQ ID NO:1 ) und/oder wenigstens 50 % der neuroinhibitori- schen Aktivität aufweisen, oder Salze oder Ester davon.
Im folgenden werden einige Begriffe erläutert, um klarzustellen, wie sie im Zusammenhang der vorliegenden Anmeldung verstanden werden sollen.
Der Begriff "Polypeptid", so, wie er nachfolgend in der Beschreibung verwendet wird, umfaßt aus 6 oder mehr Aminosäuren zusammengesetzte Peptide oder Proteine.
"Neuroinhibito sche Aktivität" bedeutet hier die Fähigkeit einer Substanz, Natrium-Ionenkanäle zu blockieren. Die neuroinhibitorische Aktivität kann in diesem Zusammenhang durch die Hemmung von Natrium-Ionenströmen durch spannungsabhängige Natrium-Ionenkanäle gemessen werden. (Übersichtsarti-
kel Lehmann-Horn et al. in Rev. Physiol. Biochem. Pharmacol. 128; (1996), 198-268). Die experimentellen Bedingungen für die Messung der neuroinhibito- rischen Aktivität sind beispielsweise angegeben in Brinkmeier et al., Muscle and Nerve 19 (1996), 54-62. Die neuroinhibitorische Aktivität kann unter Verwendung von differenzierten NH15-CA2 [Neuroblastoma x Glioma] Zellen (Hamprecht et al., Meth. Enzymol. 109 (1985), 316-41 ; Brinkmeier et al., Muscle Nerve 19 (1996), 54-62) bestimmt werden. Beispiel 8 zeigt die Messung der neuroinhibitorischen Aktivität.
"Natrium-Ionenkanal-Bindungsfähigkeit" bedeutet hier die Fähigkeit von Substanzen, an Natrium-Ionenkanäle, insbesondere spannungsabhängige Natrium-Ionenkanäle, zu binden. Die Natrium-Ionenkanal-Bindungsfähigkeit kann beispielsweise bestimmt werden, wie in Trainer et al., J. Biol. Chem. 271 (1996), 11261-11267, angegeben. Beispiel 9 zeigt exemplarisch die Messung der Natrium-Ionenkanal-Bindungsfähigkeit.
Der dem Fachmann bekannte Ausdruck "Homologie" bezeichnet den Grad der Verwandtschaft zwischen zwei oder mehr Peptiden oder Polypeptiden, der durch die Übereinstimmung zwischen den Sequenzen mittels bekannter Verfahren, z. B. der computergestützten Sequenzvergleiche (Basic local alignment search tool, S.F. Altschul et al., J. Mol. Biol. 215 (1990), 403-410), bestimmt werden kann. Der Prozentsatz der "Homologie" ergibt sich aus dem Prozentsatz identischer Bereiche in zwei oder mehr Sequenzen unter Berücksichtigung von Lücken oder anderen Sequenzbesonderheiten. In der Regel werden spezielle Computerprogramme mit Algorithmen eingesetzt, die den besonderen Anforderungen Rechnung tragen.
Bevorzugte Verfahren zur Bestimmung der Homologie erzeugen zunächst die größte Übereinstimmung zwischen den untersuchten Sequenzen. Computerprogramme zur Bestimmung der Homologie zwischen zwei Sequenzen umfassen, sind jedoch nicht eingeschränkt auf das GCG Programmpaket, einschließlich GAP (Devereux, J., et al., Nucleic Acids Research 12 (12) : 387 (1984);
Genetics Computer Group University of Wisconsin, Madison, (Wl)); BLASTP, BLASTN, und FASTA (Altschul, S. et al., J. Mol. Biol. 215:403-410) (1999)). Das BLASTX Programm kann vom National Centre for Biotechnology Information (NCBI) und aus weiteren Quellen bezogen werden (BLAST Handbuch, Altschul S., et al., NCB NLM NIH Bethesda MD 20894; Altschul, S., et al., Mol. Biol. 215:403-410 (1990)). Auch der bekannte Smith Waterman-Algorithmus kann zur Bestimmung von Homologien verwendet werden.
Bevorzugte Parameter für den Aminosäuresequenz-Vergleich umfassen die nachstehenden:
Algorithmus: Needleman und Wunsch, J. Mol. Biol 48:443-453
(1970)
Vergleichsmatrix: BLOSUM 62 aus Henikoff und Henikoff, PNAS USA
89(1992), 10915-10919
Lücken-Wert (Gap Penalty): 12
Lückenlängen-Wert:
(Gap Length Penalty): 4
Homologie-Schwellenwert (Threshold of Similarity): 0
Das GAP-Programm ist auch zur Verwendung mit den vorstehenden Parametern geeignet. Die vorstehenden Parameter sind die Fehler-Parameter (default Parameters) für Aminosäuresequenz-Vergleiche, wobei Lücken an den Enden den Homologie-Wert nicht verringern. Bei sehr kurzen Sequenzen im Vergleich zur Referenz- Sequenz kann es weiterhin notwendig sein, den Erwartungswert auf bis zu 100.000 (expectation value) zu erhöhen und gegebenenfalls die Wortlänge (word size) auf bis zu 2 zu verkleinern.
Weitere beispielhafte Algorithmen, Lücken-Öffnungs-Werte (gap opening penalties), Lückenausdehnungs-Werte (gap extension penalties), Vergleichsmatrizen
einschließlich der im Programm-Handbuch, Wisconsin-Paket, Version 9, September 1997, genannten können verwendet werden. Die Auswahl wird von dem durchzuführenden Vergleich abhängen und weiterhin davon, ob der Vergleich zwischen Sequenzpaaren, wobei GAP oder Best Fit bevorzugt sind, oder zwischen einer Sequenz und einer umfangreichen Sequenz-Datenbank, wobei FASTA oder BLAST bevorzugt sind, durchgeführt wird.
Eine mit dem oben genannten Algorithmus ermittelte Übereinstimmung von 60 % wird im Rahmen dieser Anmeldung als 60 % Homologie bezeichnet. Entsprechendes gilt für höhere Homologiegrade.
"Klonierung" soll alle im Stand der Technik bekannten Klonierungsmethoden umfassen, die hier zum Einsatz kommen könnten, die jedoch nicht alle im einzelnen beschrieben werden, weil sie zum selbstverständlichen Handwerkszeug des Fachmanns gehören.
Unter "Rekombinanter Expression in einer geeigneten Wirtszelle" sollen alle im Stand der Technik bekannten Expressionsmethoden in bekannten Expressionssystemen verstanden werden, die hier zum Einsatz kommen könnten, jedoch nicht alle im einzelnen beschrieben werden, weil sie zum selbstverständlichen Handwerkszeug des Fachmanns gehören.
Überraschenderweise wurde nun gefunden, daß ein Peptid mit der Sequenz Gln-Tyr-Asn-Ala-Asp (SEQ ID NO:1 ) in der cerebrospinalen Flüssigkeit von Patienten mit Multipler Sklerose und Guillain-Barre-Syndrom vorkommt. Das Peptid bindet an Natrium-Ionenkanäle und blockiert deren Natrium-Ströme. Im Vergleich zu dem bekannten Lokalanästhetikum Lidocain zeigt sich, daß die elektrophysiologische Wirkung einer 10 μM Lösung des erfindungsgemäßen Peptides der Wirkung einer 50 μM Lidocain-Lösung auf neuronale Natrium- Kanäle entsprechen. Die Bedeutung funktionierender Natrium-Ionenkanäle bei der MS zeigt sich auch darin, daß die Verabreichung geringer Dosen Lidocain an MS-Patienten mit subklinischen demyelinisierenden Läsionen neurologische
Symptome bei Plasmaspiegeln von 2,7 μg/ml (10 μM) verursacht (Sakurai et al., Neurology 42 (1992), 2088-2093). Somit ist das Peptid ein deutlich potenteres Lokalanästhetikum als das bisher therapeutisch verwendete Lidocain.
Vorteilhafterweise weist das Peptid eine Sättigung des neuroinhibitorischen Effektes bei einer Konzentration von 100 μM auf, so dass selbst im Fall der Überdosierung im Rahmen einer therapeutischen Verwendung eine Normalisierung der axonalen Aktivität, jedoch keine Blockierung zu erwarten ist.
Ferner wurde festgestellt, daß das Peptid in einem Konzentrationsbereich von 8 bis 25 μM in den cerebrospinalen Flüssigkeitsproben aus GBS- und MS- Patienten vorkommt, jedoch in den Kontrollen gesunder Individuen nicht zu beobachten war. Ohne an eine Theorie gebunden zu sein, könnte das Peptid die neurologischen Symptome demyelinisierender Erkrankungen durch seine Bindung an die Natrium-Ionenkanäle in den Ranvier'schen Schnürringen und eine verstärkte Hemmung der Impulsleitung weiter verschlimmern, insbesondere bei Neuronen, die bereits von der Demyelinisierung betroffen sind.
Weiterhin wurden im Serum eines GBS-Patienten Antikörper gefunden, die spezifisch an das Peptid binden. In Seren von gesunden Kontrollpersonen konnten keine Peptid-spezifischen Antikörper nachgewiesen werden. Somit weist das Peptid ein hohes Potential für die Diagnose neurologischer Erkrankungen auf.
Gegenstand der Erfindung ist somit ein Peptid mit der Sequenz Gln-Tyr-Asn- Ala-Asp (SEQ ID NO:1 ) sowie Derivate davon, die sich durch die Addition, Substitution, Inversion, Insertioπ und/oder Deletion einer oder mehrerer Aminosäure^) von der ursprünglichen Sequenz unterscheiden und wenigstens 10%, vorzugsweise 50%, besonders bevorzugt 90% der Natrium- Ionenbindungsfähigkeit des Peptides (SEQ ID NO:1 ) und/oder wenigstens 50%, vorzugsweise 80%, besonders bevorzugt 90% der neuroinhibitorischen Aktivität aufweisen. Derivate, die eine erhöhte neuroinhibitorische Aktivität
aufweisen, sind als wirksame Anästhetika von Interesse. Ferner sind diese Derivate aufgrund ihrer Eigenschaft, die elektrische Erregbarkeit von Axonen und Nervenzellen zu dämpfen, als Neuroprotektiva geeignet. Derivate mit neuro- protektiven Eigenschaften werden gemäß einer bevorzugten Ausführungsform zur Behandlung von Polyneuropathien, insbesondere der Diabetischen Poly- neuropathie, von Multipler Sklerose (MS), Schlaganfall und Schmerzzuständen bereitgestellt.
Derivate, die an Natrium-Ionenkanäle binden, aber keine oder nur eine geringe neuroinhibitorische Aktivität aufweisen, wirken als Antagonisten des in der ce- rebrospinalen Flüssigkeit vorkommenden Peptides bzgl. des Natrium- lonenkanals und sind somit von großer therapeutischer Bedeutung.
In einer bevorzugten Ausführungsform ist das Derivat wenigstens 60% homolog, vorzugsweise wenigstens 80% und besonders bevorzugt wenigstens 90% homolog zu der ursprünglichen Sequenz (SEQ ID NO:1 ). Besonders bevorzugt wird das Derivat durch konservative Substitution mindestens einer oder mehrerer Aminosäure(n) des Peptides (SEQ ID NO:1 ) erhalten. Dabei ist es weiter bevorzugt, dass als C-terminale Aminosäure Asparaginsäure oder Glutaminsäure vorgesehen ist.
Unter konservativen Modifikationen werden solche verstanden, die auf dem Austausch von Aminosäuren beruhen und einen möglichst geringen Einfluß auf die (räumliche) Struktur des Peptids ausüben. Grundsätzlich werden vier phy- siko-chemische Gruppen unterschieden, in die die natürlicherweise vorkommenden Aminosäuren eingeteilt werden. Zur Gruppe der basischen Aminosäuren gehören Arginin, Lysin und Histidin. Zur Gruppe der sauren Aminosäuren gehören Glutaminsäure und Asparaginsäure. Die ungeladenen/polaren Aminosäuren umfassen Glutamin, Asparagin, Serin, Threonin und Tyrosin. Die nichtpolaren Aminosäuren umfassen Phenylalanin, Tryptophan, Cystein, Glycin, Alanin, Valin, Isoleucin, Leucin und Prolin. Eine konservative Substitution bedeutet in diesem Zusammenhang den Austausch einer gegebenen Ami-
nosäure durch eine Aminosäure, die zur gleichen physiko-chemischen Gruppe gehört.
Besonders bevorzugte Derivate des Peptides sind ausgewählt aus: NYNAD (SEQ ID NO: 5), SYNAD (SEQ ID NO: 6), TYNAD (SEQ ID NO: 7), YYNAD (SEQ ID NO: 8), QQNAD (SEQ ID NO: 9), QNNAD (SEQ ID NO: 10), QSNAD (SEQ ID NO: 11 ), QTNAD (SEQ ID NO: 12), QYQAD (SEQ ID NO: 13), QYSAD (SEQ ID NO: 14), QYTAD (SEQ ID NO: 15), QYYAD (SEQ ID NO: 16), QYNGD (SEQ ID NO: 17), QYNVD (SEQ ID NO: 18), QYNID (SEQ ID NO: 19), QYNLD (SEQ ID NO: 20), und QYNAE (SEQ ID NO: 21 ).
Diese Derivate sind durch konservative Substitution einer Aminosäure von der Aminosäuresequenz (SEQ ID NO:1 ) des erfindungsgemäßen Peptides abgeleitet und weisen daher agonistische Eigenschaften auf.
In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform ist das Peptid ferner wenigstens an einer N-terminal, intern und/oder C-terminal gelegenen Aminosäure modifiziert. Solche Modifikationen können dergestalt sein, daß die Pep- tidstruktur an der C-terminalen Gruppe verlängert oder modifiziert ist und/oder an der N-terminalen Gruppe verlängert oder modifiziert ist und/oder an beiden Gruppen entsprechende Verlängerungen und/oder Modifikationen besitzt. Diese Modifikationen können im Liquor oder Serum natürlicherweise vorkommende Modifikationen sein; das Peptid jedoch auch synthetisch modifiziert werden, damit es beispielsweise funktioneil an ein diagnostisches System angepaßt ist. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn Aminosäuren oder andere chemische Strukturen als Spacer fungieren, um nach der Kopplung an ein Trägermolekül möglichst in einem diagnostischen Testsystem optimal durch einen Antikörper erkannt werden zu können oder eine besondere Eignung zur Erkennung des Peptids bei der Präsentation als Antigen aufzuweisen.
Weitere erfindungsgemäße Modifikationen umfassen Acetylierung, Glykosylie- rung und/oder Amidierung von N-terminalen Amino-Gruppen, Seitenketten-
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gruppen und/oder C-terninalen Carboxy-Gruppen. Weitere Modifikationen umfassen übliche N-terminale Schutzgruppen, wie die Benzyloxycarbonylgrup- pe, und/oder C-terminale Schutzgruppen.
Weiterhin werden erfindungsgemäß die Salze des Peptides bereitgestellt. Hierbei sind physiologisch verträgliche Salze, wie z. B. Natriumsalze, Kaliumsalze, Magnesiumsalze, Bicarbonatsalze, Acetate, Citrate und Chloride bevorzugt. Ferner werden erfindungsgemäß auch die Ester des erfindungsgemäßen Peptides umfaßt, wobei Ester bevorzugt sind, die unter physiologischen Bedingungen spaltbar sind. Solche Ester können Vorteile bei der galenischen Zubereitung und eine erhöhte Lagerstabilität aufweisen.
In einer weiteren Ausführungsform stellt die Erfindung ein Polypeptid bereit, das wenigstens ein erfindungsgemäßes Peptid umfaßt. Hierunter fallen sowohl natürlicherweise vorkommende Polypeptide, besonders bevorzugt das Vorläuferprotein, aus dem durch Spaltung das erfindungsgemäße Peptid hervorgeht, als auch nicht natürlicherweise vorkommende Polypeptide, die durch chemische und/oder enzymatische Synthese bzw. durch gentechnologische Verfahren erhalten werden können. Sofern gentechnologische Verfahren zur Herstellung des Polypeptides verwendet werden, können sämtliche dem Fachmann bekannte Aufreinigungsverfahren einschließlich chromatographischer Verfahren, wie Ionenaustauscher-, hydrophobe Interaktions-, Geifiltrations- und Affinitäts-Chromatographie verwendet werden.
Experimentell wurde festgestellt, daß ein Peptid mit der Sequenz Gln-Tyr-Asn- Asp-Ala (SEQ ID NO:2), welches somit eine Inversion der letzten beiden Aminosäuren gegenüber dem erfindungsgemäßen Peptid aufweist, keine neuroin- hibitorische Aktivität in Bezug auf Natrium-Ionenkanäle aufweist. Daraus ergibt sich, daß möglicherweise die beiden terminalen Carboxy-Gruppen der Aminosäure Asparaginsäure für die neuroinhibitorische Aktivität des Peptides essentiell sind. Somit sind gemäß einer Ausführungsform solche Polypeptide be-
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vorzugt, die dadurch gekennzeichnet sind, daß das Peptid den C-Terminus des Polypeptids bildet.
Vorzugsweise ist das Polypeptid das natürliche Vorläuferprotein, aus dem durch posttranslationale Modifikation, insbesondere Prozessierungsvorgänge, das erfindungsgemäße Peptid mit der Sequenz Gln-Tyr-Asn-Ala-Asp hervorgeht.
Gemäß einem weiteren Aspekt stellt die Erfindung ein Polypeptid, ausgewählt aus Polypeptiden mit einem Molekulargewicht von etwa 25 kDa, etwa 35 kDa, etwa 50 kDa, etwa 60 kDa, etwa 80 kDa und etwa 150 kDa nach SDS- Polyacrylamid Gelelektrophorese unter reduzierenden Bedingungen, wobei das Polypeptid spezifisch mit einem QYNAD-spezifischen Antiserum reagiert, bereit. Die durch „etwa" relativierte Größenangabe bedeutet dabei, dass sich in Abhängigkeit von Puffersystem und gewählten Größenmarkern, Abweichungen von 0-5 %, maximal 10 % ergeben können.
Experimentell wurden durch Western Blot-Analyse von Serum- bzw. Liquor- Proben aus GBS- und MS-Patienten sechs Proteinbanden mit Molekulargewichten von etwa 25 kDa, etwa 35 kDa, etwa 50 kDa, etwa 60 kDa, etwa 80 kDa und etwa 150 kDa identifiziert, die eine spezifische Reaktion mit einem Peptid (SEQ ID No:11 )-spezifischen Antiserum aus Kaninchen zeigten. Es ist anzunehmen, dass die Polypeptide im Serum und Liquor gelöst vorliegen, wobei in Serum eine höhere Konzentration als im Liquor beobachtet wird. Mit Ausnahme des Polypeptids von etwa 35 kDa wurden die Polypeptide in Proben von MS- und GBS-Patienten, in geringerer Konzentration auch in Proben von gesunden Kontrollen gefunden. Das 25 und das 35 kDa-Polypeptid wurde in einzelnen, aber nicht allen, Patientenseren gefunden.
In einer bevorzugten Ausführungsform ist jedes der Polypeptide erhältlich aus humanem Liquor oder Serum. Besonders bevorzugt stammt der Liquor oder das Serum aus einem GBS- oder MS-Patienten.
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Die Aufreinigung der Polypeptide kann in an sich bekannter Weise einschließlich chromatographischer Techniken wie Gelfiltration, Ionenaustauscher-, hydrophobe Interaktions- und Affinitätschromatographie erfolgen. Zur Affinitätschromatographie ist insbesondere die Verwendung von Antikörpern geeignet. Die Verwendung polyklonaler Antikörper, die spezifisch das Peptid QYNAD erkennen, zur Aufreinigung der Polypeptide ist möglich, die Verwendung monoklonaler Antikörper ist jedoch bevorzugt. Nach der Immunaffinitätschro- matographie kann eine Auftrennung der Polypeptide in Abhängigkeit von ihrer Größe erfolgen. Die Sequenzanalyse der aufgereinigten Polypeptide kann mit kommerziell erhältlichen, automatischen Protein-Sequenzierautomaten durchgeführt werden.
Ferner stellt die Erfindung Derivate der Polypeptide bereit, wobei die Derivate sich durch die Addition, Substitution, Inversion, Insertion und/oder Deletion einer oder mehrerer Aminosäure(n) von dem Polypeptid unterscheiden.
In einer bevorzugten Ausführungsform binden die Derivate an ein QYNAD- spezifisches Antiserum. Das Antiserum kann hierbei in an sich bekannter Weise durch Immunisieren von Versuchstieren wie Mäusen oder Kaninchen hergestellt werden. Der Nachweis der Bindung des Derivates des Polypeptides an das QYNAD-spezifische Antiserum kann beispielsweise im ELISA erfolgen. Erfindungsgemäß werden Derivate umfaßt, die sich durch die Addition, Substitution, Inversion, Insertion und/oder Deletion einer oder mehrerer Aminosäure^) von der ursprünglichen Sequenz unterscheiden und wenigstens 50 %, vorzugsweise 80 %, insbesondere 90 % der Bindungsfähigkeit des Polypeptides an QYNAD-spezifisches Antiserum aufweisen.
Vorzugsweise ist das Derivat des Polypeptides wenigstens 80 % homolog zu dem Polypeptid.
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Weiterhin ist bevorzugt, dass das Derivat durch konservative Substitution einer oder mehrerer Aminosäure(n) des Polypeptides erhalten wird.
Die Bestimmung der Homologie und die Definition konservativer Substitutionen wird hierbei wie vorstehend beschrieben ausgeführt.
Das oder die Vorläuferprotein(e) ist/sind weiterhin erhältlich durch Absuchen einer humanen cDNA-Bank aus Gehirn, Rückenmark, Lymphozyten, Makro- phagen, Oligodendrocyten oder Gliazellen mit einer Sonde, die auf der Grundlage der erfindungsgemäßen Sequenz hergestellt wurde. Geeignete cDNA- Banken sind kommerziell erhältlich; ihre Herstellung gehört darüber hinaus zum allgemeinen Fachwissen; vgl. Maniatis et al., Molecular Cloning, Cold Spring Harbor Laboratory Press 1989. Die Sequenz des Oligonukleotides, das als Sonde zum Absuchen der cDNA-Bank geeignet ist, ergibt sich aufgrund des universellen genetischen Codes. Hierbei sind jedoch Oligonukleotidsequenzen bevorzugt, die der Häufigkeit des humanen Codon-Gebrauchs entsprechen.
Die Aminosäure Glutamin wird allgemein durch die Codons CAA bzw. CAG, vorzugsweise aufgrund des humanen Codon-Gebrauchs durch CAG codiert. Die Aminosäure Tyrosin wird allgemein durch TAT oder TAC, vorzugsweise durch TAC codiert. Die Aminosäure Asparagin wird durch AAT, AAC, vorzugsweise durch AAC codiert. Die Aminosäure Alanin wird durch GCT, GCC, GCA bzw. GCG, vorzugsweise durch GCC codiert. Die Aminosäure Asparaginsäure wird durch GAT oder GAC, vorzugsweise durch GAC codiert. Der in diesem Zusammenhang wiedergegebene Codon-Gebrauch kann beispielsweise folgenden Literaturstellen entnommen werden: Grantham, R. et al., Nucleic Acids Res. 8 (1980), r49-r62; der gegenwärtigen Internetadresse FTP://ftp. es. embnet.org/pub/databases/codonusage/hum. cod.
Somit ergibt sich, daß die zum Absuchen der cDNA-Bank geeignete Sonde die allgemeine Sequenz aufweist: CARTAYAAYGCNGAY (SEQ ID NO: 3). R bedeutet hierbei A oder G; Y bedeutet T oder C; und N bedeutet A, G, C oder T.
Vorzugsweise hat die Sonde die Sequenz CAGTACAACGCCGAC (SEQ ID NO: 4). Zum Absuchen dar cDNA-Bank ist ebenfalls der Gegenstrang der vorstehend genannten Sequenzen geeignet. Das Oligonukleotid kann mit Hilfe bekannter Festphasen-Synthesetechniken hergestellt werden. Um als Sonde verwendet zu werden, wird das Oligonukleotid mit Hilfe bekannter Verfahren radioaktiv oder nicht-radioaktiv (z. B. Fluoreszenz) markiert. Die Sonde wird gemäß dem Fachmann bekannter Verfahren (Maniatis et al., supra) mit der cDNA-Bank in Kontakt gebracht. Das Inkontaktbringen wird vorzugsweise unter stringenten Bedingungen durchgeführt; stringente Bedingungen sind in diesem Zusammenhang eine Inkubation bei 68°C über Nacht in 0,5 x SSC; 1 % Blockierungsreagenz (Boehringer Mannheim), 0,1 % Nat umlaurylsarkosinat, gefolgt von Waschen mit 2 x SSC, 0,1 % SDS. Die auf diese Weise erhaltenen cDNA- Klone werden unter Verwendung bekannter Verfahren isoliert und sequenziert. Die Aminosäuresequenz des Vorläuferproteins läßt sich direkt aus der Nukleo- tidsequenz in dem Fachmann bekannter Weise ableiten. Das erfindungsgemäße Polypeptid bzw. Vorläuferprotein kann durch chemische und/oder enzymati- sche Synthese oder durch gentechnologische Verfahren, insbesondere rekom- binante Expression, in heterologen Expressionssystemen hergestellt werden.
In einer weiteren Ausführungsform werden ferner Varianten des Vorläuferproteins, die in diesem Zusammenhang auch als Polypeptide bezeichnet werden, bereitgestellt, die neuroinhibito sche Aktivität aufweisen und/oder an einen Natrium-Ionenkanal binden. Vorzugsweise ist der Natrium-Ionenkanal ein Spannungs-abhängiger Natrium-Ionenkanal. Die neuroinhibitohsche Aktivität ist bevorzugt die Hemmung eines Natrium-Ionenkanals. Die Bestimmung der Bindung an einen Natrium-Ionenkanal bzw. der neuroinhibitorischen Aktivität kann wie vorstehend für das erfindungsgemäße Peptid durchgeführt werden. Die erfindungsgemäßen Polypeptide weisen in einer bevorzugten Ausführungsform 10%, vorzugsweise 50%, besonders bevorzugt 90% der Natrium- lonenkanal-Bindungsfähigkeit des Peptides mit der Sequenz (SEQ ID NO:1 ) auf und/oder wenigstens 50%, vorzugsweise 80% und besonders bevorzugt 90% der neuroinhibitorischen Aktivität.
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In einer weiteren Ausführungsform stellt die Erfindung ein Fusionsprotein bereit, das wenigstens ein erfindungsgemäßes Peptid und/oder Polypeptid und wenigstens ein biologisch aktives Polypeptid oder ein aktives Fragment davon enthält. In diesem Zusammenhang soll der Ausdruck "biologisch aktives Polypeptid" sämtliche Peptide oder Proteine mit biologischer Aktivität bedeuten. Es ist bevorzugt, daß die biologische Aktivität eine Aktivität ist, die an der Entwicklung und Regeneration von Zellen, Geweben und Organen des menschlichen und tierischen Körpers beteiligt ist. Es ist bevorzugt, daß die biologische Aktivität die Entwicklung und Differenzierung von Zellen des pehpheren und zentralen Nervensystems und deren Versorgungszellen beeinflußt. Das erfindungsgemäße Fusionsprotein erfüllt hierbei die Aufgabe, die lokale Konzentration des biologisch aktiven Polypeptides in der Nähe von Natrium- Ionenkanälen, vorzugsweise spannungsabhängigen Natrium-Ionenkanälen aufgrund der in dem Fusionsprotein ferner enthaltenen erfindungsgemäßen Peptid oder Polypeptidsequenz zu erhöhen. Dies hat zur Folge, daß biologisch aktive Polypeptide, die selbst nur eine geringe oder mittlere Bindungsfähigkeit für diese Natrium-Ionenkanäle aufweisen, in ihrer Bindungsfähigkeit deutlich erhöht sind. Bevorzugte Fusionsproteine umfassen Ciliären neurotrophen Faktor (CNTF), "Brain-de ved" neurotrophen Faktor (BDNF), Neurotrophin-3 (NT-3), Neurotrophin 4/5 (NT-4/5) und Gliazellenabgeleiteten neurotrophen Faktor (GDNF), jeweils in Verbindung mit dem erfindungsgemäßen Peptid.
Der Ausdruck "Fusionsprotein" bedeutet in diesem Zusammenhang, daß wenigstens ein erfindungsgemäßes Peptid und/oder Polypeptid an die Aminosäuresequenz des biologisch aktiven Polypeptides oder ein aktives Fragment davon addiert ist, und/oder in die Aminosäuresequenz des biologisch aktiven Polypeptides inseriert ist, und/oder wenigstens eine natürlicherweise in der Aminosäuresequenz des biologisch aktiven Polypeptides vorkommende Oligopep- tidsequenz durch ein erfindungsgemäßes Peptid oder Polypeptid substituiert ist.
Weiterhin ist bevorzugt, daß das erfindungsgemäße Peptid, Polypeptid oder Fusionsprotein ferner eine für die rekombinante Expression relevante Sequenz am N-Terminus umfaßt, wobei die für die rekombinante Expression relevante Sequenz M oder MX ist, und M Methionin und X eine oder mehrere beliebige Aminosäuren bedeutet. MX kann beispielsweise eine Signalsequenz darstellen, die dem Fachmann für zahlreiche prokaryontische und eukaryontische Proteine bekannt ist. X umfaßt 1 bis 40, bevorzugt 5 bis 30 oder 15 bis 25 Aminosäuren.
Die Erfindung stellt ferner Nukleinsäuremoleküle bereit, die eine für ein erfindungsgemäßes Peptid, Polypeptid oder Fusionsprotein kodierende Nukleinsäure umfassen.
Die im erfindungsgemäßen Nukleinsäuremolekül enthaltene Nukleinsäure kann genomische DNA oder synthetische DNA sein, wobei unter synthetischer DNA auch solche verstanden werden, die modifizierte Internukleosid-Bindungen enthalten. Weiterhin kann es sich bei den Nukleinsäuren um RNA-Moleküle handeln, was z. B. für die Expression mittels rekombinanter RNA- Vektorsysteme erforderlich sein kann.
Erfindungsgemäß wird ein Nukleinsäuremolekül bereitgestellt, das eine Nukleinsäure umfaßt, die ausgewählt ist aus:
(i) einer für ein erfindungsgemäßes Peptid, Polypeptid oder Fusionsprotein kodierenden Nukleinsäure;
(ii) einer zu der Nukleinsäure nach (i) komplementären Nukleinsäure; und
(iii) einer Nukleinsäure, die mit einer Nukleinsäure nach (i) oder (ii) hybridisiert und für ein Polypeptid kodiert, das an einen Natrium-Ionenkanal bindet und/oder neuroinhibitorische Aktivität aufweist.
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Die Nukleinsäuren gemäß (iii) sind beispielsweise erhältlich durch Verwenden einer nachweisbar markierten Sonde, die einer Nukleinsäure gemäß (i) oder (ii) entspricht, zum Absuchen von cDNA- oder genomischen DNA-Bibliotheken. Hierbei sind allgemein cDNA-/genomische DNA-Banken aus Vertebraten, vorzugsweise aus Säugern und besonders bevorzugt aus Menschen verwendbar. Die der cDNA-Bank zugrunde liegende mRNA ist vorzugsweise aus Gehirn, Rückenmark, Lymphozyten, Makrophagen, Oligodendrocyten oder Gliazellen zu erhalten. Die Identifizierung positiver cDNA-/genomischer DNA-Klone erfolgt gemäß Standardverfahren; vgl. Maniatis et al., supra.
In einer bevorzugten Ausführungsform wird die unter (iii) angegebene Hybridisierung unter stringenten Bedingungen durchgeführt. Stringente Hybridisie- rungsbedingungen sind z. B. eine Inkubation bei 68°C über Nacht in 0,5 x SSC; 1 % Blockierungsreagenz (Boehringer Mannheim); 0,1 % Natriumlaurylsarkosi- nat, gefolgt von Waschen mit 2 x SSC; 0,1 % SDS.
In einer bevorzugten Ausführungsform umfaßt das erfindungsgemäße Nukleinsäuremolekül einen zur Expression geeigneten Promotor, wobei die Nuklein- säuresequenz unter der Kontrolle des Promotors steht. Die Wahl des Promotors hängt vom zur Expression verwendeten Expressionssystem ab. Generell sind konstitutive Promotoren bevorzugt, jedoch sind auch induzierbare Promotoren, wie z. B. der Metallothionein-Promotor, möglich.
In einer weiteren Ausführungsform werden Vektoren bereitgestellt, die das erfindungsgemäße Nukleinsäuremolekül enthalten. Im Stand der Technik sind zahlreiche Klonierungs- und Expressions-Vektoren bekannt, vgl. Recombinant Gene Expression Protocols, Meth. Mol. Biol. Vol. 62, Humana Press, New Jersey, USA. Der verwendete Vektor sollte einen Replikationsursprung und gegebenenfalls weitere regulatorische Regionen enthalten. Der Vektor kann ausgewählt sein aus Bakte ophagen wie λ-Derivaten, Adenoviren, Vacciniaviren, Baculoviren, SV40-Virus, Retroviren; Plasmiden, wie Ti-Plasmide von Agrobacte um tumefaciens, YAC-Vektoren und BAC-Vektoren.
Ferner stellt die Erfindung Wirtszeilen bereit, die das Nukleinsäuremolekül oder den Vektor enthalte i und die zur Expression des Nukleinsäuremoleküls geeignet sind. Im Stand der Technik sind zahlreiche prokaryontische und euka- ryontische Expressionssysteme bekannt, wobei die Wirtszellen beispielsweise ausgewählt sind aus prokaryontischen Zellen, wie E. coli oder B. subtilis, aus eukaryontischen Zellen, wie Hefezellen, Pflanzenzellen, Insektenzellen und Säugerzellen, z. B. CHO-Zellen, COS-Zellen oder HeLa-Zellen, sowie Derivaten davon. Im Stand der Technik sind beispielsweise bestimmte CHO- Produktionslinien bekannt, deren Glykosylierungsmuster im Vergleich zu CHO- Zellen verändert sind.
Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ferner ein Verfahren zum Herstellen des Peptides, Polypeptides oder Fusionsproteins, das das Kultivieren einer Wirtszelle unter zur Expression geeigneten Bedingungen und gegebenenfalls das Aufreinigen des exprimierten Peptides, Polypeptides oder Fusionsproteins umfaßt.
Alternativ können die erfindungsgemäßen Peptide, Polypeptide und Fusionsproteine auch durch chemische und enzymatische Synthese, wie beispielsweise Merrifield-Synthese, und/oder Fragmentkondensation erhalten werden. Hierbei können auch Kombinationen von chemischen, enzymatischen und re- kombinanten Herstellungsverfahren in Betracht kommen.
Die Erfindung stellt weiterhin Reagenzien bereit, die für die erfindungsgemäßen Peptide und/oder Polypeptide spezifisch sind. Ein Beispiel solcher spezifischen Reagenzien sind Antikörper, Antikörperfragmente, z.B. Fv-, Fab- oder F(ab)2-Fragmente oder Antikörperderivate. Die Antikörper, Antikörperfragmente, z.B. Fv-, Fab oder F(ab)2-Fragmente oder Antikörperderivate können mono- klonalen oder polyklonalen Ursprungs sein. Allgemein sind spezifische Antikörper erhältlich, indem Versuchstiere, wie z. B. Mäuse oder Kaninchen, mit den erfindungsgemäßen Peptiden oder Polypeptiden, die vorzugsweise an geeig-
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nete hochmolekulare Trägermoleküle (häufig Proteine) gekoppelt sind, oder Fusionsproteinen immunisiert werden. Das Immunisieren kann hierbei durch den Zusatz geeigneter Adjuvanzien erleichtert werden, die im Stand der Technik bekannt sind. Monoklonale Antikörper sind üblicherweise durch Fusionieren von Milzzellen, die aus einer immunisierten Maus entnommen wurden, mit Tumorzellen und Selektionieren der dabei entstehenen Hybridome erhältlich. Diejenigen Hybridome, die effizient spezifische Antikörper sezernieren, können hierbei durch Absuchen des Überstandes bestimmt werden. Alternativ können Antikörper rekombinant hergestellt werden; bei der Herstellung rekombinanter Antikörper wird die mRNA aus Hybridomazellen oder B-Lymphozyten isoliert, die als Grundlage für die Synthese der entsprechenden cDNA fungiert und über PCR amplifiziert wird. Nach der Ligation in einen geeigneten Vektor und der Einführung in eine geeignete Wirtszellkultur läßt sich der Antikörper aus den Zellkulturüberständen oder den Zellysaten gewinnen. Rekombinante Antikörper erlauben eine "Humanisierung" des Antikörpers und sind dadurch weniger immunogen. Die diesbezüglichen Verfahren sind im Stand der Technik bekannt.
Weitere Reagenzien, die für ein erfindungsgemäßes Peptid oder Polypeptid spezifisch sind, sind Natrium-Ionenkanal-Proteine, bevorzugt spannungsabhängige Nat um-Ionenkanal-Proteine und Peptid- und/oder Polypeptid- spezifische Fragmente davon. Spannungsgesteuerte humane Natriumkanäle sind z. B. CIN1JHUMAN, P35498, CIN2JHUMAN, P99250, CIN4_HUMAN, P35499, CIN5_HUMAN, P14524, CIN6 HUMAN, P01118 aus der Datenbank unter der Internetadresse http://www.expasy.ch/sprot-top.html.
Die Erfindung stellt ferner Test-Kits bereit, die Peptid- oder Polypeptid- spezifische Reagenzien enthalten. Der Test-Kit kann weiterhin Komponenten enthalten, die notwendig sind zur Durchführung von Nachweis-Verfahren oder Puffersubstanzen zur entsprechenden Verdünnung und pH-Einstellung des Peptid- und/oder Polypeptid-spezifischen Reagenzes. Der Test-Kit ist insbesondere für diagnostische Zwecke geeignet. Der erfindungsgemäße Test-Kit
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wird zur Bestimmung des erfindungsgemäßen Peptids oder Polypeptids vorzugsweise in einer aus dem menschlichen Körper stammenden Körperflüssigkeit verwendet. Es können jedoch auch Bestimmungen mit aus einem tierischem Körper stammender Körperflüssigkeit für diagnostische Zwecke durchgeführt werden.
Die Erfindung umfaßt ferner die Verwendung der Reagenzien, die für ein erfindungsgemäßes Peptid oder Polypeptid spezifisch sind, in Verfahren zum Nachweisen des Peptides und/oder Polypeptides in einer Körperflüssigkeit. Vorzugsweise ist die Körperflüssigkeit aus cerebrospinaler Flüssigkeit oder Blut bzw. Blutprodukten oder Blutbestandteilen ausgewählt.
Ferner wird ein Verfahren zum Nachweisen des erfindungsgemäßen Peptides und/oder Polypeptides bereitgestellt, daß das Durchführen wenigstens eines chromatographischen Verfahrens, wie Hochleistungsflüssigkeitschromatogra- phie (HPLC) und/oder Affinitätschromatographie umfaßt. Die Hochleistungs- flüssigkeitschromatographie, insbesondere bei Verwendung von Umkehrphasen, ist hervorragend geeignet zum Abtrennen relativ kurzer Peptide oder Polypeptide. Die Verwendung von Säulen mit geringem Durchmesser ist hierbei besonders vorteilhaft. Die Affinitätschromatographie wird unter Verwendung des vorstehend erwähnten Antikörpers durchgeführt, der spezifisch für das Peptid und/oder Polypeptid ist. Die Affinitätschromatographie zeichnet sich durch ihre besonders hohe Spezifität aus.
Die Erfindung stellt ferner Test-Kits bereit, die zum Nachweisen eines Antikörpers geeignet sind, der spezifisch für das erfindungsgemäße Peptid und/oder Polypeptid ist, wobei der Test-Kit wenigstens ein erfindungsgemäßes Peptid und/oder Polypeptid umfaßt. Der Test-Kit kann ferner im Stand der Technik bekannte Puffersubstanzen enthalten, die zur Verwendung des Test-Kits in Bestimmungs- und diagnostischen Verfahren geeignet sind.
Die Erfindung umfaßt ferner die Verwendung des Peptides und/oder Polypeptides in Verfahren zum Bestimmen von Peptid- und/oder Polypeptid-spezifischen Autoantikörpern in einer Körperflüssigkeit. Vorzugsweise ist die Körperflüssigkeit aus cerebrospinaler Flüssigkeit oder Blut bzw. Blutprodukten ausgewählt. Der Nachweis der Autoantikörper in den genannten Körperflüssigkeiten ist von besonderem Interesse, da er als Marker für die vermutlich durch das Peptid vermittelten demyelinisierenden Erkrankungen verwendbar ist. Für Bestimmungszwecke vorteilhafte Verfahren sind hierbei Immunoassays, ELISA, RIA, Membrangebundene Teststreifen, Rezeptorbindungtests oder biosensorische Bestimmungen, deren Durchführung dem Fachmann bekannt sind. Beim Nachweis von Autoantikörpern sollen vorzugsweise das Peptid, das Polypeptid oder geeignete Peptid-Konjugate zur spezifischen Bindung der Autoantikörper herangezogen werden. In einem ELISA-Nachweis würde beispielsweise das Peptid auf einer Mikrotiterplatte immobilisiert werden. Im Test binden die spezifischen Autoantikörper und werden dann durch entsprechend markierte Anti- Immunglobulin-Antikörper durch bekannte Verfahren in ein Signal umgesetzt.
Die Erfindung stellt ferner Test-Kits zum Nachweisen der die erfindungsgemäßen Peptide und/oder Polypeptide kodierenden Nukleinsäure bereit. Die Test- Kits umfassen in diesem Falle wenigstens ein erfindungsgemäßes Nukleinsäuremolekül, vorzugsweise umfaßt das Nukleinsäuremolekül die Sequenz (SEQ ID NO: 3) und besonders bevorzugt die Sequenz (SEQ ID NO: 4).
Erfindungsgemäß werden die Nukleinsäuremoleküle in Verfahren zum Nachweisen einer das erfindungsgemäße Peptid und/oder Polypeptid kodierenden Nukleinsäure in einer biologischen Probe verwendet, wobei das Verfahren das Inkontaktbringen der Probe mit einem eine nachweisbare Markierung tragenden Nukleinsäuremolekül und das Nachweisen der Markierung umfaßt. Zum Einsatz können hierbei Hybridisierungsverfahren, und ferner gegebenenfalls Northern Blot- und Southern Blot-Verfahren kommen. Das Nachweisen einer radioaktiven Markierung des Nukleinsäuremoleküls kann hierbei in einfacher Weise durch Autoradiographie erfolgen.
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Die Erfindung stellt weiterhin ein Verfahren zum Entfernen des Peptides oder Polypeptides aus einer Körperflüssigkeit bereit. Das Peptid oder Polypeptid kann allgemein aufgrund der Kenntnis seiner molekularen Struktur durch physikalische, chemische oder biologische Verfahren entfernt werden. Diese Verfahren können beispielswweise Ultra- bzw. Diafiltration sein. In einer bevorzugten Ausführungsform umfaßt das Verfahren das Inkontaktbringen der Körperflüssigkeit mit einem Reagenz, das spezifisch für das Peptid oder Polypeptid ist und das Entfernen des Komplexes, der das Peptid oder Polypeptid und das spezifische Reagenz enthält. Bevorzugte spezifische Reagenzien sind hierbei Antikörper oder Natrium-Ionenproteine und deren spezifische Fragmente. Besonders bevorzugt ist, daß das Peptid- oder Polypeptid-spezifische Reagenz an eine feste Matrix gebunden ist, und daß das Verfahren das Adsorbieren des Peptides oder Polypeptides an die Matrix umfaßt. Hierbei sind insbesondere Immunadsorptionsverfahren von Interesse, die durch eine hohe Effizienz des Entfemens charakterisiert sind.
In einer weiteren Ausführungsform werden pharmazeutische Zusammensetzungen bereitgestellt, die mindestens ein erfindungsgemäßes Peptid, Polypeptid und/oder Fusionsprotein und gegebenenfalls einen pharmakologisch verträglichen Träger und/oder Verdünnungsmittel enthalten. Geeignete Träger und/oder Verdünnungsmittel sind im Stand der Technik bekannt. Bevorzugt sind die pharmazeutischen Zusammensetzungen zur intravenösen, subkutanen oder intramuskulären Verabreichung geeignet. Alternativ kann die pharmazeutische Zusammensetzung in Form eines Aerosols unter Verwendung geeigneter Erosolstabilisierender Verbindungen vorliegen.
In Test-Versuchen zeigte sich, daß das Peptid eine starke neuroinhibitohsche Aktivität aufweist. Die beobachtete neuroinhibitorische Aktivität war deutlich höher als die neuroinhibitorische Aktivität des allgemein verwendeten Loka- lanästhetikums Lidocain.
Somit wird erfindungsgemäß auch die Verwendung der pharmazeutischen Zusammensetzungen als Anästhetikum vorgeschlagen.
Für Axone und ganze Nervenzellen kann es in Krisensituationen, wie sie bei der Demyelinisierung vorliegen, neuroprotektiv sein, wenn ihre elektrische Erregbarkeit gedämpft wird. In Krisensituationen kommt es häufig zur Depolarisa- tion von Neuronen oder Axonen. Dies kann einen Einstrom von Natrium und sekundär auch von Kalzium zur Folge haben. Eine erhöhte intrazelluläre Kalzium-Akkumulation wirkt sich bekanntermaßen neurotoxisch aus.
Ohne an eine Theorie gebunden zu sein, könnte der beobachtete Anstieg der QYNAD-Konzentration bei MS und GBS Patienten eine Schutzfunktioπ für Axone und damit auch Neurone haben.
Das Peptid QYNAD bewirkt hierbei durch die Hemmung des Natrium- loneneinstroms eine Normalisierung des Kationeneinstroms.
Die Sättigung des Peptid-Effektes lag experimentell bei einer Konzentration von 100 μM, welches für die therapeutische Verwendung vorteilhaft ist, da es die axonale Aktivität normalisiert, jedoch nicht blockierend wirkt.
Erfindungsgemäß wird somit die Verwendung des Peptides zur Neuroprotekti- on vorgeschlagen.
Erfindungsgemäß wird die Verwendung des Peptides zur Behandlung von Po- lyneuropathien, insbesondere der Diabetischen Polyneuropathie, vorgeschlagen. Polyneuropathien sind Schädigungen der pehpheren Nerven.
Ferner wird die Verwendung des Peptides zur Behandlung von Multipler Sklerose (MS) vorgeschlagen. Der mögliche Mechanismus könnte hierbei die Hemmung der axonalen Degeneration sein, wie sie bei einem Teil der MS-
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Patienten auftritt. Das Peptid könnte über das Gefäßsystem in Demyelinisie- rungsherde eindringen und dort protektive Wirkungen auf die Axone ausüben.
Das Peptid ist zur Behandlung der Folgen eines Schlaganfalls vorgesehen. Die neuroprotektive Eigenschaft des Peptides sollte hier die neurodegenerativen Prozesse in der Umgebung des primär betroffenen Gewebes abschwächen.
Ferner wird die Verwendung zur Behandlung von Schmerzzuständen vorgeschlagen. Die neuroprotektive Eigenschaft normalisiert hierbei die Funktion überaktiver afferenter Neurone.
Wie vorstehend ausgeführt, wurde das erfindungsgemäße Peptid im Liquor von MS-Patienten und GBS-Patienten, jedoch nicht bei gesunden Probanden beobachtet. Die beiden genannten Erkrankungen gehören zu den demyelinisie- renden Erkrankungen, die durch eine Auflösung der Myelin-Scheiden, die die Nervenzellen umgeben, charakterisiert sind. Einige Symptome der MS deuten darauf hin, daß MS als Autoimmunerkrankung zu betrachten ist. Erfindungsgemäße Peptide und Polypeptide, die eine erhöhte Bindungsfähigkeit für Natrium-Ionenkanäle, jedoch keine oder nur geringe neuroinhibitorische Aktivität aufweisen, sind als Antagonisten bzgl. des natürlicherweise vorkommenden Pentapeptides mit der Sequenz SEQ ID NO:1 wirksam. Pharmazeutische Zusammensetzungen, die diese Peptide und/oder Polypeptide enthalten, werden somit erfindungsgemäß zum Behandeln von demyelinisierenden Erkrankungen und allgemein zum Behandeln von Autoimmunerkrankungen vorgeschlagen. Weitere Anwendungsgebiete wären die Diagnostik und Therapie von neurodegenerativen Erkrankungen, Alzheimerscher Erkrankung und amyotropher Lateralsklerose.
Erfindungsgemäß sind somit sowohl Agonisten als auch Antagonisten des Peptides mit der Sequenz (SEQ ID No: 1 ) von therapeutischen Interesse bei der Behandlung von Krankheiten, die durch Lymphozyten vermittelt werden, vorzugsweise Autoimmunkrankheiten und Allergien.
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Die spannungsabhängigen Natrium-Ionenkanäle werden von einer Multigen- Familie codiert. Die verschiedenen Isoformen von spannungs-abhängigen Natrium-Ionenkanälen sind heterotrimere Proteine, die aus einer großen, stark glycosylierten α-Untereinheit und einer oder zwei kleinen ß-Untereinheiten bestehen. Bisher sind acht unterschiedliche Gene (SCN1A bis SCN8A) bekannt, die für die α-Untereinheit kodieren, wobei die meisten von ihnen im Gehirn, pehpheren Nervensystem und Muskel exprimimiert werden. Es ist ferner bekannt, daß bestimmte Erbkrankheiten mit bestimmten Natrium-Ionenkanal kodierenden Genen assoziiert sind. So wurde befunden, daß die hyperkalämi- sche periodische Paralyse, eine erbliche humane Muskelerkrankung mit SCN4A assoziiert ist. Die erblichen Erkrankungen Paramyotonia congenita und Kalium-verstärkte Myotonia sind ebenfalls mit SCN4A assoziiert. Die erbliche Herz-Arrhythmie zeigt eine Assoziierung mit SCN5A. Die "motorische Endplatten-Krankheit" ist in der Maus mit SCN8A assoziiert. Somit können Agonisten bzw. Antagonisten bzgl. des Peptides der Sequenz (SEQ ID No: 1 ) zur Behandlung von erblichen Muskelerkrankungen und Herz-Arrhythmien verwendet werden.
Sofern die pharmazeutischen Zusammensetzungen Fusionsproteiπe enthalten, ist deren Verwendung abhängig von dem dem Fusionsprotein zugrunde liegenden weiteren biologisch aktiven Polypeptid. Vorzugsweise ist das biologisch aktive Polypeptid ein solches, das die Entwicklung und/oder Differenzierung von Zellen des pehpheren bzw. zentralen Nervensystems oder der sie versorgenden Zellen beeinflußt, wie z. B. Nervenwachstumsfaktor (NGF). CNTF, Ciliärer neurotropher FaKtor, BDNF, "brain-de ved" neurotropher Faktor, NT-3, Neurotrophin-3, NT-4/5, Neurotrophin-4/5, GDNF, Gliazellen abgeleiteter neurotropher Faktor. Generell sind diese pharmazeutischen Zusammensetzungen sinnvoll zur Behandlung von neurodegenerativen Erkrankungen, bei denen die biologisch aktiven Polypeptide nur eine geringe Affinität für neuronale Strukturen aufweisen und deren Konzentration durch die Erhöhung der neuronalen Affinität somit deutlich erhöht werden kann. In diesem Zusam-
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menhang ist besonders cie Behandlung der Alzheimer'schen Erkrankung von Interesse, die durch eine fortschreitende Degeneration neuronaler Strukturen charakterisiert ist.
Die Erfindung stellt ferner pharmazeutische Zusammensetzungen bereit, die mindestens ein Reagenz enthalten, das für ein erfindungsgemäßes Peptid und/oder Polypeptid spezifisch ist, und gegebenenfalls einen pharmakologisch verträglichen Träger und/oder Verdünnungsmittel. Solche spezifischen Reagenzien sind vorzugsweise ausgewählt aus spezifischen Antikörpern und Natrium-Ionenkanal Proteinen bzw. bindenden Fragmenten davon. Pharmakologisch verträgliche Träger und/oder Verdünnungsmittel sind im Stand der Technik bekannt. Peptid- und/oder Polypeptid-spezifische Reagenzien, die die Bindung des Peptides oder Polypeptides an den Natrium-Ionenkanal blockieren, sind zur Behandlung von demyelinisierenden und neurodegenerativen Erkrankungen verwendbar. Die pharmazeutischen Zusammensetzungen sind bei geeigneter Markierung der spezifischen Reagenzien, beispielsweise radioaktiv oder nicht-radioaktiv, als Diagnostika verwendbar. Diese Diagnostika sind auch in NMR- oder Kernspintomographie-Verfahren verwendbar.
Ferner stellt die Erfindung pharmazeutischen Zusammensetzungen bereit, die mindestens ein erfindungsgemäßes Nukleinsäuremolekül und gegebenenfalls einen pharmakologisch verträglichen Träger und/oder Verdünnungsmittel enthalten. Diese pharmazeutischen Zusammensetzungen sind sowohl zur Verwendung in diagnostischen als auch in therapeutischen Verfahren geeignet. Die diagnostischen Verfahren umfassen hierbei die in situ-Hybridisierung. Die Erfindung zieht als mögliche therapeutischen Anwendungen die somatische Gentherapie in Betracht, die die Unterdrückung der Expression eines Krank- heits-vermittelnden Gens bzw. den Ersatz eines defekten Gens durch eine korrekte Kopie bedeutet. Die hierbei zum Einsatz kommenden Verfahren sind unter anderem die Anti-sense- und Sense-Therapie, wobei geeignete Vektoren und Verfahren dem Fachmann bekannt sind. (Weiss et al., Cell Mol. Life Sei 55 (1999), 334-358).
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Es ist beabsichtigt, mit den nachfolgenden Beispielen die Erfindung zu erläutern, diese jedoch in keiner Weise einzuschränken. Dem Fachmann sind aufgrund der Beschreibung der Beispiele weitere Ausführungsformen zugänglich, die ebenfalls umfaßt sind.
Fig. 1 zeigt die Dosis/Wirkungskurve des synthetischen Peptides Gln-Tyr-Asn- Ala-Asp (SEQ ID No: 1 ) auf die "steady-state"-lnaktivierungskurven. Die Figur zeigt die durchschnittliche Links-Verschiebung der h oo-Kurve, die gegen die Peptid-Konzentration aufgetragen ist.
Fig. 2 zeigt einen Western Blot. In den mit (GBS) markierten Spuren wurden Liquor-Proben von 3 GBS-Patienten, in der mit (MS) markierten Spur wurde die Liquor-Probe eines MS-Patienten aufgetragen. In die mit (contr.) gekennzeichnete Spur wurde eine Probe eines gesunden Individuums aufgetragen. In der rechten Spur wurde ein Molekulargewichtsstandard aufgetragen (14, 22, 31 , 45, 66, 97 bzw. 200 kDa).
Beispiele:
Beispiel 1 : Anwendung von Nachweisverfahren des Peptides und dessen Modifikationen zur Diagnostik
Das Peptid sowie Modifikationen oder Derivate davon werden erfindungsgemäß als Marker zur medizinischen Diagnostik von Erkrankungen, vorzugsweise von Erkrankungen des Nervensystems, wie beispielsweise GBS oder MS beim Menschen angewendet. Es kann in dieser Funktion auch zur Therapiekontrolle eingesetzt werden. Veterinärmedizinische Anwendungen sind ebenfalls möglich.
Der Einsatz des Peptides als Marker erfolgt vorzugsweise in üblichen diagnostischen Verfahren, wie Blotting-Verfahren, Immunoassays, biosensorischen Verfahren oder vergleichbaren Verfahren. Dabei wird das Peptid oder dessen Modifikationen und Derivate in entsprechenden Bindungstests, beispielsweise
in Immunoassays, eingesetzt. Hierbei kann das Peptid auch, vorzugsweise über seinen C-Terminus, seinen N-Terminus oder andere geeignete funktioneile Einheiten an Träger- oder Markerproteine, insbesondere auch Enzyme, oder auch Kolloide mit Hilfe bekannter Verfahren, vorzugsweise kovalent oder adsorptiv, gekoppelt bzw. gebunden werden. Diese Konjugate können in den diagnostischen Verfahren ebenfalls verwendet werden und stellen einen Bestandteil der Erfindung dar.
Durch Kopplung des Peptids oder dessen abgeleiteter Struktur an Proteine oder andere Trägerstrukturen und anschließende Immunisierung mit diesen Konjugaten lassen sich Antikörper gewinnen, die die Peptidstruktur spezifisch erkennen und somit zur diagnostischen Bestimmung des Peptids, beispielsweise in Immunoassays, eingesetzt werden können. Auch diese Antikörper, die durch Immunisieren mit Hilfe des Peptids, dessen Konjugaten oder davon abgeleiteten Strukturen gewonnen werden, fallen in den Bereich der Erfindung. In einem vorzugsweise verwendeten diagnostischen System werden vorzugsweise gegen das Peptid gerichtete Antikörper beispielsweise auf adsorbierenden Mikrotiterplatten nach etablierten Verfahren immobilisiert. In einem kompetiti- ven Immunoassay konkurriert die freie Peptidstruktur aus der Liquor- oder Serumprobe mit einer konstanten Menge zugegebenen, beispielsweise enzymmarkierten Peptids um die Bindungsstellen der Antikörper, wodurch schließlich ein quantifizierbares Signal zur quantitativen Bestimmung des Peptides erzielt wird. Bei der Herstellung der Peptid-Protein bzw. Peptid-Enzym- Konjugate, wird das Peptid üblicherweise so modifiziert, meist durch Einbringung eines Spacerarms zum Trägerprotein, daß eine optimale Präsentation des Peptids möglichst effizient gewährleistet ist. Auch andere denkbare Assays mit unterschiedlichen Markern oder Strategien zur Präsentation des Peptids im diagnostischen System sind Bestandteil der Erfindung.
Das Peptid kann in dieser Funktion auch zur Therapiekontrolle eingesetzt werden.
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Die erstgenannte Diagnostik ist bei den verschiedenen Arten demyelinisieren- der Erkrankungen wie GBS und Multipler Sklerose indiziert. Durch die Bestimmung der zu analysierenden Strukturen in den entsprechenden Körperflüssigkeiten, vorzugsweise cerebrospinaler Flüssigkeit oder Serum, die entweder das Peptid selbst betrifft oder Strukturen betrifft, die endogen in den Körperflüssigkeiten vorhanden sein können und spezifisch an das Peptid binden, wie beispielsweise Rezeptoren oder Autoantikörper, werden diagnostische Aussagen in Bezug auf mögliche Erkrankungen ermöglicht. Diese Aussagen können im Zusammenhang mit der Diagnostik zur Identifizierung von Erkrankungen stehen oder beispielsweise auch zur Verlaufskontrolle der betreffenden Erkrankungen herangezogen werden.
Die zweitgenannte Diagnostik betrifft Applikationen der mit der Peptidstruktur in Zusammenhang stehenden Methoden zu Forschungszwecken, wobei insbesondere die Aufklärung molekularer Abläufe im Zusammenhang mit physiologischen Vorgängen besonders unter pathophysiologischen Gesichtspunkten betroffen sind. Auch bei der Evaluierung im Zusammenhang mit der Entwicklung von Arzneimitteln kann die offenbarte Struktur als diagnostischer Marker zur Anwendung kommen.
Beispiel 2: Gewinnung von Antikörpern gegen das Peptid für die Anwendung in immunologischen Test (Diaqnostik)-Verfahren
Die Antikörper werden dadurch gewonnen, daß das Peptid oder davon abgeleitete Strukturen, vorzugsweise Protein-Peptid-Konjugate, zur Immunisierung herangezogen werden. Üblicherweise werden das Peptid oder dessen Derivate vor deren Kopplung an Trägerstrukturen (Trägerprotein) beispielsweise mit Spacern modifiziert, um eine bessere Erkennung durch das Immunsystem zu fördern und damit effizientere Antikörper zu gewinnen. Antikörper bilden häufig die Grundlage zu einem diagnostischen Verfahren, das die routinemäßige Erfassung von Peptidstrukturen in diagnostischen Tests ermöglicht. Als Matrix
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hierfür dienen insbesondere humane Liquorproben, aber auch humanes Serum oder andere Körperflüssigl.eiten humanen oder tierischen Ursprungs.
Beispiel 3: Nachweis von Autoantikörpern, die gegen das Peptid gerichtet sind, zur Diagnostik von Autoimmunerkrankungen
Das Peptid und dessen abgeleitete Strukturen werden erfindungsgemäß auch herangezogen, um Autoantikörper, die gegen die Peptidstruktur gerichtet sind, in Körperflüssigkeiten nachzuweisen. Sie dienen insofern als Markerstruktur für autoimmune Erkrankungen, und werden als Zielantigen in diagnostischen Verfahren eingesetzt. Darüber hinaus wird erfindungsgemäß auch der diagnostische Einsatz das Peptid spezifisch bindender Moleküle, beispielsweise von Rezeptorstrukturen, erfaßt. Hierfür wird das Peptid, vorzugsweise nach kova- lenter Kopplung an einen makromolekularen Träger adsorptiv, oder direkt kovalent, beispielsweise an aktivierten und kommerziell verfügbaren Mikrotiter- platten immobilisiert. Auf diesen Oberflächen, beispielsweise in Mikrotiterplat- ten werden die zu bestimmenden Liquor- oder Serumproben inkubiert. Eventuell vorhandene, gegen das Peptid gerichtete Autoantikörper werden gebunden und können dann beispielsweise durch enzymmarkierte Anti-human-Antikörper detektiert und quantifiziert werden.
Beispiel 4: Anwendungen des Peptids für diagnostische Zwecke mit therapeutischen Zielsetzungen
Anwendungsmöglichkeiten bestehen beispielsweise bei der Evaluierung von Arzneimitteln, wobei beispielsweise im Rahmen der Wirkstoffevaluierung oder in klinischen Studien neuer Therapeutika, der Krankheitsverlauf mittels auf dem Peptid beruhender diagnostischen Maßnahmen bestimmt werden kann.
Beispiel 5: Anwendungen des Peptids in der Therapie
Zielsetzungen bestehen auch darin, das Peptid gezielt durch den Einsatz geeigneter Techniken (beispielsweise durch gezielte Liquorfiltration oder den therapeutischen Einsatz von peptidspezifischen Antikörpern) aus den entsprechenden Körperflüssigkeiten zu eliminieren. Die Kenntnis des Peptids dient als Grundlage für dessen gezielte Eliminierung durch physikalische, chemische oder biologische Verfahren zur gezielten Entfernung aus der biologischen Matrix oder zur Unterbindung der biologischen Wirksamkeit des Peptids, beispielsweise dadurch, daß durch die Bindung an andere Moleküle, beispielsweise an Antikörper oder Rezeptormoleküle, dessen Wirksamkeit eingeschränkt oder gänzlich unterbunden wird.
Eine weitere Möglichkeit besteht in der Verdrängung des Peptids von den Zielstrukturen beispielsweise durch den Einsatz strukturverwandter Peptide in der Therapie.
Beispiel 6: Anwendung der kodierenden DNA in der medizinischen
Diagnostik von Erkrankungen des Nervensystems
Für diagnostische und therapeutische Zwecke kann auch die das Peptid bzw. dessen Derivate kodierende Nukleinsäure herangezogen werden. Etablierte Methoden zur selektiven Bestimmung bestimmter Nukleinsäuresequenzen, wie DNA-Sonden, dienen einer über die Peptidanalytik hinausgehende Diagnostik. Die Leistungsfähigkeit der Peptid- und der Nukleinsäurediagnostik werden in Abhängigkeit von den jeweils spezifischen Testanforderungen eingesetzt.
Beispiel 7: Anwendung der kodierenden DNA in der Therapie von Erkrankungen des Nervensystems
Auch therapeutische Möglichkeiten sind auf der Grundlage der Kenntnis der Nukleinsäuresequenz denkbar. Diese therapeutischen Möglichkeiten sind beispielsweise unter Anwendung der Anti-Sense-Sequenzen auf der Ebene der
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kodierten RNA nötig und können somit einen künftigen Ansatz in der Gentherapie darstellen.
Beispiel 8: Neuroinhibitorischer Assav
Bestimmung der neuroinhibitorischen Aktivität
Die neuroinhibitorische Aktivität wurde durch die Hemmung von Natrium- Ionenkanälen unter Verwendung von differenzierten NH15-CA2 Neuroblasto- ma-x-Glioma-Zellen bestimmt. Die Kulturbedingungen, morphologischen und physiologischen Parameter der Differenzierung dieser Zellen sind bekannt (Hamprecht et al., Meth. Enzymol. 109 (1985), 316-41 ). Für den Assay wurden die Zellen in eine hydrophobe Testschale überführt, die mit Standard- Außenflüssigkeit (140 mM NaCI; 3,5 mM KCI; 1 ,0 mM CaCI2; 1 ,0 mM MgCI2; 2 mM HEPES, pH 7,4) gefüllt war. Die Schale befand sich auf der Ablage eines invertierten Mikroskops zur Beobachtung der Zellen, während diese mit Pipetten behandelt wurden, die mit Innen-Lösung (140 mM CsCI; 1 ,4 mM MgCI2; 10 mM EGTA und 10 mM HEPES (Spitzenwiderstände: 300 bis 500 kΩ)) gefüllt waren. Die Natrium-Ströme wurden ausgelöst und im Ganzzell-(whole-cell)- Modus aufgezeichnet. Als Schnelltest für die neuroinhibitorische Aktivität kann die Bestimmung der maximalen Stromamplitude als Antwort auf repetitive 8-ms dauernde Rechteckpulse von -85 nach -20 mV vor, während und nach der Verabreichung der Testlösung verwendet werden. Die Abnahme des Stroms wurde in drei bis fünf Zellen registriert und die Mittelwerte bestimmt. Ein ausgedehnter Test bestand in der Bestimmung der "steady-state"-Aktivierungs- und Inaktivie- rungs-Parameter von Natrium-Ionenkanälen. Um die Spannungs-Abhängigkeit der Aktivierung zu bestimmen, wurde ein zyklisches Pulsprogramm verwendet, das aus Präpulsen bestand, die die Zellen von einem HP (Haltepotential) von - 85 mV bis -135 mV über 100 ms, und nachfolgende Variable Testpulse, die 8 ms in 4 mV-Schritten von -65 bis +31 mV depolarisierte. Für die Spannungs- Abhängigkeit der Inaktivierung wurde ein ähnliches Programm verwendet, das aus einem festen 100 ms-konditionierenden Puls auf -135 mV, einem variablen
32 ms Präpuls im Verlauf von -135 auf -19 mV in 4 mV-Schritten, und einen konstanten Testpuls, der die Zellen auf -20 mV depolarisierte, bestand. Die Größe der Links-Verschiebung der h-Kurve bei Vorhandensein von Testlösungen wurde als Maß für die Hemmung der Natrium-Ionenkanäle verwendet.
Die neuroinhibitorische Aktivität des synthetischen Peptides mit der Sequenz (SEQ ID No: 1 ) wurde bestimmt durch die Hemmung der Natrium-Ströme durch lonenkanäle, die durch 1 -Hz-Rechteckpulse von 85 nach - 10 mV induziert wurden. Fig. 1 zeigt das Ergebnis von sieben Messungen, die an NH15-CA2 Neuroblastoma-x-Glioma-Zellen durchgeführt wurden. Es ist jeweils der Mittelwert mit der Standardabweichung wiedergegeben. Es zeigte sich, daß eine Peptidkonzentration von weniger als 10 μM die Nathum-Ionenströme halbmaximal hemmte. Die Peptid-vermittelte Blockierung des lonenkanals war rasch und reversibel.
Beispiel 9 Bestimmung der Natrium-Ionenkanal-Bindungsfähigkeit
Die Natrium-Ionenkanal-Bindungsfähigkeit eines gegebenen Peptides, Polypeptides oder Fusionsproteins kann allgemein durch die Kompetition mit trity- liertem Batrachotoxinin-A 20-α-benzoat, [benzoyl-2,5-] [3H] BTXB an aufgereinigten und rekonstituierten Natrium-Ionenkanälen bestimmt werden (Trainer et al., J. Biol. Chem. 271 (1996), 11261-11267). Die Bindungsreaktionen werden mit einer vier-fachen Verdünnung von 50 μl aufgereinigten und rekonstituierten Natrium-Ionenkanälen (5-10 pmol) in Standard-Bindungsmedium gestartet (Sharkey et al., Mol. Pharmacol. 31 (1986), 273-278). Die rekonstituierten Kanäle werden bei 25°C über 16 Stunden mit [3H] BTXB und gegebenenfalls den erfindungsgemäßen Peptiden, Polypeptiden oder Fusionsproteinen inkubiert. Die Bindungsreaktionen werden durch Zusatz von Cholin-Waschmedium gestoppt. Die Proben werden durch GF/F-Filter filtriert (Tamkon et al., J. Biol. Chem. 259 (1984), 1676-1688). Die unspezifische Bindung wird in Gegenwart von 300 μM Veratridin bestimmt.
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Beispiel 10 Nachweis von QYNAD-spezifischen Antikörpern in Patienten
Um zu untersuchen, ob im Serum von GBS-Patienten Antikörper gegen das Peptid QYNAD (SEQ ID NO: 1 ) vorkommen, wurde das Peptid C-terminal kovalent an BSA (Rinderserum-Albumin) gekoppelt. Dieses Konjugat (QYNAD- BSA) wurde auf einer Mikrotiterplatte immobilisiert. Die Mikrotiterplatte wurde gewaschen. Nachfolgend wurde die Serum-Probe eines GBS-Patienten bzw. die Kontrollen mit dem immobilisierten Konjugat inkubiert. Die Mikrotiterplatte wurde gewaschen. Zum Nachweis der Bindung wurde das gebundene humane IgG in einer Sekundärreaktion (Farbreaktion) durch Inkubation mit einem markierten anti-human IgG-spezifischen Antikörper und Auslesen der Platte sichtbar gemacht.
Hier zeigte sich eine reproduzierbare und klar positive Reaktion, d.h. dass das Patientenserum Peptid-spezifische Antikörper enthielt.
Kontrollen: Keine Reaktion zeigte sich mit Kontrollseren von 15 gesunden Blutspendern. Als weitere Spezifitätskontrolle wurde anstelle von QYNAD-BSA nur der Träger BSA an die Mikrotiterplatte immobilisiert. Der Test wurde ansonsten wie vorstehend beschrieben ausgeführt. Die Verwendung von BSA allein zeigte bei Inkubation mit dem Patientenserum keine Reaktion. Daraus ergibt sich eine Spezifität des Patientenserums für das Peptid QYNAD.
Beispiel 11 Isolierung und Charakterisierung des Vorläuferproteins
a) Herstellung eines QYNAD-spezifischen Kaninchen-Antiserums und Aufreinigung der IgG-Fraktion
Ein QYNAD-spezifisches Antiserum wurde durch Immunisieren von Kaninchen und nachfolgende Serumgewinnung in an sich bekannter Weise hergestellt. Zur Aufreinigung der IgG-Fraktion wurde das Antiserum mit Protein A inkubiert und die daran gebundenen Antikörper vom IgG-Typ eluiert.
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b) Vorbereitung der Proben
Alle Patientenliquores wurden durch Ultrafiltration nach der Größe vorgereinigt und die > 3000 Da Fraktion zur Vorläuferproteinsuche weiterverwendet.
c) SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese
Jeweils 10 μg Liquorprotein wurden in einem Laemmli-Probenpuffer (70 mM SDS, 0,1 mM DTT, pH 6,8) reduziert und durch Erhitzen bei 95°C über 5 Minuten denaturiert.
Die Proben wurden auf ein 12% SDS-Polyacryamid-Gel aufgetragen. Die Trennung wurde in einem Tris/Glycin Laufpuffersystem (Bioradkammer, Minigel) bei einer konstanten Stromstärke von 20 mA im Trenngel aufgetrennt.
d) Elektro-Übertragung (Western Blot)
Zur Elektro-Übertragung nach dem Halb-Trocken-Übertragungsverfahren (Se- mi-Dry-Blotting) wurde die Multiphor Il™-Kammer (Amersham/Pharmacia Biotech) verwendet. Die Übertragung erfolgte auf Nitrocellulosemembranen (0.45 μm, Protean BA 85, Schleicher und Schuell). Es wurde ein diskontinuierliches Puffersystem der folgenden Zusammensetzung verwendet:
Anode I: 0.3 M Tris
Anode II: 0.1 M Tris
Kathode: 0.1 M Aminocapronsäure, 0.01 % (w/v) SDS
Die Übertragung wurde bei 0.8 mA/cm2 über 60 Minuten bei Raumtemperatur durchgeführt.
e) Immunnachweis
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Die Nitrocellulosemembranen wurden durch Inkubation mit 5% Michpulver in TBS-Puffer gegen unspezifische Bindung blockiert. Sodann wurde der QYNAD spezifische aufgereinigte Kaninchen-Antikörper in einer Verdünnung von 1 :2500 zugegeben und eine Stunde bei Raumtemperatur inkubiert. Die Nitrocellulosemembranen wurden mehrfach mit TTBS-Puffer (0,05 % (v/v) Tween 20™) gewaschen. Als sekundärer Antikörper wurde ein biotinylierter AntiKaninchen IgG-spezifischer Antikörpers (Biorad) verwendet. Dieser wurde in einer Verdünnung von 1 :3000 eine Stunde bei Raumtemperatur mit den Nitrocellulosemembranen inkubiert. Die Nitrocellulosemembranen wurden nachfolgend mit einem Streptavidin-Alkalische Phosphatase-Konjugat inkubiert. Zur Detektion wurden die Nitrocellulosemembranen mit BCIP/NBT-Substrat (Biorad) inkubiert, das in Abhängigkeit von der Menge des gebundenen Enzyms zu einem unlöslichen Farbkomplex umgesetzt wird.
Die Ergebnisse sind in Figur 2 dargestellt. Hierbei bedeutet (GBS) bzw. (MS) die Auftragung von Liquor-Proben aus GBS- bzw. MS-Patienten. (contr.) bedeutet die Auftragung eines Liquors von einem gesunden Spender. In der rechten Spur wurde ein Molekulargewichtsstandard aufgetragen.
Hierbei zeigten sich mehrere positive Banden im Molekulargewichts-Bereich von etwa 150 kDa (A), etwa 80 kDa (B), etwa 60 kDa (C) und etwa 50 kDa (D) sowohl in den GBS- bzw. MS-Patienten-Liquores als auch im Liquor eines gesunden Spenders; vgl. Spuren 1 bis 5. In einem Fall trat eine starke Bande bei 35 kDa (F) auf. Das Kontrollexperiment (Test-Durchführung ohne 1. Antikörper) war negativ.
In einigen weiteren getesteten GBS-Liquores (Daten nicht gezeigt) wurde eine zusätzliche Bande im Molekulargewichts-Bereich von 25 kDa (E) beobachtet.
Die Banden A, B, C und D wurden ferner in einem Serum eines gesunden Spenders und in einem GBS-Serum beobachtet (Daten nicht gezeigt).
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Diese Daten belegen die Annahme, dass es sich bei dem Vorläuferprotein um ein natürlicherweise in menschlichem Serum und Liquor gelöstes Protein handelt.
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